Bachelorarbeit bewerten

Hallo,

Ich habe die nette Aufgabe eine Bachelorarbeit zu bewerten. Dieses fällt mir sehr schwer, da der Student und ich im gleichen Alter sind (26) und uns sehr gut verstehen. Einerseits möchte ich ihn nicht verärgern, andererseits möchte ich fair und objektiv bleiben.

Mein Gesamteindruck der Arbeit ist durchaus positiv (Ziel wurde erreicht), jedoch hätte ich mir mehr Fleiß und Leidenschaft gewünscht (Immer pünktlich Feierabend, sehr langsam und träger Arbeitsstil). Die meisten Ansätze wurden von mir oder Kollegen vorgegeben. Des Weiteren ist der Schreibstil sehr umgangssprachlich, worauf ich schon relativ früh hinwies. Na ja, im Großen und Ganzen würde ich zwischen 2 und 3 tendieren.

Der Verfasser sagte mir heute (im Nebensatz), dass es an dieser FH üblich sei, zwischen sehr gut und gut bewertet zu werden. Es würde sicherlich keine Bachelorarbeit geben, die schlechter als 2,0 ausfällt.

Vielleicht könnt ihr mir hier ein paar Tipps geben. Es ist die erste Arbeit die ich betreue und ich möchte natürlich nicht überdurchschnittlich schlecht bewerten. Andererseits gab es in meinem Jahrgang 2009 durchaus Diplomarbeiten die mit 3 und schlechter bewertet wurden.

Wie ist eure Vorgehensweise bei der Bewertung von Bachelor oder Diplomarbeiten?

Viele Grüße

Hallo!

Ich habe die nette Aufgabe eine Bachelorarbeit zu bewerten.
Dieses fällt mir sehr schwer, da der Student und ich im
gleichen Alter sind (26) und uns sehr gut verstehen.
Einerseits möchte ich ihn nicht verärgern, andererseits möchte
ich fair und objektiv bleiben.

Das ist in der Tat eine Zwickmühle.

Mein Gesamteindruck der Arbeit ist durchaus positiv (Ziel
wurde erreicht),

Okay, dann sollte es mindestens eine 3 sein (schließlich findest du das Ergebnis befriedigend)

jedoch hätte ich mir mehr Fleiß und
Leidenschaft gewünscht (Immer pünktlich Feierabend, sehr
langsam und träger Arbeitsstil).

Das sollte aber nicht mit in die Bewertung einfließen, es sollte nur zählen, was auf dem Papier steht.

Die meisten Ansätze wurden
von mir oder Kollegen vorgegeben.

Dann kann es höchstens eine 2 sein.

Des Weiteren ist der
Schreibstil sehr umgangssprachlich, worauf ich schon relativ
früh hinwies. Na ja, im Großen und Ganzen würde ich zwischen 2
und 3 tendieren.

Bei einem umgangssprachlichen Schreibstil kann man schon mal eine halbe bis ganze Note abziehen.

Der Verfasser sagte mir heute (im Nebensatz), dass es an
dieser FH üblich sei, zwischen sehr gut und gut bewertet zu
werden. Es würde sicherlich keine Bachelorarbeit geben, die
schlechter als 2,0 ausfällt.

Das sollte dir völlig egal sein.

Vielleicht könnt ihr mir hier ein paar Tipps geben. Es ist die
erste Arbeit die ich betreue und ich möchte natürlich nicht
überdurchschnittlich schlecht bewerten. Andererseits gab es in
meinem Jahrgang 2009 durchaus Diplomarbeiten die mit 3 und
schlechter bewertet wurden.

Gibt es keinen Ansprechpartner für dich an der FH, mit dem du mal darüber reden kannst? Irgendein Professor oder so? Gerade wenn man die erste Arbeit bewertet, neigt man (laut Angabe einer Professorin von mir) öfters mal dazu, zu streng oder zu lasch zu bewerten und sollte sich deshalb eine zweite Meinung holen, wenn man kann.

LG, Sarah

Moin,

Ich habe die nette Aufgabe eine Bachelorarbeit zu bewerten.

bist Du Haupt-, oder Korreferent?
Und was sagt der andere?
Ist das ein Notenvorschlag, oder hast Du direkten Einfluss auf die Note?

Dieses fällt mir sehr schwer, da der Student und ich im
gleichen Alter sind (26) und uns sehr gut verstehen.

Das darf kein Kriterium sein.

Einerseits möchte ich ihn nicht verärgern, andererseits möchte
ich fair und objektiv bleiben.

Fair - OK
Nicht verärgern - irrelevant!

Mein Gesamteindruck der Arbeit ist durchaus positiv (Ziel
wurde erreicht), jedoch hätte ich mir mehr Fleiß und
Leidenschaft gewünscht (Immer pünktlich Feierabend, sehr
langsam und träger Arbeitsstil).

Schon mal keine eins.

Die meisten Ansätze wurden
von mir oder Kollegen vorgegeben.

Schon mal keine zwei

Des Weiteren ist der
Schreibstil sehr umgangssprachlich, worauf ich schon relativ
früh hinwies. Na ja, im Großen und Ganzen würde ich zwischen 2
und 3 tendieren.

Dem stimme ich zu.

Der Verfasser sagte mir heute (im Nebensatz), dass es an
dieser FH üblich sei, zwischen sehr gut und gut bewertet zu
werden. Es würde sicherlich keine Bachelorarbeit geben, die
schlechter als 2,0 ausfällt.

Stimmt das?
Frag mal Professoren. Die haben doch schon viele BCs oder Diplome betreut. Oder frag alte Hasen.
Wenn dann diese Aussage nicht stimmt, dann würde ich ihm sowieso schon keine zwei geben.

Vielleicht könnt ihr mir hier ein paar Tipps geben. Es ist die
erste Arbeit die ich betreue und ich möchte natürlich nicht
überdurchschnittlich schlecht bewerten. Andererseits gab es in
meinem Jahrgang 2009 durchaus Diplomarbeiten die mit 3 und
schlechter bewertet wurden.

Dann stimmt die Aussage mit den Noten also nicht.

Wie ist eure Vorgehensweise bei der Bewertung von Bachelor
oder Diplomarbeiten?

Deine Kriterien sind schon in Ordnung, nur würde ich mit dem betreuenden Prof sprechen, welche Note er geben würde.

Aber nach Deinen Schilderungen käme bei mir auch eine Note zwischen zwei und drei raus.

Gandalf

Hi

Ich habe die nette Aufgabe eine Bachelorarbeit zu bewerten.
Dieses fällt mir sehr schwer, da der Student und ich im
gleichen Alter sind (26) und uns sehr gut verstehen.
Einerseits möchte ich ihn nicht verärgern, andererseits möchte
ich fair und objektiv bleiben.

Wenn du die BA Arbeit bewerten musst HAST du objektiv zu sein. Ansonsten hättest du die Prüfung der BA Arbeit rechtzeitig wegen Befangenheit ablehnen müssen. Das hast du nicht getan. Jetzt musst du in den sauren Apfel beißen und ignorieren ob du jemanden verärgerst, mach deinen Job nach bestem Gewissen.

Mein Gesamteindruck der Arbeit ist durchaus positiv (Ziel
wurde erreicht), jedoch hätte ich mir mehr Fleiß und
Leidenschaft gewünscht (Immer pünktlich Feierabend, sehr
langsam und träger Arbeitsstil).

Kann man das in der Arbeit rauslesen? Wie oft jemand Feierabend macht oder wie er an der BA arbeitet hat dich mal gar nicht zu interessieren, wenn du ihn nicht intensiv kennen würdest, wüsstest du darüber nichts. Wie jemand arbeitet ist dessen Privatsache. Wenn sich die Trägheit aber in die Wortfindung hineinschleicht, kannst du das bewerten.

Die meisten Ansätze wurden
von mir oder Kollegen vorgegeben. Des Weiteren ist der
Schreibstil sehr umgangssprachlich, worauf ich schon relativ
früh hinwies. Na ja, im Großen und Ganzen würde ich zwischen 2
und 3 tendieren.

Dass man keine Umgangssprache verwendet wurde uns im Studium lange eingeprügelt und sollte beim BA langsam mal verstanden worden sein. Je nach dem wie stark sie verwendet wurde (sind es nur ein paar ineinander verschobene Wörter oder schreibt er in Gossensprache?) ist das 0,5-1,0 Note Abzug.

Dass er null Eigeninitiative zeigt und ihr ihm die Struktur - einer der absolut wichtigsten Punkte der BA Arbeit! - vorkauen musstet, wäre noch ein Abzugsgrund. Also käme das schon eher in den 3,0 Bereich.

Der Verfasser sagte mir heute (im Nebensatz), dass es an
dieser FH üblich sei, zwischen sehr gut und gut bewertet zu
werden. Es würde sicherlich keine Bachelorarbeit geben, die
schlechter als 2,0 ausfällt.

Und du merkst nicht, dass er eure Freundschaft ausnutzt um dich unter Druck zu setzen?
So etwas würde ich mir nicht gefallen lassen, aber ohne aus der Mücke einen Elefanten zu machen, da auch solche miesen Haken nicht in die Bewertung der Arbeit einfließen:
a) woher will er das wissen
b) es interessiert dich einen Dreck was so üblich ist, wenn seine Arbeit unterdurchschnittlich ist, kannst du sie nicht überdurchschnittlich bewerten
c) Wenn es tatsächlich so wäre, wäre an dieser FH etwas ziemlich falsch. Natürlich gibt es Noten jenseits der 2,0. Und wenn die Arbeit keine 2 hergibt, ist da nunmal so.

Vielleicht könnt ihr mir hier ein paar Tipps geben. Es ist die
erste Arbeit die ich betreue und ich möchte natürlich nicht
überdurchschnittlich schlecht bewerten. Andererseits gab es in
meinem Jahrgang 2009 durchaus Diplomarbeiten die mit 3 und
schlechter bewertet wurden.

Also stimmt seine Aussage schonmal nicht.
und eine 3,0 ist nicht „überdurchschnittlich schlecht“.
Wenn er eine bessere Note hätte haben wollen, hätte er sich mehr Mühe geben sollen. Nach dem was ich da oben aber gelesen habe versucht er sich wohl etwas auf eurem guten Verhältnis auszuruhen. Das ist natürlich verständlich, aber wenn du mit deinem Gewissen leben willst, solltest du ihn korrekt Bewerten. Nicht besser als er es verdient hat, aber auch nicht schlechter.

lg
Kate

Gruesz Dich!

Ich bin nun schon ein paar Jahre im Hochschulbetrieb unterwegs.
Ich wuerde tatsaechlich zustimmen, dasz alle Abschluszarbeiten schlechter als 2,0 „Gepfusche“ sind. Und 2,0 kann ebenso grenzwertig sein, da 2,0 die Frage aufwirft, ob der Betreuer haette mehr tun koennen. 2,3 und schlechter ist definitiv ein kapitaler Bock des Betreuers.

So wuerde ich meinen.

Aber: Ich bin unfreiwillig vor wenigen Wochen in eine zugegebenermaszen seltene Zwickmuehle geraten.

Ich hatte einen Diplomanden - keineswegs faul, jedoch … nennen wir es bequem. Sehr, sehr schlau, und wenn er einmal loslegte eine Augenweide die aeuszere Form, wunderbare mathematische Herleitungen, exzellentes Deutsch und didaktisch sehr gut.

Dummerweise eben nicht „fleiszig“ im dem Sinne, wie es unser deutsches Bildungssystem den Studenten oktroyiert. Er war kein Auswendiglerner. Er muszte nicht kaempfen, um sich Aspekte, Sachverhalte und Loesungen fuer Probleme zu erschlieszen, weder im Studium noch in der Diplomarbeit. Er muszte kein fehlendes Talent durch stumpfe Paukerei kompensieren.

Dem Professor gefiel das ueberhaupt nicht und nie zuvor bin ich mir ihm derart heftig aneinander geraten. Der Student muszte verlaengern, weil er die ersten 5 Monate de facto nichts gemacht hatte. Trotzdem zog er das anspruchsvolle Thema dann in 4 Monaten durch. Ich habe ihn wie eine tibetanische Gebetsmuehle ermahnt und bekniet und tausend E-Mails geschrieben sowie die wortkarge und unmotivierte Begruendung fuer die Verlaengerung wesentlich aufgebohrt, damit der Pruefungsausschusz wirklich gruenes Licht gab.

Mein Gutachten fiel folgendermaszen aus: Zweifelsfrei 1,0 fuer eine exzellente Arbeit, 1,7 fuer die Verteidigung - der Vortrag hatte ein paar Macken, im Frage-Antwort-Spiel mit dem Professor und dem Publikum parierte er jedoch praechtig und zeigte sein Koennen, fachlich und im freien Erlaeutern.

Dem Professor jedoch miszfiel seine Arbeitsweise extrem. Der Student sei unzuverlaessig, langsam, faul et cetera. Meine Bewertung waere viel zu hoch und solche Typen koennen keine 1 bekommen.

Ich stimmte dem ueberhaupt nicht zu, besonders, weil es im Diplomstudium Freiheiten zu geben hat. Am liebsten nehmen die Herren Professoren Humboldt in den Mund. Zugegeben, zu DDR-Zeiten haette der Kerl seine Diplomabschluszpruefung (Arbeit und deren Verteidigung) niemals so bestreiten koennen; durch das andere Studiensystem wurde vom Studenten automatisch mehr getan, doch die Universitaet funktioniert heutzutage anders. Der Professor aber will (blindwuetigen) Fleisz und wie vor 20 Jahren zuegiges Vorankommen sehen.

Schluszendlich wollte er die Verteidigung mit 3,3 und die Arbeit mit 2,3 bewerten. Da bin ich an die Decke gegangen, insbesondere deswegen, weil die Professoren gerne von Universitaet = Elite schwafeln. „Das ist hier keine FH sondern eine richtige Hochschule, hier wird die Elite ausgebildet.“, alltaegliche Sprueche sind das.

Wie es nur passieren konnte, aber die Beratung artete in einen handfesten Streit aus. Ich sagte dem Prof, dasz der Student ein echter Elitetyp sei und die 1 eigentlich nur fuer solche Studenten vergeben werden duerfte. Stattdessen schmeiszt er jedem Trottel gerne die 1,3 hinterher, selbst wenn derjenige mangelhafte Begabung mit Fleisz zu kompensieren versucht. Das geht beim Professor aber zum linken Ohr rein und zum rechten raus.

Der Vorschlag 2,3/3,3 war zudem wie ein Schlag in mein Gesicht, denn in den MNT-Faechern ist so etwas einfach gleichbedeutend mit schlechter Betreuung.

Wir einigten uns - nach einer Stunde Kampf aufs Blut - dasz er fuer die Verteidigung 2,3 und fuer die Arbeit 1,7 vergibt. Die Gesamtwertung heiszt dann 1,8 (70% Arbeit, 30% Verteidigung).
Von meinem Standpunkt aus viel, viel, viel, viel zu schlecht, im Grund eine Frechheit. Zumal andere Studenten, bisweilen wahre Pauker und halbe Stuemper, die eigentlich haetten an die FH gehoert und nicht an die Uni, bessere Bewertungen bekommen haben, blosz weil sie windschluepfrig durchs Studium rannten und nicht links, nicht rechts schauten.

Aber der Professor liesz sich auf keine weitere Bewertung ein und mein Gutachten hat im Zweifel kein Gewicht. Der Prof macht die Note und wenn ich besser bewertet habe ist das eine unbedeutende Diskrepanz fuer das Pruefungsamt.

Die Reaktion des Studenten war uebrigens interessant: Er schlug den Handschlag des Professors aus, feuerte ihm einen wunderbaren Spruch in knackiger Umgangssprache ins Gesicht und verliesz sofort das Zimmer. Innerlich war es mir eine Genugtuung, wobei danach 45 Minuten Tirade auf mich einbrachen, warum ich „sowas“ - man beachte das Neutrum, das der Prof verwendete - „so intensiv und ausdauernd unterstuetzt habe“.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn Du zu schlecht bewertest, ist die Chance hoch, dasz es knallt. Fuer eine 2,3 muszt Du wirkliche Maengel haben und solltest Dich auch selber fragen, ob die Betreuung intensiv genug war.

2,3 und schlechter ist darueber hinaus nur berechtigt, wenn ihr konsequent (!) nach dem Leistungsprinzip bewertet. Der Student hat durchaus recht, wenn er auf sonstige Bewertungen hinweist. Im deutschen Hochschulsystem herrscht Noteninflation, geheizt durch den Konkurrenzdruck der Universitaeten untereinander. Die typische Begruendung von Hochschulen ist: Die anderen Hochschulen bewerten konstant gut und wir koennen deswegen keinesfalls zuweit heruntergehen, weil dies Nachteile fuer unsere Absolventen und Nachteile fuer unsere Reputation haette.

Und das stimmt auch. Wenn bei euch, wie Du sagst, Diplomarbeiten mit 3,0 oder sogar noch schlechter bewertet werden, was gibt es da bei euch fuer Pfeiffen als Betreuer??!

Ich kann Dir nur eines raten: Nimm Dir saemtliche Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten Deiner Professur zur Hand und liesz die Gutachten, liesz die Noten. Und dann entscheide aus der sich ergebenden Tendenz, wie Bewertungen generell festgelegt werden und wie solche Abschluszarbeiten frueher bewertet wurden.

Wenn das Mittelmasz gebauchmiezelt und dadurch regelrecht herangezuechtet wird, kannst Du mit diesem Schema F unmoeglich brechen, ohne den Studenten individuell schwer zu benachteiligen. Warum soll ausgerechnet er dafuer bueszen, dasz sonst zu locker mit den Zensuren hantiert wird?

Es kann haeszlich werden, wenn der Student sich ungerecht behandelt fuehlt - keineswegs auf der juristischen Schiene. Sagen wir, der Student legt Einspruch gegen die Note ein. Der Pruefungsausschusz sieht sich nur die Gutachten unter formalen Aspekten an und untersucht den korrekten Ablauf der Diplomabschluszpruefung. Inhaltlich begutachtet kein Mensch die Arbeit erneut. Die Professoren moegen sich untereinander im staendigen Kriegszustand befinden, nach auszen hin halten sie jedoch zusammen und am Ende wird die Einschaetzung des Professors positiv bestaetigt werden. Wahrscheinlichkeitstheoretisch liegt das sagenumwobene „sichere Ereignis“ vor. :wink:

Was ich indes meine, ist die menschliche Seite. Du erwaehntest, dasz Du Dich mit ihm gut verstehst und er dummerweise auch noch in Deinem Alter ist. Schei…benkleister!

Solltest Du die 2,3 geben, oder sogar schlechter, muszt diesen Maszstab fuer alle kuenftigen Graduierenden anlegen. Ich kann Dir empfehlen, Dir fuer die Zukunft eine ausformulierte Handreichung anzufertigen, die destilliert alles enthaelt, was Du in einer Arbeit relevant findest und mit der Du immer in gleicher Weise entscheiden kannst, wann Du z.B. die 1,3 vergibst, wie Du zur 1,0 unterscheidest, wann es die 2,0 gibt et cetera.

Du mueszt Dir vor allem ueberlegen: Bewertest Du - wie der Professor in meinem unerfreulichen Beispiel oben - das soziale Drumherum, die Einstellung des Studenten zur Hochschule, oder konzentrierst Du Dich auf die akademischen Erzeugnisse.

Viele Gruesze

Reiner

Hallo Reiner,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort mit Fallbeispiel.

Ich bin nun schon ein paar Jahre im Hochschulbetrieb
unterwegs.
Ich wuerde tatsaechlich zustimmen, dasz alle Abschluszarbeiten
schlechter als 2,0 „Gepfusche“ sind. Und 2,0 kann ebenso
grenzwertig sein, da 2,0 die Frage aufwirft, ob der Betreuer
haette mehr tun koennen. 2,3 und schlechter ist definitiv ein
kapitaler Bock des Betreuers.

Hier bin ich anderer Meinung. Warum steht die Note im direkten Zusammenhang mit dem Betreuer? Das würde bedeuten, dass ein guter Betreuer immer gute Noten vergibt, unabhängig vom Talent, Einsatz usw. des Studenten.
Ich persönlich erwarte von einem 1-2 Hochschulabsolventen eigenständiges Vorgehen ohne ständige Korrektur des Betreuers. Ich denke, dass ein 1-Absolvent unabhängig des Betreuers ein 1-Absolvent bleiben sollte (egal ob Betreuer x oder y). Ich gehe sogar noch weiter und denke, dass in der Abschlussarbeit eines 1-2 Absolvent neue selbst entwickelte Ansätze zu finden sind.
Denke ich hier falsch???

Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn Du zu schlecht bewertest, ist
die Chance hoch, dasz es knallt. Fuer eine 2,3 muszt Du
wirkliche Maengel haben und solltest Dich auch selber fragen,
ob die Betreuung intensiv genug war.

Was meinst du mit intensiv. In meinem Fall wurde einmal wöchentlich (ca. 30-60 Minuten) die Sachlage besprochen und weiteres Vorgehen definiert (zu 70% vom Betreuer). Für den Anfang habe ich es für okay empfunden, da der Student sich zunächst mal in das Thema einarbeiten musste. Des Weiteren wurde die Arbeit ca. in der Halbzeit und am Ende intensiv gelesen und korrigiert. Hierbei wurden falsche Erläuterungen und auch Berechnungen aufgezeigt und korrigiert. Die technischen Aspekte wurden sehr oberflächlich ausgearbeitet, welches okay ist, da es sich um einen zukünftigen Wirtschaftsingenieur handelt. Die wirtschaftlichen Aspekte waren logisch und nachvollziehbar.

Und das stimmt auch. Wenn bei euch, wie Du sagst,
Diplomarbeiten mit 3,0 oder sogar noch schlechter bewertet
werden, was gibt es da bei euch fuer Pfeiffen als Betreuer??!

Ich sprach hier von meinem Jahrgang bezogen auf die Absolventen einer Berufsakademie. Im Unternehmen wurden die Arbeiten (die ich kenne) in der Tat mit 1 bis 2,5 bewertet.

Ich kann Dir nur eines raten: Nimm Dir saemtliche Bachelor-,
Master- und Diplomarbeiten Deiner Professur zur Hand und liesz
die Gutachten, liesz die Noten. Und dann entscheide aus der
sich ergebenden Tendenz, wie Bewertungen generell festgelegt
werden und wie solche Abschluszarbeiten frueher bewertet
wurden.

Ich denke das ist eine gute Idee. Danke.

Wenn das Mittelmasz gebauchmiezelt und dadurch regelrecht
herangezuechtet wird, kannst Du mit diesem Schema F unmoeglich
brechen, ohne den Studenten individuell schwer zu
benachteiligen. Warum soll ausgerechnet er dafuer bueszen,
dasz sonst zu locker mit den Zensuren hantiert wird?

Dann frage ich mal provokant warum dieses System überhaupt besteht. Dann würden doch drei mögliche Noten reichen: sehr gut, gut und durchgefallen.

Was ich indes meine, ist die menschliche Seite. Du
erwaehntest, dasz Du Dich mit ihm gut verstehst und er
dummerweise auch noch in Deinem Alter ist.
Schei…benkleister!

Richtig. Na ja, ich möchte hier fair bleiben und versuche das nicht zu berücksichtigen. Andererseits habe ich nach deiner Erläuterung die Sorge das ich zu hohe Maßstäbe an ihn setze.

Vielen Dank
Sawyer

Hi

Nun, du musst bedenken dass Reinerlein einerseits die Noteninflation kritisiert, andererseits dich aber dazu auffordert diese zu unterstützen.

Wenn der Student aber nunmal eine Mängel anzeigende Arbeit eingereicht hat, so solltest du bei dem bleiben was es ist: Eine Arbeit, die nicht durchgefallen ist, die auch nicht schlecht ist, aber nunmal auch nicht gut. Du hast den vollen Spielraum von 2,1-3,0.

Lass dich nicht verunsichern.
Reinerlein hat in einem Punkt schon Recht - der Betreuer kann einen deutlichen Einfluss auf die Arbeit nehmen.

ABER: Du hast auch Recht, der Student sollte seinen Arsch durchaus selbst bewegen. Sonst kommen wir nämlich - tut mir Leid das ich das nochmal aufbringen muss ich weiß es ist ausgelutscht - zu Guttenbergs, die dann einfach durchgewunken werden, damit man einen summa cum laude mehr hat.

Wenn bei einem Betreuer jeder Absolvent nur mit 3-4 wegkommt, dann ist dies ein Hinweis darauf, dass der Betreuer schlecht arbeitet. Dafür gibt es bei dir aber zunächst keine Hinweise, so wie ich das sehe hast du dich bemüht dem Studenten alle Möglichkeiten zu geben.

Ich bin auch immer wieder überrascht über die beinahe gluckende Fürsorglichkeit die Mathematiker (kenne einige) und Ingenieure bei ihren BAs erhalten.
Ich habe zwar ab und an ne Gliederung eingereicht und bei kritischen Fragen per E Mail (!) gefragt „ist das so okay?“ (darauf kam meist ein „machen se mal.“), aber stündliche Beratungssessions JEDE Woche? (Man müsst ihr viel Zeit haben - oder wenig Absolventen) Und Korrekturlesen? Sowas gibt es bei uns gar nicht, dafür hat der Student selbst zu sorgen. Und trotzdem schaffen es unsere Absolventen gute BA zu schreiben und eigene Linien, sogar eigene Werkzeuge zu schaffen.

Wenn dein Student bei all der Fürsorge dann nicht in die Pötte kommt, tust du ihm mit einer Kuschelbewertung keinen gefallen. Noch ist es ja „nur“ ein BA und mit z.B. 2,5 hat er noch gute Chancen einen Master zu machen, er hat die Möglichkeit sich extrem zu verbessern und was aus sich herauszuholen.
Wenn er jetzt aber eine 1,9 geschenkt bekommt, wird er das wohl kaum tuen und mit dem nächsten Betreuer auf Kuschelkurs gehen.

lg
Kate

Hallo!

Hier bin ich anderer Meinung. Warum steht die Note im direkten
Zusammenhang mit dem Betreuer?

Im Ingenieurwesen ist umfassende Betreuung eine bewährte Tradition:

Der Betreuer soll einerseits den Studenten begleiten und andererseits die Qualität des akademischen Erzeugnisses garantieren. Studenten sind keine erfahrenen Akademiker, sondern stehen mit der Abschlußprüfung erst am Anfang des Weges. Eine schlecht bewertete Diplomarbeit heißt daher zu 90%, daß der Student keine oder höchstens mangelhafte Unterstützung erfuhr - d.h. Gepfusche!

Ich lese z.B. eine Diplomarbeit mehrmals, ehe ich die Abgabe zulasse. Der Student wurde mir anvertraut und als Betreuer habe ich die Verantwortung und den Ehrgeiz, daß am Ende zufriedenstellende, perfekte Resultate entstehen. Der Anspruch ist, daß jeder einzelne, der bei mir diplomiert, das ihm mögliche Optimum aus der Arbeit herausholt. Daher erfolgt bis zur letzten Minute Kritik; es werden Verbesserungen diskutiert und es wird auf Feinschliff geachtet. Gut gelaufen ist es dann, wenn die Diplomarbeit ihren Stempel am offiziellen Abgabetag erhält und keine Sekunde eher.

Es kommt bei mir eigentlich immer vor, daß ich am Abgabetag noch um 3 spontan auf Feintuning einiger Kleinigkeiten dränge, obwohl das Prüfungsamt um 4 schließt. Viertel 4 wird gedruckt, 10 vor halb 4 rennen wir zusamen schräg gegenüber in den Kopierladen, wo die drei Exemplare gebunden werden. Nach der halbe Stunde, die der Buchbinder braucht, geht es kurz nach dreiviertel 4 schräg gegenüber ins Prüfungsamt, so daß es ungefähr 5 vor um 4 den ersehnten Stempel gibt. Wenn der Student aus dem Zimmer der Prüfungstante kommt, gibt man sich erleichtert und freudig die Hand und weiß, daß unter den gegebenen Randbedingungen und in der begrenzten Zeit mit harter, guter Arbeit das Maximum herausgeholt wurde.

Die enge Zusammenarbeit mit dem Studenten ermöglicht es zudem, die notwendigen objektiven Eindrücke zu bekommen, die zur Einschätzung der Leistung und zur Erstellung eines profunden Gutachtens gebraucht werden. Ich z.B. versuche, pro Woche ein Treffen von 2 Stunden zu machen. Man sieht schnell in den ersten Treffen, ob der Student organisiert ist, oder ein Chaot, ob er zu Fache kommt, wie er Kritik aufnimmt, wie seine Herangehensweise aussieht, wieviel Eigeninitiative er zeigt. Manchmal lasse ich den Studenten vor der Doktorandenrunde referieren, wenn ein erster guter Zwischenstand vorliegt, so daß er sich im offenen Kolloquium behaupten muß.

Daß Du keinen falschen Eindruck bekommst: Es herrscht der Anspruch der Universität – universitas magistrorum et scholarium, die Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden. Ein Student, der bei mir diplomiert, muß weitestgehend eigenständig, zielstrebig, sorgfältig und insbesondere fachlich solide arbeiten. Ich biete im Gegenzug meinen Erfahrungsschatz.

Die Praxis lehrt, daß Studenten sehr, sehr viel lernen, wenn sie intensiv betreut werden. Die angesprochene Kritikwütigkeit und der exzessive Feinschliff von Ecken und Kanten prägen den Studenten für die Zukunft, zeigen ihm Verbesserungsstrategien und geben ihm ein Vorbild, wie ein qualitativ hochwertiges akademisches Erzeugnis aussehen sollte. Man darf es bloß nicht übertreiben, sonst geht die Selbständigkeit des Studenten verloren. Konstruktive Kommunikation ist wichtig, die schlichte Korrektur mit dem Rotstift hilft selten. Ich versuche, den Studenten ins Fachgespräch zu verwickeln und ihm Wege aufzuzeigen. Was der Student davon letztlich aufgreift, ist seine Sache.

Das würde bedeuten, dass ein guter Betreuer
immer gute Noten vergibt

Genau. Zumindest meistens.

Im Ingenieurwesen ist enge Betreuung die Qualitätskontrolle. Qualitätskontrolle, die es z.B. in den Geisteswissenschaften eher nicht gibt. Der hier im Themenstrang schon wieder zitierte :wink: Guttenberg ist das perfekte Beispiel für das Versagen der Geisteswissenschaften. Man soll nie nie sagen, doch im Ingenieurwesen wäre Guttenberg nie durchgekommen, sondern höchstwahrscheinlich aufgeflogen. Die Hürde zum Betrug wächst exponentiell mit dem Grade der Mathematisierung. Es ist bezeichnend, daß die Betrügereien bisher ausschließlich in Fächern geschahen, die sich durch Herumquatschen und stumpfsinniges Auswendiglernen definieren. (Amüsant auch, daß es ausgerechnet die rechtskonservativ-bürgerlichen Parteien schwer getroffen hat, dort, wo sich die selbsterklärten Leistungsträger und Hüter unserer Werte jeden zweiten Tag rhetorisch an Arbeitslosen, Gesellschaftskritikern etc. vergehen und von Ehrlichkeit, Fleiß, Gerechtigkeit, Leistungsauslese usf. schwadronieren. Ganz großes Kino.)

Ich denke, dass ein 1-Absolvent unabhängig des Betreuers ein
1-Absolvent bleiben sollte (egal ob Betreuer x oder y).

Das hängt vorrangig vom Professor ab.

Ich gehe sogar noch weiter und denke, dass in der Abschlussarbeit
eines 1-2 Absolventen selbst entwickelte Ansätze zu finden sind.
Denke ich hier falsch???

Ja, Du denkst falsch. Das hängt nämlich vorrangig vom Thema und besonders von der Formulierung der Aufgabenstellung ab.

Eine Diplomarbeit ist keine Forschungsleistung, sondern dient dem Nachweis, daß der Student unter vorgegebenen Randbedingungen ein Thema des Studienfaches mit ihm bekannten Methoden, Werkzeugen usf. untersuchen kann.

Und eine Bachelorarbeit steht deutlich unter einer Diplomarbeit.

[…] Für den Anfang habe ich es für okay empfunden, da der Student :sich zunächst mal in das Thema einarbeiten musste. Des Weiteren :wurde die Arbeit ca. in der Halbzeit und am Ende intensiv
gelesen und korrigiert. Hierbei wurden falsche Erläuterungen
und auch Berechnungen aufgezeigt und korrigiert. Die
technischen Aspekte wurden sehr oberflächlich ausgearbeitet,
was okay ist, da es sich um einen zukünftigen
Wirtschaftsingenieur handelt. Die wirtschaftlichen Aspekte
waren logisch und nachvollziehbar.

Da es sich um eine Berufsakademie handelt, sei mir die Frage erlaubt, ob das so ungewöhnlich ist?!

Ich sprach hier von meinem Jahrgang bezogen auf die
Absolventen einer Berufsakademie. Im Unternehmen wurden die
Arbeiten (die ich kenne) in der Tat mit 1 bis 2,5 bewertet.

Wie gesagt, die Noteninflation ist eine schwerwiegende Mangelerscheinung des Hochschulwesens. Du kannst Dich selbstverständlich davon distanzieren, doch führt dies unweigerlich zur ungerechten Bestrafung des einzelnen.

Wie willst Du begründen, daß für ähnliche Leistungen viel bessere Noten gegeben wurden?

Es geht hier nicht um eine einfache Prüfung oder um eine Abschlußarbeit in den brotlosen Geisteswissenschaften. Die Unternehmen schauen sehr genau auf die Diplomarbeit/Bachelorarbeit.

Dann frage ich mal provokant warum dieses System überhaupt
besteht. Dann würden doch drei Noten reichen: sehr
gut, gut und durchgefallen.

Wäre die 3,0 die durchschnittliche Benotung, alles wäre in Butter.
Die Deutschen, insbesondere die deutschen Unternehmen, ziehen aber soooooo ne Fresse, wenn da 3,0 steht.

Deinen Vorschlag finde ich indes gut. Alternativ könnte auf die Benotung der Abschlußarbeit generell verzichtet werden oder es würde dem Diplomzeugnis das Gutachten (2 Seiten) beigelegt.

Viele Grüße

Reiner

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