Die ‚Experten‘ und die Gerichte
Dir ist schon bekannt, dass Arbeitszeugnisse üblicherweise
zusätzlich zu den Bewertungen von Einzelleistungen oder
-gesichtspunkten auch eine zusammenfassende Leistungsbewertung
enthalten, die genau das hergibt?
Üblicherweise?
Ich zitiere mal aus dem UP
Da mein Chef noch nie ein Arbeitszeugnis geschrieben hat …
Und? Welche Relevanz hat das an dieser Stelle? Genau: keine, weil:
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Meine ursprüngliche Antwort bezieht sich nicht auf das UP (sondern den Unsinn, den experttobe verzapft hat)
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Die Tatsache, dass jemand noch nie ein Arbeitszeugnis geschrieben hat, entbindet ihn nicht davon, sich an die rechtlichen Spielregeln zu halten, die für die Formulierung von Arbeitszeugnissen gelten (dazu noch sogleich).
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Auch wenn er noch nie ein Arbeitszeugnis geschrieben hat, so hat er sich gleichwohl - jedenfalls bei der zusammenfassenden Leistungsbewertung - tatsächlich an die Standardformulierungen gehalten.
Insofern, lieber Guido, ist Dein Einwurf gleich dreifach neben der Spur.
Wenn jemand, der sich in der selbsternannten Beraterrolle
sieht, seine geschilderte Art und Weise als Maßstab nennt,
dann ist es so ein ganz klein wenig lächerlich, dass er
anderen Leuten Schablonendenken vorwirft.
Ich (und absolut jeder, der im Personalwesen ernsthafte
Hinweise gibt), hält sich lieber an Fakten, also das
tatsächlich geschriebene Wort als an irgendwelche Theorien.
„Meine“ geschilderte Art und Weise ist übrigens gar nicht von mir. Die geschilderte Art und Weise - soweit sie die zusammenfassende Leistungsbeurteilung betrifft - ist ein (nahezu) wörtliches Zitat aus der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung - des Landesarbeitsgerichts Hamm , um genau zu sein (zum Nachlesen: LAG Hamm, Urt. v. 22.05.2002, 3 Sa 231/02, NZA-RR 2003, 71 f.). Und die Liste ließe sich nahezu nach Belieben um weitere Urteile aus den letzten Jahrzehnten verlängern, die sinngemäß ähnlich entschieden haben. In den Kammern der Landesarbeitsgerichte sitzen dabei keineswegs nur Juristen (die den ganzen Tag lang nichts anderes machen, als sich mit Arbeitsrecht zu befassen), sondern auch ehrenamtliche Vertreter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, sodass die Befunde jedenfalls der Landesarbeitsgerichte juristischen mit unternehmerischem und arbeitnehmerseitigem Sachverstand vereinen.
Ich überlasse es dem Leser, sich selbst eine Meinung zu bilden, ob experttobe und die anderen Experten, die meinen, der Erkenntniswert eines Zeugnisses, das nicht bis auf den letzten Punkt bekannt ist, sei in jedem Fall absolut Null, klüger sind, als die versammelte deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit, oder ob es nicht vielleicht doch ein wenig anders sein könnte …
Für mich ist die Debatte übrigens damit zu Ende.