Neue Antisemitismusvorwürfe gegen Martin Walser

Hi Peet,

erst mal danke für die Spiegel-Exegese. In der Tat verstehe ich, nach einigen rhetorischen Winkelzügen, eher was er gemeint haben könnte.

Hast du den von mir verlinkten Text Brumliks gelesen? Hast du
verstanden, warum ich ihn hier und an der speziellen Stelle
eingeführt habe? Hast du inhaltlich an ihm etwas auszusetzen?
Oder ist dir genauso wie Nader nur die Herkunft des Autors
wichtig?

Ja ich hab ihn gelesen. Und obwohl ich Lorenz‘ Diss nicht
gelesen habe, kann ich Brumlik nicht zustimmen.

Sorry, dann hast du meine Intention doch nicht verstanden. Mir
ging es hier ausschliesslich um die Widerlegung des Artikels
von Greiner - und das schafft Brumlik - aus meiner Sicht -
vollkommen.

Wenn ich deine Intention falsch verstanden habe, dann hast du dich missverständlich ausgedrückt. Schließlich forderst du oben explizit eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Brumliks Text. (Sorry, aber du bist genau so spitzfindig :wink:

Brumlik geht von den Bewiesenheit der antisemitischen
Untertöne bei Walser aus, er setzt sich damit gar nicht
auseinander. Ich gehe genauso davon aus. Sogar H. Karasek hat
das erkannt (http://www.welt.de/data/2005/07/30/752325.html),
wie sein Beispiel mit dem Fragment aus der Rede Walsers von
1995 zeigt.
Auch der Kritiker R.Bucheli in NZZ ist mehr als nur vorsichtig
mit dem Lob für die Dissertation von Lorenz:
http://www.nzz.ch/2005/09/13/fe/articleD4VOE.html und hält es
trotzdem für bewiesen (er will es allerdings verzeihen).
Warten wir ab, bis die Dissertation zugänglich ist. Dann
können wir gerne noch einmal pro et contra abwägen. Umsomehr
dass es dir hoffentlich nur um die Zeit vor 1998 geht, was das
vierte Thema bildet.

Jo, warten wirs ab. Sonst endet das hier noch in einem Gegenrechnen der Pro- und Kontra-Kritiken; ach, warum eigentlich nicht? So wie ich das überblicke führst du: Brumlik, Karasek, Bucheli (und ich füge dirzuliebe noch E. Schmitter vom Spiegel hinzu) vs. Greiner, Borchmeyer (SZ) und W. Schneider im Deutschlandfunk. :wink:

Darf ich dich so verstehen, dass du wenigstens in der Rede von
1998 „ein Fünkchen Antisemitismus“ erkennst? Wenn ja, dann
kannst du den Ausdruck von dem „geistigen Brandstifter“
nachvollziehen

Stopp! Nein, kann ich nicht. Im Übrigen hat Bubis, der Walser mit Frey und Schönhuber (!) verglichen hat, den Vorwurf der geistigen Brandstiftung zu recht zurückgenommen. Ich kann in der Rede in der Tat keinen Funken AS erkennen, bin mir aber im klaren darüber, dass sich Walser, ob bewusst oder unbewusst, missverständlich ausgedrückt hat. Ich darf mich dazu auch auf M. Reich-Ranicki, der nicht gerade größte Walser-Freund der Republik, berufen. Für ihn war der AS-Vorwurf „größter Unsinn“ und zur Verdrängungsabsicht oder Schlussstrich-These meinte er: „Entweder will er verdrängen (was ich überhaupt nicht glaube), oder er fühlt sich immer noch und immer wieder als Beschuldigter. Und wenn er sich als ein solcher fühlt – ist das nun schlecht oder gar verwerflich?“

, das Weitere wäre die Frage des langsamen
Lesens, wie Lorenz in seiner Dissertation hoffentlich macht -
angeblich eher mehr als weniger, eher einseitig als
kontextbezogen, ob überzeugend oder nicht, werden wir noch
sehen. Allerdings willst du den Roman „Tod eines Kritikers“
von allen Vorwürfen befreien und so sehe ich skeptisch die
Möglichkeit der weiteren Auseinandersetzung zum Thema.

Ok, habe verstanden. Dann halt nicht. Aber ich melde mich, bzw. melde du dich, wenn ich bzw. du die Lorenz-Diss in Augenschein genommen habe bzw. hast.

Gruß
André

Hallo André,

erst mal danke für die Spiegel-Exegese. In der Tat verstehe
ich, nach einigen rhetorischen Winkelzügen, eher was er
gemeint haben könnte.

Das freut mich, obwohl ich dazu noch einmal später komme.

Hast du den von mir verlinkten Text Brumliks gelesen? Hast du
verstanden, warum ich ihn hier und an der speziellen Stelle
eingeführt habe? Hast du inhaltlich an ihm etwas auszusetzen?
Oder ist dir genauso wie Nader nur die Herkunft des Autors
wichtig?

Ja ich hab ihn gelesen. Und obwohl ich Lorenz‘ Diss nicht
gelesen habe, kann ich Brumlik nicht zustimmen.

Sorry, dann hast du meine Intention doch nicht verstanden. Mir
ging es hier ausschliesslich um die Widerlegung des Artikels
von Greiner - und das schafft Brumlik - aus meiner Sicht -
vollkommen.

Wenn ich deine Intention falsch verstanden habe, dann hast du
dich missverständlich ausgedrückt. Schließlich forderst du
oben explizit eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Brumliks
Text. (Sorry, aber du bist genau so spitzfindig :wink:

Ich habe kein Problem mit deinem Hinweis. Man sollte schon genau sagen, was man meint. Und ich habe gesagt - in dem ersten Posting zum Thema - „Wie gut, dass Micha Brumlik diese unehrliche und beschämende Debatte richtiggestellt hat“. Vielleicht sollte ich noch einmal deutlicher werden. Ok. :smile:

Brumlik geht von den Bewiesenheit der antisemitischen
Untertöne bei Walser aus, er setzt sich damit gar nicht
auseinander. Ich gehe genauso davon aus. Sogar H. Karasek hat
das erkannt (http://www.welt.de/data/2005/07/30/752325.html),
wie sein Beispiel mit dem Fragment aus der Rede Walsers von
1995 zeigt.
Auch der Kritiker R.Bucheli in NZZ ist mehr als nur vorsichtig
mit dem Lob für die Dissertation von Lorenz:
http://www.nzz.ch/2005/09/13/fe/articleD4VOE.html und hält es
trotzdem für bewiesen (er will es allerdings verzeihen).
Warten wir ab, bis die Dissertation zugänglich ist. Dann
können wir gerne noch einmal pro et contra abwägen. Umsomehr
dass es dir hoffentlich nur um die Zeit vor 1998 geht, was das
vierte Thema bildet.

Jo, warten wirs ab. Sonst endet das hier noch in einem
Gegenrechnen der Pro- und Kontra-Kritiken; ach, warum
eigentlich nicht? So wie ich das überblicke führst du:
Brumlik, Karasek, Bucheli (und ich füge dirzuliebe noch E.
Schmitter vom Spiegel hinzu) vs. Greiner, Borchmeyer (SZ) und
W. Schneider im Deutschlandfunk. :wink:

Feine Sache.

Darf ich dich so verstehen, dass du wenigstens in der Rede von
1998 „ein Fünkchen Antisemitismus“ erkennst? Wenn ja, dann
kannst du den Ausdruck von dem „geistigen Brandstifter“
nachvollziehen

Stopp! Nein, kann ich nicht. Im Übrigen hat Bubis, der Walser
mit Frey und Schönhuber (!) verglichen hat, den Vorwurf der
geistigen Brandstiftung zu recht zurückgenommen.

„Den Ausdruck habe ich ja auch zurückgenommen. Ich hatte mir lange überlegt, ob ich das Wort geistige Brandstiftung benutzen soll. Aber mir war klar, wenn ich hier nicht den Hammer nehme, geht das unter und übrig bleibt die Standing ovation. Ich wollte manchen, die diese Standing ovation mitgemacht haben, zurufen: Denkt mal nach, was ihr da getan habt! Die Meinungsverschiedenheiten zwischen mir und Walser sind ansonsten die gleichen geblieben.“

Das hat Bubis dazu gesagt. Wie gesagt, wenn zitieren, dann komplett. :smile:
Und Spiegel sagte dazu:

„Wobei ich gewiss nicht den Begriff vom Geistigen Brandstifter zurück genommen hätte. Niemand von uns hat Walser je einen Antisemiten, einen Neonazi oder einen Rechtsradikalen genannt. Nur: Walsers Handwerk ist das Wort. Er hat zugegeben, dass er drei Wochen lang mit dieser Rede „schwanger gegangen“ ist. Und wenn jemand um die Bedeutung eines jeden Wortes, eines jeden Kommas, eines jeden Gedankenstrichs weiß, dann ist es Martin Walser. Walser hat genau gewusst, was er mit dieser Rede auslösen wird. Er hat eine Diskussion in Form eines Flächenbrandes ausgelöst – und das wollte er auch. Und wenn das so ist, dann ist er ein geistiger Brandstifter – aber nicht in einer kriminellen Art und Weise. Deshalb habe ich Ignatz Bubis nicht verstanden, dass er das zurück genommen hat.“

Ich kann in
der Rede in der Tat keinen Funken AS erkennen, bin mir aber im
klaren darüber, dass sich Walser, ob bewusst oder unbewusst,
missverständlich ausgedrückt hat.

Vielleicht sollten wir mit der Rede anfangen - sie ist tatsächlich das Mittelstück von der Walser-Geschichte. Mit einigen Büchern in der Hand, mit dem Text - so richtig textbezogen. So ein Seminar mit der ausgiebigen Diskussion. Sonst bleibt bei mir ein wenig Zweifel, ob ich dir die Spiegel-Exegese tatsächlich beigebracht habe.

Ok, habe verstanden. Dann halt nicht. Aber ich melde mich,
bzw. melde du dich, wenn ich bzw. du die Lorenz-Diss in
Augenschein genommen habe bzw. hast.

Gerne.

Gruß

Hi peet,
Sorry für die späte Antwort.

Vielleicht sollten wir mit der Rede anfangen - sie ist
tatsächlich das Mittelstück von der Walser-Geschichte. Mit
einigen Büchern in der Hand, mit dem Text - so richtig
textbezogen. So ein Seminar mit der ausgiebigen Diskussion.
Sonst bleibt bei mir ein wenig Zweifel, ob ich dir die
Spiegel-Exegese tatsächlich beigebracht habe.

Ich kann nur dankend ablehnen. Ich hatte genau das weiland schon an der Uni durchexerziert. Mit dem Ergebnis, dass alle Seminar-Teilnehmer im Prinzip mit der gleichen Einschätzung der Rede wieder aus dem Seminar entschwunden sind. Die Positionen konnten durch endloses diskutieren, zitieren und „belegen“ nicht angenähert werden. In Kenntnis so ziemlich aller Sekundärliteratur zum Thema hat sich meine Meinung gefestigt und ich fürchte, ein Durchdiskutieren wäre sinnlos.
Trotzdem warte ich sehnsüchtig, dass die hiesige Bib endlich den Lorenz-Text vorliegen hat. 50 Euro sind mir doch ein wenig zu teuer… In der Zwischenzeit empfehle ich dir die Taz-Kritik dazu von Jörg Magenau:
http://www.taz.de/pt/2005/09/23/a0149.nf/text
(Gleichstand!)
Gruß
André

Hallo André,

als ich gestern früh den Artikel von dem persönlichen Biografen Walsers in der TAZ gelesen habe, dachte ich, wer wohl diesen bedauerlichen Text in diesem Thread gleich verlinken würde. Man muß kein Brumlik sein, um die Rafinesse des Schlusssatzes genug zu würdigen:

„Die Debatte um Martin Walsers Auseinandersetzung mit deutscher Schuld und dem deutsch-jüdischen Verhältnis wäre leichter zu führen, wenn man den Oberbegriff „Antisemitismus“ dabei ersatzlos streichen würde.“

Traumhaft! Scheuklappen zu, Probleme wegdenken. Das erinnert mich stark an die Welt der Mrs. Pritchett aus dem „Und die Erde steht still“ von Philipp K. Dick. Welche Worte müssen wir noch abschaffen, damit es der Walser-Jüngerschaft besser geht? Und das willst du mir als eine ernstzunehmende Kritik verkaufen? Nach der Spiegel-Exegese, wie du so nett formuliert hast?

In Kenntnis so ziemlich
aller Sekundärliteratur zum Thema hat sich meine Meinung
gefestigt und ich fürchte, ein Durchdiskutieren wäre sinnlos.

Fürchte dich nicht! *g* Keine Diskussion kann deine gefestigte (zementierte oder betonierte?) Meinung ins Schwanken bringen.

Gruß