Saftige Geschichte (länglich)

Wer sagt denn, dass Geschichte immer trocken sein muß. Es gibt auch einige recht „saftige“ Storys.

Es sieht ganz so aus, als sei die Erscheinung von „urban legends“ keine Erfindung der Neuzeit, geschweige des Internet.

Dies hier ist die Geschichte von Harmodius und Aristogeiton. Etwa im 2. Jh n.Chr. erzählte der Schriftsteller Hyginus folgende Story unter dem Titel „Wahre Freundschaft“:

(Das ist jetzt die Übersetzung des lateinischen Textes, den Fritz im Brett Literatur gepostet hat - Der ganze Thread ist unter http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv… zu finden)

Harmodius und Aristogeiton
Ebenfalls in Sizilien wollte Harmodius den gleichen Phalaris umbringen
nachdem er zur Übung vorher eine Sau getötet hatte, die Ferkel hatte.
Er kam zu seinem Freund Aristogeiton, erzählte ihm leichthin, er habe eine Mutter umgebracht
und fragte ihn er ihn verbergen wolle
Als Aristogeiton ihn versteckt hatte, bat er ihn, ihm mitzuteilen, wenn es Gerüchte über die Mutter gebe. Jener sagte, es gebe keine Gerüchte.
Als sie sich abends an Strand begaben, um einer dem anderen Getränke einzuflößen, wollte Aristogeiton ihm vorwerfen, dass er eine Mutter getötet habe. Daraufhin gab Harmodius zu, dass er eine Muttersau umgebracht habe, von dieser habe er als Mutter gesprochen. Er deutete an, er wolle den Herrscher töten und bat ihn, ihm dabei zu helfen.
Als sie nun daran gingen, den Herrscher zu töten, wurden sie mit Waffen von den Begleitern ergriffen und als sie zu dem Tyrannen geführt wurden, entkam Aristogeiton den Häschern, Harmodius wurde also allein dem Herrscher vorgeführt und als der in fragte, wer sein Begleiter gewesen sei, biß er, um den Freund nicht zu verraten mit den Zähnen seine Zunge ab und spuckte sie dem Herrscher ins Gesicht.
Soweit Hyginus.

Die Namen der beiden kommen uns bekannt vor und siehe bereits bei dem Schriftsteller Tukydides, der etwa 460 bis 399 v.Chr lebte, begegnen uns diese beiden Namen schon einmal. Da liest sich die Story dann so:
Auch dort sind Harmodios und Aristogeiton unzertrennliche Freunde und befreien Athen von dem bösen Tyrannen Hipparch und dessen nicht minder bösen Bruder Hippias (beides Söhne des Peisistratos) im Jahre 514 v.Chr.
Das bringt ihnen ziemlichen Ruhm ein, sie werden als Tyrannenbezwinger besungen und man errichtet ihnen tolle Statuen
http://www.beazley.ox.ac.uk/CGPrograms/Dict/ASP/Open…

Aber ganz so war es wohl doch nicht, wie wir erfahren wenn wir noch einmal 100 jahre zurückgehen und bei Artistoteles, 384 - 322 v.Chr. (ja, der mit dem Weltbild, das dann 1000 Jahre Bestand hatte) nachlesen.
Da sieht es dann so aus:
Harmodios muß ein ziemlich hübsches Kerlchen gewesen sein, sein kleines Schwesterchen ebenfalls.
Aber der begüterte Aristogeiton hielt sich lieber an den schnuckeligen Knaben. Na gut, das war eben damals so. Nur wurde er ziemlich giftig, als Hippias, der Bruder des athenischen Herrschers, des Tyrannen Hipparch, ebenfalls Gefallen an dem Jüngling fand und versuchte ihn dem Aristogeiton auszuspannen.
Übrigens war „Tyrann“ damals nichts anderes als der Titel des Herrschers der Stadt und in der Tat regierte auch Hipparch eher milde und weise.
Aristogeiton geriet sich mit seinem Nebenbuhler also ziemlich in die Haare, Harmodios blieb ihm treu. Das wollte nun Hippias nicht auf sich sitzen lassen und er brachte die Schwester des Knaben ins Gerede. Sie wurde von den Jungfrauen beim großen Festzug ausgeschlossen - eine ziemliche Schande für die Familie.
Jetzt reichte es Aristogeiton. Die beiden Söhne des Peisistratos, der Tyrann und sein Bruder mußten weg. Gelegenheit dazu bot sich bei dem schon erwähnten Festzug. Aber dann vermasselten die beiden alles. Sie erwischten nur Hipparchos, Harmodios wurde bei dem Handgemenge getötet, Aristogeiton fiel in die Hände seines Widersachers. Der folterte ihn lange, ausgiebig und mit Genuß, bis er ihn schließlich tötete.
Danach war er noch über drei Jahre lang Herrscher von Athen und machte in dieser Zeit den Begriff „Tyrann“ zu dem, was wir heute darunter verstehen. Erst Kleisthenes machte 510 dem Spuk ein Ende.

Dem schließe ich mich an …
und der Zufall wollte es, dass ich just an dem Tag, da ich die Frage Nicoles nach Mörus beantwortete, in der Kruschtelkiste eines Antiquariats einen Band: Lesebuch der Antike fand und nur deshalb kaufte, weil es bloß 50 Cent kostete und ich beim ersten Aufschlagen auf dieses Skolion (Rundgesang) von Harmodios und Aristogeiton stieß in einer mir unbekannten Übersetzung.

Hai Eckard!

Gruß Fritz

Echt Saftige Geschichte ( thanks) owt

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