Versuch mit Kerze und Wasser

Ich habe in zwei Büchern zwei völlig unterschiedliche Erklärungen zu einem Versuch bekommen. Bevor ich meinen Grundschülern großen Unsinn beibringe, bitte ich um Rat von Fachkundigen!

Den Versuch kennt wohl fast jeder: Brennende Kerze im flachen Wasser unter einem umgestülpten Glas, Kerze geht aus (klar, der Sauerstoff wird „verbraucht“), Wasser wird ins Glas „reingezogen“.

  1. Buch behauptet: Sauerstoff wird „verbraucht“, Luft wird weniger (angeblich kann man so den Sauerstoffgehalt in der Luft veranschaulichen).

  2. Buch behauptet: Die erwärmte Luft erkaltet, zieht sich zusammen und zieht per Unterdruck das Wasser rein.

Meine Zweifel: auch ich weiß, es wird nie etwas verbraucht sondern immer nur umgewandelt. Sauerstoff verbindet sich mit einem Kerzengas zu einem anderen Gas (oder nimmt das dann weniger Raum ein?)
Und wieso soll die Luft erkalten, die war ja vorher, als die Kerze noch nicht drin war auch nicht wärmer!
Wer kann mich aufklären?
Vielen Dank!
Christian

sowohl als auch
Hallo,

um es vorweg zu sagen: beide Erklärungen sitmmen.

Die Reaktion kann vernachfacht so ausgedrückt werden:

CH2+3/2O2 -> H2O+CO2

…wobei das Wasser direkt kondensiert.

Bilanz: Das Luftvolumen reduziert sich auf 3/2-1=1/2, d.h. dass bei einem Sauerstoffanteil von 20% sich das Volumen auf 10% reduziert.

Nun kann man jedoch das Volumen auf weit mehr als 10% reduzieren, erkannbar an dem Stand des Wassers das weit höher als 10% der Gesamthöhe steigt. Dazu kommt noch, dass die Vebrennung nicht vollständig ist.
Daraus folgt, dass diese Erklärung nicht vollständig ist, es gibt noch einen weiteren Effekt. Und das ist tatsächlich das Zusammenziehen der erwärmten Luft, die beim Überstülpen des Glases im Glas gefangen wird.

Dass dies tätsächlich ein nennenswerter Effekt ist, kann man demonstrieren, indem man einfach zwei Kerzen statt einer nimmt. Nach der Theorie des verbrauchten Sauerstoffs dürfte dann das Wasser nicht höher steigen als bei einer Kerze, da es ja egal ist, ob eine oder zwei Kerzen den Sauerstoff verbrauchen.
Das Wasser steigt aber tatsächlich höher als bei einer Kerze und das kann nur daran liegen, dass zwei Kerzen die Luft stärker erwärmen als eine Kerze.

Fazit: Es sind also tatsächlich zwei Effekte, die das Wasser ansteigen lassen: das Verbraucen des Sauerstoffs und das Zusammanziehen der erwärmten Luft.

Gruß
Oliver

Hi,

  1. „Verbrauch“ von Sauerstoff
    die Reaktionsgleichung ist
    CH2 + 1,5 O2 -> CO2 + H20
    (ich gehe davon aus dass die Kerze aus Paraffin besteht)
    Das Wasser kondensiert fast sofort, es bleiben also von 2,5 Volumenteilen Gas noch eins übrig.
    Das CO2 wird sich langsam im Wasser loesen, ich habe allerdings keine Ahnung wie lange das dauert.
    Bei 20% Sauerstoffanteil der Luft „verschwindet“ also etwa 13 Prozent des Gesamtvolumens.

  2. Die Luft wird am Ende wieder die gleiche Temperatur haben wie vorher. Ob der Effekt relevant ist hängt also nur davon ab ob Luft aus dem Gefäß herausblubbert oder nicht - das sollte sehr einfach zu sehen sein.

Grüße,
Moritz
(bei dem der Versuch meist nicht geklappt hat :wink:

Die Reaktion kann vernachfacht so ausgedrückt werden:

CH2+3/2O2 ->
H2O+CO2

…wobei das Wasser direkt kondensiert.

Bilanz: Das Luftvolumen reduziert sich auf 3/2-1=1/2, d.h.
dass bei einem Sauerstoffanteil von 20% sich das Volumen auf
10% reduziert.

Warum eigentlich 3/2-1? Von den 3/2 O2 der Luft landet doch nur 1/2 O2 im entstehenden Wasser. Es müßte also 3/2-1/2=1 lauten und damit verringert sich das Volumen bei einem Sauerstoffgehalt von 21% nur um 7%.

stimmt…
… CH_2 liegt ja nicht als Gas vor :wink:

genauere Analyse

Warum eigentlich 3/2-1? Von den 3/2
O2 der Luft
landet doch nur 1/2 O2 im
entstehenden Wasser. Es
müßte also 3/2-1/2=1 lauten und damit verringert
sich das
Volumen bei einem Sauerstoffgehalt von 21% nur
um 7%.

Stimmt, da hab ich geschlampt. Das Sauerstoffvolumen nimmt nur um ein Drittel ab.

Jetzt hab ich aber mal im Netz recherchiert und herausgefunden, dass es offenbar nicht gelingt, eine Kerze in der ausgeatmeten Luft eines Menschen zu zünden. Da ein Mensch jedoch nur ein Fünftel des vorhandenen Sauerstoffs verbraucht, kann man daraus schließen, dass eine Kerze ebenfalls nur maximal ein Fünftel des Sauerstoffs in der Luft verbrauchen kann ehe sie erlischt.
Wenn man das mitberücksichtigt ergibt sich, dass sich das Volumen im Gefäß nur um:

21% * 1/5 * 1/3 = 1,4%

reduzieren kann und damit wohl kaum auffallen dürfte!

Die chemische Erklärung mit dem Verbrennen des Sauerstoffs ist also eher zu vernachlässigen und höchstens ein Nebeneffekt. Die Hauptursache liegt offenbar tatsächlich an dem Zusammenziehen der erwärmten Luft.

Gruß
Oliver

Hallo,

  1. Die Luft wird am Ende wieder die gleiche Temperatur haben
    wie vorher. Ob der Effekt relevant ist hängt also nur davon ab
    ob Luft aus dem Gefäß herausblubbert oder nicht - das sollte
    sehr einfach zu sehen sein.

diese Begründung ist so nicht plausibel, weil die Luft im Glas
schon beim Überstülpen eben nicht Umgebungstemp. hat.

Vor dem Überstülpen ist Temperatur um die Flamme und besonders
über der Flamme ja schon erheblich höher als Umgebungstemp.
(Halte einfach mal die Hand rein, dann merkst Du das auch :smile:

Es muß also beim Überstülpen nicht unbedingt was rausblubbern
um sich nach dem Erlöschen merklich zusammenzuziehen.
Kann natürlichsein, daß es trotzdem etwas rausblubbert. Das
hängt aber schon wieder von verschiedenen Randbedingungen ab.
Unter anderem wird sich z.B. heiße Luft an den Wandungen des
übergestülpten Glases abkühlen (große Wärmekap.!).
Gruß Uwi

Hallo,

diese Begründung ist so nicht plausibel, weil die Luft im Glas
schon beim Überstülpen eben nicht Umgebungstemp. hat.

Das stimmt. Wenn man mal rechnet dass die Raumtemperatur 20° und die Luft im Glas 70° hat (ich glaube nicht dass das mehr ist, s.u.) kommt man auf eine Volumenkontraktion von T1/T2=290K/340K = 85%, man sieht also 15% verschwinden.

Vor dem Überstülpen ist Temperatur um die Flamme und besonders
über der Flamme ja schon erheblich höher als Umgebungstemp.
(Halte einfach mal die Hand rein, dann merkst Du das auch :smile:

Ja, man sollte sich aber nicht von der Wärmestrahlung täuschen lassen. Die meiste Wärme wird per Konvetkion direkt nach oben abgeführt. Wenn du also das Glas erst 'ne Weile über die Flamme hältst erzielst du „bessere“ Ergebnisse.

[…]
Unter anderem wird sich z.B. heiße Luft an den Wandungen des
übergestülpten Glases abkühlen (große Wärmekap.!).
Gruß Uwi

Naja, Luft hat doch auch eine große Wärmekapazität. Wieso geht dann das hochziehen so schnell?

Grüße,
Moritz

Hallo,

abgeführt. Wenn du also das Glas erst 'ne Weile über die
Flamme hältst erzielst du „bessere“ Ergebnisse.

genau, das ist auch noch so ein Effekt, den man leicht vergisst.
Ein Glas wird sich wohl recht schnell mit warmer Luft füllen.

Unter anderem wird sich z.B. heiße Luft an den Wandungen des
übergestülpten Glases abkühlen (große Wärmekap.!).

Naja, Luft hat doch auch eine große Wärmekapazität. Wieso geht
dann das hochziehen so schnell?

Eijei :frowning: Studenten und die Physik, oft ein heikles Thema :-o)

Bei Betrachtung der spezifischen Wärme pro Masseeinheit mögen
die Werte ja in der gleichen Größenordnung liegen, bloß
Luft hat nun mal eine ca. 2000-fach geringere Dichte als Glas
(mit Luft im Normzustand -> bei warmer Luft und Unterdruck
wird’s noch extremer).
Daraus resultiert:
Luft hat eine sehr geringe Wärmekap. pro Volumeneinheit
im Verhältnis zu Feststoffen.
Ein kg Glas hat etwas soviel Wärmekap. wie ca. 0,6m³ Luft.
http://www.google.de/search?q=cache:4u1pi3Uw60sJ:sch…

Wenn in ein Glas also 0,6l Luft passen, hat diese Luft eine
Wärmekap. wie etwa 1g Glas. Ein Glas wiegt aber angenommen 100g.
Damit hat das Glas schon mal ca. die 100-fache Wärmekap.
Damit ist auch erklärbar, daß die Luft soschnell abkühlen kann,
wenn sie an kälteren Flächen vorbeiströmt, eben auch wegen der
geringen Wärmekap. Das Glas erwärmt sich dabei nur unwesentlich.
Gruß Uwi

Hi Christian,

wie schon angemerkt ist es eine Kombination aus mehreren Effekten.

  • Verringerung des Gasvolumens durch einen chemische Reaktion

  • Verringerung des Gasvolumens durch ABkühlung

und (sicher nicht der letzte Effekt!)

  • Das gebildete CO2 löst sich zum Teil in Wasser und verringert das Gasvolumen weiter.

Du siehst, es ist ganz schön komplex.

Gandalf