'oft'

Hallo,

zuerst wollte ich mich bedanken! Das Forum ist einfach Klasse! Keine Frage bleibt hier unbeantwortet. Und so viele „kluge Köpfchen auf einem Haufen“ :smile:)) Weiter so!

Heute wollte ich eine Frage stellen, die vielleicht banal erscheint, aber mich interessieren würde. Es geht um das Adjektiv „oft“, das 2 verschiedene Steigerungsformen hat. Warum eigentlich zwei, woher kommt das?
oft-öfter-am öftesten (diese Form benutzt doch T. Mann)
oft-häufig- am häufigsten

Da bin ich echt gespannt.

viele Grüsse
Joanna

Hallo, Joanna!

zuerst wollte ich mich bedanken! Das Forum ist einfach Klasse!

Freut mich sehr, das zu hören.

Heute wollte ich eine Frage stellen, die vielleicht banal
erscheint, aber mich interessieren würde. Es geht um das
Adjektiv „oft“, das 2 verschiedene Steigerungsformen hat.

Ich versuche, in das Gewirr etwas Ordnung hinein zu bringen. Zunächst einmal ist „oft“ kein Adjektiv, sondern ein Adverb. Das lässt sich, meine persönliche Billig-Methode, schon daran erkennen, dass es keinen Sinn macht, einen Satz wie den folgenden zu bilden: „Sie ist oft“ – ja, was ist sie oft, fragt sich der geneigte Leser?! Möglich ist natürlich „Er trinkt oft“ oder „Es regnet oft“. Dadurch, dass „oft“ ein Adverb ist, kann man es leider nicht deklinieren, was bei Adjektiven (krank, kranke, kranker, …) natürlich geht. „Das ist kein oftes Vergnügen“ erlaubt die deutsche Sprache also nicht.

Komparabel (steigerbar) ist dieses Adverb dennoch. Die grammatikalische und semantische Funktion, die der Komparativ dann annimmt, ist allerdings nicht immer die, die man auf Anhieb vermuten mag: „Ich habe ihn schon öfter getroffen.“ Hier haben wir einen so genannten absoluten Komparativ, der ohne Vergleichsobjekt (mit „als …“ angeschlossen) auskommt. Das Vergleichsobjekt ist hier ein fiktives anderes Wort, zum Beispiel „selten“, sodass nur ausgedrückt werden soll, dass Du ihn bereits öfter als selten getroffen hast. So wie ich „öfter“ gerade eben benutzt habe, kann man es natürlich auch benutzen, als simplen Komparativ nach allen gültigen Regeln („öfter als letztes Jahr“, „öfter als Du“, …). Sobald Du anfängst, „öfter“ zu deklinieren und damit quasi zum Adjektiv zu biegen, geraten wir allerdings in den umgangssprachlichen Bereich: „Ein öfterer Vergleich hat gezeigt …“

Was Du als zweite Steigerungsform von „oft“ angibst, sehe ich gar nicht als echte Steigerung an, die ich auch so nicht im DUDEN wiederfinde. Hier wird das Adverb einfach durch ein Adjektiv ersetzt, das all die Möglichkeiten bietet, die „oft“ nicht zur Verfügung stellt. Je nach Verwendung im Satz ist das durchaus sinnvoll. Dennoch kann man „häufig“ wohl nicht als offiziellen Vertreter von „oft“ ansehen.

Beste Grüße!
Christopher

P.S.: Uff, langer Text, hoffentlich keine gravierenden Fehler.

Hi,
vielen Dank für die Antwort, es stellt mir aber weiterhin nicht zufrieden :smile: Sie haben sich vorwiegend auf Komparativ konzentriert und nicht alle meiner Fragen beantwortet.

Im FS-Unterricht (fast alle Lehrwerke) steht: oft- häufig/öfter- am häufigsten
Bei Helbig/Buscha steht:
" Die Adverbien" …, oft,… werden mit Hilfe anderer Wortformen gesteigert:
oft/häuftg- öfter(s)/häufiger - am häufigsten

  1. Meine Frage war: warum gibt es so große Beliebigkeit bei Auswahl der Form (komparativ).
    Ich gehe öfter ins Kino= ich gehe häufiger ins Kino???

  2. und warum ist der Superlativ „am häufigsten“ als richtige Form gesehen, und Herr T. Mann in seinen Werken die Form „am öftesten“ benutzt? Ist die auch akzeptabel?

Joana

Hi!

vielen Dank für die Antwort, es stellt mir aber weiterhin nicht zufrieden :smile:

Gerne! Mal sehen, was ich noch für Dich tun kann.

Sie haben sich …

Ist das hier übliche Du okay? :wink:

" Die Adverbien" …, oft,… werden mit Hilfe anderer Wortformen gesteigert:

Dem will ich nicht widersprochen haben. Es gibt einige Adverbien, die sich nicht einfach vom Ausgangswort her steigern oder deklinieren lassen. In diesem Fall schnappt man sich ein Adjektiv, das in seiner Bedeutung dem Adverb gleichkommt, und beugt oder steigert es an seiner Stelle (Beispiel: „Er war immer betrunken. In der Wohnung hing ein immerer andauernder Alkoholgeruch.“). Für „oft“ ist das, wenn ich nicht völlig falsch gewickelt bin, nicht nötig. „Öfter“ ist als absoluter Komparativ sowie als „normaler“ Komparativ richtig. Zudem billige ich keinem Germanisten die Kompetenz zu, ein immer einsetzbares Ersatz-Adjektiv für ein bestimmtes Adverb zu benennen. Der Autor muss von Fall zu Fall entscheiden, ob er „oft“ stehen lässt, ob „häufig“ passt oder ob er „oft“ mit einem Beiklang benutzt, der ein anderes Adjektiv als tauglicher erscheinen lässt.

  1. Meine Frage war: warum gibt es so große Beliebigkeit bei
    Auswahl der Form (komparativ).
    Ich gehe öfter ins Kino= ich gehe häufiger ins Kino???

Hier gebrauchst Du „öfter“ ja als absoluten Komparativ und ich denke nicht, dass das Wort ersetzt werden muss. Der Sprachgebrauch legt zumindest mir nahe, bei dem zweiten Satz mit „häufiger“ rückzufragen „Häufiger als wer/was?“, während man die Form „öfter“ als frei von einem Vergleichsobjekt kennt.

  1. und warum ist der Superlativ „am häufigsten“ als richtige
    Form gesehen, und Herr T. Mann in seinen Werken die Form „am
    öftesten“ benutzt? Ist die auch akzeptabel?

Ich entdecke bei Thomas Mann hin und wieder Formen, die außerhalb des rein literarischen Gebrauchs ungewöhnlich oder schlicht veraltet sind. In diesem Fall finde ich aber nicht, dass man ihm einen Fehler vorwerfen kann. Der heutige DUDEN, an den sich Th. Mann natürlich nicht gehalten hat, erlaubt „öfter“ als Komparativ, woraus ich schließe, dass „am öftesten“ ebenfalls akzeptiert wird.

Vielleicht klären die DUDEN-Einträge zu „oft“ und „öfter“ einige Fragen, die bisher offen waren:

_ oft [mhd. oft(e), ahd. ofto, wahrsch. im Sinne von „übermäßig“, zu 2ob (2)]:
a) sich wiederholt ereignend; immer wieder; mehrfach: o. krank sein; der Zug hielt o.; ich habe ihr zu o. geglaubt; wie o. muss ich dir das denn noch sagen?; sie ist o. genug gewarnt worden; so o. wie sie hat noch keine gefehlt;
b) in vielen Fällen, recht häufig: so etwas gibt es o.; das lässt sich o. gar nicht entscheiden;
c) in kurzen Zeitabständen:
dieser Bus verkehrt ziemlich o._

_ öf|ter [mhd. ofter, ahd. oftor]:
1. :
a) mehrmals, hier u. da, bei verschiedenen Gelegenheiten, verhältnismäßig oft: ich habe sie schon ö. besucht; dieser Fehler kommt ö. vor; ö. mal was anderes, Neues! (Werbeslogan);
b) mehrmalig, häufig: seine -en Besuche; bei -er Verwendung; * des Öfteren (nachdrücklich; zu wiederholten Malen, wiederholt; oftmals): man hat ihn schon des Öfteren ermahnt.
2. Komparativ zu oft._

Joana

Mit einem oder mit zwei „n“? :wink:

Gruß!
Christopher

2 Like

Hallo Christopher!

Jetzt ist alles klar geworden! Vielen Dank nochmal!
Joanna mit Doppel-n. Ich bewundere deine Aufmerksamkeit!

Gruss
JoaNNa :smile:))

Hallo,

kurzer, kleiner Nachtrag, sprachgeschichtlicher Art:

Kluge: Ethymologisches Wörterbuch:

„häufig“ (16.Jh.). Eigentlich „haufenweise“, seit dem 18.Jh. „oft“.

gruss

zuerst wollte ich mich bedanken! Das Forum ist einfach Klasse!
Keine Frage bleibt hier unbeantwortet. Und so viele „kluge
Köpfchen auf einem Haufen“ :smile:)) Weiter so!

Heute wollte ich eine Frage stellen, die vielleicht banal
erscheint, aber mich interessieren würde. Es geht um das
Adjektiv „oft“, das 2 verschiedene Steigerungsformen hat.
Warum eigentlich zwei, woher kommt das?
oft-öfter-am öftesten (diese Form benutzt doch T. Mann)
oft-häufig- am häufigsten

Da bin ich echt gespannt.

viele Grüsse
Joanna

Hallo Joanna!

Jetzt ist alles klar geworden! Vielen Dank nochmal!

Gern geschehen.

Joanna mit Doppel-n. Ich bewundere deine Aufmerksamkeit!

Ich freue mich, dass ich Dir weiterhelfen konnte.

Gruß!
Christopher :smile:

Hallo, Joanna

zuerst wollte ich mich bedanken! Das Forum ist einfach Klasse!
Keine Frage bleibt hier unbeantwortet. Und so viele „kluge
Köpfchen auf einem Haufen“ :smile:)) Weiter so!

Wie schon Christopher sagte: Sowas hört man gern!

Und - ach ja - der Christopher!

Nachdem Christopher so ausführlich und gediegen geantwortet hat – und die Sternchen eingeheimst, die ich gern bekommen hätte, aber ich habe bis halb sechs unterrichtet und dann gab es noch eine Lehrerkonferenz und so kam ich eben zu spät- bleibt mir nur noch ein wenig drumrum zu labern.

Dein Posting tut so, als ob es eine Unmenge solch willkürlicher Komparationsformen bei Adverbien gäbe.

Dem ist aber doch gar nicht so.

Es sind dies diese mit den Komparationsformen:

bald eher am ehesten / aber im Dialekt und auch bei Goethe: bälder : „Ich sterbe, das ist bald gesagt und bälder noch getan.“ Faust, Vers 3722f

gern lieber am liebsten / aber im schwäbischen Dialekt: „I han d´Oma gerner wia dr Opa, der stenggt so nach Dubbagg. (Ich hab die Oma gerner wie (sic!) den Opa; der stinkt so nach Tabak.“ „ Am gernsta ess i Schoggladbudding!“ (Am liebsten esse ich Schokoladepudding!)

gut besser am besten / aber im Sächsischen: „Mein Gutster“. Mai Guuuhhhdsder!

oft häufiger am häufigsten / aber auch in der Standartsprache und bei Th. Mann; den du selbst erwähnst: öfter am öftesten

sehr mehr am meisten /da gibt es keine eigene Formen

viel mehr am meisten /da gibt es keine eigene Formen

wenig minder am mindesten / aber auch in der Standardsprache: weniger am wenigsten

wohl besser am besten / aber auch in der Standardsprache: wohler am wohlsten.

Die Regeln für diese Adverbien bei Helbig/Buscha sind noch sehr jung im Verhältnis zum Alter der deutschen Sprache; wie alle – na gut: fast alle Regel, wurden sie erst im Rahmen dessen aufgestellt und „allgemein gültig“, was man so als die Duden´sche Rechtschreibreform kennt, also lausige hundert Jahre.

Vorher und auch noch lange nachher, denn die Regeln setzten sich erst im 20. Jhdt durch und nicht einmal da, wie du ja weißt, also früher hatte man in solchen Fällen stets mehr Möglichkeiten beim Schreiben oder Sprechen. Die Neue Rechtschreibung hat uns einen Teil dieser Freiheit wieder gebracht. Dies wird leider nicht von allen geschätzt.

Wenn also Goethe vorher und Th. Mann nach der Regelfestlegung sich nicht darum scherten und schrieben und sprachen „wie ihnen der Schnabel gewachsen ist bzw. die Feder in der Hand lag“, so ist das ein ganz normales Fenomen – um mir selber mal eine indiwiduelle Schreibung zu erlauben.

Es sind doch wirklich nur marginale Randerscheinungen.

Adverbien sind allerdings etwas sperrige und unangenehme Wuselwörter. Deswegen bietet die deutsche Sprache auch die Möglichkeit sie zu Adjektiven machen, indem man das Suffix „-ig“ anhängt:

Die Zeitung von heute: die heutige Zeitung,
Die Leute von dort: die dortigen Leute,
Die Internetznutzer von hier: die hiesigen Internetznutzer etc.

Das müsste jetzt ein genugiges Gelaber – ich meine genug Gelaber gewesen sein.

Beste Grüße Fritz

  1. und warum ist der Superlativ „am häufigsten“ als richtige
    Form gesehen, und Herr T. Mann in seinen Werken die Form „am
    öftesten“ benutzt? Ist die auch akzeptabel?

Ich entdecke bei Thomas Mann hin und wieder Formen, die
außerhalb des rein literarischen Gebrauchs ungewöhnlich oder
schlicht veraltet sind. In diesem Fall finde ich aber nicht,
dass man ihm einen Fehler vorwerfen kann. Der heutige DUDEN,
an den sich Th. Mann natürlich nicht gehalten hat, erlaubt
„öfter“ als Komparativ, woraus ich schließe, dass „am
öftesten“ ebenfalls akzeptiert wird.

Vielleicht klären die DUDEN-Einträge zu „oft“ und „öfter“
einige Fragen, die bisher offen waren:

Also, ich habe hier einen veralteten Duden von irgenetwas zwischen 1965 und 1975, schätze ich (die entsprechenden Seiten fehlen leider schon), herausgegeben vom damaligen VEB Bibliographisches Institut Leipzig.
Und da steht zu oft:
wie oft habe ich es dir [nicht] gesagt; ich habe es dir so oft gesagt, daß …; aber: sooft du zu mir kommst … (vgl. sooft); öfter od öfters; öfter als …; des ofter[e]n, am öftesten; allzuoft

Also, in dieser Ausgabe wird „am öftesten“ ohne wenn und aber akzeptiert. Dennoch wurde mir als Kind immer gesagt, daß oft nicht gesteigert werden könne und daher in diesen Fällen das Wort häufig vorzuziehen wäre. In Aufsätzen wurde es zumindest als schlechter Ausdruck gekennzeichnet. Für mich war es immer „falsche“ Umgangssprache.

Mein Beitrag wird wohl viel helfen, aber vielleicht interessiert es jemanden.

Bis denne!
Schnoof