Bremsweg Eisenbahn

Für Strassenfahrzeuge gibt es die klassischen Formeln zur Berechnung des Anhalteweges, Reaktionsweg + Bremsweg. Beim Bremsweg ist unter anderem die negative Beschleunigung a aus Tabellen ersichtlich, also z.B. 6 bis 9 m/s2 für trockenen Asphalt und normale Reifen. Wie gross ist nun dieser Wert bei Eisenbahnen? Klar ist auch das wieder abhängig von äusseren Einflüssen, aber ein, zwei Durchschnittswerte würden mir sehr helfen. (Früher konnte man ja solche Dinge bei den Bahnen erfragen, tat ich mal vor Jahrzehnten, aber heute hat niemand mehr Zeit für solche Anfragen …)
Besten Dank für einige Anhaltspunkte.
Andreas

Hallo Andreas,
aus einer alten Dokumentation kann ich mich noch an einen Anhalteweg von ca. 1000m erinnern, Startgeschwindigkeit ca. 120km/h. Für die Richtigkeit dieser Aussage übernehme ich aber keine Garantie!

Prinzipiell wird die erreichbare Beschleunigung/Verzögerung hauptsächlich vom Kraftschluss zwischen Rad und Schiene bestimmt. Und da sieht’s heute ehrlich gesagt noch schlechter aus als vor 20 bis 30 Jahren:
früher waren Klotzbremsen im Einsatz, die haben den Radlauf aufgeraut und damit für eine größere Reibung zwischen Rad und Schiene gesorgt.
Heute wird elektrisch oder mit Scheibenbremse gebremst, die Radläufe sind glatt und die resultierende Bremskraft geringer. Dafür spart man beim Fahren Energie …
Ausnahme davon ist die Magnetschienenbremse, die wirkt direkt zwischen Drehgestell und Schiene - damit sind unabhängig vom Radzustand nahezu fantastische Verzögerungen möglich. Bei einem Zug mit mehreren Wagen kommst du sogar zu einem nahezu wetterunabhängigen Bremsvorgang (die erste Bremse schleift die Schienen trocken, alle weiteren Bremsen haben ideale Bremsbedingungen). Allerdings unter ziemlich starkem Verschleiß der Schienen, was man eigentlich auch wieder nicht will.

Ich muss mal in meinen Unterlagen suchen, ob ich da noch Angaben zu Bremsweg etc. finde. Ggfs melde ich mich nochmal.
Alternativ kannst du dich mal in den verschiedenen Bahn-Foren umschauen, zum Beispiel http://www.drehscheibe-online.de/
Gruß,
peherr

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,
welche Verzögerung aufgebaut werden kann, das ist das Produkt aus Reibwert μ und Erdbeschleunigung g=9,81m/s². Also rund μ x 10 .
μ zwischen Stahl und Stahl (jeweils ungeschmiert) beträgt 0,1 bis 0,15. Das würde maximal 1 bis 1,5m/s² bedeuten.
Wasser/Eis auf den Schienen hat keinen Einfluss, da sich - wegen der hohen Flächenpressung - kein Wasserfilm ausbildet.
Kritisch hingegen ist nasses Laub, wenn es zwischen Rad und Schiene verbleibt.
Es gab/gibt für Schienenfahrzeuge die Möglichkeit bei Notbremsungen (per Duckluft) trockenen Sand gezielt in die Aufstandsfläche einzublasen. Kann selber aber nicht den Effekt quantifizieren. Sicher „streut“ auch der sehr stark.
Gruß
Karl

Hallo Karl,

welche Verzögerung aufgebaut werden kann, das ist das Produkt
aus Reibwert μ und Erdbeschleunigung g=9,81m/s². Also
rund μ x 10 .
μ zwischen Stahl und Stahl (jeweils ungeschmiert) beträgt
0,1 bis 0,15.

Statisch, oder? Hab’ hier ein Diagramm vorliegen, das zeigt eine ziemliche Geschwindigkeitsabhängigkeit dieses Wertes bis hin zu µ=0,5.
Bei Interesse kann ich dir das gerne per E-Mail schicken.

Das würde maximal 1 bis 1,5m/s² bedeuten.

Hier bin ich (fast) deiner Meinung. Im Skript zur Vorlesung „Elektrische Bahnen“ an der Uni Erlangen gibt der Dozent Dr. Weigel (Siemens Transportation Systems) als typische Bremsverzögerungen folgende Werte an:
normale Züge: 1,0m/s²
U- & Straßenbahnen: 1,2 -1,4m/s²
Notbremsung U- & Straßenbahnen: 1,6m/s² - 1,8m/s²

Im Verlauf der genannten Vorlesung erzählte Hr. Weigel, dass für die Notbremsung bei den U- & Straßenbahnen eine Bregrenzung der Verzögerung realisiert ist. Hintergrund war, dass durch die starke Verzögerung die Fahrgäste fröhlich durch die Wagen gepurzelt sind und die Ansprüche auf Schmerzensgeld höher waren als der durschnittliche Schaden. Ob diese Beschränkung allerdings bei den angegebenen Werten schon berücksichtigt wird, weiß ich nicht mehr.

Wasser/Eis auf den Schienen hat keinen Einfluss, da sich -
wegen der hohen Flächenpressung - kein Wasserfilm ausbildet.

Echt? Da bin ich anderer Meinung:

  • zum einen kenn ich etliche Erzählungen von Lokführern, die regelmäßig den Sand insbsondere beim Anfahren einsetzen müssen, sobald die Schienen nass / feucht sind.
  • in oben genannten Skript ist ein Diagramm mit Messungen des Kraftschlußbeiwerts μ an einer spanischen Lok enthalten: das zeigt sehr unterschiedliche Werte für trockene und nasse Schienen.

Kritisch hingegen ist nasses Laub, wenn es zwischen Rad und
Schiene verbleibt.

Einverstanden!

Es gab/gibt für Schienenfahrzeuge die Möglichkeit bei
Notbremsungen (per Duckluft) trockenen Sand gezielt in die
Aufstandsfläche einzublasen.

Wird zwar meist für das Anfahren verwendet (Lok-Wagen-Zug: 4 Antriebsachsen; Bremsen: alle Achsen gebremst => Bremse relativ unabhängig von der Last), aber wieso nicht auch beim Bremsen. Bringt nur was für die typ. 4 Antriebsachsen der Lok, der Rest des Zuges ist davon ziemlich unbeeindruckt.

Kann selber aber nicht den Effekt
quantifizieren. Sicher „streut“ auch der sehr stark.

Vermutlich.

Gruß
peherr