ist das nicht skandalös…
Hallo Stefan,
mit der wie auch immer gearteten Verwertung gewerblicher Schutzrechte läßt sich Geld verdienen. Wie in allen anderen Lebensbereichen ist aber niemand vor Dünnbrettbohrern, Absahnern und Betrügern sicher.
Das Schutzrecht für sich genommen bringt außer Kosten noch rein nichts ein. Eine Anmeldung sollte deshalb in ein (Verwertungs-) Konzept eingebunden sein. Man sollte also wissen, was die Anmeldung bewirken soll, welches Ziel verfolgt werden soll. Geht es etwa darum, Nachbauten zu verhindern, sollte man sich fragen, ob ein Patent der geeignete Weg ist und ob Nachbauten überhaupt stören. Wenn ich für Waschmittel Werbung machen möchte, weiß jeder, was Waschmittel sind. Nun stelle man sich ein ganz neues Produkt mit neuen Möglichkeiten vor, das es so noch nie gab. Es ist wahnsinnig schwer und teuer, dafür die Aufklärungsarbeit zu leisten und den Markt zu öffnen. Da wünscht man sich schon mal Wettbewerber. Immerhin helfen dann alle mit, den Markt zu öffnen.
Man will den Nachbau verhindern, aber durch die Veröffentlichung der wesentlichen Details ermöglicht man mit der Anmeldung erst den Nachbau.
Ich möchte verhindern, daß ein anderer meine Idee anmeldet und mir womöglich die Vermarktung untersagt. Dafür kann ein Schutzrecht ein Werkzeug sein, aber es geht auch anders. Ein veröffentlichter Fachartikel reicht, um die Idee zum bekannten Stand der Technik und die Patentanmeldung unmöglich zu machen.
Ich habe ein Produkt, an dem einige Fertigungsschritte durch jahrelange Entwicklungsarbeit so ausgefeilt sind, daß dieses Produkt leistungsfähiger als alles Zeug des Wettbewerbs ist. Man kann das Produkt gerne zerlegen oder röntgen - man kommt nicht dahinter. Patentiere ich solche Details? Da müßte ich schön dumm sein!
Zwei ähnlich gelagerte Fälle in den 80ern brachen mir fast das Genick. Teile der Produktion von zwei großen Unternehmen waren von meiner Zulieferung abhängig. Das Problem hätte auch jeder andere Zulieferer der Branche lösen können, aber in ganz anderer Kostengrößenordnung, die das Gesamtprodukt unbezahlbar gemacht hätte. Es handelte sich nur um ein paar pfiffige und ganz und gar ungewöhnliche Schritte im Produktionsprozeß nach hunderten durchgearbeiteten Nächten mit Versuchen. Mit dem Produkt hatte ich damals viel Geld verdient, aber die Kunden versuchten, sich mit jedem Mittel aus der Abhängigkeit zu lösen. Das vermeintlich preiswerte Produkt mit der eleganten technischen Lösung hatte die Abhängigkeit sozusagen eingebaut, weil die entscheidenden Schritte der Herstellung nirgends veröffentlicht und nicht patentiert waren. Dann wird schon mal versucht, den Zulieferer zu knacken, sei es über Mitarbeiterabwerbung oder über die Bank. Ein dauerhaft gedeihliches Geschäft entsteht so jedenfalls nicht. Bevor man Abhängigkeiten entstehen läßt, schreibt man lieber einen Fachartikel, verläßt sich fortan darauf, daß man den Fertigungsprozeß im Griff hat und alle sind zufrieden. Nimmt ein Wettbewerber die Idee auf - macht nichts. Der Markt ist so riesig und braucht den Wettbewerb, aber keine auf ihren Ideen hockenden Monopolisten.
Um mit einer Idee Geld verdienen zu können, braucht man vor allem Käufer, also Marktzugang. Sodann braucht man Fertigungsmöglichkeiten und Kapital. Von Patenten ist dabei noch keine Rede. Man muß sich das gesamte Konzept in jedem Einzelfall von A bis Z ansehen und danach entscheiden, ob ein Schutzrecht zielführend ist oder nicht.
Wer nicht selbst produzieren und vermarkten will, sondern die Idee verkaufen möchte, sollte i. d. R. ein Schutzrecht anmelden, wobei es zumeist reicht, die preiswerte Variante, nämlich Anmeldung eines Gebrauchsmusters in D, zu wählen. In Verkaufsverhandlungen kann man dann eintreten, sobald man die Eingangsbestätigung mit Datum und Uhrzeit vom Patentamt in Händen hält. Bis dahin hat man noch kein oder nur sehr wenig Geld ausgegeben. Der von manchen meist Träumern beschrittene Weg, ganz Europa und noch mehr mit Patentanmeldungen zuzupflastern, mündet für Einzelkämpfer und kleine Unternehmen nur zu oft in reiner Geldvernichtung. Man sollte sich lieber um Vertriebskonzepte kümmern, statt dem Patentamt ein Vermögen zu überweisen.
Gruß
Wolfgang