Kleiner Notfall: Party mit 17 ?

Lieber Georg,

ich finde es gut, dass du dir darüber so viele Gedanken machst und nicht aus einem Gefühl heraus einfach ein striktes Verbot aussprechen wolltest. Auch wenn so eine Party für einen Erwachsenen zum Teil wenig verlockend erscheint und man sich denkt „Und wennschon, was hat er davon, wenn er ein paar Stunden länger dort ist“ - für Jugendliche bedeutet so etwas sehr viel.

Und hier würde ich dich auch bitten, dich in die Lage deines Sohnes zu versetzen: Der steht nämlich von ZWEI Seiten her unter Druck; mit euch muss er streiten, und vor seinen Kumpels muss er sich rechtfertigen, weil er „wie ein Baby“ behandelt wird. Glaub mir, ich habe damit Erfahrung. Meine Eltern waren im Bezug auf Ausgehen und Partys sehr streng, und von meinen Freunden musste ich mir dann immer anhören „Wieso lässt du dir das gefallen? Komm doch einfach mal eine Nacht nicht nach Hause, da merken die schon, dass sie sich nicht alles erlauben können…“ etc.

Direkt daran anschließend gibt es einen weiteren Punkt, den man bedenken sollte: Trotzige Kinder sind die schlimmsten Partygäste. Z.B. beim Alkoholkonsum: Trinken kann er ja vor Mitternacht genauso. Wenn ihr aber mit ihm einen guten Kompromiss ausgehandelt habt und er sich ernst genommen fühlt, wird er sich bemühen, dieses Verhältnis nicht zu zerstören. Wenn er sich allerdings wie ein Kind behandelt und bevormundet fühlt, denkt er bei jedem Bier „Da habt ihr’s, ihr könnt mir gar nix verbieten.“ Ähnliche Gedanken hatte ich bei meinem ersten Zug von einem Joint, und das war übrigens am Nachmittag - das alles hat also überhaupt nichts mit der Uhrzeit zu tun!

Das nächste Mal solltet ihr also unbedingt rechtzeitig alles besprechen, am besten schon Tage vorher; findet einen Kompromiss und macht dem Jungen auch klar, dass daran nicht mehr gerüttelt wird. Was ein Kind übrigens schon einsehen können sollte: die Sorge der Eltern. Wenn man ehrlich sagt „Ich mache mir Sorgen, wenn du nachts unterwegs bist, also bitte sei erreichbar und ruf mich vor (und nach) einem Ortswechsel kurz an“, dann nimmt dein Sohn das wahrscheinlich in Kauf, wenn er dafür ein bisschen länger wegbleiben darf. (Das Gesetz vorzuschieben halte ich für eine ganz schlechte Idee, so etwas nimmt der Junge natürlich nicht ernst.)

Wobei es in dieser konkreten Situation ja sowieso keinen Ortswechsel gab, nur das Abgeholtwerden von einer Mutter. Wäre doch super gewesen! Ich sehe da wirklich keine Gefahr, in die er sich nicht auch begeben könnte, wenn er früher abgeholt worden wäre. Die einzig sinnvolle Alternative wäre gewesen, ihn gar nicht hingehen zu lassen - die habt ihr ja auch gewählt, aber muss man einen 17-Jährigen in Watte packen? Zumal er mit 18 dann sowieso mit gewissen Gefahren und Verlockungen klarkommen muss. Wieder zum Alkohol: Falls das deine Sorge war - du kannst natürlich nicht verhindern, dass er trinkt. Aber du kannst dich nach seiner Heimkehr ein bisschen mit ihm unterhalten, ihn von der Party erzählen lassen, und dich somit vergewissern, dass er zumindest nicht „hackedicht“ ist! Falls doch, muss er z.B. die nächsten drei Wochenenden daheim bleiben, und über diese Konsequenz solltet ihr ihn auf jeden Fall vorher informieren.

Zum Schluss: Ganz ehrlich, man muss sich auch als Eltern das Leben nicht unnötig schwer machen. Was hattet ihr denn vom gestrigen Abend? Viel Streit, einen trotzigen Sohn, und die nächste Diskussion über einen Partybesuch ist schon vorbelastet. Man kann Jugendliche - in einem gewissen Rahmen natürlich - auch einfach mal „machen lassen“. Die Folge davon sind vermutlich keine missratenen Sprösslinge, sondern ein deutlich harmonischeres Familienleben.

Liebe Grüße

Wenn du meine Bemerkung richtig verstanden hättest, wäre dir klar, dass ich lediglich die Gewichtung „ist doch nur ein einziger Abend“ von dem jungen Mann wahrscheinlich anders gesehen wird.
Und egal, welche Entscheidung ihr hinsichtlich des Abends trefft (dazu hatte ich mich nicht geäußert), tut ihr besser daran, wenn ihr ihn ernstnehmt - und dazu gehört, dass ihr versteht, dass es für ihn im Moment eben nicht nur irgendeine Party ist, von der es noch viele geben wird (selbst wenn das objektiv so sein sollte).

T.

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