Zwangsevakuierung

Hallo,

im Fernsehen wird jetzt so viel über Zwangsevakuierungen wegen des Hochwassers in Ostdeutschland berichtet. Auf welcher Rechtsgrundlage wird so etwas eigentlich gemacht? Letztlich wird doch da das Grundrecht auf frei Bestimmung des Aufenthaltsortes außer Kraft gesetzt oder? Wer darf so etwas dann konkret anordnen?

Hallo Marc,

die Zwangsevakuierung ist oder wird dadurch begründet, dass in unserem Rechtsgefüge der Staat jederzeit die Pflicht hat, Gesundheit und Leben seiner Bürger zu schützen. Er hat aber auch die Pflicht, die Helfer und Retter nicht unnötig bei Rettungsaktionen in Gefahr zu bringen. Um das Leben der Betroffenen und der Retter zu schützen wird angeordnet, dass evakuiert wird. So würde ich mal versuchen verständlich darzustellen, weshalb Evakuierungen zulässig sind und der Betroffene den Anordnungen Folge leisten muss.

Gruss Günter

im Fernsehen wird jetzt so viel über Zwangsevakuierungen wegen
des Hochwassers in Ostdeutschland berichtet. Auf welcher
Rechtsgrundlage wird so etwas eigentlich gemacht? Letztlich
wird doch da das Grundrecht auf frei Bestimmung des
Aufenthaltsortes außer Kraft gesetzt oder? Wer darf so etwas
dann konkret anordnen?

Hallo Marc,

Günter hat es schon schön anschaulich erklärt… Ich winke jetzt mal ergänzend mit einigen Paragraphen…

Sobald die Katastrophenschutzbehörde den Katastrophenalarm ausgerufen hat, greift das Zivilschutzgesetz (Bundesgesetz) und ergänzend die Katastrophenschutzgesetze (es sind zwar Ländergesetzte, aber weitestgehend gleichlautend aufgebaut). Die normalerweise geltende Regelung des Grundgesetzes wird vorübergehend außer Kraft gesetzt…

In diesem Fall sind also (stör Dich bitte nicht am ‚Verteidigungsfall‘)

§ 10 ZSG - Aufenthaltsregelung

(1) Zum Schutze vor den besonderen Gefahren, die der Bevölkerung im Verteidigungsfall drohen, oder für Zwecke der Verteidigung können die obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen nach Maßgabe des Artikels 80a des Grundgesetzes anordnen, daß

  1. der jeweilige Aufenthaltsort nur mit Erlaubnis verlassen oder ein bestimmtes Gebiet nicht betreten werden darf,
  2. die Bevölkerung besonders gefährdeter Gebiete vorübergehend evakuiert wird.

(2) Die Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, die zur Durchführung der Evakuierung sowie zur Aufnahme und Versorgung der evakuierten Bevölkerung erforderlichen Vorbereitungen und Maßnahmen zu treffen. Die zuständigen Bundesbehörden leisten die erforderliche Unterstützung.

und

§ 29 LKatSG - Pflichten der am Katastrophenort oder im Einsatzgebiet Anwesenden

Alle im Katastrophengebiet oder an einem Einsatzort anwesenden Personen haben Anordnungen der Katastrophenschutzbehörde, des technischen Leiters des Einsatzes oder seines Beauftragten über Räumung, Absperrung oder Sicherung des Katastrophengebietes oder des Einsatzortes unverzüglich zu befolgen.

relevant.

Tust Du das nicht, blühen saftige Bußgelder (es ist nämlich eine Ordnungswidrigkeit) und außerdem werden Dir die Kosten für dein Einsatz (also für Deine Rettung) aufgebrummt. Die Evakuierung wird schließlich nicht aus Jux und Dollerei angeordnet, es geht manchmal um das nackte Überleben. Schließlich hat der Staat auch eine Fürsorgepflicht, gell?

Beste Grüße

Tessa

Kleiner Einspruch betr. Zivilschutzgesetz
Hallo Tessa,

das Zivilschutzgesetz regelt einzig die Koordination der Hilfskräfte und alles, was damit zusammenhängt, im Verteidigungsfall. Der KatS im Friedensfall (wie jetzt) ist Ländersache. Somit greifen die KatS-gesetze der Länder, die - wie du richtig sagst - weitgehend identisch sind.

§ 29 LKatSG - Pflichten der am Katastrophenort oder im
Einsatzgebiet Anwesenden

Genau, das ist der Kern des ganzen.

Tust Du das nicht, blühen saftige Bußgelder (es ist nämlich
eine Ordnungswidrigkeit) und außerdem werden Dir die Kosten
für dein Einsatz (also für Deine Rettung) aufgebrummt. Die
Evakuierung wird schließlich nicht aus Jux und Dollerei
angeordnet, es geht manchmal um das nackte Überleben.

Vor allem nicht nur um das der Uneinsichtigen - dann sitzen die nämlich da und erwarten dennoch, dass irgendein Helfer sein Leben aufs Spiel setzt, um das eines Dickkopfs zu retten. Und da verstehe ich dann auch die mancherorts durchgeführte „Unterschriftenaktion“ (also Verzicht auf Zwangsräumung gegen Quittung) nicht: entweder besteht Gefahr und dann wird geräumt ohne Wenn und Aber oder eben nicht.

MfG Claus