Narzistische Persönlichkeitsstörung

Mir geht es eher darum, wie ich zum einen als
Otto Normalverbraucher mit solchen Leuten umgehen kann, wenn
sie in meinem Freundeskreis (nicht in meiner Beziehung) sind,
und zum anderen auch immer um Selbstreflektion. Gibt es grade
was den Umgang angeht irgendwelche Tipps ?

Ich glaube, daß es da häufig zu einem Rückzug dieser Personen, dieses Personenkreises kommt, sodaß man mit diesen Individuen überhaupt nicht - oder zumindest sehr wenig in Kontakt kommt.

Ich habe schon den Eindruck, daß eine Art Resignation am Ende dieser Entwicklung stehen wird, sozusagen die Einsamkeit wieder eintritt - vielleicht sogar gesucht wird - aus der man kommt.

Ecke

Hi Harald

… in der Annahme, daß Du alle ansprachst, schreib ich mal, was ich vorab dazu sagen würde, er der thread im Brett-Keller verschwindet.

Meine These wäre folgende: Der dominante Part wird von einem
narzißtisch geprägtenen Menschen wahrgenommen und der devote,
sich unterwerfende Part von einem depressiven Menschen.

Gut, das ist zum Auftakt ja ganz interessant. Und auf den ersten Blick scheint es einleuchtend. Ich kann das aber in der Praxis, also im Umgang mit dom und dev Personen nicht bestätigen. Die depressive Persönlichkeit finde ich auf beiden Seiten dann und wann, aber jedenfalls nicht im Zusammenhang mit ihren D/s-Neigungen. Die narzißtische Persönlichkeit dagegen steht natürlich im Zusammenhang damit, aber sie scheint mir gerade auch das entscheidende Moment für die dev-Seite zu sein.

Ließe sich auch theoretisch belegen: Denn Allmachtsphantasien bzw. -wünsche und totale Ohnmachtsphantasien bzw. -wünsche (und die sind nicht mit Depressivität zu verwechseln!) sind dialektische (ganz im Sinne des philosophischen Terminus) Extreme, d.h. - plain ausgedrückt - sie sind dasselbe.

Es handelte sich also in beiden „Richtungen“ um dieselbe Intention, aber bei der praktischen Realisierung gibt es eine alternative Polarisierung in dom oder dev.

Damit wäre dann auch zugleich gesagt, daß der „Switcher“ eigentlich der Basis-Typus in diesem Bereich ist - was ich tatsächlich auch vermute.

Depressive Persönlichkeit meine ich im tiefenpsychologischen
Sinne, also nicht als psychiatrische Diagnose.

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Denkbar ist auch, daß narzißtische Menschen den devoten Part
übernehmen um ihre depressiven Anteile zu leben.

Mit dem Begriff Persönlichkeits"anteilen" hab ich einige Probleme. Es ist zwar gängig in der PsA, das so zu bezeichnen, aber was im Detail damit gemeint ist, ist so verschieden und mißverständlich, daß ich damit nicht so gerne arbeite. Klar ist aber, daß in der Psychodynamik der narzißtischen Persönlichkeit auch depressive Momente enthalten sind. Die sind aber reaktiv und nicht strukturell!

Aber mal sehen, was wir noch finden und vielleicht melden sich ja noch ein paar Stimmen.

Gruß

Metapher

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Ich glaube, daß es da häufig zu einem Rückzug dieser Personen,
dieses Personenkreises kommt, sodaß man mit diesen Individuen
überhaupt nicht - oder zumindest sehr wenig in Kontakt kommt.

Ich habe schon den Eindruck, daß eine Art Resignation am Ende
dieser Entwicklung stehen wird, sozusagen die Einsamkeit
wieder eintritt - vielleicht sogar gesucht wird - aus der man
kommt.

Siehste, und grade obiges würde ich gerne verhindern. Zumal derjenige um den es geht sicher nicht ein krasses Beispiel in seinem Verhalten darstellt, aber tendenziell eben doch.

Gruss
Marion

Hallo Metapher,

Ließe sich auch theoretisch belegen: Denn Allmachtsphantasien
bzw. -wünsche und totale Ohnmachtsphantasien bzw. -wünsche
(und die sind nicht mit Depressivität zu verwechseln!)
sind dialektische (ganz im Sinne des philosophischen Terminus)
Extreme, d.h. - plain ausgedrückt - sie sind dasselbe.

Es handelte sich also in beiden „Richtungen“ um dieselbe
Intention, aber bei der praktischen Realisierung gibt es eine
alternative Polarisierung in dom oder dev.

Und was genau wäre in diesem Fall die Intention (oder genauer gesagt sogar die Motivation) ? Kannst du das nochmal beispielhaft anhand der alternativen Auslebung von dom und dev etwas ausführen bitte ?

Gruss
Marion

aber wenn nur ansatzweise die Rede auf Therapie,
Ursachenforschung oder desgleichen kommt, wird dieses Thema
einfach tot geschwiegen, der Fragesteller moralisch unter
Druck gesetzt oder einfach mit dem Satz, der Genießer genießt
und schweigt, abgespeist.

Aber das ist doch eigentlich nicht verwunderlich. Nur wenige haben wirklich Interesse an der Psychologie, die ihrem Tun und Lassen zu Grunde liegt. Das ist doch hier im Forum z.B. nicht anders.

Meine These wäre folgende: Der dominante Part wird von einem
narzißtisch geprägtenen Menschen wahrgenommen und der devote,
sich unterwerfende Part von einem depressiven Menschen.

Abgesehen davon, daß ich auch nicht bestätigen kann (hab gerade das Posting unten gelesen), daß die sogenannte depressive Persönlichkeit signifikant im D/s-Bereich auftaucht, scheint mir das ein bißchen zu kurz gegriffen. Aber es läßt sich ja vielleicht noch differenzieren?

Ich wundere mich auch nicht, daß Du mit solchen Ansätzen in der entsprechenden Umgebung Schiffbruch erleidest, denn für Laien könnte das den Eindruck erwecken, daß Du die Absicht hast, BDSM als Psychopathie zu interpretieren. Das muß (zu Recht) auf Widerstand stoßen. Ich glaube allerdings nicht, daß Du diese Absicht hast, oder doch?

Natürlich gibt es Fälle, die wirklich als Psychopathie aufgefaßt werden müssen, die sich auch genauer bestimmen lassen. Darüber vielleicht ein andermal? Dafür gibt es wohl auch Kriterien, das haben wir auch mal in einem öffentlichen Forum diskutiert unter dem Stichwort "Grenzüberschreitung im BDSM…

Außerdem ist D/s und SM bei weitem nicht dasselbe, und das, was Leute zu dieser „Other World“ motiviert ist so vielfältig wie Sand am Meer.

Die Menge von verschiedenen Komponenten, die es bei BDSM gibt, willst Du die denn alle mit diesem Ansatz fassen? bondage, mumification, sense deprivation, gagging, enclosure, humiliation, pain play, slave service, also alle Varianten von körperlichem und psychischem SM und D/s, die sollen alle mit diesem Ansatz erfaßt sein?

Da hab ich Bedenken.

Übrigens interessiere ich mich speziell für das Thema: (BDSM-)Phantasien und der Übergang zu Realisierungswünschen.

Animaly

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Auflösung und Abgrenzung

Und was genau wäre in diesem Fall die Intention (oder genauer
gesagt sogar die Motivation) ? Kannst du das nochmal
beispielhaft anhand der alternativen Auslebung von dom und dev
etwas ausführen bitte ?

Also mal vorausgesetzt, daß wir diesen Zugang zum D/s über den Narzißmus versuchen, und dies aber nicht primär im pathologischen Sinne (Zusammenbruch der sozialen Interaktionsfähigkeit), sondern im Sinne einer bestimmten Struktur des Subjektiven überhaupt (das wäre ein allgemeinerer philosophischer Zugang) oder meinetwegen auch, so wie es Freud verstand, als Entwicklungsphase des Subjekts:

Dann zeigt sich die allgemeine Struktur der Sehnsucht nach Auflösung der Ich-Abgrenzung gegen andere (oder sogar gegen die Gesamtheit anderer) Subjekte. Dies ist aber nur die eine „Seite“. Die andere muß man gerade durch das Gegenteil ausdrücken: Die Sehnsucht nach stabiler, konstanter, lückenloser Abgrenzung gegen das andere Subjekt.

Diese beiden Sehnsüchte sind die entgegengesetzten Extreme zu einer „Mittellage“ (sorry, ich drück das mal metaphorisch aus, damits sprachlich nicht zu kompliziert wird und zu umfangreich), die um die Gleichgewichtlage „pendelt“ zwischen Attraktion (Verschmelzung) und Repulsion (endgültiger Ablösung) mit/von dem anderen Subjekt, und so eine „gesunden“ stabile Bindungs- oder Beziehungsfähigkeit ermöglicht.

Diese beiden Extreme können in der aus dem normalen sozialen Kontext ausgegrenzten Bereichen vorübergehend in ihrer Reinform erlebbar gemacht werden. Ein Beispiel dafür ist eben das SM- oder D/s-Spiel - daher die Notwendigkeit, diese „Spiele“ mit eindeutigen Start- und Stop-Signalen zu versehen. In der Literatur und auch in der Realität finden sie daher auch in „geschlossenen Gesellschaften“ oder sogar, wie z.B. bei de Sade, in geschlossenen Räumlichkeiten statt. Auch die zeitliche Begrenzbarkeit ist dabei wichtig.

Das eigenartige an diesen beiden Extremen ist aber eben, daß sie, wie schon angedeutet, in einem dialektischen Verhältnis zueinander stehen, d.h. sie sind genaugenommen nicht wirklich verschieden. Soll heißen:

  1. Verschmelzungsphantasien ( mit dem/den anderen)
  2. Allmachtsphantasien ( über den/die anderen)
  3. Auflösungsphantasien ( in dem/den anderen)
  4. Abgrenzungsphantasien ( gegen den/die anderen)

sind alles nur verschiedene Ausdrücke für dieselbe „innere“ Subjektstruktur: Es sind keine „Komponenten“, die man wirklich getrennt, isoliert voneinander betrachten kann.

Bei der vorübergehenden „Realisierung“ aber in einem (quasi virtuellen, in einem definierten Rahmen ablaufenden) „Spiel“ fallen diese Extrem wieder auseinander und stellen eine Alternative dar:

  1. entweder Allmacht über den anderen
  2. oder Selbstauflösung
    Das entspräche ungefähr 1. der dom- und 2. der sub-Rolle)

Aber beide Seiten der Alternative können wieder in zweierlei Weisen oder zweierlei Bewegungen „realisiert“ werden (entschuldige auch hier wieder die Bildsprache):

  1. Meine Allmacht über dich entweder indem ich dich „vernichte“ (bzw. dich zur Selbstauflösung zwinge → z.B. humiliation) oder indem ich dich in mir (bzw. in meinem Willen) „auflöse“ (bzw. dich meinem Willen unterwerfe → z.B. slavery)
  2. Meine Selbstauflösung ebenfalls in einem entweder/oder, wofür du das 1. nur passiv auszudrücken brauchst.

Auch die anderen Varianten im BDSM (einige wurden ja oben aufgelistet) kann man in diesem dialektischen „Modell“ repräsentieren.

Beide Seiten, die dominante und die submissive, haben demnach sowohl Verschmelzungs- als auch Abgrenzungscharakter, sowohl Selbstauflösungs- als auch Selbstgewinnungscharakter. Das spiegelt sich ja auch in den sehr unterschiedlichen Erlebnisdarstellungen wieder von Leuten, die das praktizieren…
hier wäre es halt nur theoretisch (bzw. dialektisch-logisch) begründet. Das beziehungsfähige autonome Subjekt lebt aber jedenfalls genau zwischen diesen Extremen, oder, was ebenfalls dialektisch betrachtet dasselbe ist, in ihrer Summe.

*gg* ich bin sicher: jede Menge Fragen offen… :smile:

liebe Grüße

Metapher

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etwas schwierig, dieser theoretische dialektische Ansatz. Würde ich zumindest sagen, wenn ich nicht anderweitig (oder soll ich besser sagen anderörtlich? *g*) damit schon vertraut wäre.

Aber daß er zweckmäßig ist, um diesen komplexen Wust aller möglichen BDSM-Phänomene zu beschreiben, und zu verstehen, liegt inzwischen auch für mich klar auf dem Tisch :smile:

Auch der Übergang zwischen „elastischen“ sozialverträglichen Formen und pathologischen zerstörerischen ist damit viel besser greifbar.

Nur bzgl. meinem favorite Thema zwischen Phantasieproduktionen und Realisierungswunsch komm ich damit noch nicht weiter. Schade, daß das Thread schon wieder versinkt.

Animaly

Und was genau wäre in diesem Fall die Intention (oder genauer
gesagt sogar die Motivation) ? Kannst du das nochmal
beispielhaft anhand der alternativen Auslebung von dom und dev
etwas ausführen bitte ?

ich hab das so verstanden: Die Kern-Phantasie(*) ist zunächst ambivalent, d.h. beide Seiten werden zugleich erlebt, oder unentschieden (Allmacht = Selbstauflösung, zusammengefaßt als Verschmelzungsphantasie). Und das zu realisieren sei die Motivation. Die Realisierung in einer realen session erfordert aber eine Entscheidung für die aktive oder die passive Seite.

(*) so nenne ich die Phantasie, bevor sie sich in konkreteren „Bildern“ ausmalt.

Animaly

hallo marion,

ich finde, am brauchbarsten ist das selbsthilfebuch „reinventing your life“, das verwende ich auch als therapeutin, da geht es allerdings um die verschiedensten persönlichkeitsstörungen, nicht speziell um den narzismus, dem entspricht im buch z.B. „entitlement“. vielleicht ist ja das narzismus - skript von ihm selbst zu bekommen (habe leider die aktuelle mail adresse nicht), ich würde eine kopie von meinem exemplar anbieten, wenn es nicht so umfangreich wäre.

Zieht er irgendwo eine Verbindung zwischen narz. Pers. und
BDSM ?

bdsm - kenne diese abkürzung nicht, meinst du borderline?
grüsse
margret

BDSM & Jeffrey Young
Hi margret

habe leider die aktuelle mail adresse nicht

http://www.schematherapy.com/

[email protected]

bdsm - kenne diese abkürzung nicht, meinst du borderline?

BDSM = internationales Akronym für Bondage-Domination-Sado-Maso

also das, wovon in diesem thread eigentlich hauptsächlich die Rede war *smile*

Grüße

Metapher

aktuelle mail adresse

http://www.schematherapy.com/
[email protected]

super, danke!

also das, wovon in diesem thread eigentlich hauptsächlich die
Rede war *smile*

wieder danke, hab das nicht durchgelesen. das thema ist für mich nicht interessant da ich es im therapeutischen bereich nicht brauche, SM ist ja keine störung…erfreulicherweise sind diese „spezialitäten“ nicht mehr prinzipiell als krankheitswertig eingestuft, aber vielleicht kommt mal jemand.
grüsse margret

Bondage-Domination-Sado-Maso

um auf eine der fragen zurückzukommen:
lt. J.Young gibt es da keine verbindung mit „nacissists“