Beobachtung nach Stromschlag

Hallo!
Habe es vor einigen Tagen im Instandhaltungsbrett versucht. Die Frage konnte aber nicht definitiv geklärt werden.
Es soll angeblich eine Vorschrift geben, nachdem ein Patient, der einen Stromschlag erlitten hat, 24 Stunden im Krankenhaus unter Beobachtung gestellt werden muss. Wo steht das? Gilt das generell, also auch bei „leichten“ Stromschlägen? Wo kann man darüber etwas nachlesen, dass Schockzustände auch noch nach Stunden auftreten können?
Gruß
Forrest

Hi,

Es soll angeblich eine Vorschrift geben, nachdem ein Patient,
der einen Stromschlag erlitten hat, 24 Stunden im Krankenhaus
unter Beobachtung gestellt werden muss. Wo steht das?

In der Fachliteratur. Diese Regel ist nicht als „Gesetz“ zu verstehen, sondern als „aktueller Stand der medizinischen Heilkunst“. In meinem „Leitfaden Rettungsdienst“ wird sogar von bis zu 48 Stunden Latenzzeit gesprochen.

Gilt das
generell, also auch bei „leichten“ Stromschlägen?

Die Grenze ist schwammig. Wenn Du Dir beim Pinkeln gegen einen Pferdezaun einen Schlag holst, ist das eher nicht nötig, beim nem Schlag aus der Steckdose aber schon. Es hängt also von Spannung, mutmaßlicher Stromstärke und körperlicher Konstitution des Patuenten ab. Der Patient kann allerdings stets gegen ärztlichen Rat auf eigenen Wunsch (und eigene Verantwortung!) nach Hause gehen.

Wo kann man
darüber etwas nachlesen, dass Schockzustände auch noch nach
Stunden auftreten können?

Es sind nicht wirklich „Schockzustände“, in erster Linie sind Herzrhythmusstörungen das Problem (Hausstrom hat ne Frequenz von 50-60 Hz - das ist leider ziemlich nah an der Herzfrequenz dran), außerdem können durch die hohen Temperaturen im Körperinneren, entlang des Weges, den der Strom genommen hat, Eiweiße denaturieren - auch nach Tagen noch!

Bzgl. des Zeitraums hab ich im Netz auf die Schnelle nichts konkretes gefunden, und ich hab da leider auch keine Fachliteratur hier, die das erschöpfend behandelt.

Gruß,

Malte.

Hi Forrest,

der 24-Stunden-Beobachtungs-Aufenthalt im Krankenhaus hat weniger mit Schock sondern mit der Gefahr von Herrhythmusstörungen zu tun, die während dieser Zeit - auch Stunden, nachdem man einen gewischt bekommen hat - auftreten und im worst case zum Kammerflimmern, Herzstillstand und somit zum Tod führen können. Wo es steht? Ich weiß nicht mehr, ob es überhaupt irgendwo steht. Es ist jedenfalls Standard. Ärzte, Schwestern und Sanis wissen, daß so ein Kandidat 24 Stunden beobachtet werden muß… Fängt der Gutste außerhalb der Klinik (also außer der Reichweite eines Defis) zu flimmern an, bist Du so ziemlich aufgeschmissen.

Gruß

Renee

Zusammenfassung
Hallo Malte und Renee!

Heilkunst". In meinem „Leitfaden Rettungsdienst“ wird sogar
von bis zu 48 Stunden Latenzzeit gesprochen.

Gut! „Leitfaden Rettungsdienst“, das ist doch immerhin mal ein Anhaltspunkt.

Es sind nicht wirklich „Schockzustände“, in erster Linie sind
Herzrhythmusstörungen das Problem (Hausstrom hat ne Frequenz
von 50-60 Hz - das ist leider ziemlich nah an der Herzfrequenz

Da muss ich dir aber 100ig widersprechen. 50 Hz bedeutet, pro Sekunde 50 positive und 50 negative Amplituden. Das ist dramatisch schneller als die Herzfrequenz und deshalb auch das extrem gefährliche, weil das Herz diesem Stromreiz ganz und gar nicht folgen kann. Es kann dadurch außer Tritt geraten ==> Herzkammerflimmern ==> keine Pumpwirkung mehr.
(Das ist das, was wir Elektriker mindestens einmal im Jahr bei der jährlichen Sicherheitsunterweisung zu hören bekommen. Das bekommen wir auch schriftlich zum Nachlesen und unumstößlicher Fakt!)

dran), außerdem können durch die hohen Temperaturen im
Körperinneren, entlang des Weges, den der Strom genommen hat,
Eiweiße denaturieren - auch nach Tagen noch!

Hier wiederhole bzw. fasse ich mal kurz zusammen, was mir im Instandhaltungsbrett dazu geantwortet worden ist:

  • „Schlimmer ist eigentlich die dadurch entstehende Vergiftung. Sollten Beschwerden auftreten, dann Blut untersuchen lassen.“
  • „Ein Azubi hat einen Stromschlag bekommen und nicht bescheid gesagt. Er ist nach der Arbeit auf dem Heimweg an Herzversagen gestorben.“
    Was ich nun wieder den möglichen Herzrhythmusstörungen zuordne. Und was ein Argument für das wohl vorgeschriebene EKG ist.
  • „Ein Stromschlag bringt auch den Elektrolythaushalt im Körper durcheinander. Deshalb kann man auch Stunden (bis zu zwei Tagen)[was deine 48 Stunden Latenzzeit bestätigen würde] danach einen Schock erleiden.“ (Dies wurde sogar in zwei unterschiedlichen Antworten behauptet).

Was für mich außerdem eine wichtige Aussage war:

  • „Die Sache hat auch eine versicherungstechnische Seite. Sollte jemand bei so einem Unfall zu Schaden gekommen sein (oder Tage später) und derjenige nicht bei einem Arzt gewesen ist, dann macht sich die Firma strafbar.“

Gruß
Forrest

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Asche auf mein Haupt…
Hi,

Heilkunst". In meinem „Leitfaden Rettungsdienst“ wird sogar
von bis zu 48 Stunden Latenzzeit gesprochen.

Gut! „Leitfaden Rettungsdienst“, das ist doch immerhin mal ein
Anhaltspunkt.

Yep. Der „Leitfaden Rettungsdienst“ aus dem Gustav Fischer Verlag ist _das_ „Nachschlagewerk für die Jackentasche“ im Rettungsdienst - allerdings wird dort auch die erwähnt, DAS diese Gefahr besteht, nicht WARUM.

Es sind nicht wirklich „Schockzustände“, in erster Linie sind
Herzrhythmusstörungen das Problem (Hausstrom hat ne Frequenz
von 50-60 Hz - das ist leider ziemlich nah an der Herzfrequenz

Da muss ich dir aber 100ig widersprechen. 50 Hz bedeutet, pro
Sekunde 50 positive und 50 negative Amplituden. Das ist
dramatisch schneller als die Herzfrequenz und deshalb auch das
extrem gefährliche, weil das Herz diesem Stromreiz ganz und
gar nicht folgen kann. Es kann dadurch außer Tritt geraten
==> Herzkammerflimmern ==> keine Pumpwirkung mehr.

Du hast natürlich Recht, und eigentlich weiß ich das auch. Warum ich da solchen Schwachsinn geschrieben hab, kann ich mir auch nicht erklären :smile:

dran), außerdem können durch die hohen Temperaturen im
Körperinneren, entlang des Weges, den der Strom genommen hat,
Eiweiße denaturieren - auch nach Tagen noch!

Hier wiederhole bzw. fasse ich mal kurz zusammen, was mir im
Instandhaltungsbrett dazu geantwortet worden ist:

  • „Schlimmer ist eigentlich die dadurch entstehende
    Vergiftung. Sollten Beschwerden auftreten, dann Blut
    untersuchen lassen.“

Das würde ich so verneinen. Die Geschichte mit den Eiweißen tritt nur bei hohen Strömen auf, sicher nicht bei einem kurzen Schlag aus der Haussteckdose. Primär halte ich die Gefahr von Herzrhythmusstörungen für die akutere.

  • „Ein Azubi hat einen Stromschlag bekommen und nicht bescheid
    gesagt. Er ist nach der Arbeit auf dem Heimweg an Herzversagen
    gestorben.“

Das ist durchaus realistisch. Das Problem bei der Sache ist, daß man diese Gefahr ohne ein EKG (länger als zwei Minuten!) überhaupt nicht einschätzen kann, und desweiteren, daß man ohne Dauerbeobachtung und Fachpersonal vor Ort so gut wie keine Chance hat, einen tödlichen Ausgang zu verhindern.

Was ich nun wieder den möglichen Herzrhythmusstörungen
zuordne. Und was ein Argument für das wohl vorgeschriebene EKG
ist.

Vollkommen richtig. Herzrhythmusstörungen können vom Patienten unbemerkt auftreten - oder von der allgemeinen Unruhe und dem Muskelkater überdeckt werden.

  • „Ein Stromschlag bringt auch den Elektrolythaushalt im
    Körper durcheinander. Deshalb kann man auch Stunden (bis zu
    zwei Tagen)[was deine 48 Stunden Latenzzeit bestätigen würde]
    danach einen Schock erleiden.“ (Dies wurde sogar in zwei
    unterschiedlichen Antworten behauptet).

Auch das ist richtig. Bei Muskeln (und das Herz ist ein Muskel) spielen verschiedene Ionen (Ca++, Na+, K+) eine Rolle, dabei treten Spannungen auf von ca. +30mV bis -90mV. Ein Strom von ca. 100mA kann - wenn er in die sogen. „vulnerable Phase“ des Herzerregungszyklus fällt - ein Herz zum flimmern bringen. Das Ganze ist also eine ziemlich empfindliche Angelegenheit - schlöiesslich wird der „normale“ Herzschlag elektrisch gesteuert.

Gruß,

Malte.