Notwasserung

Hi

wir hatten hier gerade eine Diskussion über Notwasserung (Notlandung auf dem Wasser) von (großen) Verkehrsflugzeugen.
Dabei kamen wir auf folgende Frage:
Wie gut sind eigentlich die Chancen bei einer Notwasserung? Ich geh mal davon aus, dass das ein verdammt schwieriges Manouver ist.
Gibt es Beispiele über erfolgreiche Notwasserungen?

Gruss
Tilman

Hi Tilman,

bin kein Experte, aber ist stelle mir das fast unmöglich vor. Erst mal muß das Flugzeug noch steuerbar sein. Dies dürfte nicht immer der Fall sein, das wars dann sowieso. Kann der Pilot die Maschine im richtigen Winkel und gerade runterbringen, sind nicht zu große Wellen, weht nicht zuviel Wind, stimmt die Geschwindigkeit, so dürfte zumindest der Aufschlag auf dem Wasser machbar sein. Nur, schwimmt so ein Flugzeug? Sicher nicht sehr lange, dann gehts nach unten. Dann denke ich, das sich das Rauskommen als schwierig erweist. Gut, die Türen bekommt man in ein paar Metern Tiefe bestimmt nicht mehr auf. Sollte das aber gelingen, müssen „nur“ noch alle Personen raus. Das Flugzeug füllt sich rasend schnell mit Wasser. Panik vorprogrammiert.

Fazit: Die Chancen stehen eher schlecht. Effektiv ist nur eine Rettung möglich, solange das Flugzeug schwimmt, doch wie lange macht es das?

Gruß
André

Hallo

Soweit ich weiss, gibt es keine grossen Maschinen die nicht zerbrochen sind beim Wasserkontakt! Es ist praktisch unmöglich eine grosse Linienmaschine so auf das Wasser zu setzten, dass die Maschine „gerade über das Wasser gleitet“. Die „Bremsstrecke“ auf dem Wasser ist sehr kurz und wenn die Maschine auch nur ein wenig seitlich ausbricht sind die dann Auftretenden Kräfte in jedem Fall so gross, das sie regelrecht zerlegt wird (sind strukturel nicht auf solche Belastungen ausgelegt, was vom gewicht her auch nicht möglich ist).

Bei kleinen Flugzeugen kann eine Wasserlandung aber durchaus erfolgreich sein (in einem Stück). Da sind die Landegewschindigkeiten viel kleiner dadurch auch die Belastungen deutlich niedriger. Auch sind die Festigkeitsreserfen der Flugzeugstruktur bei kleinen Maschinen im Verhältniss deutlich grösser.

Wo genau aber die Grenze liegt, das kann wohl keiner sagen. Mal abgesehen davon das ich hier von einer „kontrollierten/gesteuerten“ Wasserung ausgehe…

Gruss
Christian

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Moin,

wie gut die Chancen im Falle einer Notwasserung tatsächlich sind kann man nur sehr schwer sagen.
Leider wird das Thema „Ditching“ aus Kostengründen nur theoretisch und nicht im Praxisversuch behandelt seitens der Hersteller. Alles was also an Daten zur Verfügung steht kommt aus irgendwelchen bisher geschehenen Unfällen - und die sind zum einen selten und zum anderen auch in den seltensten Fällen verwertbar.
Daher von mir einfach nur mal ein paar allgemeine Gedanken:
Mal unter der Annahme, daß die See ruhig ist und es keine nennenswerten Wellen gibt sowie das das Flugzeug prinzipiell unbeschädig ist (und nur runter muß, weil z.B. alle Triebwerke ausgefallen sind) - dann kann man bei der Aufsetzgeschwindigkeit davon ausgehen, daß das Flugzeug sich anfangs so verhalten wird wie beim Aufsetzen auf eine Betonbahn ohne Fahrwerk.
Das Procedure bei uns sieht vor, daß mit der langsamst möglichen Geschwindigkeit mit dem Heck zuerst aufgesetzt wird. Als nächstes müßten die Triebwerksgondeln - idealerweise gleichzeitig - aufsetzten, wobei sie allerdings abgerissen werden könnten. Dann kommt die Nase nach unten und das Flugzeug ist komplett im Wasser. Wenn bis hierhin die Druckkabine nicht nennenswert beschädigt ist, geht man davon aus, daß das Flugzeug durchaus mehrere Stunden bis Tage schwimmen kann. Ein Wort zu der Druckkabine: Im normalen Reiseflug wird die Kabine mit bis zu 6-7 psi Differenzdruck aufgeblasen. Das entspricht einem Druck von 4,21 Tonnen (!!) je Quadratmeter. Dieser Druck wirkt zwar von innen nach außen, die Belastung durch das Wasser entgegengesetzt - ich denke, daß die Zelle trotzdem eine ganze Menge aushalten sollte.

Zum Glück zeigt ja die Praxis, das solche Fälle (und auch die, wo das Flugzeug andersartig aufschlägt) außerordentlich selten sind. Etwas öfters hingegen passiert es, daß beim Überschießen einer Lande- oder Startbahn ein Flugzeug in Wasser fällt. Wie bei den Bildern von der B747 der China Airlines zu sehen ist (bei airdisaster.com, Suchbegriff „kai tak china“ oder übers Datum), die am 11.04.1993 in Hongkong ins Meer rutschte, blieb das Flugzeug trotz des Einschlages ins Wasser reltiv unbeschädigt (o.k., war ja auch deutlich langsamer aber immerhin) - es gab unter den 396 Personen an Bord keinen einzigen Toten. Das Seitenleitwerk mußte übrigens abgesprengt werden, damit das Wrack bis zur Bergung kein Sicherheitsrisiko für andere Flugzeug darstellt.

Ich für meinen Teil denke vollkommen positiv: Auch wenn das „Ditching“ im Simulator nicht trainiert wird, glaube ich fest daran, daß wir (die Cockpitcrew) eine gute Chance haben alle Menschen lebendig aus dem Flugzeug zu bekommen - so es denn jemals passieren sollte.

In diesem Sinne,

Gruß, Nabla

Hallo Tilman!

Vor einigen Jahren musste mal ein von Terroristen gekapertes Flugzeug notwassern (die hatten dem Piloten nicht geglaubt dass der Treibstoff für einen Flug nach ??? nicht reicht). Der hat dann die Maschine nicht allzuweit von einer Urlaubsinsel ins Wasser gesetzt (und ein Badeurlauber hat das auch auf Video gebannt). Es gelang ihm zwar keine „ideale“ Notwasserung wie von nabla beschrieben (ich glaube die linken Triebwerke hatten früher Wasserkontakt und die Maschine hat sich dann recht flott in ihre Bestandteile zerlegt, wenn ich das hier mal so nonchalant formulieren darf - schliesslich gab es doch einige Tote dabei), aber es konnte trotzdem eine relativ grosse Anzahl an Passagieren und Besatzungsmitgliedern(?) gerettet werden.

Vielleicht findest Du ja das Video irgendwo im Web. Müsste so um 1995 gewesen sein, allerdings kann ich mich da auch täuschen.

Beste Grüße,
Martin

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Hallo,

Auch wenn das
„Ditching“ im Simulator nicht trainiert wird,

Warum eigentlich nicht? Fehlt es an Datenbasis für die Simulation (wie Du oben andeutetest)?

Sebastian

Hallo Sebastian,

so ganz genau weiß ich es ehrlich gesagt auch nicht. Gründe könnten (!)sein:

  • Es ist vom Gesetzgeber her nicht gefordert
  • Die Sims sind nicht in der Lage das darzustellen (evtl. geht es bei den neueren, aber das kann ich nicht beurteilen)
  • Was soll speziell trainiert werden? Das Aufsetzen? Das geht eigentlich ganz einfach, da Du ja nur Deine Flugparameter im Auge hast und kein konkretes Ziel vor Dir (wie z.B. die Aufsetzzone einer Landebahn). Die Evakuierung? Die wird in den Emergency Seminaren geübt (im Pool mit den Original Rutschen/Flössen)

Gruß,
Nabla

Vor einigen Jahren musste mal ein von Terroristen gekapertes
Flugzeug notwassern (die hatten dem Piloten nicht geglaubt
dass der Treibstoff für einen Flug nach ??? nicht reicht). Der
hat dann die Maschine nicht allzuweit von einer Urlaubsinsel
ins Wasser gesetzt (und ein Badeurlauber hat das auch auf
Video gebannt). Es gelang ihm zwar keine „ideale“ Notwasserung
wie von nabla beschrieben (ich glaube die linken Triebwerke
hatten früher Wasserkontakt und die Maschine hat sich dann
recht flott in ihre Bestandteile zerlegt, wenn ich das hier
mal so nonchalant formulieren darf - schliesslich gab es doch
einige Tote dabei), aber es konnte trotzdem eine relativ
grosse Anzahl an Passagieren und Besatzungsmitgliedern(?)
gerettet werden.

Vielleicht findest Du ja das Video irgendwo im Web. Müsste so
um 1995 gewesen sein, allerdings kann ich mich da auch
täuschen.

Beste Grüße,
Martin

Ich nochmal!

Ich habe mittlerweile etwas mehr darüber gefunden, leider auch, dass ich mich bezüglich der Opferzahle getäuscht hatte - 125 der 175 Passagiere straben. Es handelte sich um den Flug 961 der Ethiopian Airlines am 23.11.1996.

Mehr dazu unter:
http://www.airdisaster.com/cgi_bin/view_details.cgi?..

Gruß,
Martin

Hi

danke für die Infos!

Tilman

Die sind außer bei Notwasserungen in relativ warmen und küstennahen Gewässern fast Null.
Siehe B767 Entführung/Absturz Ethiopian Airlines Nähe Komoren.

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