Trauer/Betroffenheit heucheln

Hallo allerseits,

ich denke, nach Wölfchens (Frei)Tod einen pietätvollen Zeitabstand eingehalten zu haben… Und nun platze ich gleich mit der Tür ins Haus, wobei Wölfchen gegen jeden beliebigen anderen Namen austauschbar ist:

Freilich - man ist zunächst einmal völlig geplättet, wenn man die Nachricht liest. Aber:

Was zum Teufel bringt Menschen dazu, Trauer oder Betroffenheit - dazu noch in derart übertriebenen Weise - zu heucheln (ich meine die Frischlinge)? Menschen, die Wölfchen nicht kannten; Menschen, die niemals ein Wort mit ihm gewechselt haben; Menschen, die vermutlich kein einziges Posting von ihm gelesen haben…

Es wurmt mich jetzt seit Tagen…

Neugierige Grüße

Renee

Der Laie spricht
Hi Renee!

Ich erlaube es mir einmal mehr, eine gewagte These in den Raum zu werfen, die dieses Mal lautet: Betroffenheit und Trauer werden aus rein egoistischen Motiven geheuchelt, wenn diese auch den Heuchlern selbst so nicht bewusst sind.

Der Heuchler im Allgemeinen, ich behaupte dies weiterhin ohne Belege, ist ein eher wertkonservativer und unsicherer Mensch. Vielleicht könnte man ihn als sehr unsicher charakterisieren, da er sich sogar ins Wasser stürzt, um mit dem Strom zu schwimmen, obwohl ihn keiner darum gebeten hat und auch keiner bemerkt oder kritisiert hätte, wenn er am Ufer stehen geblieben wäre. Er heuchelt Mitleid, um konservativen, um nicht zu sagen: überholten, Wertvorstellungen zu genügen, die beispielsweise einschließen, dass man beim Tod eines Menschen grundsätzlich traurig zu sein hat, ob man denjenigen kannte oder nicht, und den Hinterbliebenen auf irgendeine Weise Solidarität, beispielsweise in Form einer Beileidsbekundung, zu übermitteln hat. Meine Beobachtungen bei Beerdigungen von älteren, konservativen Verwandten bestätigen diesen Ausdruck von falscher Trauer, den ich als Beerdiungs-Tourismus bezeichne.

Durch sein Verhalten, in dem er keinen Unterschied zur ehrlichen Trauer und Betroffenheit sehen, kann der Heuchler sich also selbst auf die Schulter klopfen, „völlig normal“ und ein „guter Mensch“ zu sein, der um andere trauert. Er kann sich selbst beglückwünschen, so ein feinfühliger Mensch zu sein, der zum Tode eines anderen noch die richtigen Worte gefunden hat, obwohl diese niemand erwartet hat. Es mag unverschämt klingen, aber meine Theorie führt in Konsequenz zu dem Schluss, dass der Heuchler eine für Angehörige und Freunde so traurige Situation unbewusst zugunsten seines eigenen Selbstwertgefühls missbraucht.

Und nun bin ich gespannt auf die Experten, die meine Vorstellungen zerpflücken.

Gruß!
Christopher

Es mag
unverschämt klingen, aber meine Theorie führt in Konsequenz zu
dem Schluss, dass der Heuchler eine für Angehörige und Freunde
so traurige Situation unbewusst zugunsten seines eigenen
Selbstwertgefühls missbraucht.

Und nun bin ich gespannt auf die Experten, die meine
Vorstellungen zerpflücken.

Hi Christopher,

ich bin weder Experte, noch möchte ich dein Fazit zerpflücken. Es gibt sicher viele Aspekte, die in den Zusammenhang mit einer Trauernachricht entstehen. Ich finde deinen Standpunkt nicht so abwegig.

Es muss doch geklärt werden, wer Trauer empfindet. Das sind doch die Angehörigen, die einen Verlust empfinden. Mitleiden kann ich mit diesen Menschen. Weniger mit dem Toten selbst. Vor allem dann nicht, wenn er den Freitod gewählt hat. Ältere Menschen können eine andere Art von Trauer empfinden, weil sie sich mit dem Tod des gleichalten Bekannten der eigenen Sterblichkeit bewusst werden. Diese beiden Formen der Trauer sind echt und nicht geheuchelt.

Die Anteilnahme an dem Tod vom Mituser „Wölfchen“ muss also vor diesem Hintergrund betrachtet werden. Wer empfindet einen Verlust und trauert daher und wer leidet mit denen mit, die den Verlust empfinden? Das sind keine Heuchler. Letztlich: Wer hat bei der Nachricht nicht an die eigene Sterblichkeit gedacht oder einfach daran, wie schnell auch das eigene Leben aussichtlos werden kann? Auch diese Betroffenheit ist dann echt, wenn auch egoistisch. Am Ende bleiben dann noch die, die nach deiner Definition vermutlich zu Recht als Heuchler bezeichnet werden können. Noch zutreffender ist sie aber für jene, die die Todesnachricht als erste übermitteln wollen.

Gruss,
Klaus

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Hallo,

ich weiss natürlich nicht, warum andere Menschen so oder so reagieren, kann nur für mich sprechen.

Ich habe Wölfchen überhaupt nicht gekannt, bin nur zufällig über diesen Artikel gestolpert. Wie gesagt, hab keine Ahnung, wer das war. Aber trotzdem hat mich Dein Artikel berührt.
Vielleicht liegt es daran, weil es mich immer betroffen macht, wenn jemand den Freitod wählt. Vielleicht ist es ein Stücken, dass einem vor Augen geführt wird, wie endlich wir doch sind, wie schnell es gehen kann, und dass dies einen selber oder auch Nahstehenden betreffen kann. Bei mir ist es z.B. so, dass ich in solchen Situationen nie weiss, wie ich angemessen reagieren sollte. Vielleich liegt das daran, dass dies ein Thema ist, mit dem man gar nicht so gerne sich auseinandersetzt. Ich denke aber auch, dass es menschen gibt, die einfach sehr sensibel reagieren.
Ich muss z.B. auf einer Beerdigung grundsätzlich „Rotz und Wasser heueln“, selbst dann, wenn mir die Person nicht sonderlich nahe stand. Ich glaube, ich würde auch weinen, wenn ich die Person gar nicht kennen würde. Ich kann nichts dafür, das kommt einfach so.
So kann ich mir vorstellen, dass manche Menschen einfach sehr stark anteilnehmen. Manchmal mag es wohl geheuchelt sein. Aber immer? Da gibt es doch gar keinen Grund dafür. Warum sollte man das tun, wenn man nichts davon hat (also weder Vor- noch Nachteil) Macht keinen Sinn.

Ich kenne allerdings auch nicht die „Heucheleien“ auf die Du anspielst, von daher waren das jetzt nur so Gedanken von mir.

Ich kann mir allerdings auch gut vorstellen, dass man eine gewisse Erwartungshaltung erfüllt- sich also irgendwie verpflichtet fühlt.
Vielleicht ist es aber auch eine Mischung aus allem.

Herzlichst

Sarah

Meine Beobachtungen … bestätigen diesen Ausdruck von falscher Trauer, den ich als

Beerdiungs-Tourismus

Dachte immer, diesen Ausdruck hätte ich erfunden… genau so nenne ich das!!!

bezeichne.

Liebe Christopher,
ich bin genau Deiner Meinung - nur würde ich damit nicht so hart umgehen. Die panische Angst vor dem eigenen Tod dürfte (wie so oft) auch hier eine gewaltige Rolle spielen…
LG, Anja

Hi,

Was zum Teufel bringt Menschen dazu, Trauer oder Betroffenheit

  • dazu noch in derart übertriebenen Weise - zu heucheln (ich
    meine die Frischlinge)?

Menschen, die niemals ein Wort mit ihm gewechselt haben;
Menschen, die vermutlich kein einziges Posting von ihm gelesen
haben…

Auf eine unangenehme Art und Weise interessant, diese Frage.
Überhaupt diese Art Nachruf. Welchen Sinn hat die? Nun, mehrere:

Zum einen ist es initial eine schlichte Nachricht. Klar.
Desweiteren geben dann, wie es in einem Diskussionsforum nunmal so ist, hier und da Leute ihre Reaktion darauf zum Besten.

Letztere nun sind da ganz unterschiedlich:

Teilweise stellen sie eben nur eine Reaktion dar, andere jedoch rufen dem Verstorbenen tatsächlich etwas hinterher - und sprechen doch eigentlich mit dem Leser, denn der Betroffene selbst wird diese Botschaften kaum empfangen (je nach Glaubensrichtung).

Ich schliesse ganz laienhaft daraus, daß natürlich i.w. egoistische Motive dahinterstecken, ähnlich, wie Christopher vermutet. Das eigene Gewissen wird beruhigt, man gliedert sich in die Gruppe ein, und heuchelt gleich noch ein wenig political correctness. Irgendjemand hat sogar „dem Unbekannten Respekt“ gezollt - was für Respekt, wovor? Vor dem Suizid? Daran kann ich nichts respektables erkennen, aber das kann man nun auch verschieden sehen, also sei’s drum.

Man möge mich nicht falsch verstehen: Meintwegen darf da jeder schreiben und heulen wie er/sie will, selbst wenn er/sie den Betr. nicht gekannt haben. Verstehen kann ich diese Art des Abschieds nicht wirklich, und meine Art wäre/ist das auch nicht. Ich persönlich empfinde das als irgendetwas zwischen langweilig, geheuchelt, sinnfrei und abstossend.

Aber das hängt wohl auch viel mit „Geschmackssachen“ wie den persönlichen Einstellungen zu den Themen „Tod“, „Suizid“ und „Selbständigkeit“ zusammen.

Grüße,

Malte.

Hi Klaus!

Ältere Menschen können eine andere Art von Trauer empfinden, weil sie
sich mit dem Tod des gleichalten Bekannten der eigenen
Sterblichkeit bewusst werden. Diese beiden Formen der Trauer
sind echt und nicht geheuchelt.

Das kann ich durchaus als richtig akzeptieren, trifft aber auf den hier vorliegenden Fall nicht zu. Ich wundere mich übrigens, dass gerade hier keine Flucht vor der Realität, also beispielsweise eine weiträumige Vermeidung von Friedhöfen, sondern im Gegenteil die permanente Konfrontation mit frischen Gräbern und Totenmessen stattfindet.

BTW: Beerdigungs-Tourismus wird auch von Menschen betrieben, die noch gut und gerne dreißig Jahre leben dürften, aller Voraussicht nach. Da kann ich es noch weniger verstehen.

Letztlich: Wer hat bei der Nachricht nicht an die eigene Sterblichkeit
gedacht oder einfach daran, wie schnell auch das eigene Leben
aussichtlos werden kann?

Dieser Gedanke ist völlig legitim, aber daran zu kritisieren ist die Darstellung. Möglich ist, dass viele derer, die als Heuchler erscheinen, sich nicht bewusst sind, dass sie nicht eigentlich Trauer empfinden, sondern nur nachdenklich werden in Bezug auf ihren eigenen Umgang mit dem Leben, ihrer Gesundheit und dem Tod. Das ist verzeihlich, wenngleich bedauerlich.

Als wenig akzeptabel empfinde ich es, wenn die Form einer Beleidsbekundung verwendet wird, weil man sich scheut, die Konventionen zu brechen, denen eine solche Botschaft zu folgen habe. Ich finde, es spricht nichts dagegen, sich entweder bedeckt zu halten oder nur zu bekunden, dass einen der Tod des anderen dazu gebracht hat, seinen Lebensstil oder die eigene Einstellung zum Suizid zu reflektieren. Das alles bedeutet nicht, dass man auf irgendeine Weise bekunden muss, durch den Tod eines völlig Fremden einen Verlust erlitten oder eine Chance verpasst zu haben. Nichts gegen „De mortuis nil nisi bene“ (gibt es dafür eine schöne deutsche Entsprechung?), aber künstlich Unbekannte zu glorifizieren und Situationen zu konstruieren, in denen man mit den Verstorbenen zu besten Freunden geworden wäre, finde ich sinnlos und unangebracht. Nur weil wir zufällig noch leben, berechtigt uns diese Tatsache doch nicht, Einschätzungen darüber abzugeben, wie der Tote gehandelt oder empfunden hätte.

Noch zutreffender ist sie aber für
jene, die die Todesnachricht als erste übermitteln wollen.

Ich muss nachfragen: Fallen diejenigen präzise in meine Definition, ob richtig oder falsch, zu der gehört, dass so gehandelt wird, um sich als „guter Mensch“ zu fühlen? Oder siehst Du hier ähnliche, aber doch schließlich andere Motive?

Gruß!
Christopher

Hallo Renee,
die Nachruferei ging mir auch auf den Senkel,ergo habe ich sie mit einer Frage beendet.Ich glaube, das Heuchler eher hilflose Leugner sind.Der Umgang mit Tod und Sterben ist für viele Menschen ein Tabu Thema.Durch meine Arbeit in Seniorenzentren und durch schwere Verluste im privaten Bereich habe ich mich mit diesem Thema befassen müssen.Meine Tante hat mich gerufen als sie starb, sie wollte mich an ihrer Seite wissen.Sie lag in einem Sterbehospitz und ich habe sie ein Stück in ihren Tod begleiten dürfen.Da war keine Trauer,es war Nähe und Loslassen und Frieden.
Menschen,die sich umbringen entscheiden sich für den einsamen Tod.
Ich möchte eine warme Hand in meiner,wenn ich soweit bin.
Respekt dem , der so ging!

Grüsse, Bettina

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Moin Renee,

Was zum Teufel bringt Menschen dazu, Trauer oder Betroffenheit

  • dazu noch in derart übertriebenen Weise - zu heucheln (ich
    meine die Frischlinge)?

Ich hab schon Leute im Kino heulen sehen und bin selbst auch nicht gänzlich frei davon.

Kann man dies Trauer angesichts eines fiktiven Schicksals, gespielt von Schauspielern als „echte“ Trauer bezeichnen ?

Macht es überhaupt Sinn, Trauer bewerten zu wollen ?

Unsere Gesellschaft basiert nicht zuletzt auf der Fähigkeit zur Empathie, also der Bereitschaft und Fähigkeit sich in andere Menschen hineinzuversetzen.

In diesem Sinne mag ich es mir nicht anmaßen über die Trauer (oder nicht) anderer Menschen zu urteilen.

Gruss
Marion

argumentatives Glatteis

Noch zutreffender ist sie aber für
jene, die die Todesnachricht als erste übermitteln wollen.

Ich muss nachfragen: Fallen diejenigen präzise in meine
Definition, ob richtig oder falsch, zu der gehört, dass so
gehandelt wird, um sich als „guter Mensch“ zu fühlen? Oder
siehst Du hier ähnliche, aber doch schließlich andere Motive?

Hallo Christopher,

Du hast Du den Kern meiner Aussage getroffen. Alle anderen Sätze waren eigentlich nur Beiwerk. Als ich dein Fazit las, kamen mir verschiedene Situationen aus meinem Leben in den Sinn. Ich erinnerte mich an Menschen, die sich in meinen Augen geradezu darum rissen, die traurige Nachricht verkünden zu dürfen. Sicher waren diese Menschen ungespielt betroffen. Aber was ist dieses Mitteilungsbedürfnis? Eine Handlung, die eine „für Angehörige und Freunde so traurige Situation unbewusst zugunsten des eigenen Selbstwertgefühls missbraucht“?

Ich habe es bisher nie wirklich hinterfragt. Der Umgang mit dem Sterben, ob freiwillig oder unfreiwillig, bleibt vielfach ein Tabu. Ich erinnere mich an einen Bekannten, der mir traurig mitteilte, dass er keinen Kontakt mehr zu seiner Schwester hat. Anlass war der Unfalltod des gemeinsamen Bruders. Die Eltern und der Bekannte sassen nun traurig beisammen, als die Schwester eintraf, die noch nichts vom Unfalltod wusste. Mein Bekannter wollte ihr die Nachricht übermitteln, stand schnell auf und passte sie an der Haustüre ab. Seit dem Tag hat die Schwester nicht mehr mit ihm gesprochen. Ich habe meinem Bekannten versichert, dass auch ich ihr Verhalten merkwürdig finde. Tief in mir kann ich sie jedoch verstehen. Es war eine unheilige Allianz von Betroffenheit, von Trauer, von zur Schau gestelltem Edelmut („Ich übernehme die traurige Pflicht“), von, ich nenne es in Ermangelung treffenderer Begriffe einmal „passive Sensationsgeilheit“ und schliesslich von dem damit verbundenen, sicher unbewusst ausgespielten Überlegenheitsgefühl als Wissender gegenüber der Nichtsahnenden, die in ihr eine Tür verschlossen hat.

Args … vielleicht kann jemand verstehen, was ich mir hier zusammen gestammelt habe. Besser geht es auch nach der 10ten Umformulierung nicht. Es bleibt ein argumentatives Glatteis, auf dem ich mich zunehmend unwohl fühle.

Gruss,
Klaus

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Ameisen
Hallo,
die Leute leben einfach das „wir“ Gefühl in dem Fall halt geschmacklos.

Gruss
Enno

Das Thema ist durch!!
Gruss, Bettina

Das Thema ist durch!!
Gruss, Bettina

?? Das entscheidest _Du_ ??

Hi,

die Nachruferei ging mir auch auf den Senkel,ergo habe ich sie
mit einer Frage beendet.

Äh, nein. Eckard hat das beendet, mit einem sehr netten Beitrag.

Ich glaube, das Heuchler eher hilflose
Leugner sind.Der Umgang mit Tod und Sterben ist für viele
Menschen ein Tabu Thema.

Das ist trivial.

Durch meine Arbeit in Seniorenzentren
und durch schwere Verluste im privaten Bereich habe ich mich
mit diesem Thema befassen müssen.Meine Tante hat mich gerufen
als sie starb, sie wollte mich an ihrer Seite wissen.Sie lag
in einem Sterbehospitz und ich habe sie ein Stück in ihren Tod
begleiten dürfen.Da war keine Trauer,es war Nähe und Loslassen
und Frieden.

Äh… und?

Menschen,die sich umbringen entscheiden sich für den einsamen
Tod. Ich möchte eine warme Hand in meiner,wenn ich soweit bin.

Wo ist da der Zusammenhang? Suizid bedingt einsames Sterben ebenso wenig wie natürlicher Tod Gesellschaft mit sich bringt. Auch, wenn das vielleicht die häufigeren Fälle sein mögen.

Respekt dem , der so ging!

Wofür? Den Grundrespekt, den man jedem Menschen erstmal entgegenbringen sollte? Trivial. Oder für seine Tat? Dann erklär mir das bitte. Es interessiert mich, was daran respektabel sein soll.

Malte.

Keep talking
Hallo!

Das Thema ist durch!!

Wir melden uns, wenn Dir Deiner Gesprächsmoderation bedürfen. Merk Dir schon mal einen Termin um den 32. Oktember 3012 vor. Danke.

C.

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Irgendjemand

Irgendjemand hat sogar „dem Unbekannten Respekt“ gezollt - was für Respekt, wovor?

Wenn ich es speziell für dich geschrieben hätte, hätte ich es leichter verständlich ausgedrückt.

Tut mir leid, daß nur Biggi, Frank fremdwort und Du damit Probleme hatten.

Grüße

Metapher

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Hi,
ich weiss leider weder, wer Woelfchen war, noch habe ich irgendwo in irgendeinem Artikel mitgekriegt, das selbiger nicht mehr lebt, noch, dass er wegen Suizid nicht mehr lebt.

Aber dennoch bin ich sehr traurig ueber diese Nachricht.
Ich kenne einige Menschen, deren Geschwister oder andere Verwandten Selbstmord begangen haben. Und es ist nicht einfach, damit klarzukommen. Da tun mir hauptsaechlich die ‚Hinterbliebenen‘ leid.

Dann sind es auch die ‚Opfer‘ selbst (sorry, ich hasse dieses Wort).
Ich lebe in einem Land mit einer ziemlich hohen Selbstmordrate (Irland). Aber einmal hat sich ein Ire, Mitte 40 oder so, der in England lebte, um Weihnachten rum ein Zimmer oder eine Wohnung in Dublin gemietet, um dort einen sehr gut vorgeplanten Selbstmord zu begehen. Das ist einige Jahre her, und ich denke trotzdem ab und an immer mal wieder dran.

Ich finde es sehr, sehr traurig, wenn jemand entweder in einer solchen Krise/ Depression steckt, dass er absolut keinen Ausweg im Leben sieht, oder einfach so vom Leben enttaeuscht ist, dass er es einfach nicht mehr will. And most suicidal people either suffer from depression, or from mental illness! Most times, when someone is terminally ill, eg with cancer, we try everything to cure them of the terminal illness - why do we so often fail to do the same thing when the terminal illness is Being Suicidal?

Ich finde keinen Trost in den Worten ‚er wollte es so‘, or anything like that, like ‚It was his decision‘.

I mean, the photographer Jo Spence died of Breast Cancer, because she refused to have her breasts removed, and chemotheraphy alone did not work. SHE RATHER DIED THAN LOSE HER BREASTS!
Da denke ich nicht, wow, was fuer eine Frau - die wusste, was sie wollte, sondern: oh, wie schade, Jo Spence koennte noch am Leben sein (und ein normales, gesundes Leben fuehren!!!), wenn sie jemand haette ueberzeugen koennen, dass es sich nicht lohnt, fuer seine Brueste zu sterben (and she wasn’t some sexy thing, she was just a normal woman, a feminist to boot).

Sorry, dass ich hier etwas ausschweife, aber (zugeben, ich habe nicht nur den Artikel verpasst, sondern natuerlich auch Antworten darauf), aber ich kann das mit Heuchelei/ pretend grief and sadness einfach nicht nachvollziehen - ich muss einen Menschen nicht gekannt haben, um Trauer zu empfinden, wenn ich ueber dessen Schicksal (sei es Tod, ne Querschnittslaehmung,…) hoere.

Das Wort ‚Betroffenheit‘/ ‚Betroffen sein‘, bedeutet ja eigentlich ‚von etwas betroffen sein‘, also, es betrifft mich.
Nein, natuerlich BETRIFFT es mich nicht, in dem Sinne, aber warum duerfen denn bitte nur die Betroffenen betroffen sein???

fragt sich
Isabel in Dublin, mit liebem Gruss

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi Malte,

… Denke die ganze Zeit über, daß die Hinterbliebenen jetzt diese Diskussionen lesen oder sie irgendwann mal lesen werden.
Zunächst einmal: Pendragon`s Statement fand ich gut!
An Renee: Ab wann ist man kein Frischling mehr und darf öffentlich zu einem öffentlichen Forumeintrag eines „Altmitglieds“ etwas schreiben? Die Grenze würde mich interessieren. Wenn so deutlich abgegrenzt wird in Form von „man darf, man darf nicht, man kennt sich, man kennt sich nicht“ dann möchte ich gerne Frischling bleiben. Ab wann kennt man sich Deiner Meinung nach denn? Abgesehen davon ist es mir allgemein nicht wichtig als Teil einer geschlossenen Community gesehen zu werden, sonderen der Austausch von Informationen interessiert mich primär. Die Grundidee von wer-weiss-was an sich finde ich gut.

Vielleicht waren ja Frischlinge dabei, die persönlich Erfahrungen mit dem Tod nach Selbstmordfällen gemacht haben und nicht sprachlos zu diesem Thema sind. Welche, die kurz Anteilnahme ausdrücken wollten, ohne die Tat zu bewerten, aber auch nicht nach der öffentlichen Bekanntmachung ohne Anteilnahme weiterlesen wollten.

Habe selbst mehrere Menschen gekannt, die sich umgebracht haben. Einer davon hat mir nahe gestanden. - Ich fand es damals schade, er fehlt mir.Habe mich immer wieder gefragt, warum er das gemacht hat und ob er es vielleicht eine Woche später auch noch gemacht hätte. Ich habe seine Entscheidung akzeptiert. Eine Freundin von mir hat über 10 Jahre gebraucht, bis sie „so etwas akzeptieren“ konnte, vorher war sie wütend auf jemand. Ich glaube, daß es ihr jetzt besser damit geht. - Wut gehört aber wohl auch zur Trauer dazu. Wut wurde auch in den Beiträgen im Mitgliederbrett ausgedrückt. - Was mich stört sind Diskussionen darüber, ob man „so jemand“ respektieren kann, „Respekt“ in dem Zusammenhang formuliert, daß „man so etwas nicht macht“.
Stehen solche Diskussionen im Zusammenhang mit Anteilnahme am Tod desjenigen, der sein Leben unerträglich fand und keinen anderen Ausweg gesehen hat? Ich finde diese Diskussionen überflüssig wie auch die Frage, ob man für sich selbst trauert oder um den anderen. Ich nehme an, daß die Mods selbst nicht so viel Erfahrung mit dem Verlust nahe stehender Personen haben, weil sie sonst anders auftreten würden.

Grüße von Charlotta

3 Like

ich muss einen Menschen nicht gekannt haben, um Trauer zu empfinden,
wenn ich ueber dessen Schicksal (sei es Tod, ne Querschnittslaehmung,…) hoere.

Mitgefühl - ja, aber Trauer? Mitgefühl ist schnell vorbei, wenn die alltäglichen Erfordernisse (das kann ein schlichtes Telefonat nach dem Lesen eines solchen Threads sein) wieder eintreten, Trauer ist Ausdruck von Verlust… und sie zu verarbeiten braucht ihre Zeit…
LG nach Irland,
Anja

… und jetzt meld ich mich auch noch zu Wort (obwohl ich es eigentlich nicht vorhatte).

Unter Heuchelei verstehe ich das - aus welchen Motiven auch immer - bewusste Vortäuschen eines (Mit-)Gefühls, das man nicht im Geringsten empfindet. Ein Teil der erwähnten Postings schien mir aber durchaus von Betroffenheit zu zeugen. Ob und in welcher Form man diese Betroffenheit öffentlich kundtun soll, ist eine heikle Frage – man gerät dann eben leicht in den Verdacht, ein Heuchler oder Mitläufer zu sein (deren Existenz ich übrigens nicht leugne).

Dass so ein (noch dazu als besonders tragisch empfundenes) Ereignis viele bewegt, selbst wenn sie den Verstorbenen nicht kannten, liegt vielleicht daran, dass sich in einem solchen Forum doch ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt („einer von uns“); Ähnliches habe ich z.B. vor Jahren erlebt, als an meiner Schule ein Schüler verunglückte. Ich kannte ihn nicht mal vom Sehen, aber es hat mich weitaus mehr beschäftigt als all die Zeitungsartikel über Unfälle anderer Jugendlicher.

Zu dem oben angesprochenen „Beerdigungstourismus“ hab ich (als unfreiwillige Zuschauerin) übrigens ganz andere Beobachtungen gemacht: Ich bin immer wieder verblüfft, dass z.B. während des Trauerzugs zum Friedhof die notorischen „Klageweiber“ (beiderlei Geschlechts) keineswegs auch nur den Anschein zu erwecken versuchen, als empfänden sie auch nur eine Spur von Trauer oder Betroffenheit.

Was die Beileids-Rituale angeht, so glaube ich, dass sich eigentlich alle deren Oberflächlichkeit und vielleicht auch Scheinheiligkeit bewusst sind. Trotzdem erwarten offenbar viele „Hinterbliebene“ (ein besserer Begriff fällt mir nicht ein) diese Bekundungen, wahrscheinlich aber mehr als Ausdruck der Achtung und Wertschätzung gegenüber den Angehörigen, weniger der echten Trauer um den Verstorbenen.

Gruß
Kreszenz