Wann beginnt Nötigung - Urteile a. d. Praxis ges

Hi!

Die in diesen Dingen Erfahrenen unter Euch möchte ich hiermit bitten, konkrete Erfahrungen, Gerichtsurteile, eingestellte Verfahren u.ä. zu beschreiben, welche auf folgende, grob umrissene Beispilefälle zutreffen. Hierbei muss der relevante Tatbestand nicht unbedingt nur Nötigung sein:

  1. Situation: Gutes Wetter, trockene Fahrbahn. Autobahn, keine Geschw. Limitierung. 2 Autofahrer auf der linken Spur. Die Spur rechts daneben ist frei. Vorausfahrender (1) fährt 120 Km/h, von hinten nähert Fahrer 2 mit 160 Km/h.
  • Fahrer 2 blendet, noch 200m entfernt, kurz auf.
    Nötigung?

  • Fahrer 1 verlässt die linke Spur nicht
    Nötigung?

  • Fahrer 2 blendet erneut kurz auf, hält die V von 1 und hält 60m Abstand.
    Nötigung?

  • Fahrer 2 fährt nun kurzzeitig dichter auf und lässt sich wieder zurückfallen.
    Nötigung?

  • Fahrer 2 fährt kurzzeitig dichter auf, blendet kurz auf und lässt sich dann wieder zurückfallen.
    Nötigung?

  • Fahrer 1 führt eine objektiv unnötige Vollbremsung aus.
    Nötigung?

  • Fahrer 2 setzt einige Sekunden den linken Blinker, hält jedoch den Sicherheitsabstand ein.
    Nötigung?

  1. Situation: Gutes Wetter, trockene Fahrbahn. Landstraße, 100 Km/h Limit, zweispurig (1 pro Richtung), übersichtlich, gerader Streckenverlauf. Fahrer 1 fährt mit 80 Km/ voraus, Fahrer 2 nähert sich mit 100 Km/h von hinten.
  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um 1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt.
    Nötigung?

  • Fahrer 2 beschleunigt ebenfalls, stärker als 1, und wechselt knapp (3-4m) vor 1 wieder nach rechts.
    Nötigung?

  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um 1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt. Fahrer 2 verringert seine V und schert knapp hinter Fahrer 1 wieder ein, blendet kurz auf.
    Nötigung?

  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um 1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt. Es kommt Gegenverkehr, welcher durch ein Überholmanüber des 2 ohne Beschleunigung des 1 nicht gefährdet worden wäre.
    Nötigung?

  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um 1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt. Es kommt Gegenverkehr, welcher durch ein Überholmanüber des 2 ohne Beschleunigung des 1 nicht gefährdet worden wäre. 2 wechselt auf die rechte Spur und kollidiert mit 1.
    Nötigung? Schuld?

  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um 1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt. Es kommt Gegenverkehr, welcher durch ein Überholmanüber des 2 ohne Beschleunigung des 1 nicht gefährdet worden wäre. 2 bremst, 1 bremst auch. 2 beschleunigt, 1 beschleunigt ebenfalls. 2 wechselt auf die rechte Spur und kollidiert mit 1.
    Nötigung? Schuld?

  • ein Fahrer (3) taucht vor 1 auf. 3 fährt 70 Km/h. 1 blinkt und schert aus, um 3 zu überholen, während 2 bereits geblinkt hat und ausscherte, um 1 zu überholen. 1 schert somit knapp vor 2 aus.
    Nötigung?

Bitte seid so nett und spart Euch irgendwelche Moralfragen, es geht hier um rein fiktive Fälle, deren Abgrenzung in der Praxis mich interessiert.

Danke Euch und Grüße,

Mathias

Hallo

Der Nötigungstatbestand duch Auffahren oder Abbremsen im Straßenverkehr kann grundsätzlich nie abstrakt geklärt werden, sondern hängt immer von der Situation im Einzelfall ab, insb. Geschwindigkeit, Abstand, Dauer des Auffahrens, Blinken, Hupen, sonstige Verkehrssituation. Insofern wird es hier keine konkrete Anwort geben können.

Einige grundlegende Anhaltspunkte lassen sich jedoch feststellen:

  1. Situation: Gutes Wetter, trockene Fahrbahn. Autobahn, keine
    Geschw. Limitierung. 2 Autofahrer auf der linken Spur. Die
    Spur rechts daneben ist frei. Vorausfahrender (1) fährt 120
    Km/h, von hinten nähert Fahrer 2 mit 160 Km/h.
  • Fahrer 2 blendet, noch 200m entfernt, kurz auf.
    Nötigung?

Nein

  • Fahrer 1 verlässt die linke Spur nicht
    Nötigung?

Nein

  • Fahrer 2 blendet erneut kurz auf, hält die V von 1 und hält
    60m Abstand.
    Nötigung?

Nein, der hier für eine Nötigung zu unterschreitende Abstand würde bei ca. 35 Metern liegen (Jagusch/Hentschel, StraßenverkehrsR, 31. Aufl., § 4 StVO Rdnr. 6 m. w. Nachw.; OLG Köln Ss 187/92).

  • Fahrer 2 fährt nun kurzzeitig dichter auf und lässt sich
    wieder zurückfallen.
    Nötigung?

Kommt drauf an, wie dicht und wie lange.

  • Fahrer 2 fährt kurzzeitig dichter auf, blendet kurz auf und
    lässt sich dann wieder zurückfallen.
    Nötigung?

siehe oben, allerdings aufgrund des wiederholten Auffahrens schon wahrscheinlicher.

  • Fahrer 1 führt eine objektiv unnötige Vollbremsung aus.
    Nötigung?

Wenn sie tatsächlich unnötig war und Fahrer 2 ebenfalls zu starkem Abbremsen zwang, dann ist es tatbestandlich eine Nötigung. Ggf. aber durch Notwehr gedeckt, wenn Fahrer 2 zu diesem Zeitpunkt ebenfalls eine Nötigung begangen hat.

  • Fahrer 2 setzt einige Sekunden den linken Blinker, hält
    jedoch den Sicherheitsabstand ein.
    Nötigung?

Bei ausreichendem Abstand, nein.

  1. Situation: Gutes Wetter, trockene Fahrbahn. Landstraße, 100
    Km/h Limit, zweispurig (1 pro Richtung), übersichtlich,
    gerader Streckenverlauf. Fahrer 1 fährt mit 80 Km/ voraus,
    Fahrer 2 nähert sich mit 100 Km/h von hinten.
  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um
    1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt.
    Nötigung?

Wahrscheinlich ja nach BGH Az: 4 StR 132/63, auch, wenn dies nicht ganz er selbe Fall ist.

  • Fahrer 2 beschleunigt ebenfalls, stärker als 1, und wechselt
    knapp (3-4m) vor 1 wieder nach rechts.
    Nötigung?

Kommt darauf an, ob dies Fahrer 1 zu einem Abbremsen zwang oder für Fahrer 1 zumindest der Eindruck einer solche Notwendigkeit entstand.

  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um
    1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt. Fahrer 2 verringert
    seine V und schert knapp hinter Fahrer 1 wieder ein, blendet
    kurz auf.
    Nötigung?

Wie oben. Wahrscheinlich ja.

  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um
    1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt. Es kommt Gegenverkehr,
    welcher durch ein Überholmanüber des 2 ohne Beschleunigung des
    1 nicht gefährdet worden wäre.
    Nötigung?

Da das Verhalten der Fahrer kein anderes ist, besteht kein Unterschied zu obigen Ausführungen, da die Nötigung kein konkretes Gefährdungsdelikt ist.

  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um
    1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt. Es kommt Gegenverkehr,
    welcher durch ein Überholmanüber des 2 ohne Beschleunigung des
    1 nicht gefährdet worden wäre. 2 wechselt auf die rechte Spur
    und kollidiert mit 1.
    Nötigung? Schuld?

Bei einer Kollision kann eine Schuldfrage, insb. vor dem Hintergrund der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG, definitiv nicht so abstrakt festgestellt werden.

  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um
    1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt. Es kommt Gegenverkehr,
    welcher durch ein Überholmanüber des 2 ohne Beschleunigung des
    1 nicht gefährdet worden wäre. 2 bremst, 1 bremst auch. 2
    beschleunigt, 1 beschleunigt ebenfalls. 2 wechselt auf die
    rechte Spur und kollidiert mit 1.
    Nötigung? Schuld?

s.o.

  • ein Fahrer (3) taucht vor 1 auf. 3 fährt 70 Km/h. 1 blinkt
    und schert aus, um 3 zu überholen, während 2 bereits geblinkt
    hat und ausscherte, um 1 zu überholen. 1 schert somit knapp
    vor 2 aus.
    Nötigung?

Sicher nicht, da es hier bereits am Vorsatz und an dem verwerflichen Zweck des Handelns fehlt.

Dea

Servus Mathias,

zur 1. Situation:

http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Lokales/Min… zeigt, dass der Bremser, also Fahrer 1, schlechte Karten hat. Gilt allerdings imho nur, wenn eine Beweisbarkeit gegeben ist. Der gute alte „huch, hab ich mich erschrocken, als der Raser plötzlich hinter mir war…“ gilt bei einem modernen Richter allerdings nicht.

Fahrer 2 bewundere ich für seine Geduld - auch nach der Vollbremsung - sehe bei ihm aber keinen Tatbestand der Nötigung.
Dazu: http://www.finanztip.de/recht/verkehr/auffahrn.htm
oder: http://www.anwalt-muk.de/blog/verkehrsrecht/verkehrs…

Vielmehr bei Fahrer 1 bereits aufgrund der Tatsache, dass die linke Spur nicht geräumt wird, obwohl die rechte frei ist.
Siehe: http://www.wdr.de/tv/ardrecht/urteile/urteil.phtml?c…

Zu Situation 2: Fahrer 1 ist ein Arsch!

Gruß
Horst

Hi,

  • Fahrer 1 führt eine objektiv unnötige Vollbremsung aus.
    Nötigung?

Ggf. aber durch Notwehr gedeckt, wenn Fahrer 2 zu
diesem Zeitpunkt ebenfalls eine Nötigung begangen hat.

Ist das dein Ernst?
Um die Situation zu entschärfen, ist eine Vollbremsung weder geeignet noch das mildeste Mittel. Vielmehr wäre der Wechsel auf die rechte Spur geeignet und zumutbar und ohnehin durch die StVO geboten.

Gruß
Nils

Hallo

Ist das dein Ernst?
Um die Situation zu entschärfen, ist eine Vollbremsung weder
geeignet noch das mildeste Mittel. Vielmehr wäre der Wechsel
auf die rechte Spur geeignet und zumutbar und ohnehin durch
die StVO geboten.

Das sieht unser Notwehrrecht aber anders. Es gibt dem durch eine Straftat bedrohten oder betroffenen nicht auf, sich der Situation zu entziehen (keine sogenannte „schimpfliche Flucht“), sondern erlaubt ihm, und nur darin liegt auch der Sinn der Notwehr, ebenfalls rechtswidrig zu handeln, um die Beeinträchtigung zu beenden. Daher ist der Verweis auf die StVO hier nicht relevant. Die „Zumtbarkeit“ liegt nicht vor.

Ob dies auch geeignet ist, vermag ich nicht zu beurteilen.

Gruß
Dea

Das sieht unser Notwehrrecht aber anders. Es gibt dem durch
eine Straftat bedrohten oder betroffenen nicht auf, sich der
Situation zu entziehen (keine sogenannte „schimpfliche
Flucht“), sondern erlaubt ihm, und nur darin liegt auch der
Sinn der Notwehr, ebenfalls rechtswidrig zu handeln, um die
Beeinträchtigung zu beenden. Daher ist der Verweis auf die
StVO hier nicht relevant. Die „Zumtbarkeit“ liegt nicht vor.

…das Notwehrrecht bezieht sich imho aber nicht auf Schwanzlängenvergleiche auf deutschen Autobahnen…
Verweise auf §1 StVo!

Gruß,

Florian

Im § 5 der StVO steht eindeutig

(5) Außerhalb geschlossener Ortschaften darf das Überholen durch kurze Schall- oder Leuchtzeichen angekündigt werden. Wird mit Fernlicht geblinkt, so dürfen entgegenkommende Fahrzeugführer nicht geblendet werden.

Hallo Florian,

bei der Diskussion geht es m.E. aber gar nicht um die StVO, denn Nötigung - und nur nach der wurde gefragt - ist dort genauswenig drin enthalten wie die Notwehr.

Wer wo gegen das Rechtsfahrgebot verstossen hat und was weiss ich nich alles war ja nicht gefragt.

Gruss Ivo

Hallo

Ist das dein Ernst?
Um die Situation zu entschärfen, ist eine Vollbremsung weder
geeignet noch das mildeste Mittel. Vielmehr wäre der Wechsel
auf die rechte Spur geeignet und zumutbar und ohnehin durch
die StVO geboten.

Das sieht unser Notwehrrecht aber anders. Es gibt dem durch
eine Straftat bedrohten oder betroffenen nicht auf, sich der
Situation zu entziehen (keine sogenannte „schimpfliche
Flucht“), sondern erlaubt ihm, und nur darin liegt auch der
Sinn der Notwehr, ebenfalls rechtswidrig zu handeln, um die
Beeinträchtigung zu beenden. Daher ist der Verweis auf die
StVO hier nicht relevant. Die „Zumtbarkeit“ liegt nicht vor.

Das sehe ich auch eher skeptisch. Eine Notwehrsituation ist ja keine Freikarte für jedwedes Verhalten. In dieser Situation wäre vielleicht ein Antippen der Bremse „angemessen“, da dadurch ein grösserer Abstand die Folge wäre, dieses Fehlverhalten würde dann wohl straffrei.

(Glaskugel)
Ob ein Richter aber den Gedankengang nachvollziehen kann: Vollbremsung (-> grosse Gefahr eines Unfalls) -> grösserer Abstand -> dadurch Beenden der Gefahr, speziell da doch selbst in solch einer hektischen Situation die Flucht (rechts rüber) die „normale“ Variante wäre, da hab ich meine Zweifel…
Trotzdem halte ich es immerhin für möglich, das man mit Notwehr durchkommt.

Gruß, DW.

…das Notwehrrecht bezieht sich imho aber nicht auf
Schwanzlängenvergleiche auf deutschen Autobahnen…

Tja, unser Gesetz gilt selbst für diesen (m.E. auch) nicht nachvollziehbaren Kinderkram.

Verweise auf §1 StVo!

Und noch einmal: Das gesetzlich gebote Handeln, hier insb. aufgrund der StVO, ist im Rahmen der Notwehr nicht relevant. Denn sonst bräuchte man überhaupt keine Rechtfertigungsgründe.

Gruß
Dea

1 Like

Das sehe ich auch eher skeptisch.

Ich sehe es eher nach dem Gesetz.

Eine Notwehrsituation ist ja
keine Freikarte für jedwedes Verhalten.

Das hat auch niemand behauptet.

In dieser Situation
wäre vielleicht ein Antippen der Bremse „angemessen“, da
dadurch ein grösserer Abstand die Folge wäre, dieses
Fehlverhalten würde dann wohl straffrei.

Kann sein, kann nicht sein, kann ich nicht genau beurteilen.

(Glaskugel)
Ob ein Richter aber den Gedankengang nachvollziehen kann:
Vollbremsung (-> grosse Gefahr eines Unfalls) ->
grösserer Abstand -> dadurch Beenden der Gefahr, speziell
da doch selbst in solch einer hektischen Situation die Flucht
(rechts rüber) die „normale“ Variante wäre, da hab ich meine
Zweifel…

Du würdest Dich wundern, welche Gedankengänge Richter alles nachvollziehen oder selbst entwickeln. Da ist der oben geschilderte nichts agegen.

Trotzdem halte ich es immerhin für möglich, das man mit
Notwehr durchkommt.

Wie gesagt, kann sein, kann nicht sein.

Gruß
Dea

Hallo!

Erst mal herzlichen Dank für die Antworten!

Der Nötigungstatbestand duch Auffahren oder Abbremsen im
Straßenverkehr kann grundsätzlich nie abstrakt geklärt werden,
sondern hängt immer von der Situation im Einzelfall ab, insb.
Geschwindigkeit, Abstand, Dauer des Auffahrens, Blinken,
Hupen, sonstige Verkehrssituation. Insofern wird es hier keine
konkrete Anwort geben können.

Klar. Mir geht es v.a. um generelle Erfahrungen. Um Trends in der Beurteilung.

Einige grundlegende Anhaltspunkte lassen sich jedoch
feststellen:

  1. Situation: Gutes Wetter, trockene Fahrbahn. Autobahn, keine
    Geschw. Limitierung. 2 Autofahrer auf der linken Spur. Die
    Spur rechts daneben ist frei. Vorausfahrender (1) fährt 120
    Km/h, von hinten nähert Fahrer 2 mit 160 Km/h.

  • Fahrer 2 fährt nun kurzzeitig dichter auf und lässt sich
    wieder zurückfallen.
    Nötigung?

Kommt drauf an, wie dicht und wie lange.

Nehmen wir an, 10m für 2 Sekunden.
Das dürfte realistisch sein.
Es geht mir darum, dass das Gerücht kurisert, „kurz mal dicht Auffahren“ ist o.k.

  • Fahrer 2 fährt kurzzeitig dichter auf, blendet kurz auf und
    lässt sich dann wieder zurückfallen.
    Nötigung?

siehe oben, allerdings aufgrund des wiederholten Auffahrens
schon wahrscheinlicher.

Bei einmaliger Aktion also ebenfalls eher unbedenklich?

  • Fahrer 1 führt eine objektiv unnötige Vollbremsung aus.
    Nötigung?

Wenn sie tatsächlich unnötig war und Fahrer 2 ebenfalls zu
starkem Abbremsen zwang, dann ist es tatbestandlich eine
Nötigung. Ggf. aber durch Notwehr gedeckt, wenn Fahrer 2 zu
diesem Zeitpunkt ebenfalls eine Nötigung begangen hat.

Also könnte hier Notwehr gedeckt sein, auch wenn sie eigentlich aus der Mißachtung des Rechtsfahrgebotes resultiert?

  1. Situation: Gutes Wetter, trockene Fahrbahn. Landstraße, 100
    Km/h Limit, zweispurig (1 pro Richtung), übersichtlich,
    gerader Streckenverlauf. Fahrer 1 fährt mit 80 Km/ voraus,
    Fahrer 2 nähert sich mit 100 Km/h von hinten.
  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um
    1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt.
    Nötigung?

Wahrscheinlich ja nach BGH Az: 4 StR 132/63, auch, wenn dies
nicht ganz er selbe Fall ist.

Was kämen sonst noch für Tatbestände in Frage?

  • Fahrer 2 beschleunigt ebenfalls, stärker als 1, und wechselt
    knapp (3-4m) vor 1 wieder nach rechts.
    Nötigung?

Kommt darauf an, ob dies Fahrer 1 zu einem Abbremsen zwang
oder für Fahrer 1 zumindest der Eindruck einer solche
Notwendigkeit entstand.

Die Notwendigkeit ist ja, das Überholmanöver so schnell wie möglich abzuschließen. 1 beschleunigt ja während des Überholvorganges, was an sich eigentlich ausgesprochen hart geahndet werden müsste. Darum geht es mir.

  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um
    1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt. Es kommt Gegenverkehr,
    welcher durch ein Überholmanüber des 2 ohne Beschleunigung des
    1 nicht gefährdet worden wäre. 2 wechselt auf die rechte Spur
    und kollidiert mit 1.
    Nötigung? Schuld?

Bei einer Kollision kann eine Schuldfrage, insb. vor dem
Hintergrund der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG, definitiv
nicht so abstrakt festgestellt werden.

Die Frage ist eigentlich: 1 gefährdet 2 durch beschleunigen während des Überholens. Darf 2 den 1 aufgrund dieses Fehlverhaltens von der Straße schieben, um einen Unfall mit dem gegenverkehr zu vermeiden?

  • ein Fahrer (3) taucht vor 1 auf. 3 fährt 70 Km/h. 1 blinkt
    und schert aus, um 3 zu überholen, während 2 bereits geblinkt
    hat und ausscherte, um 1 zu überholen. 1 schert somit knapp
    vor 2 aus.
    Nötigung?

Sicher nicht, da es hier bereits am Vorsatz und an dem
verwerflichen Zweck des Handelns fehlt.

Was für ein Tatbestand käme sonst in Frage?

Danke und Grüße,

Mathias

Hallo

Kommt drauf an, wie dicht und wie lange.

Nehmen wir an, 10m für 2 Sekunden.
Das dürfte realistisch sein.
Es geht mir darum, dass das Gerücht kurisert, „kurz mal dicht
Auffahren“ ist o.k.

Das ist grundsätzlich auch richtig. Die Gerichte sehen bei „einmal kurz dich auffahren“ idR. noch keine Nötigung als gegeben an. Aber auch hier gibts keine Sicherheit. Wer bei 200 Sachen 1 Meter auffährt wird wohl auch eine Nötigung begehen.

siehe oben, allerdings aufgrund des wiederholten Auffahrens
schon wahrscheinlicher.

Bei einmaliger Aktion also ebenfalls eher unbedenklich?

siehe oben.

Wenn sie tatsächlich unnötig war und Fahrer 2 ebenfalls zu
starkem Abbremsen zwang, dann ist es tatbestandlich eine
Nötigung. Ggf. aber durch Notwehr gedeckt, wenn Fahrer 2 zu
diesem Zeitpunkt ebenfalls eine Nötigung begangen hat.

Also könnte hier Notwehr gedeckt sein, auch wenn sie
eigentlich aus der Mißachtung des Rechtsfahrgebotes
resultiert?

Aber selbstveständlich. Unser Recht kennt überwiegend grundsätzlich keinen Verlust von Rechten, bzw. den Verlust der Möglichkeit, diese gegen Angriffe zu verteitigen, nur weil man sich selbst nicht konform verhält.

Natürlich ist die Notwehr dann oftmals etwas eingeschränkt. Das kommt aber wiederum auf die eigene Tat an und gegen wen sie gerichtet ist. Ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot ist kein Angriff gegen den Hintermann, sondern ein allgemeiner Rechtsverstoß und führt somit nur gering bis gar nicht zu einer Einschränkung des Notwehrrecht gegen eine Nötigung von Hinten.

  • Fahrer 2 setzt den Blinker, schert aus und beschleunigt, um
    1 zu überholen. Fahrer 1 beschleunigt.
    Nötigung?

Wahrscheinlich ja nach BGH Az: 4 StR 132/63, auch, wenn dies
nicht ganz er selbe Fall ist.

Was kämen sonst noch für Tatbestände in Frage?

Es könnte ausnahmsweise ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vorliegen (Stichwort: „Auto als Waffe“), aber das ist hier so nicht festzustellen.

Kommt darauf an, ob dies Fahrer 1 zu einem Abbremsen zwang
oder für Fahrer 1 zumindest der Eindruck einer solche
Notwendigkeit entstand.

Die Notwendigkeit ist ja, das Überholmanöver so schnell wie
möglich abzuschließen. 1 beschleunigt ja während des
Überholvorganges, was an sich eigentlich ausgesprochen hart
geahndet werden müsste. Darum geht es mir.

Also ob etwas „ausgesprochen hart geahnet wird“, wird das Gericht entscheiden. Wir haben hier möglicher Weise eine Nötigung durch Fahrer 1, vielleicht aber auch nicht. Das knappe Einscheren kann ebenfalls eine sein, wenn der Fahrer es darauf anlegte, dass Fahrer 1 in die Bremsen gehen muss. Wenn nicht, wohl nicht.

Bei einer Kollision kann eine Schuldfrage, insb. vor dem
Hintergrund der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG, definitiv
nicht so abstrakt festgestellt werden.

Die Frage ist eigentlich: 1 gefährdet 2 durch beschleunigen
während des Überholens. Darf 2 den 1 aufgrund dieses
Fehlverhaltens von der Straße schieben, um einen Unfall mit
dem gegenverkehr zu vermeiden?

Wie gesagt, auch das kann durch Notwehr gedeckt sein (zivilrechtlich und strafrechtlich). Kommt auf andere Möglichkeiten an, der Kollision zu entgehen, etc.

  • ein Fahrer (3) taucht vor 1 auf. 3 fährt 70 Km/h. 1 blinkt
    und schert aus, um 3 zu überholen, während 2 bereits geblinkt
    hat und ausscherte, um 1 zu überholen. 1 schert somit knapp
    vor 2 aus.
    Nötigung?

Sicher nicht, da es hier bereits am Vorsatz und an dem
verwerflichen Zweck des Handelns fehlt.

Was für ein Tatbestand käme sonst in Frage?

Keiner. 3 ist vielleicht nicht ganz adäquat gefahren, aber dafür, knapp vor jemandem auszuscheren, ist unser Strafrecht wirklich nicht zuständig.

Gruß
Dea