Beweispflicht deutsche Rechtessprechung?!

Hallo liebe Wissende,

beim heutigen Mittagstisch hatten wir das Thema „Beweispflicht der deutschen Rechtssprechung“, welches mich nicht los lässt. Darum möchte ich euch fragen.

Ist man als Beschuldigter/Angeklagter vor dem Gericht, Ämter, Behörden etc. in Beweispflicht, so dass man seine Unschuld beweisen/erbringen muss oder muss man mir meine Schuld beweisen?

Ich meine mich zu erinnern, dass es in der amerikanischen Rechssprechung so ist, dass man dort als Angeklagter seine Unschuld beweisen muss und die Schuld angenommen wird.

Wo kann man das evtl. Nachlesen oder wer kann mir diese Frage (stichhaltig) beantworten? Vielen Dank für eure Antworten.

Gruß, olli

Unschuldsvermutung
Hallo Olli,

naaaaa… In jedem Rechtsstaat - so auch in den USA - gilt in Strafverfahren der nachfolgende Grundsatz:

Solange die Schuld nicht bewiesen ist, gilt der Angeklagte als unschuldig.

So und nicht anders läuft es ab; d. h. nicht Du mußt Deine Unschuld beweisen, sondern der Staatsanwalt muß Beweise anschleppen, die Deine Schuld beweisen. Die EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) garantiert sogar die Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2); hier zum Nachlesen:

http://www.gabnet.com/jus/art6emrk.htm

Eine Umkehr der Beweislast ist nur in besonderen Fällen zulässig.

Beste Grüße

Tessa

Hallo Oliver,

man muss hier zwischen Zivil- und Strafrecht unterscheiden. Im Zivilrecht muss jeder die ihm günstigen Tatsachen beweisen, im Strafverfahren gilt man als unschuldig, bis die Schuld bewiesen ist, wobei der Staatsanwalt in D nicht als Partei angesehen wird, also auch entlastende Momente berücksichtigen muss. So kommt es recht häufig vor, dass Verfahren auch Antrag der StA eingestellt werden oder das die StA Freispruch beantragt.

Auch in den USA ist die Situation ähnlich, allerdings ist der Staatsanwalt dort Partei, ist also nicht neutral. Dadurch ergibt sich eine Situation, die mit der im Zivilrecht vergleichbar ist. D.h. der Angeklagte oder sein Vertreter muss alle Dinge die für den Angeklagten sprechen selbst auf den Tisch bringen, die Staatsanwaltschaft bringt nur die belastenden Tatsachen auf den Tisch, wobei es natürlich auch Grenzen gibt. Tatsachen, die es unmöglich machen, die Tat dem Angeklagten zuzuordnen, dürfen auch in den USA nicht von der StA unter den Tisch gekehrt werden.

Beide Systeme haben Vor- und Nachteile. Bei uns nimmt man es der StA oft nicht ab, dass sie unparteiisch ist, und tatsächlich hat sie natürlich ein überwiegendes Verfolgungsinteresse. Da sie das Vorverfahren beherrscht, also über die Erhebung der Anklage entscheidet, kann man davon ausgehen, dass sie nur wenig geneigt ist, die eigene Entscheidung dann in der Hauptverhandlung zu kippen. Trotzdem funktioniert die Sache im Regelfall ganz gut, Beschwerden gibt es natürlich trotzdem; teilweise auch berechtigt.

In den USA ist man vielleicht etwas ehrlicher, wenn man die StA in einer klaren Parteirolle sieht. Durch ein formelleres gerichtliches Verfahren zur Entscheidung über die Zulassung der Anklage, in dem beide Seiten dem Gericht in mündlicher Anhörung ihre Position darlegen können, hat man hier sicher ein gutes Korrektiv gefunden. Andererseits führt aber die klare Parteirolle trotzdem in einigen Fällen zu nicht tragbaren Ergebnissen. Dies dann, wenn der Profi auf der Anklägerseite nebst gesamter Behörde dem nicht ordentlich vertretenen Angeklagten gegenübersteht, der gar nicht weiß, worauf es im Verfahren ankommt und der nicht das Personal für eigene Ermittlungen, etc. hat. Aber entsprechende Situationen gibt es auch bei uns, und so würde ich keinem System einen eindeutigen Vorzug geben wollen.

Gruß vom Wiz

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