Ich hatte die Ehre bei der Hoechst AG in Frankfurt Meß- und Regelmechaniker zu lernen, als der Konzern noch eins war und nicht von raffgierigen Managern zerschlagen wurde. Aber nun zur Story:
Ich im 1. Lehrjahr: Wir Lehrlinge sollten Verdrahtungsübungen machen. Dazu muß das Ende vom starren Kabel zwecks Zange zu einer Öse gebogen werden, um das Kabel auf einem Gewindebolzen festschrauben zu können. Alle sind kräftig am biegen, nur ich tue mich etwas schwer, weil ich ausversehen die eckige Telefonzange erwischt habe und die Rundzange in meinem Werkzeugschrank übersehen habe. Ich schiele zum Nachbartisch, wo mein Azubikollege mit der Rundzange eine perfekte Öse nach der anderen zurechtbiegt. Ich:„Wow, wo hast Du den diese Zange her ?“ Mein Kollege schaltet sofort:„Die habe ich mir in der Werkzeugausgabe geliehen.“ Ich schnappe mir meine Werkzeugausliehmarken und frage den Azubi, wie denn die Zange heißt, weil der Mitarbeiter in der Ausgabe sehr ungemütlich werden kann, wenn man die genaue Bezeichnung des Werkzeuges nicht weiß. Mein Kollege: „Sag einfach, daß Du einen Ösenbieger haben möchtest.“
Ich also voller Elan an die Werkzeugausgabe in der Nachbarwerkstatt. Der Mitarbeiter schaut mich schon grimmig an. Ich sage siegessicher:" Einen Ösenbieger bitte !!" Hinter mir jodelt meine 20 Mann starke Lehrlingsgruppe los. Der Kollege hatte alle informiert, als ich die Lehrlingswerkstatt verlies und natürlich mußte jeder das Spektakel mit ansehen, wie ich mich blamiere.
Apropo Werkzeugmarken: Wir wurden von den Ausbildern immer darauf getrimmt, die Werkzeugmarken immer am Mann zu tragen und nicht offen in der Gegend herumliegen zu lassen. Sollte einer der Lehrlinge dieses Gebot mal nicht befolgen, hatte er in unserer Gruppe schlechte Karten. Sobald er den Raum verließ und die Werkzeugmarken lagen noch auf dem Tisch, wurden diese eingeheimst (10 Stück hatte jeder Lehrling) und dann wurde für den Betreffenden in der Werkzeugausgabe eingekauft: 4m Richtlatte, 50er Gabelschlüssel, 36mm Bohrer, 10 kg Vorschlaghammer usw.
Das ganze sperrige Zeug wurde dann auf der Werkbank des Betroffenen platziert, der natürlich seine größte Mühe hatte das schwere Gerät wieder in die Werkzeugausgabe zu schaffen.