BGB-Gedicht

Da „lief“ mir doch vor kurzem ein kleines Gedicht mal übern Weg … ich dachte, das paßt ganz gut hier rein :smile:))

Das BGB

Das jedem Menschen Recht gescheh, bestimmet so das BGB. Wer schuldig wird in Schadensfällen, hat den Zustand wiederherzustellen, der also würde noch bestehn,
wär das Geschehne nicht geschehn.

Ein Radfahrer, ders eilig hat, durchfährt die Straßen einer Stadt. Er achtet nicht des Wegs genau,
und fährt so gegen eine Frau,
die in dem Zustand sich befindet,
der Hoffnung auf ein Kind begründet.

Aufprall und ein jäher Schreck,
nehmen ihr all die Hoffnung weg.

Hat, so stellt sich nun die Frage,
der Radfahrer - im Fall der Klage -,
als Schuldiger in Schadensfällen,
den Zustand wiederherzustellen,
der also würde noch bestehn, wär das Geschehne nicht gescheh`n?

Es gibt sogar Urteile in Reimform:

Fundstelle: NJW 1982, 650
BGB § 284 (Mahnung in Versform)
LG Frankfurt, Urteil v. 17.02.1982 - 2/22 O 495/81

Auch eine Mahnung in Versen begründet Verzug;
der Gläubiger muß nur deutlich genug
darin dem Schuldner sagen,
das Ausbleiben der Leistung werde Folgen haben.

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Maklerlohn begehrt der Kläger
mit der Begründung, daß nach reger
Tätigkeit er dem Beklagten
Räume nachgewiesen, die behagten.

Nach Abschluß eines Mietvertrages
habe er seine Rechnung eines Tages
dem Beklagten übersandt;
der habe darauf nichts eingewandt.

Bezahlt jedoch habe der Beklagte nicht.
Deshalb habe er an ihn ein Schreiben gericht`.
Darin heißt es unter anderem wörtlich
(und das ist für die Entscheidung erheblich):

"Das Mahnen, Herr, ist eine schwere Kunst!
Sie werden`s oft am eigenen Leib verspüren.
Man will das Geld, doch will man auch die Gunst
des werten Kunden nicht verlieren.

Allein der Stand der Kasse zwingt uns doch,
ein kurz` Gesuch bei Ihnen einzureichen:
Sie möchten uns, wenn möglich heute noch,
die unten aufgeführte Schuld begleichen."

Da der Beklagte nicht zur Sitzung erschien,
wurde auf Antrag des Klägers gegen ihn
dieses Versäumnisurteil erlassen.
Fraglich war nur, wie der Tenor zu fassen.

Der Zinsen wegen! Ist zum Eintritt des Verzug`
der Wortlaut obigen Schreibens deutlich genug?
Oder kommt eine Mahnung nicht in Betracht,
wenn ein Gläubiger den Anspruch in Versen geltend macht?

Die Kammer jedenfalls stört sich nicht dran
und meint, nicht auf die Form, den Inhalt kommt`s an.
Eine Mahnung bedarf nach ständiger Rechtsprechung
weder bestimmter Androhung noch Fristsetzung.

Doch muß der Gläubiger dem Schuldner sagen,
das Ausbleiben der Leistung werde Folgen haben.
Das geschah hier! Trotz vordergründiger Heiterkeit
fehlt dem Schreiben nicht die nötige Ernstlichkeit.

Denn der Beklagte konnte dem Schreiben entnehmen,
er müsse sich endlich zur Zahlung bequemen,
der Kläger sei - nach so langer Zeit -
zu weiterem Warten nicht mehr bereit.

Folglich kann der Kläger Zinsen verlangen,
die mit den Zugang des Briefs zu laufen anfangen.
Der Zinsausspruch im Tenor ist also richtig.
Dies darzulegen erschien der Kammer wichtig.

Wegen der Entscheidung über die Zinsen
wird auf §§ 284, 286, 288 BGB verwiesen.
Vollstreckbarkeit, Kosten beruhen auf ZPO-
Paragraphen 91, 708 Nummer Zwo.

Lieber Daniel,

wie kannst Du nur mein sorgfältig gepflegtes Bild von der staubtrockenen und humorfreien Justiz derart zerkratzen…

Super Antwort, virtueller *

Gruß
Bernd

Amtsgericht Oldenburg,
Urteil vom 16. März 1987, Az. 3 C 443/86

Tatbestand:
Die Klägerin liebt Schweinebraten -
besonders, wenn er billig ist -,
drum hat der Onkel ihr geraten:
„Kauf dieses süße Ferkelchen
von mir für hundert Märkelchen -
wenn das nicht superbillig ist! -
ich mäste es im Koben hier
und du ersetzt das Schrotgeld mir!“
Der Freund, befragt, hält’s auch für billig
und einen guten Tip fürwahr,
und ohne Murren zahlt er willig
zweihundert Mark gleich schon in bar.

Das Ferkelchen bleibt lange klein,
will garnicht gerne schlachtreif sein,
statt nur vier Monat, wie gedacht,
benötigt es beinahe acht.
Ums Schrotgeld nun für diesen Braten
ist man sich in die Haar’ geraten.
Für’s Angebot, das sie gemacht,
hat sie der Onkel ausgelacht:
„Noch zwanzig Mark, das reicht nicht aus,
dann bleibt das Schwein bei mir im Haus.
Ich werd es für mich selber schlachten
und in die Tiefkühltruh’ verfrachten!“
so spricht der Onkel, der besagte,
im Rechtsstreit nunmehr der Beklagte.
Gesagt, getan, das fette Schwein,
paßt grad noch in die Truhe rein!

Die Klägerin, nun voller Groll,
beantragt: Der Beklagte soll
ihr gutes Geld ihr wieder geben,
nachdem das Schwein nicht mehr am Leben!
Doch der Beklagte wendet ein:
„Die Klag’ wird abzuweisen sein.
Den Preis hat mir der Freund entrichtet
und ihm allein bin ich verpflichtet,
und außerdem rechne ich auf
mit meinem Schaden aus dem Kauf!
Viel Arbeit und der Schlachterlohn,
das kost’ zweihundert Märker schon.“

Von allen Zeugen, die gekommen
hat das Gericht nur drei vernommen.
Sie wußten alle gut Bescheid
und dienten der Gerechtigkeit.

Entscheidungsgründe:

Lang dacht’ ich nach und angespannt
und hab’ alsdann für Recht erkannt:

Zur Hälfte ist wohl grade eben*
dem Klagantrag hier stattzugeben.

Die Klägerin war mit dabei
bei Schweinekauf und -mästerei,
die Geldhingabe nur allein
kann doch wohl nicht entscheidend sein.
Es muß ihr unbenommen bleiben
das Geld nun wieder einzutreiben (§ 428 BGB).

Sie hat ja auch ein Recht darauf,
weil er erfolglos blieb, der Kauf (§ 812 BGB).
Doch dem Beklagten umgekehrt
ist es mit Recht dann nicht verwehrt,
zu rechnen auf mit dem Verluste,
den er dabei hinnehmen mußte:
denn Fleischbeschau und Schlachterkosten
das sind ja wohl die beiden Posten,
die eigentlich und immerhin
bezahlen müßt die Klägerin.
Hätt’ die Vertragspflicht sie gewahrt
dann hätte er das Geld gespart.

Weil keine hat gewonn’ von beiden
drum haben - das ist einzusehn -
sie beide auch gleich stark zu leiden
und für die Kosten einzustehn.
An das Gericht zahlt jeder zwar
die Hälfte nur von den Gebühren,
doch seinem Anwalt - das ist zu spüren -
zahlt jeder selbst das volle Honorar (§ 92 ZPO).

So wurde aus dem Ferkelchen
für ach nur hundert Märkelchen

  • so billig sollt es sein -
    ein furchtbar teures Schwein!

Und die Moral von der Geschicht:
Um Kleinigkeiten streit’ man nicht,
zieh’ jedenfalls nicht vors Gericht!
Das gilt nicht nur in diesem Fall,
das gilt beinahe überall.
Sonst kann Gerechtigkeit auf Erden
ganz unerfreulich teuer werden!


* 104 DM.
Die Entscheidung ist abgedruckt in den Schleswig-Holsteinischen Anzeigen [SchlHA] 1987, S. 115 und wird (gereimt) kommentiert von Sympher, aaO., S. 131.

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Rechtsanwalt Dr. Klaus Sympher, Neumünster,
„Anmerkung zu Amtsgericht Oldenburg, Urteil vom 16. März 1987, Az. 3 C 443/86“

Anmerkung *
Schade, daß der Schweine-Zwist
nicht berufungsfähig ist.
Wenn man die Sache recht betrachtet,
hat B. der KLÄG’RIN Schwein geschlachtet (§ 930 BGB)
und hat aus diesem Grunde eben
das Schweinefleisch herauszugeben.
950 greift nicht ein;
es gilt der Grundsatz: Schwein bleibt Schwein.

Geld gibt’s auch sonst nicht, B. steht’s zu
für Kauf nebst Dienstvertrag dazu;
er hätt’s mit Recht selbst dann kassiert,
wär’s Ferkelchen am Schlag krepiert.
Drum wird der Einwand nicht geduldet,
B. habe 'nen Erfolg geschuldet;
im alten Rom schon galt der Schluß,
daß „Casum sentit dominus“.
Auch hat B. nicht das Schwein beschädigt (§ 249 BGB),
es ward programmgemäß erledigt;
auch deshalb schuldet B. nur Fleisch.

Doch falls Beklagter auf dem Posten,
macht er für Schlacht- und Zusatzkosten

  • falls’s Ferkel schuldlos (?) wuchs so schlecht -
    hier geltend ein Rückhalte-Recht.
    Neumünster hätte das gerochen
    und Zug um Zug FLEISCH zugesprochen.

* Der „Tatbestand“ des Oldenburger Urteils eignet sich m.E. gut für eine Referendar-Klausur. Weshalb immer nur Prosa?
Diese Anmerkung ist abgedruckt in den Schleswig-Holsteinischen Anzeigen [SchlHA] 1987, S. 131. Die Entscheidung des AG Oldenburg findet sich aaO., S. 115.

Moin zusammen,

ich sach nur

„Es ist in keinem Gesetz verleimt,
daß immer ein Urteil sei ungereimt!“

Grüße,
Achim


Amtsgericht Schöneberg, Urteil vom 14. Juli 1989, Az. 16 D 370/89

(vollständig gereimtes Urteil - in altdeutsch! Im Rechtsstreit zwischen zwei benachbarten Lehrern („und lerer habent immer recht“) ging es um die Berechtigung der einen Partei, sich durch die Errichtung eines höheren Zaunes vor der Verschmutzung ihres Grundstücks durch den Kot des Nachbarhundes zu schützen)


Amtsgericht Schöneberg,
Urteil vom 14. Juli 1989, Az. 16 D 370/89

Ambtsgericht Schoeneberg 16 D 370/89

IM NAMEN DES VOLCKES
ich verkuendt, in dem rechtsstreyt, wo die parteyen sind, A M, 1000 Berlin, als verfuegungsclagerin, als procuratores sie sich die advocati B., 1000 Berlin, gewinn, gegen C… 1000 Berlin, der verfuegungsbeclagten, streytent mit den advocati D . . . 1000 Berlin, den unverzagten: als inhaber der abtheylung 16 am Schoeneberger Ambtsgericht, krafft meines ambtes und meiner pflicht, auff die muendlich verhandlung vom 14ten Juley des 1989ten A. D., fuer recht ich folgendes erseh:

Unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 26. 6. 1989 wird der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 400 DM abwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Eyn kurtzweylig spil von zwo fraw’n
die sich vor gericht thun haun
und dorch merer hauffen coth
kament in die hoechste noth

Wer auff dem lande oder in der stadt
eynen hund zu halten hat,
der sey wol darauff bedacht,
daß das thier keyn unru macht,
wer aber hierzu nit bereyt,
der hat nur groz schad und leyt.

Erzelen will ich lu drumb von zwo frawen,
die dorch eynen ungezognen hund,
zestritent warn zestund,
daß Ir dran kunnet wol erschawen,
wie obgemelte ler wuerckt um,
in eynem feyn exempulum.

Die parteyen wonent als mieter in eym hauß,
die clagerin under der beclagten,
mit zween nachbaurten gaerten,
zu den furet eyn terassen naus,
die gaerten geschiedent dorch eyn kleyn zaun,
die terrassen gemeysam genuczet von den frawn.

Die clag’rin eynen hund sich haelt,
der bar der czwenge diser weld,
nit wissend, was ist meyn und deyn,
kert in den garten der beclagten eyn,
uber den zaun und die terassen,
wie es im grad wol thett passen.

Das thier duencket zu haben eyn kunstsinn,
gleychsam als sey esJoseph Beuys,
jedtags schaffend etwan neus,
pfercht es seyne merdrums hin,
braun, groz und voller dufft gar schoen,
hat die nachbaurin eyn denckmal ste’n.

Doch uber kunst seyt alter zeytt,
die weld, die stet im widerstreyt,
die beclagte hier nun voll verdruß,
empfuendet dis als aergernuß;
und eynen hoehern zaun - anstat des alten - sie setzen laeßt
der theylet garten und terassenpodest.

Die parteyen lerer sind,
und lerer habent immer recht,
wenn aber zween irer andrer meynung sind,
so geht das leyder schlecht,
drumb suchent sie die weysheyt bey gericht,
auff daß es eyn gut urtheyl ticht.

Denn wer uber alles entscheyden thett,
von den er keyn ahnung hett,
der ist grad der richtig man,
der dise sach entscheyden kann.
und wer im staate hat ein ambt,
der hat dazu auch den verstandt.

Die clagerin eyligst undersaget haben will,

  • von ires hundes unthat sie schweygt fein still -,
    daß die beclagte ein’ zaun zyhen lasst,
    der nit irem willen paßt,
    und das gericht dorch beschluß zestund,
    das begehrt’ verbot thett kund.

Die beclagte hett dem widerseyt,
die clagerin will, daß der beschluß so bleybt,
die beclagte antraegt, disen wieder zu cassirn und die clage abzuschmiern.

In behuf des weytern parteygeczaenck
man den blick in die acten lenk.

Und das gericht alhier spricht,
die clagerin enhat den anspruch nicht.

Die beclagte zwar mit fuersatz stoeret,
den besitz, der auch der clagerin gehoeret,
an der terassen und dem zaun,
so daß die beclagte nach acht sechs eyns BGB muß in abbaun,
ganz gleych ob’s zerecht oder unrecht geschicht,
auch mit erlaubnuß des vermieters darf man enstoeren nicht.

Jedoch in acht funf neun BGB es heyßt,
wenn ein hund in nachbaurs garten scheyßt,
so darff sich diser des erwern,
denn dis thett in im besitze stoer’n,
und darff der mittel wuerckung nuczen,
die im in dem besitz thun schutzen.

Die beclagte also eynen zaun darff zyhen lan,
uber den der hund nit springen kann.
und dabey den alten abbaun,
damit der neu erstellte zaun,
nit alleyn auf irem grundstueck steh,
und ir eyn stueck besitz abgeh.

Die clag’rin sprach nun zur beclagten keck:
„Kümmere Dich um Deinen eigenen Dreck!“
Jedoch sind des boesen hunds merdrums,
die fruechte ires eigentums,
und g’hoern nach neun funf drei des BGB,
dem, dem das eygen an dem hund zusteh.

Auch wenn die clagerin dise nit will haben,
zudem sich deroselben derelinquiret,
indes die beclagte die unthat fotographiret,
dise weret sich solcher gaben,
so daß weder eigen noch besitz,
die beclagt’ sich hier ersitz.

Und die moral des spils nun werd kund,
wer sich haltet eynen hund,
der muß in gar wol erziehn,
und auch reychlich gassi gehn,
dann wird das thier verrichten seyn geschefft,
wo es nit den andren nachbaurn trefft.

Der costenausspruch folgt, ich meyn’s
aus der ZPO neun eyns,
und damit die beclagt’ in kann auch executiern,
thu ich aus der ZPO 708 nummero 6 und 711 satz 1 citieren,
dieses urtheyl ward geticht,
von Richter Rittner bei Schoenebergens Ambtsgericht.

Berolina, 14umJulii A:smiley:: MCMLXXXIX

Rittner
manu propria
iudex apud praeturam Schoenebergensis

Die Entscheidung ist abgedruckt in der NJW 1990, S. 1972.