RAD - wer kennt sich aus?

Hallo an alle Spezialisten,

ich bin gerade damit beschäftigt, Daten für unsere Familienchronik zusammenzusammeln und stoße natürlich auf den Zweiten Weltkrieg, der mir das eine oder andere Rätsel aufgibt, zum Beispiel zum Wesen des Reichsarbeitsdienstes.

Was muß ich mir vorstellen, wenn jemand 1942 zum RAD nach Braunau-Ölberg, RAD-Abt. 3/376 geht oder nach Usedom?

Mir ist vor allem nicht klar, was das für Arbeitsdienstzentren waren, wie lange man dortblieb und was die Soldaten dort tun mußten.

In beiden Fällen kamen die Soldaten dann noch nach Frankreich, „zur Ausbildung“. Das heißt doch wohl eher, „in den Krieg“, oder??

Wer hilft??

Danke schonmal und viele Grüße,
Clarissa

Hallo !

>>Was muß ich mir vorstellen, wenn jemand 1942 zum RAD nach
Braunau-Ölberg, RAD-Abt. 3/376 geht oder nach
Usedom? >Mir ist vor allem nicht klar, was das für Arbeitsdienstzentren
waren, wie lange man dortblieb und was die Soldaten dort tun
mußten.>In beiden Fällen kamen die Soldaten dann noch nach Frankreich,
„zur Ausbildung“. Das heißt doch wohl eher, „in den Krieg“,
oder??

Noch etwas :
Am 30.Mai 1933 waren 240 000 Mann beim RAD beschäftigt.
Sie werden für 6 Monate verpflichtet.
Im April 1936 wird der weibliche Arbeitsdienst dem RAD angegliedert. Ab 1939 wird der bis dahin freiwillige weibliche Arbeitsdienst Zwang.

Aus dem »Reichsarbeitsdienst-Gesetz«
(26. Juni 1935)

Abschnitt I
§ 1.
(1) Der Reichsarbeitsdienst ist Ehrendienst am deutschen Volk.
(2) Alle jungen Deutschen beiderlei Geschlechts sind verpflichtet, ihrem Volk im Reichsarbeitsdienst zu dienen.
(3) Der Reichsarbeitsdienst soll die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialismus zur Volksgemeinschaft und zur wahren Arbeitsauffassung, vor allem zur gebührenden Achtung der Handarbeit erziehen.
(4) Der Reichsarbeitsdienst ist zur Durchführung gemeinnütziger Arbeiten bestimmt […]

Abschnitt II
§ 3.
(1) Der Führer und Reichskanzler bestimmt die Zahl der alljährlich einzuberufenen Dienstpflichtigen und setzt die Dauer der Dienstzeit fest.
(2) Die Dienstpflicht beginnt frühestens nach vollendetem 18. und endet spätestens mit Vollendung des 25. Lebensjahres […]
[…]

§ 7.
(1) Zum Reichsarbeitsdienst kann nicht zugelassen werden, wer nichtarischer Abstammung ist oder mit einer Person nichtarischer Abstammung verheiratet ist […]
[…]

Abschnitt III
§ 9.
Die Vorschriften über die Arbeitsdienstpflicht der weiblichen Jugend bleiben besonderer Regelung vorbehalten […]
[…]

Abschnitt IV
§ 18.
Die Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes bedürfen zur Verheiratung der Genehmigung.

[Dokumente: Das Dritte Reich, S. 8380]

Aus dem Erlaß Hitlers über den Reichsarbeitsdienst
(26. September 1936)

Artikel 1
Für alle arbeitsdienstfähigen Wehrpflichtigen beträgt die Dienstzeit im Reichsarbeitsdienst ein halbes Jahr.

Artikel 2
Die Stärke des Reichsarbeitsdienstes ist innerhalb der Zeit vom Oktober 1936 bis Anfang Oktober 1937 auf 230.000 Mann (einschließlich Stammpersonal), in der Zeit bis Anfang Oktober 1938 auf 275.000 Mann (einschließlich Stammpersonal), in der Zeit bis Anfang Oktober 1939 auf 300.000 Mann (einschließlich Stammpersonal) zu erhöhen.

Artikel 3
(1) Der vorläufig noch auf freiwilligem Eintritt beruhende Arbeitsdienst für die weibliche Jugend ist planmäßig zur Vorbereitung der Arbeitsdienstpflicht weiter zu entwickeln.
(2) Die Stärke des Arbeitsdienstes für die weibliche Jugend ist in der Zeit vom April bis März 1938 auf 25.000 Arbeitsmaiden (einschließlich Stammpersonal) zu erhöhen.

[Dokumente: Das Dritte Reich, S. 8447]

mfgConrad

Hallo,

wie u.a. war der Arbeitsdienst bis Juni 1935 freiwillig und wurde dann erst zur Pflicht.
Das RAD-Männer nicht im Krieg eingesetzt wurden ist so nicht ganz richtig. Man informiere sich hier bspw. über die Ritterkreuzträger im RAD, oder die RAD-Flak bzw. Artillerie-Abteilungen.

MfG
Robert

Hallo !

Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel!

Oberstabsarzt Dr.Neumann legte während der Invasion Kretas seine Rote-Kreuz-Binde ab und agierte als taktischer Führer.
Für seine Leistungen bekam er das Ritterkreuz.

mfgConrad

Hallo Conrad,

vielen Dank, das hilft mir schon sehr viel weiter!

Weißt du zufällig, ob man irgendwo die einzelnen RAD-Einsätze nachlesen kann? Mich interessieren konkret der RAD in Usedom (war das der Sperrbezirk Peenemünde?) und der in Braunau-Ölberg.

Danke und Gruß,
Clarissa

Nun… man informiere sich bspw. über Heinz Max Korn. Immer RAD-Mann gewesen und auch als RAD-Mann der Kreuz bekommen. Er hat nicht die RAD-Binde abgenommen oder sonstiges. Er erhielt es als Mitglied einer RAD-Kampfeinheit… Im Übrigen gab es bspw. auch RAD-Panzerjäger-Abteilung, RAD-Kampflehrgänge usw.
Reine Arbeiter waren die RAD-Männer zum Schluss (und ein bisschen davor) jedenfalls nicht mehr.

MfG
Robert

Das war damals so üblich.
Es gab auch SS-Einheiten der Hitlerjugend.

Das waren Namensgebungen ehrenhalber, wenn man so will.

mfgConrad

Hallo Clarissa!

Es gibt Literatur über den RAD.
Falls Du im Internet nichts findest, versuch es mal in einem Zeitungskiosk. Es gibt zur Zeit sehr viele rechtslastige Zeitschriften/Magazine. In diesen wiederum viele Buchbesprechungen.

mfgConrad

Servus,
Der RAD wurde militärisch des öfteren eingesetzt vor allem mit Beginn des Russlandfeldzuges. RAD-Abteilungen kamen zuweilen zum Fronteinsatz oder übernahmen Sicherungsaufgaben im Hinterland. Das schloss auch Operationen gegen Partisanen ein. Es wird geschätzt, dass von den im Jahre 1942 in Russland stationierten 427 RAD-Abteilungen, mindestens die Hälfte in Kampfhandlungen verwickelt war.
Und in den letzten Monaten wurde der RAD auch in geschlossenen Verbänden eingesetzt.
Am 13. April 1945 existierten vier RAD-Infanteriedivisionen, wobei sich drei gerade in der Aufstellung befanden. Die 1.RAD-Division „Leo Schlageter“, die 2.RAD-Division „Friedrich Ludwig Jahn“ sowie die 3.RAD-Division „Theodor Körner“ wurden größtenteils im Raum Raum Jüterborg aufgestellt, und waren Bestandteil der 12.Armee.
Die 4.RAD-Divsion „Güstrow“ befand sich Raum Ostpommerns. Desweiteren wurden zwei Gebirgsjägerbrigaden aus RAD-Angehörigen aufgestellt.
Im übrigen wurde einer RAD-Einheit nicht der Titel Panzerjäger ehrenhalber verliehen. Das entbehrt jeder Grundlage!

Hallo !

Einen Einsatz als kämpfende Truppe ließ die Haager Konvention nicht zu. Daran hat man sich im 3. Reich bei dieser
Menge von Menschen ganz sicher gehalten.
Wenn, dann wurden RAD-Einheiten aufgelöst und der Wehrmacht unterstellt. Als Soldaten. Sie behielten dann die RAD-Bezeichnung ehrenhalber.
So, wie man es mit HJ-Verbänden ebenfalls gemacht hat.

mfgConrad

Servus,
also ich wiederhole mich nochmal. Es wurden vier RAD-Divisionen aufgestellt, sowie zwei RAD-Gebirgsjägerbrigaden. Sie waren NICHT Angehörige der Wehrmacht!!SIe waren der Wehrmacht unterstellt, aber eben nicht deren Angehörige. Und sie wurden auch militärisch eingesetzt. Die 2.RAD-Division wurde im Potsdamer Kessel vernichtet.Die 3.RAD kämpfte im XX.Armeekorps der 12.Armee, und wurde größtenteils nördlich Schwielowsee aufgerieben.
Bei der 1.RAD-Division habe ich mich geirrt. Die wurde Ende März 1945 in Munsterlager aufgestellt, und noch der 3.Panzerarmee zugeteilt.
Und wenn ich schreibe, dass RAD-Einheiten aktiv an Kampfhandlungen und in der Partisanenbekämpfung in Russland eingesetzt wurden, dann hat das schon seine Richtigkeit. Irgendwie muss sich mein Geschichtsstudium mal bezahlt machen.
Im übrigen finde ich es schon recht komisch, dass du dich auf die Haager Landkriegsordnung berufst. Denn wir alle wissen ja, wie sehr sich das Deutsche Reich während des Zweiten Weltkrieges daran gebunden fühlte. Im übrigen waren RAD-Angehörige in Flak-Batterien und als Fernmelder in der Luftverteidigung eingesetzt. Und auch da, waren sie nicht Angehörige der Wehrmacht. Soviel zum Thema Haager Landkriegsordnung.
Im übrigen ist es vielleicht noch ganz interessant zu erfahren, das der RAD bei der Vernichtung der Ortschaft Lidice ,1942 die Aufgabe übernahm, den Ort dem Erdboden gleichzumachen. Auch in diesem Fall frage ich mich, was wohl die Haager Landkriegsordnung oder gar die Genfer Konventionen dazu sagen.Und das war gewiss kein Einzelfall, ähnliche Aufgaben übernahm der RAD auch in Russland. Inwieweit der RAD in Russland an Erschießungen beteiligt war, ist gerade Gegenstand eines Forschungsprojekt an meiner Uni. Aber, da auch Einheiten der „Organisation Todt“ an Erschießungen beteiligt waren, ist eine Beteiligung von einzelnen RAD-Abteilungen wohl kaum ausgeschlossen.

MfG
Maximilian

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Wen diese Thematik interessiert, dem sei das Buch „Die Abenteuer des Werner Holt“ von Dieter Noll(bes. Teil 1), Aufbau-Verlag Berlin und auch der gleichnamige DEFA-Film (erhältlich über www.icestorm.de) empfohlen. Das Buch vermittelt sehr authentisch, wie die deutschen Jugendlichen von der Schulbank weg über die Stationen Flakhelfer, RAD, Wehrmacht in das Kriegsgeschehen hineingerissen wurden. Zwar kommt meiner Erinnerung nach Braunau und Usedom nicht darin vor, aber durchaus eine Szene, die inhaltlich und territorial an den im Forum genannten Lidice-Bezug anknüpft. Übrigens hat dieses Buch mal eine ganze Generation in den 60er/70er Jahren interessiert (der Film auch), nicht zuletzt wegen der militärhistorisch interessanten Darstellung und der packenden Handlung.
Viele Grüße - Boje