Seele im Buddhismus

Hallo,

weil mich sehr beeindruckt hat, wie hier gesprochen wurde (wird), möchte ich nur kurz einen Gedanken eingebracht haben, bevor der Thread den Weg aller Threads geht, nämlich in´s Archiv.

Zwei Punkte muß ich dazu aber vorweg nehmen.
Zum einen habe ich keine buddhistische Ausbildung, habe auch keine Kontakte dort hin, bin aber auch sonst nirgends „dabei“. Ich spreche also nur für mich.
Zum anderen kenne ich aber den Prozeß des Sterbens aus vor einigen Jhren vielfach spontan gemachter Erfahrung (also nicht Krankheits- oder Verletzungsbedingt). Ich weigere mich auch, dafür den Kunstbegriff „Nahtod-Erfahrung“ zu akzeptieren.

Darüber will ich hier aber nicht reden.
Was ich daraus aber verstehen gelernt habe, ist das Erklärungsproblem, welches sich dazu ergibt. Nämlich insofern, welches Problem sich warum darstellt, dieses Geschehen mit ausschließlich sprachlichen Mitteln auch jemandem anderen verständlich machen zu wollen.
Erst etwa ein Jahr danach, als ich durch Zufall erstmals eine Publikation der tibetischen Buddhisten in die Hände bekam (Sogyal Rinpoche, Das tibetische Buch vom Leben und vom Sterben, O.W.Barth Verlag), war es klar, daß hier eine Erklärungssystematik schon längst existiert, die diese Problematik systematisch umgeht und damit löst.

Ich bin nicht kompetent, diese auch nur irgend wie zu kommentieren, außer daß ich sagen kann, daß sie richtig ist.
Was ich aber kommentieren kann, sind die Übersetzungsversuche.
Denn da gibt es eine ganz spezifische Problematik unserer Sprache, geradezu eine Falle, welche dann der Erklärungslogik dauernd entgegen wirkt.
Und diese Falle bildet der Begriff „ich“.
Denn einerseits existiert in unserem Sprachraum dazu kein wirklicher Zuordnungsbezug als Ausgangspunkt für die Denklogik und andererseits wird dieser Sachverhalt dadurch noch verstärkt, daß der Begriff zweimal verwendet wird: einmal im gängigen Gebrauch „ich“, dann aber wieder als „das ICH“.

Damit wird aber die Problematik auch aller anderen unanschaulichen Begriffe in diesem Erklärungszusammenhang noch vergrößert. Und das deshalb, weil dann nicht mehr „ich“ als Ausgangspunkt der Hinterfragungslogik fungiert, sondern immer ein anderer in den Erklärungen verwendeter Begriff, verbunden mit der Vermutung (Annahme), es müßte sich dabei um etwas von mir (ich) Unabhängiges handeln. Wie z.B. eben: was ist „die Seele“? Was ist „der Geist“? U.v.a.m.
Und damit ist dann aber allen bekannten Mißverständnissen, die sich aber erst aus den Übersetzungen ergeben, Tür und Tor geöffnet worden.

Mein Beitrag daher zu diesem wirklich interessanten Thread wäre eine Bitte an diejenigen, die in dieser Sache kompetent sind:
Bei Übersetzungen auf den Begriff „das ICH“ schlicht und einfach zu verzichten bzw. ihn zu umgehen.

Ich hoffe, einen konstruktiven Beitrag eingebracht zu haben und nicht überheblich geklungen zu haben.

Grüße
Gert

Lieber Rolf,
anatta/anatman ist - worauf schon zu Beginn dieses Threads deutlich hingewiesen wurde - ein zentrales Moment des Dharma. Es ist eines der drei Seinsmerkmale (trilakshana, dukha-anatman-anitya), auf denen die buddhistische Ontologie beruht.

Allein Deine Frage verrät schon ein hohes Maß an Unkenntnis der buddhistischen Lehre. Das ist nicht weiter schlimm, dieses Forum ja dazu gedacht, Unwissenheit abzuhelfen. Allerdings auf einer solch dürftigen Wissensbasis wie Deiner ein Urteil wie ‚verworren‘ zu fällen, ist schlichte Anmaßung. Ich bin gerne bereit, Fragen zu beantworten, aber nicht, mich auf solch dummdreiste Weise provozieren zu lassen. Entweder Du unterlässt solche Dinge zukünftig oder Du wirst von mir geplonkt.

Zu Deiner Frage:

Woraus läßt sich schließen, daß Buddha eine Person als
Handlungstäter negiert, wenn er auf ein nächstes Leben
hinweist? Wo verneint er eine Seele als Träger der
Wiedergeburt.

Zunächst im Anatta Lakkhana Sutta (Samyutta Nikaya XXII.59), der zweiten Lehrrede Buddhas, nachdem er im Dhammacakka-ppavattana Sutta (Ingangsetzung des Rades der Lehre) die ‚vier Wahrheiten‘ und den ‚achtfachen Pfad‘ dargelegt hatte. Auch dies verdeutlicht den hohen Stellenwert der Anatman-Doktrin in Buddhas Lehre.

Natürlich gibt es noch etliche weitere Belege - stellvertretend sei hier noch das Cúlasaccaka Sutta (Majjhima Nikaya 35) genannt. Oder die drei Seinsmerkmale in aller Kürze in Dhammapada 277 - 279.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Gert,
danke für Deinen Kommentar.

Mein Beitrag daher zu diesem wirklich interessanten Thread
wäre eine Bitte an diejenigen, die in dieser Sache kompetent
sind:
Bei Übersetzungen auf den Begriff „das ICH“ schlicht und
einfach zu verzichten bzw. ihn zu umgehen.

Dies wird in der Regel von Buddhisten versucht, ist jedoch nicht immer umzusetzen. Letzlich ist es eine Frage der Zielgruppe. Wir benutzen gewöhnlich Bezeichnungen wie ‚die Skandhas‘ oder - gleichbedeutend - ‚nama-rupa‘ (Geist-und-Körper, jap. shinjin). Gelegentlich auch ‚pudgala‘, Person’, wobei dem ‚Eingeweihten‘ klar ist, dass es um die empirische Person geht - das, was als kohärentes ‚ICH‘ lediglich erscheint.

Aber das ist nun einmal ‚Fachsprache‘ und für Außenstehende erschließt sich der semantische Gehalt nicht so ohne weiteres.

Freundliche Grüße,
Ralf

Moin

ich erwäge, künftig meine Postings hier mit ‚kshanti-rishi‘ zu
unterzeichnen :wink:

Immerhin scheinst du ja hier einen ausdauernden „Lehrer“ gefunden zu haben, um dich in dieser Rolle zu üben :wink:

*Gassho*
Marion

Allein Deine Frage verrät schon ein hohes Maß an Unkenntnis
der buddhistischen Lehre. Das ist nicht weiter schlimm, dieses
Forum ja dazu gedacht, Unwissenheit abzuhelfen. Allerdings auf
einer solch dürftigen Wissensbasis wie Deiner ein Urteil wie
‚verworren‘ zu fällen, ist schlichte Anmaßung. Ich bin gerne
bereit, Fragen zu beantworten, aber nicht, mich auf solch
dummdreiste Weise provozieren zu lassen. Entweder Du
unterlässt solche Dinge zukünftig oder Du wirst von mir
geplonkt.

Lieber Ralph

Ich weiß Du bist ein großmütiger Mensch. Entschuldige wenn dich dieses Wort „Verworren“ auf die Palme gebracht hat. Aber man gewöhnt sich hier schnell im Forum einen etwas barschen Ton an, zumal ich auch öfters davon betroffen bin.

Jedoch bleibt für mich die Tatsache bestehen, daß wenn man von Wiedergeburt spricht und eine Seele oder Person ablehnt, dies - schonend ausgedrückt - irrig und verworren erscheint. Und das Buddha selbst, kaum daran Schuld war, scheint ja nun auch deutlich geworden zu sein.

gruß
rolf

Hallo zusammen

Danke vielmals für die Antworten. Das war eben genau das, was ich vermutet habe.

Wenn es keine Seele gibt, dann bleibt uns nichts anderes als die Natur, die Stoffkreisläufe, Aktion-Reaktion. Das ist Ökologie und für uns Westler recht einfach begreifbar. In diesem Licht erscheint mir auch die Wiedergeburt sehr logisch. Dass die Atome meines Körpers sich nach dem Tod nicht auflösen, sondern in neuen Verbindungen weiterexistieren ist klar durch die Massen-Erhalungsgleichung.

Würde man den Buddhismus also in modernen Begriffen fassen, könnte man dann sagen, er ist die Grundlehre der Ökologie, gepaart mit Denkansätzen aus der Psychologie (wie werde ich glücklich?, wie gehe ich mit Problemen um?, Entwicklung von Handlungsstrategien etc.)?

Liebe Grüssli
coco

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Hallo Ralf,

danke auch für Deine Antwort.
Ich denke, ich sollte noch erwähnen, warum ich die begriffliche Problematik unserer Sprache im Zusammenhang mit den Übersetzungsversuchen so angesprochen habe.
Zum einen bin ich ganz unabhängig von den buddhistischen Erklärungen (da bin ich ja gar nicht kompetent) auf Zusammenhänge drauf gekommen, welche hinter der Begriffsproblematik speziell der deutschen Sprache stehen. Die Argumentation dafür würde hier zu weit führen und ist in diesem Forum auch nicht diskutierbar, wie ich nach mehreren Anläufen resignierend feststellen mußte.
Wenn Du so willst, auf eine „relative“ Erklärung für die negativen Umstände innerhalb der Gesellschaften.

Zum anderen hatte ich, ich glaube vor zwei Jahren, ein so reizendes Erlebnis bei einem öffentlichen Vortrag eines Lama in Graz, den ich mir interessehalber anghört habe.
Der Mann hat natürlich nicht Deutsch gesprochen, auch Englisch war eher nicht unbedingt die geeignete Kommunikationssprache. Er wurde daher von einer Dolmetscherin übersetzt.
Und im Zuge bestimmter Erklärungen, welche er in Tibetisch vorgebracht hat, wurde dann ein Abschnitt von der Dolmetscherin so übersetzt: „Das ICH existiert nicht“. Der Satz kommt ohnedies in fast allen Übersetzungen so vor.

Mehr hat es aber nicht gebraucht. Im Publikum (an die 150 Leute) trat Totenstille wie in einer Kirche ein und dem Lama, der in seiner Sprache ja etwas Positives ausgedrückt hat und daher auch nichts anderes als eine positive Reaktion erwartet hat, ist die Kinnlade bis zum Boden gefallen vor lauter Überraschung.
Minutenlanges Schweigen war die Folge.

An und für sich mache ich meinen Mund bei solchen Veranstaltungen ja nicht auf, aber weil mich das so betroffen gemacht hat, habe ich halt zaghaft die Frage eingeworfen, ob man es nicht besser anders - ohne den Begriff „Das ICH“ zu verwenden - übersetzt hätte, weil wir diesbezüglich in unserer eigenen Sprache eine bisher nicht erkannte „Falle“ mit geschleppt haben.

So schnell hast Du gar nicht schauen können, wie ein heftiges Geschnatter angehoben hat, weil natürlich jeder die vorherige Aussage so verstanden hat: „ich“ existiere nicht!
Und einen solchen Knoten kannst Du dann in einer solchen Umgebung nicht mehr auflösen, wenn das sprachliche Mißverständnis nicht aufgezeigt wird.
Die Haltung von nicht Informierten aber Interessierten ist in der Folge dann so: „Die Buddhisten“ wollen mir ja nur lauter Unsinn einreden.

So viel noch als Nachtrag.

Liebe Grüße
Gert

Mein Beitrag daher zu diesem wirklich interessanten Thread
wäre eine Bitte an diejenigen, die in dieser Sache kompetent
sind:
Bei Übersetzungen auf den Begriff „das ICH“ schlicht und
einfach zu verzichten bzw. ihn zu umgehen.

Dies wird in der Regel von Buddhisten versucht, ist jedoch
nicht immer umzusetzen. Letzlich ist es eine Frage der
Zielgruppe. Wir benutzen gewöhnlich Bezeichnungen wie ‚die
Skandhas‘ oder - gleichbedeutend - ‚nama-rupa‘
(Geist-und-Körper, jap. shinjin). Gelegentlich auch ‚pudgala‘,
Person’, wobei dem ‚Eingeweihten‘ klar ist, dass es um die
empirische Person geht - das, was als kohärentes ‚ICH‘
lediglich erscheint.

Aber das ist nun einmal ‚Fachsprache‘ und für Außenstehende
erschließt sich der semantische Gehalt nicht so ohne weiteres.

Lieber Rolf,

Jedoch bleibt für mich die Tatsache bestehen, daß wenn man von
Wiedergeburt spricht und eine Seele oder Person ablehnt, dies

  • schonend ausgedrückt - irrig und verworren erscheint.

Deswegen scheuen Leute wie Marion oder ich idR auch den Ausdruck ‚Wiedergeburt‘ wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser … :wink:. Er führt nur zu Missverständnissen.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Coco,

Würde man den Buddhismus also in modernen Begriffen fassen,
könnte man dann sagen, er ist die Grundlehre der Ökologie,

Der Dharma lehrt, sich nicht als etwas von allem Anderen Getrenntes zu verstehen. Er legt großen Wert auf das, was in der Ökologie ‚Interdependenz‘ heisst - gegenseitige Abhängigkeit und gegenseitiges Bedingt-sein. Insofern kann man ihn durchaus so verstehen, wie Du es formulierst.

gepaart mit Denkansätzen aus der Psychologie (wie werde ich
glücklich?, wie gehe ich mit Problemen um?, Entwicklung von
Handlungsstrategien etc.)?

Die zentrale Fragestellung des Dharma ist: wie ist Leiden zu überwinden? Die Fragestellung „wie werde ich glücklich?“ kann wiederum zu dieser ‚tieferen‘ Frage hinführen. „Wie gehe ich mit Problemen um?“ ist eine Frage von Weisheit; „Entwicklung von Handlungsstrategien“, also heilsames Handeln, ist eine Frage von Sittlichkeit, Ethik. Weisheit (Prajna) und ethisches Handeln (Sila) sind gemeinsam mit der Ergründung des Geistes (Dhyana) die drei Aspekte des ‚achtfachen Pfades‘, der buddhistischen Praxis.

Du siehst - Du liegst schon richtig so.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo coco,

dass der Buddhismus für Westler relativ leicht zu verstehen ist, würde ich so nicht behaupten.

Die meisten sind doch in der Tradition des Glaubens an so etwas wie eine „Seele“ aufgewachsen, und wer das nicht ist, der hat doch immerhin noch sein „ego“. Sich von diesem „ego“ zu lösen, oder gar die Vorstellung zuzulassen, dieses „ich“ ist alles nur Schall und Rauch, fällt grade vielen Westlern auf ihrem „ego-trip“ nicht so leicht.

Heraus kommt dabei häufig ein diffuser Mischmasch, den ich eher im Bereich der „Esoterik“ ansiedeln würde, als beim Buddhismus.

Gruß
Marion

Heraus kommt dabei häufig ein diffuser Mischmasch, den ich
eher im Bereich der „Esoterik“ ansiedeln würde, als beim
Buddhismus.

…weswegen sich gerade der begriff der „reinkarnation“ in seiner
potentiellen vieldeutigkeit zur aufplusterung der erscheinung des
„ego“ so wunderbar anbietet.
„ich selbst“ war, bin und werde immer sein…

ewige grüße,
f.

Moin,

…weswegen sich gerade der begriff der „reinkarnation“ in
seiner
potentiellen vieldeutigkeit zur aufplusterung der erscheinung
des
„ego“ so wunderbar anbietet.

Und das ganze eben möglichst ohne den Determinismus der Hindus, das Jüngste Gericht oder die Höllenfeuer :smile:

„ich selbst“ war, bin und werde immer sein…

Kohl droht mit Wiedergeburt ? *g*
vergängliche Grüße
M.

Hallo coco,

dass der Buddhismus für Westler relativ leicht zu verstehen
ist, würde ich so nicht behaupten.

Die meisten sind doch in der Tradition des Glaubens an so
etwas wie eine „Seele“ aufgewachsen, und wer das nicht ist,
der hat doch immerhin noch sein „ego“. Sich von diesem „ego“
zu lösen, oder gar die Vorstellung zuzulassen, dieses „ich“
ist alles nur Schall und Rauch, fällt grade vielen Westlern
auf ihrem „ego-trip“ nicht so leicht.

deine erklärung ist einleuchtend. ich habe vielleicht von mir und meinem umfeld auf alle geschlossen… :smile:

es gibt vielleicht auch noch einen unterschied zwischen verstehen und glauben. während viele menschen das theoretische konzept zu durchschauen imstande sind, so ist es doch sehr viel schwieriger daran zu glauben, bzw. sich von seinen überbrachten religionsvorstellungen zu lösen.

auch wenn ich nun eher finde, dass der buddhismus nicht viel mit religion wie wir sie kennen zu tun hat.

Heraus kommt dabei häufig ein diffuser Mischmasch, den ich
eher im Bereich der „Esoterik“ ansiedeln würde, als beim
Buddhismus

ja, von diesen kenne ich auch ein paar.

liebe grüssli
coco

hi rolf

danke für deine erleuterungen.

grüssli
coco

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Verstehen und Glauben
Hallo Coco,

es gibt vielleicht auch noch einen unterschied zwischen
verstehen und glauben. während viele menschen das theoretische
konzept zu durchschauen imstande sind, so ist es doch sehr
viel schwieriger daran zu glauben, bzw. sich von seinen
überbrachten religionsvorstellungen zu lösen.

‚Verstehen‘ kann man sehr unterschiedlich verstehen :wink:. Mit Sicherheit geht es im Buddhismus nicht um ein intellektuelles Verständnis, sondern um Verstehen auf einer nichtverbalen Ebene. Dieses ‚Verstehen‘ (dem vor allem das o.g. Dhyana, die geistige Versenkung, dient) ist dann logischerweise auch nicht kommunizierbar - da kann man mit Worten allenfalls andeuten. Es gibt da die altbekannte Metapher von dem Finger, der auf den Mond deutet. Man sollte sich hüten, den Finger mit dem Mond zu verwechseln.

auch wenn ich nun eher finde, dass der buddhismus nicht viel
mit religion wie wir sie kennen zu tun hat.

Das liegt daran, dass der Gegensatz zum intellektuellen Verständnis nicht - wie im Christentum - der Glaube ist, sondern die Erfahrung. Der Buddhismus ist eine Erfahrungsreligion; im Christentum ist dies ein Aspekt, der stark an den Rand gedrängt wurde und fast immer im Verdacht der Häresie stand. Die Rede ist hier natürlich von der christlichen Mystik; etwa eines Meister Eckart.

Nun darf man Mystik (zumindest die im buddhistischen Sinne) nicht mit einem Abschalten des Intellekts verwechseln. Um nochmals zu verdeutlichen, dass es in Buddhas Lehre nicht um Glauben geht, hier ein Zitat aus dem Kalamer-Sutta (Anguttara Nikaya III.66):

Geht, Kálámer, nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber, Kálámer, selber erkennt: ‚Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden‘, dann o Kálámer, möget ihr sie aufgeben.
[…]
Wenn ihr aber, Kálámer, selber erkennt: ‚Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von den Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl‘, dann, o Kálámer, möget ihr sie euch zu eigen machen.

Es wird also ausdrücklich kein ‚Glaube‘ gefordert - lediglich ein ‚Vertrauensvorschuss‘ in die Lehre. Um die Lehre tatsächlich prüfen zu können, muss man sich auf sie einlassen und sie praktizieren; intellektuelles Verstehen reicht nicht aus. Wenn sich dieses Vertrauen in entsprechenden Erfahrungen auszahlt - gut. Wenn nicht, sollte man die Lehrte verwerfen. Hier sehe ich einen wesentlichen Unterschied zu

religion wie wir sie kennen

Es ist der Unterschied zwischen unbedingtem Glauben und bedingtem Vertrauen, das sich einer Überprüfung stellen muss.

Freundliche Grüße,
Ralf