Iran in der Deutschen Grammatik

Hallo zusammen,

nach meinem Sprachverständnis ist es für einige Länder Pflicht, die Bezeichnung mit einem Dativ oder Akkusativ (je nach Verb) zu verbinden, z.B. wir fahren in die Schweiz, wir fliegen über den Iran und so weiter. Bei den meisten aber nicht (wir fliegen über Deutschland, Österreich…)

So, nun meine Frage. In letzter Zeit höre ich mehr und mehr Sätze in Verbindung mit dem (!) Iran ohne diese Ergänzung, wie z.B.
„Flugzeug über Iran abgestürzt“ oder „…verhandelt mit Iran über…“
Zuerst dachte ich, das wäre BILD-Zeitungs-Stil, aber ich hörte das immer öfter und mir drehen sich immernoch die Fussnägel hoch.

Ist da was geändert worden ?

Gruss Hans-Jürgen
***

Hallo, Hans-Jürgen,

nach meinem Sprachverständnis ist es für einige Länder
Pflicht, die Bezeichnung mit einem Dativ oder Akkusativ (je
nach Verb) zu verbinden, z.B. wir fahren in die Schweiz, wir
fliegen über den Iran und so weiter. Bei den meisten aber
nicht (wir fliegen über Deutschland, Österreich…)

du beschreibst das Phänomen nicht ganz korrekt.

Es ist nicht so, dass diese Länder im Unterschied zu anderen den Akkusativ bzw, Dativ haben müssen, denn das ist bei Deutschland und Österreich ebenso.

Im Satz: Ich fahre nach Österreich. ist Österreich ein Akkusativ.
Im Satz: Ich mache Urlaub in Österreich. ist Österreich ein Dativ.
Man kann es bloß nicht erkennen, weil keine Endung und kein Artikel dabei sind.

Die Schweiz, die Türkei, die Tschechei, die Mongolei, die Tatarei, die Ukraine und der Iran, der Irak, der Sudan, der Tschad, der Kongo, der Libanon haben aber im Unterschied zu Österreich, Deutschland, Frankreich, Spanien einen ARTIKEL. Und dies obligatorisch!

ABER bei den männlichen Ländernamen hat es sich eingeschlichen - und bei einigen Zeitungsredaktionen und Fernsehstationen scheint das sogar Hausrichtlinie geworden zu sein - den Artikel wegzulassen.
Welcher Teufel die reitet weiß ich nicht.

So! Jetzt ist genug, ich muss los. Über Stuttgart nach München!

Gruß Fritz

Die Schweiz, die Türkei, die Tschechei, die Mongolei, die
Tatarei, die Ukraine und der Iran, der Irak, der Sudan, der
Tschad, der Kongo, der Libanon haben aber im Unterschied zu
Österreich, Deutschland, Frankreich, Spanien einen ARTIKEL.
Und dies obligatorisch!

Darf ich fragen, woher du diese Regel hast? Bei der Schweiz kenne ich sie, aber beim Iran etwa ist sie mir neu. Ich bin jetzt zu faul, den Duden herauszuholen (ganz abgesehen davon, dass der auch nicht immer das Sprachgefühl vieler trifft und sich meiner Meinung nach etwas zu sehr an dem „Gebräuchlichen“ orientiert statt am Richtigen): hast du das aus dem? Wer bestimmt sonst, welche Staaten einen Artikel brauchen und welche nicht (speziell bei „neuen“ wie Tschechien).

ABER bei den männlichen Ländernamen hat es sich eingeschlichen

  • und bei einigen Zeitungsredaktionen und Fernsehstationen
    scheint das sogar Hausrichtlinie geworden zu sein - den
    Artikel wegzulassen.
    Welcher Teufel die reitet weiß ich nicht.

Nicht nur bei männlichen, bei „Türkei“ genauso. Der Teufel heißt Rationalisierung: zwei Redakteure sollen heute die gleiche Arbeit machen, die vor wenigen Jahren noch vier oder fünf gemacht haben. Dank besch…eidener Gehälter am besten Frischgfangte direkt von der Uni, die oft das Falsche gelernt und überhaupt keine Praxis haben. Und Zeit, sich mit der Grammatik auseinanderzusetzen, sowieso nicht. Es wird „nach Gefühl“ geschrieben.

Livia
(selbst Zeitungsjournalistin)

Hi,

kenne ich sie, aber beim Iran etwa ist sie mir neu.

das ist ja lustig. Obwohl Dir das beim Iran nicht geläufig war, schreibst Du „BEIM“ Iran. Ohne Artikel würde es aber heissen „BEI“ Iran. Das ist wohl wirklich so, dass sehr viel über das Sprachgefühl gesteuert wird.

Ich glaube und hoffe nicht, dass die Rationalisierung so weit geht, dass wirklich die Artikel weggelassen werden. Sie fuhren in Schweiz klingt ebenso abstrus wie sie fuhren nach Schweiz - wobei man das auch mit DER Türkei austauschen kann.

Aber, wie gesagt, im Zusammenhang mit „DEM“ Iran habe ich das schon mehrfach ohne Artikel gelesen. Vielen Dank für eure Antworten.

Gruss Hans-Jürgen
***

Kein richtig oder falsch
Zitat Zwiebelfisch:
(ganzer Text unter http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,277…)

"[…]
Während das Auswärtige Amt empfiehlt, diese Staaten ohne Artikel zu nennen, wird im allgemeinen Sprachgebrauch die Nennung mit Artikel praktiziert. Da heißt es dann entsprechend im Kongo, in den Jemen, aus dem Libanon, durch den Tschad, in den Irak. Auch im SPIEGEL heißt es „der Irak“, dort begründet man es mit dem Arabischen; denn die Iraker selbst nennen ihr Land „al-Irak“.

Wenn in Nachrichtentexten der Artikel fehlt, so geht dies seltener auf die Empfehlung des Auswärtigen Amtes zurück; häufiger lässt es auf eine englischsprachige Quelle schließen. Briten und Amerikaner verwenden das Wort „Iraq“ grundsätzlich artikellos. Beim Übersetzen aus dem Englischen wird der deutsche Artikel bisweilen vergessen, selbst wenn die Redaktion beschlossen hat, „Irak“ immer mit Artikel zu nennen.

Mal mit und mal ohne Artikel findet man auch (den) Iran genannt. Während „Persien“ eindeutig neutral war (jedenfalls in grammatischer Hinsicht), ist das Genus bei „Iran“ im Deutschen nicht eindeutig festgelegt. Der SPIEGEL führt Iran ohne Artikel und begründet auch dies mit der Landessprache: Da das Persische keine Artikel kennt, hat auch „Iran“ (was übrigens „Land der Arier“ bedeutet) keinen. Somit heißt es beim SPIEGEL: in Iran, nach Iran, aus Iran etc.
[…]"

Hallo, Livia!

Darf ich fragen, woher du diese Regel hast?

Freilich!
Lies: Duden-Grammatik, § 349,1!

_ Ländernamen mit Artikel

Dudengrammatik, § 349,1

Länder- und Gebietsnamen sind im Allgemeinen Neutra, seltener feminin oder maskulin:

Das schöne Thüringen, das Frankreich Ludwigs XIV., das geheimnisvolle Tibet, das tropische Afrika; unser ganzes Europa; das Elsass, das Ries, das Wallis, das Pandschab.

Feminin sind die auf –ei, -ie, oder –e endenden Länder- und Gebietsnamen:

Die Slowakei, Türkei, Lombardei, Walachei, Mongolei, Mandschurei, Normandie, Pikardie, Bretagne, Champagne, Gascogne, Levante, Provence, Ukraine.
Außerdem: die Schweiz, Lausitz, Pfalz, Krim, Dobrudscha, Riviera, Arktis, Antarktis, Sahara, Gobi, Kalahari.

Maskulin sind z. B.:

Der Peloponnes, Chersonnes, Balkan, Libanon , Irak, Iran, Jemen, Sudan, Hedschas, Tschad, Kongo,

Einige Ländernamen kommen nur im Plural vor:

Die Niederlande, die USA. (siehe auch § 373)

Zum Artikel der Ländernamen vgl. auch § 554_

Gruß Fritz