Hallo Romana,
Rudolf Steiner bezeichnet seine Anthroposophie als „Geisteswissenschaft“.
Forschungsgegenstand sind Gedanken, Gefühle, Träume, Phantasien, also die subjektive Wirklichkeit des Individuums.
Die „gefundenen“ Forschungsergebnisse sollen derart umgesetzt werden, dass sie die Lebenswirklichkeit des Menschen verbessern helfen. Die Lebenswirklichkeit ist die materielle UND die nichtmaterielle Wirklichkeit des Individuums.
Die Idee ist nicht neu und auch sehr naheliegend. Zumindest in der „Menschenwelt“ ist es offensichtlich, dass alle materiellen Dinge einem Gedanken entspringen. Die höchsten Häuser, die komplexesten Maschinen, Kaffeetassen, Blumenvasen - alles hat seinen Ursprung in menschlichen Visionen, Phantasien und Gedanken.
Es gibt viele „Schulen“ die sich den „Gedanken“ widmeten und widmen: Rosenkreuzer, Theosophen, Jesuiten, Freimaurer, Scientologen, etc. Eine Bewertung dazu möchte ich nicht abgeben [und die gemeinsame Nennung unterschiedlichster Aufzählungen darf auch gerne als kleine Provokation verstanden werden … :o)]
Im Gegensatz zur „heutigen herkömmlichen“ Philosophie versuchen diese „Geistesschulen“ eine Umwandlung des „ganzen Menschen“ (natürlich immer zu einem besseren, schöneren Leben hin) zu bewirken.
Denn letztlich ist das Leben psychosomatisch … und man kann von beiden Seiten aus versuchen es schöner zu machen …
Wenn man heute Steiner liest, sollte man so fair sein und sich klar machen, dass er um die Jahrhundertwende publiziert hat. Die Termini die er verwendet (und bei der es einem heute manchmal gruselig den Rücken runterläuft) war zu der Zeit „normale“ (akademische Sprache). Das Begriffe wie „Rassegeist“ heute einen sehr bitteren Beiklang haben sollte nicht davor zurückschrecken lassen zu ergründen welche Wirklichkeit er mit diesen Worten bezeichnet hat. Genauso sollte man bedenken, dass er natürlich ein Kind seiner Zeit war und nicht frei war von Vorurteilen und Wertvorstellungen der damaligen Gesellschaft.
Allerdings zeigt folgender Textausschnitt aus „Philosophie der Freiheit“ sehr deutlich welches Frauen- (und Menschen-) -bild Steiner hatte:
„Philosophie der Freiheit“
- Auflage Berlin 1894 (!!!)
XIV INDIVIDUALITAT UND GATTUNG
„Es ist unmöglich, einen Menschen ganz zu verstehen, wenn man seiner Beurteilung einen Gattungsbegriff zugrunde legt. Am hartnäckigsten im Beurteilen nach der Gattung ist man da, wo es sich um das Geschlecht des Menschen handelt. Der Mann sieht im Weibe, das Weib in dem Manne fast immer zuviel von dem allgemeinen Charakter des anderen Geschlechtes und zu wenig von dem Individuellen. Im praktischen Leben schadet das den Männern weniger als den Frauen. Die soziale Stellung der Frau ist zumeist deshalb eine so unwürdige, weil sie in vielen Punkten, wo sie es sein sollte, nicht bedingt ist durch die individuellen Eigentümlichkeiten der einzelnen Frau , sondern durch die allgemeinen Vorstellungen, die man sich von der natürlichen Aufgabe und den Bedürfnissen des Weibes macht. Die Betätigung des Mannes im Leben richtet sich nach dessen
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individuellen Fähigkeiten und Neigungen, die des Weibes soll ausschließlich durch den Umstand bedingt sein, daß es eben Weib ist. Das Weib soll der Sklave des Gattungsmäßigen, des Allgemein-Weiblichen sein. Solange von Männern darüber debattiert wird, ob die Frau «ihrer Naturanlage nach» zu diesem oder jenem Beruf tauge, solange kann die sogenannte Frauenfrage aus ihrem elementarsten Stadium nicht herauskommen. Was die Frau ihrer Natur nach wollen kann, das überlasse man der Frau zu beurteilen. Wenn es wahr ist, daß die Frauen nur zu dem Berufe taugen, der ihnen jetzt zukommt, dann werden sie aus sich selbst heraus kaum einen anderen erreichen. Sie müssen es aber selbst entscheiden können, was ihrer Natur gemäß ist. Wer eine Erschütterung unserer sozialen Zustände davon befürchtet, daß die Frauen nicht als Gattungsmenschen, sondern als Individuen genommen werden, dem muß entgegnet werden, daß soziale Zustände, innerhalb welcher die Hälfte der Menschheit ein menschenunwürdiges Dasein hat, eben der Verbesserung gar sehr bedürftig sind*.“
http://www.datenbank-anthroposophie.de/dba/
Soweit
Theo