Lastwagenräder

Hallo zusammen,

also ich bin nicht sicher, ob es hier bisher eine eindeutige Antwort gegeben hat. Viktor hat eine eigene Teilbetrachtung aufgemacht. Sein Beispiel mit dem „Leiterwagen“ hat mich aber wieder auf eine anschauliche Lösung gebracht: wenn man einen Leiterwagen mit Deichsel hat, dessen Achsen aber nicht gelenkt sind, so kommt dies dem Auflieger nahe. Wenn ich nun diesen Leiterwagen in der Wohnung um eine einge Kurve ziehe, würde ich annehmen, daß in jedem Falle die Vorderachse radiert, d.h. die Vorderräder gezwungen werden, einen Weg zu nehmen, der ihrer Lenkrichtung nicht entspricht. Was meinenn Sie?

Grüße,
Chrizz

Hallo

Zunächst klingt Deine qualtiative Betrachtung plausibel, aber
stimmt sie denn auch?

Stellen wir uns mal eine konkrete Situation vor: Der Hänger
ist 10m lang, die Kupplung ganz vorne (bei 0m). Wenn Die
Achsen bei 9m und bei 10m liegen, mag man Dir ja noch
zustimmen. Da Du aber rein qualitativ argumentierst, müsste es
nichts am Prinzip ändern, wenn die Achsen bei 1m und bei 10m
montiert wären.

Niemand käme auf die Idee, dass sich der Hänger dann um einen
gedachten Lastschwerpunkt bei 5,5m dreht und die Hinterachse
derart weit ausschwenkt.

Ich hatte „Schwerpunkt (Reibungspunkt)“ geschrieben. Der Hänger dreht sich um den Punkt, der die Masse am stärksten an der Position hält.

Anderer Lösungsansatz:

Im statischen Fall gilt Kräfte- und Momentengleichgewicht. Für
das Momentengleichgewicht darf man prinzipiell jeden Punkt
wählen. Bisher haben wir immer den realen Drehpunkt gesucht.
Nehmen wir doch mal die Kupplung als Drehpunkt. Dann fällt das
Drehmoment durch die Kraft der Zugmaschine weg und es bleiben
die Drehmomente durch die Reibungskräfte der beiden
Hinterachsen. Sie müssen entgegen gesetzt sein, denn sonst
ergibt sich kein Momentengleichgewicht. Liegen die beiden
Drehachsen sehr nahe beieinander, sind beide Kräfte annähernd
gleich groß. Deswegen liegt der reale Drehpunkt ziemlich
mittig zwischen beiden. Wenn sie sehr weit auseinander liegen,
ist die Kraft auf der entfernteren (hinteren) Achse sehr viel
kleiner, da der Hebelarm länger ist.
Diese kleine Kraft
unterschreitet die Haftreibungskraft, so dass in diesem Fall
die hintere Achse fest sitzt und sich alles um sie dreht.

Ich verstehe nicht wirklich, was du meinst. In welche Richtungen wirken deine Kräfte? Wahrscheinlich verstehe ich dich falsch.

Wenn die Kraft Richtung Erde auf alle 4 Räder gleich verteilt wird und somit die Haftreibung bei allen identisch ist, wird das Drehzentrum durch diese Kräfte definiert.

Die Tatsache, dass ein langer Hebel eine kleinere Kraft in Lenkrichtung zulässt, kann nichts mit der Kraft zu tun haben, die den Drehpunkt bestimmt.

Gehen wir noch mal anders ran:

Beispiel ohne Reibung:

Ein Körper hat (erstmal ohne Reibungskraft betrachtet) ein Massezentrum. Egal, wo man nun eine Kraft anlegt, der Körper rotiert um dieses Zentrum, wenn diese Kraft tangential angreift.

Der Hebel kann auch zwischen Radiusmaximum und Zentrum angreifen und die zum Drehen notwendige Kraft somit vergrößern. Der Körper dreht sich trotzdem um das Zentrum, weil die Tatsache, dass der kürzere Hebel die Kraft vergrößert, nichts an der Ursache ändern kann, dass der Drehpunkt durch die Masseverteilung im Körper festgelegt wird.

Was mir hier jetzt allerdings auffällt, ist, dass zusätzlich auch eine parallel zur Kraft längsgerichtete Bewegungskomponente enstehen müsste, die größer wird, je kleiner der Hebel wird.

Nun das Beispiel mit Reibung:

Hier ist die träge Masse vernachlässigbar klein angenommen und es geht lediglich um die Kontaktkräfte und die Kontaktpunkte.

Nehmen wir mal an, es handelt sich um einen Hänger mit 2 starren Achsen. Der Hänger ist ideal, starr. Es existiert keine Lenkachse. Beide Achsen sind 5m weit auseinander an den beiden jeweiligen Enden des Hängers angebracht. Die Kraftverteilung ist absolut symmetrisch.

Jetzt montieren wir einen Hebel:

Hebeln wir nun, drehen wir den Hänger um sein Zentrum, da die Kräfte gleich sind.
Analog zum reibungslosen Fall würde irgendwann eine Bewegung in Kraftrichtung entstehehen, wenn der Hebel zu klein wird.

Jetzt verschieben wir mal die Achsen nach innen, Abstand 1m:

Das gleiche Bild - er dreht um sein Zentrum.

Jetzt verschieben wir beide Achsen mit dem Abstand 1m voneinander zusammen vom Zentrum weg nach rechts.

Wieso sollte nun das Rad, was weiter weg vom Hebel ist (das „rechtere“), plötzlich zum Drehzentrum werden?

Hallo,

Es kommt jedoch nicht nur auf die richtige Drehzahl an. Damit
ein Rad sauber läuft, muss seine Spur außerdem mit der
Tangente der Kurve übereinstimmen. Deswegen schlägt bei der
Vorderachse eines PKWs dass kurveninnere Rad stärker ein als
das kurvenäußere.

Auch das nützte nichts. Ein Lkw- Reifen hat eine bestimmte Breite. Läuft er auf der kurveninneren Seite perfekt, gilt da schon nicht mehr auf der anderen Seite desselben Reifens.
Insofern meine ich, daß ganz genau betrachtet alle Reifen radieren, unabhängig von deren Anordnung.
Ich glaube aber nicht, dass das die eigentliche Kern- Frage des UP war.
Sonst müßte man einen „unendlich schmalen“ Reifen voraussetzen.

Gruß:
Manni

Sehe ich auch so
Hallo Crizz,
so oder ähnlich sehe ich das auch. Es sind mehrere Faktoren, die mitentscheiden, wo sich das Drehzentrum jeweils befindet.
1.) Man muss sich darüber klar sein, dass sowohl jeder einzelne Reifen als auch Rahmen, Federn usw. Elastizität aufweisen. Es gibt Verformungen und Nachrutschen.
2.) Dynamische Kräfte kommen hinzu ( ZentrifugalKräfte und auch vertikale Stöße durch FahrbahnUnebenheiten sowie Vibrationen )
3.) Die Reibbeiwerte verändern sich in Abhängigkeit vom Ort, von der Rollgeschwindigkeit und von der Rutschgeschwindigkeit.

Da der Abstand des HinterachsAggregates von der VorderAchse ( also der Radstand ) normalerweise groß ist gegenüber dem Abstand der HinterAchsen untereinander, ist das Beispiel mit dem kurzen Abstand AB und dem langen Abstand BC zwar interessant, aber letztendlich unrealistisch. Eine allgemeingültige Formel haben wir bisher nicht finden können. Ich werde dementsprechend weiterhin den Aggregat-Lastschwerpunkt als DrehZentrum annehmen :-S

Gute Frage, interessante Antworten, faire Diskussionen – nur keine wirkliche Lösung - naja, man kann nicht Alles haben :wink:

Eine schöne Arbeitswoche wünscht
Thomas

Hallo Chrizz

also ich bin nicht sicher, ob es hier bisher eine eindeutige
Antwort gegeben hat.

doch, Manni hat dies eigentlich getan.

Viktor hat eine eigene Teilbetrachtung
aufgemacht. Sein Beispiel mit dem „Leiterwagen“ hat mich aber
wieder auf eine anschauliche Lösung gebracht: wenn man einen
Leiterwagen mit Deichsel hat, dessen Achsen aber nicht gelenkt
sind, so kommt dies dem Auflieger nahe. Wenn ich nun diesen
Leiterwagen in der Wohnung um eine einge Kurve ziehe, würde
ich annehmen, daß in jedem Falle die Vorderachse radiert,

Da viel in den Wind geredet und spekuliert wird, will ich dies noch
mal hier an einer Sizze vortragen.
Vorerst: Sind wir uns einig, daß wir unter „radieren“ das erzwungene
rutschen des Reifens auf dem Untergrund verstehen, entweder durch
harte Brems- oder Beschleunigungs-Bewegungen oder durch geometrische
Unverträglichkeiten beim Bewegungsablauf.
Letzteres ist unsere Betrachtung.
Es gibt da nur zwei Möglichkeiten:

  1. Das Rad dreht über seiner Aufstellfläche um eine vertikale
    Achse.Das macht es immer wenn es auf ebenem Untergrund eine
    Kurve beschreibt und zwar jedes Einzelrad, also auch ein Radfahrer
    mit einem „Einrad“.
    Dies war aber nicht Deinen Fragestellung.
  2. Geometrisch erzwungenes Rutschen bei der Kurvenfahrt in
    Achsrichtung also rechtwinkl.zur gewollten Fahrtrichtung
    Dynamische Kräfte (auch Fliehkräfte) welche die Bodenhaftung
    überschreiten lasen wir also raus.
    Nach dieser Skizze:
    http://www.imagebanana.com/view/2fmvyyzk/kraeftean2a…
    und dem ersten Bild ist sehen, daß die Fy-Kräfte immer bei einer
    Kurvenfahrt auftreten, paarweise auch beim Einachser.Sie bewirken
    i.R.kein „rutschen“ welches wir betrachten.
    Wäre die Haftung auf dem Untergrund 0, könnte man keine Kurvenfahrt
    generieren, da ein Drehmoment welches die Achse im Grundriß verdreht
    nicht aufgebaut werden kann.
    Man könnte natürlich sagen, daß die Masse, der Achse mit Rad, der
    Beschleunigung in y-Richtung eine Kraft entgegen setzt und sich
    dadurch ein Kräftepaar generiert welches eine Drehung der Achse
    bewirkt.
    Wir haben es aber hier mal nur auf die Beteiligung der Haftreibung
    (oder Haftungsüberschreitung)bei der Kurvenfahrt abgesehen.
    Betrachten wir nun das zweite Bild, so hat sich für die angehängte
    Achse prinzipiell nichts geändert.
    Die erste Achse bekommt in Achsrichtung aus der umlenkenden
    Zugkraft für die zweite Achse noch F1*sin(phi) zugewiesen.
    Die Zugkräfte ergeben sich u.a.aus den Rollwiderständen der Räder
    welche aus anderen Parametern zu ermitteln wären.
    (oder aus Bergauf-Fahrt)
    Hier, für uns entscheidend ist die Feststellung, daß keine
    Rutschbewegungen erzwungen werden aus geometrischen Gegebenheiten,
    wie dies zBsp. bei fehlender Drehachse mit Kurvenfahrt der Fall
    wäre.
    Nur das Rutschen nach Fall 1) (s.oben) ist gegeben.
    Gruß VIKTOR

Ich komme erst jetzt dazu, die Aussagen in Ihren Antworten noch einmal genau zu studieren.

Ich bin der Meinung, u.a. Herr Bauer hat es gut beschrieben:

Im Falle von 2a hat sie jedoch den
deutlich günstigeren Hebelarm, sodass dafür die geringere
Kraft erforderlich ist. Folglich halte ich den Fall 2a für den
wahrscheinlicheren (was unserer Anschauung auch entspricht).
Ich kann jedoch nicht begründen, warum dies so sein muss.

Der Hebel ist wahrscheinlich die Ursache dafür, daß immer die letzte Achse des Aufliegers den ordentlichen Drehpunkt bildet, währen alle zwischen Deichsel und letzter Achse liegenden Achsen bzw. Räder aufgrund geringerer Hebelkraft in Richtung des Kreisinneren und damit in Richtung ihrer Achsen gezogen werden und so eben „radieren“.

Vielen Dank für alle Beiträge und die interessante Diskussion.

Grüße,
Chrizz