Grundnahrungsmittel

Hallo,

Nur aus Interesse, da wir kürzlich in einer Gruppe darüber diskutiert hatten (und es nicht wussten):

Lassen sich Grundbausteine der Ernährung, also Fette, Kohlehydrate, Eiweiße, Traubenzucker, im Labor herstellen? Falls ja, welches sind die Ausgangsstoffe? (Einfach nur C, H und O? Oder schon energiereiche Verbindungen?) Wieviel Energie würde das kosten?

Nicht, dass ich das Welternährungsproblem im Labor lösen wollte, die Frage interessiert mich einfach.

Mit vielen Grüßen, Stefanie

Hallo,

Nur aus Interesse, da wir kürzlich in einer Gruppe darüber
diskutiert hatten (und es nicht wussten):

Lassen sich Grundbausteine der Ernährung, also Fette,
Kohlehydrate, Eiweiße, Traubenzucker, im Labor herstellen?
Falls ja, welches sind die Ausgangsstoffe? (Einfach nur C, H
und O? Oder schon energiereiche Verbindungen?) Wieviel Energie
würde das kosten?

zuviel
im Einzelnen:
mit der Ammoniak-Synthese bekommt man Ammoniak, welches Bestandteil von Eiweissen ist.
mit der Fischer-Tropsch-Synthese (Kohle zu Benzol) kann man Aromaten herstellen, ebenfalls Bestandteile von div. Eiweissen (z.B. Phenylalanin)
aus Kalk und Kohle kann man Azetylen herstellen, dass ist ein Grundstein für C-C- Bindungen
andererseits kann man aus CO und H2O Methanol herstellen, aus welchen sowohl C-C als C-O- verbindungen gebasteltet werden können, beide Bindungen werden in Fetten, Eiweissen und Kohlenhydraten (Zucker, Stärke) benötigt.

Der Weg zu den einzelnen Ziel-Stoffen ist jetzt ziemlich kompliziert und kostet v.a. fossile Energie. Da ist solare Energie kostenfrei und deshalb gibt es auch heute noch Bauern.

Tschuess Marco.

Marcos Antwort muss ich etwas ergänzen.

Konkret zur Frage

Lassen sich Grundbausteine der Ernährung, also Fette,
Kohlehydrate, Eiweiße, Traubenzucker, im Labor herstellen?

Theoretisch ja, praktisch nein.

Warum praktisch nein ?

  1. Zu den „Grundbausteinen der Ernährung“ gehören auch Vitamine, für die (meines Wissens) noch keine brauchbaren Synthesewege bekannt sind.
  2. Viele auf biologischem Wege erzeugte Moleküle haben eine bestimmte Konformation (Bsp: Milchsäure gibt es „rechtsdrehend“ und „linksdrehend“, das hat seine Ursache in zwei unterschiedlichen Konformationen). Für unseren Stoffwechsel (für die Enzyme) sind Konformationen überaus wichtig. Mit chemischen Synthesen bekommt man meistens alle möglichen Konformationen in einem Gemisch und kann diese dann meist nicht trennen. Der Nährwert der Produkte ist dann bestenfalls minderwertig, machmal wertlos und manchmal sind die Produkte sogar schädlich, weil sie Enzyme bei ihrer Arbeit behindern.

Möglicherweise gelingt es irgendwann einmal, alle nötigen Nahrrungsbestandteile zu synthetisieren. Sicher geht der Weg über die Verwendung von Enzymen (das sind Eiweiße, die bestimmte chemische Reaktionen beschleunigen). Diese Eiweiße müssten dann aber zunächst „natürlich“ gewonnen werden, d.h. aus gentechnisch veränderten Bakterien. Bis man auch die Enzyme wiederum im Reagenzglas herstellen kann. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass wir Mikroorganismen so verändern, dass diese uns alle gewünschten Nahrungsstoffe produzieren.

Nicht, dass ich das Welternährungsproblem im Labor lösen
wollte, die Frage interessiert mich einfach.

Das Welternährungsproblem läßt sich vor allem kurzfristig durch eine angemessene Verteilungspolitik und langfristig durch eine nachhaltige Familienpolitik lösen. Geht das nicht, helfen Kriege und Hungersnöte, die Populationsdichte wieder unter die ökologische Kapazität zu bringen. Uns stehen also noch mehrere Optionen offen. Mittelfristig interessant ist übrigends die Frage, woher wir das Phosphat für die Phosphatdünger nehmen sollen. Ohne Dünger werden die Industriestaaten schrecklich Hungern, und die Phosphatlager reichen nicht ewig. Mineralstoffe kann man nicht „synthetisieren“, und die Gewinnung lohnt nur, wenn sie nicht nur in winzigen Spuren vorkommen. Aber vielleicht findet man ja Pflanzen oder Mikroben, die Phosphate sammeln, die kann man vielleicht nutzen. Vielleicht. Stickstoff ist übrigends hinreichend in der Luft vorhanden. An ihm wird’s nicht mangeln.

Gruß
Jochen

Hallo Joachim,

Lassen sich Grundbausteine der Ernährung, also Fette,
Kohlehydrate, Eiweiße, Traubenzucker, im Labor herstellen?

Theoretisch ja, praktisch nein.

Warum praktisch nein ?

  1. Zu den „Grundbausteinen der Ernährung“ gehören auch
    Vitamine, für die (meines Wissens) noch keine brauchbaren
    Synthesewege bekannt sind.

Was ist brauchbar ?
Das es energetisch ungünstiger ist, hatte ich schon geschrieben. Aber das Endergebnis ist erreichbar (=Aussage [1]):
Vitamin C
http://www.chemieunterricht.de/dc2/asch2/inhalt1.htm
Vitamin D
http://aks7.org-chem.nat.tu-bs.de/Vorlesungen/Naturs…
(Biosynthese meint meisst, dass ein Mikroorganismus ein Zwischenprodukt liefert, welches im Reaktor zum Endprodukt umgesetzt wird)
Vitamin A1
http://aks7.org-chem.nat.tu-bs.de/Vorlesungen/OC2.htm

Diese wenigen Ergebnisse kommen nach kurzem googeln raus. Auch mein cehm. Sachverstand sagt, dass es machbar ist, wenn auch nicht sinnvoll (Energie+Material, [1])

  1. Viele auf biologischem Wege erzeugte Moleküle haben eine
    bestimmte Konformation (Bsp: Milchsäure gibt es
    „rechtsdrehend“ und „linksdrehend“, das hat seine Ursache in
    zwei unterschiedlichen Konformationen). Für unseren
    Stoffwechsel (für die Enzyme) sind Konformationen überaus
    wichtig. Mit chemischen Synthesen bekommt man meistens alle
    möglichen Konformationen in einem Gemisch und kann diese dann
    meist nicht trennen. Der Nährwert der Produkte ist dann
    bestenfalls minderwertig, machmal wertlos und manchmal sind
    die Produkte sogar schädlich, weil sie Enzyme bei ihrer Arbeit
    behindern.

Ich dachte ihr Biologen habt mehr Ahnung von chem. Synthesen. Deine Ausführungen zur Konformation und deren Wirkung sind alle richtig. Nicht richtig sind die Ausführungen zur Synthese. Es gibt enantioselektive Synthesen, da kann man eine Konformation bevorzugen. Auch entsprechende Reinigungsstufen gibt es.
Also alles machbar Herr Nachbar, aber [1].

Möglicherweise gelingt es irgendwann einmal, alle nötigen
Nahrrungsbestandteile zu synthetisieren. Sicher geht der Weg
über die Verwendung von Enzymen (das sind Eiweiße, die
bestimmte chemische Reaktionen beschleunigen). Diese Eiweiße
müssten dann aber zunächst „natürlich“ gewonnen werden, d.h.
aus gentechnisch veränderten Bakterien. Bis man auch die
Enzyme wiederum im Reagenzglas herstellen kann. Viel
wahrscheinlicher ist aber, dass wir Mikroorganismen so
verändern, dass diese uns alle gewünschten Nahrungsstoffe
produzieren.

Stichwort: Biosynthese
Die von Dir beschriebenen Vorgänge werden schon eingesetzt, v.a. Pharmazie und Kosmetika-Synthese

Nicht, dass ich das Welternährungsproblem im Labor lösen
wollte, die Frage interessiert mich einfach.

Das Welternährungsproblem läßt sich vor allem kurzfristig
durch eine angemessene Verteilungspolitik und langfristig
durch eine nachhaltige Familienpolitik lösen. Geht das nicht,
helfen Kriege und Hungersnöte, die Populationsdichte wieder
unter die ökologische Kapazität zu bringen. Uns stehen also
noch mehrere Optionen offen. Mittelfristig interessant ist
übrigends die Frage, woher wir das Phosphat für die
Phosphatdünger nehmen sollen. Ohne Dünger werden die
Industriestaaten schrecklich Hungern, und die Phosphatlager
reichen nicht ewig. Mineralstoffe kann man nicht
„synthetisieren“, und die Gewinnung lohnt nur, wenn sie nicht
nur in winzigen Spuren vorkommen. Aber vielleicht findet man
ja Pflanzen oder Mikroben, die Phosphate sammeln, die kann man
vielleicht nutzen. Vielleicht. Stickstoff ist übrigends
hinreichend in der Luft vorhanden. An ihm wird’s nicht
mangeln.

Eine Frage an den Biologen:
Wo bleibt den der Phosphatdünger ? Es gibt immer noch die Regel, das bei chem. reaktionen keine Atome entstehen oder verschwinden können (Raduiochemie ist hier kein Thema!).
Ist es nicht im Endeffekt in der Sch**** im Klärwerk ?

Tschuess Marco.

1 Like

Danke für deine Ergänzungen !

In der Tat, ich habe tatsächlich mal was von enantiomer-selektiven Synthesen gehört… aber auch wieder vergessen.

Doch eins:

(Biosynthese meint meisst, dass ein Mikroorganismus ein
Zwischenprodukt liefert, welches im Reaktor zum Endprodukt
umgesetzt wird)

Genau hier nuntz man ja zumindest teilweise nicht-synthetische Zwischenschritte. Obwohl, letzlich sind ja Zellen auch nur biochemische Reaktoren.

Eine Frage an den Biologen:
Wo bleibt den der Phosphatdünger ? Es gibt immer noch die
Regel, das bei chem. reaktionen keine Atome entstehen oder
verschwinden können (Raduiochemie ist hier kein Thema!).
Ist es nicht im Endeffekt in der Sch**** im Klärwerk ?

Ja, aber eben nur zum Teil. Hier ist mein Wissen aber auch nur lückenhaft. Die meisten mit Dünger ausgebrachten Phosphate landen nicht in Kläranlagen, sonden im Grundwasser/Flüssen/Meeren -> Algenblüten, Eutrophierung. Phosphate werden nur in den wenigen Klärwerken mit chemischer Stufe geklärt: durch Fällung (mit weiss nicht was). Die Rückgewinnung ist nicht sonderlich populär, wahrscheinlich sehr, sehr Energieaufwendig.

Tschuess
Jochen.

Hallo Jochen,

Danke für deine Ergänzungen !

Bei einem Biologen, der auf Zoologie/Botanik macht, hätte ich ja nicht so schulmeisterlich geantwortet, aber wenn Du schon in der Biochemie promovieren möchtest…

In der Tat, ich habe tatsächlich mal was von
enantiomer-selektiven Synthesen gehört… aber auch wieder
vergessen.

Doch eins:

(Biosynthese meint meisst, dass ein Mikroorganismus ein
Zwischenprodukt liefert, welches im Reaktor zum Endprodukt
umgesetzt wird)

Genau hier nuntz man ja zumindest teilweise nicht-synthetische
Zwischenschritte. Obwohl, letzlich sind ja Zellen auch nur
biochemische Reaktoren.

richtig, aber das kommt auf den Standpunkt, den Menschen etc an: Jeder def. anders.

Eine Frage an den Biologen:
Wo bleibt den der Phosphatdünger ? Es gibt immer noch die
Regel, das bei chem. reaktionen keine Atome entstehen oder
verschwinden können (Radiochemie ist hier kein Thema!).
Ist es nicht im Endeffekt in der Sch**** im Klärwerk ?

Ja, aber eben nur zum Teil. Hier ist mein Wissen aber auch nur
lückenhaft. Die meisten mit Dünger ausgebrachten Phosphate
landen nicht in Kläranlagen, sonden im
Grundwasser/Flüssen/Meeren -> Algenblüten, Eutrophierung.

Das ist das bekannteste zum Thema Phosphat. Das Thema Klärschlamm ist nicht ganz so bekannt. Bedingt durch die Schadstoffe (Schwermetalle, Chlororganika, Medikamente) kann man den Klärschlamm schlecht als Düngeer nutzen.

Phosphate werden nur in den wenigen Klärwerken mit chemischer
Stufe geklärt: durch Fällung (mit weiss nicht was). Die
Rückgewinnung ist nicht sonderlich populär, wahrscheinlich
sehr, sehr Energieaufwendig.

zu den Problemen der Phosphatgewinnung ganz kurz (in der Mitte)
http://www.itas.fzk.de/deu/tadn/tadn013/arlt01a.htm

Tschuess Marco.