Zahnarzt weist Patienten die Tür

Folgende Situation:

Ein Patient war fast 20 Jahre lang regelmäßig bei seinem Zahnarzt (auch für alle Kontrolluntersuchungen). Dann geht der Zahnarzt in Ruhestand. Sein Nachfolger macht alles moderner (Intraorale Kamera, esoterische Musik im Wartezimmer, unaufgeforderte Anrufe zur Übermittlung von Laborergebnissen am späten Abend). Dazu kommt, dass der neue Zahnarzt offensichtlich ein „Hobby“ hat, nämlich professionelle Zahnreinigung (die der Patient selbst zu bezahlen hat) und Zahnfleischbehandlungen bis hin zu bakteriologischen Untersuchungen der Zahnfleischtaschen und Behandlung mit Antibiotika.

Der Patient ist recht verunsichert und spricht den neuen Zahnarzt auf die für ihn veränderte Situation, die der alte Zahnarzt niemals erwähnte, an. Die Reaktion: „Dann geh´n Sie doch zu ihrem alten Zahnarzt!“

Ist Kritik bzw. Hinterfragen bei Zahnärzten nicht mehr erlaubt?
Darf ein Zahnarzt eine einmal begonnene Behandlung einfach abbrechen?
Ist ein Zahnarzt nach hypokratischem Eid nicht verpflichtet, Patienten zu behandeln, zumal er am Telefon den Eindruck erweckte, dass wegen der Bakterien und dem damit verbundenen Knochenabbau im Kiefer Gefahr im Verzug ist?

Vielen Dank
Slides-Only

Der Patient ist recht verunsichert und spricht den neuen
Zahnarzt auf die für ihn veränderte Situation, die der alte
Zahnarzt niemals erwähnte, an. Die Reaktion: „Dann geh´n Sie
doch zu ihrem alten Zahnarzt!“

Ist Kritik bzw. Hinterfragen bei Zahnärzten nicht mehr
erlaubt?

Servus slides-only,

Natürlich ist eine solche Antwort nicht mehr flapsig, sondern einfach nur dumm. Aus Souveränität heraus kommt sie bestimmt nicht. Wenn so eine Reaktion gegenüber dem Stammpatienten der Vorgängerpraxis kommt, steckt irgendetwas dahinter.
Das kann aus dem Bereich „c’est le ton qui fait la musique“ herrühren, also etwas mit der Art des ‚Kritisierens und Hinterfragens‘ zu tun haben.

Darf ein Zahnarzt eine einmal begonnene Behandlung einfach
abbrechen?

Ja, denn als ‚unterlassene Hilfeleistung‘ lässt sich ein ‚Hinauswurf‘ bei der Zahnärztedichte in D kaum verwenden. Abgesehen davon, dass die dumme Antwort ja kein expliziter Hinauswurf war, wenn es um die Justiziabilität des Verhaltens gehen sollte.

Ist ein Zahnarzt nach hypokratischem Eid nicht verpflichtet,

An welche Stelle des hippokratischen Eides dachtest Du?

Patienten zu behandeln, zumal er am Telefon den Eindruck
erweckte, dass wegen der Bakterien und dem damit verbundenen
Knochenabbau im Kiefer Gefahr im Verzug ist?

Entweder er hat Recht mit den Bakterien, dann hat er auch Recht mit der professionellen Zahnreinigung -

  • oder er hat nicht Recht mit den Bakterien, dann ist es auch keine verweigerte Behandlung - such Dir’s aus.

In solchen Fällen, slides-only, ist es wohl am Besten, wenn man eine Aussprache herbeiführt, oder eben getrennte Wege geht.

Gruß

Kai Müller

Vielen Dank Kai,

ich habe an keine besondere Stelle des Hypokratischen Eids gedacht, den ich als Laie ja eh nicht kenne.

Ich bin nur total verunsichert, da der „neue Zahnarzt“ mich wegen meiner Keimbelastung sogar zuhause anrief und so tat, als „schlage mein letztes Stündchen“.

Nachdem er mich nun nicht mehr behandelt, steh ich verwirrt da und frage mich, was die Keime mit mir machen, bis ich in ein paar Wochen oder vielleicht sogar Monaten einen Zahnarzt finde, bei dem zwischen ihm und mir „die Chemie stimmt“.

Danke
Slides-Only

Hallo slides-only,

ich kann jedem Patienten in einer solchen Situation nur empfehlen, schnellstmöglich die Praxis zu wechseln.

Ob der Kollege mit seiner Keimtestung überhaupt eine pathologische Situation beschreibt möchte ich jetzt mal dahin gestellt lassen.

Je nach untersuchendem Labor findet man diese Keime in fast jeder Zahnfleischtasche (auch beim kerngesunden Patienten). Es ist heutzutage auch hochumstritten, ob die antibiotische Verringerung der entsprechenden Keimzahlen überhaupt zielführend ist.

Der Patient ist recht verunsichert und spricht den neuen Zahnarzt auf die für ihn veränderte Situation, die der alte Zahnarzt niemals erwähnte, an. Die Reaktion: „Dann geh´n Sie doch zu ihrem alten Zahnarzt!“

Spätestens hier wäre für mich der Zeitpunkt erreicht, wo ich diese Praxis nicht mehr betreten würde.

Ist Kritik bzw. Hinterfragen bei Zahnärzten nicht mehr erlaubt?

Erlaubt ist selbstverständlich alles, bei diesem Kollegen scheint es aber nicht erwünscht zu sein.

Darf ein Zahnarzt eine einmal begonnene Behandlung einfach abbrechen?

Ja, denn nach Deiner Schilderung hat er bisher nur diagnostische Maßnahmen durchgeführt, d.h. mit der eigentlichen Behandlung noch nicht begonnen.

Ist ein Zahnarzt nach hypokratischem Eid nicht verpflichtet, Patienten zu behandeln

einen hypokratischen Eid gibt es in der Zahnmedizin nicht

…zumal er am Telefon den Eindruck erweckte, dass wegen der Bakterien und dem damit verbundenen Knochenabbau im Kiefer Gefahr im Verzug ist?

Die Schilderung dieses Vorgehens spricht nicht für die Seriösität des Kollegen.

Ich bin nur total verunsichert, da der „neue Zahnarzt“ mich wegen meiner Keimbelastung sogar zuhause anrief und so tat, als „schlage mein letztes Stündchen“.

Einem Zahnarzt, der sich so verhält würde ich kein Wort glauben.

Nachdem er mich nun nicht mehr behandelt, steh ich verwirrt da und frage mich, was die Keime mit mir machen, bis ich in ein paar Wochen oder vielleicht sogar Monaten einen Zahnarzt finde, bei dem zwischen ihm und mir „die Chemie stimmt“.

Die Suche nach einem Behandler bei dem die Chemie stimmt, ist ganz sicher wichtiger als jetzt völlig verwirrt durch fragwürdige Informationen in eine Behandlung einzuwilligen, die in dieser Form unter Umständen gar nicht nötig ist.

Suche Dir bald einen anderen Behandler, laß Dich von ihm beraten und bilde Dir dann Deine Meinung. Deine Zähne werden mit Sicherheit durch diese Behandlungspause keinen irreparablen Schaden nehmen.

Sitz das Problem nur nicht aus.

Nichts zu tun wäre sicherlich die falscheste Entscheidung.

Gruß
Gero

Hallo Gero,
Sie (aber auch andere Forenteilnehmer) haben mir wirklich sehr geholfen! Dafür herzlichen Dank. Ich habe inzwischen auch die "Gemeinsame Stellungnahme der DGP und der DGZMK bezüglich Mikrobiologischer Diagnostik in der Parodontitistherapie gelesen. Ist für Nichtmediziner sehr schwer zu lesen, aber die wissenschaftliche Stellungnahme kommt meinem „gesunden Menschenverstand“ doch sehr nahe.

Ich habe inzwischen einen Termin bei einem Zahnärzteteam in der Nähe von Augsburg, dessen Tätigkeitsschwerpunkt Parodontologie ist. Ich hoffe das Beste, denn bisher bin ich mit jedem Arzt (und auch jedem Zahnarzt) hervorragend „gefahren“; nur bei diesem „neuen“, von mir im Eingangs-Thread beschriebenen Zahnarzt (einem Yuppie mit allerlei oberflächlichem Schnickschnack und esoterischer Musik im Wartezimmer, der man sich nicht entziehen kann) schrillten bei mir (vielleicht noch von einem urzeitlichen Instinkt in mir bestimmt) alle Alarmglocken gleichzeitig.

Vielen Dank an alle und schönes Wochenende.
Slides-Only