Geerbte Waffen

Hallo Ihr Wissenden,

evt. hat jemand von Euch eine Idee was den folgenden fiktiven Fall betrifft:
Angenommen Herr A verstirbt. Zu seinen Hinterlassenschaften gehören u.a. Gewehre und Pistolen, die registreiert sind und für die er einen gültigen Waffenschein besaß. Von seinen Erben besitzt allerdings keiner einen Waffenschein. Dürfen die Erben die Waffen trotzdem an einen Käufer mit gültigen Waffenschein verkaufen? Oder müssen Sie die Waffen umgehend bei den Behörden abgeben, da keiner von Ihnen einen Waffenschein besitzt? Würde dieser Teil des Erbes damit automatisch an den Staat fallen? Wenn die Erben die Waffen behalten und verkaufen dürften, welche Dinge sind beim Verkauf zu beachten?

mit besten Dank vorab

Hallo Steffen,

also als erstes Mal: das Waffengesetz unterscheidet zwischen Waffenbesitzkarte (WBK) und Waffenschein. Kurze Erklärung des Unterschieds: Die WBK berechtigt zum Erwerb (zeitlich begrenzt, d.h. verfällt) und zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt der eingetragenen Waffen. Mit einem Waffenschein darf man die dort eingetragenen Waffen in der Öffentlichkeit führen, d.h. bei sich tragen. Einen Waffenschein wird ein „Normalsterblicher“ in der Regel nicht bekommen - das nur nebenbei.
Gemeinsam ist der WBK und dem Waffenschein, dass neben Sachkunde auch ein „Bedürfnis“ (wie ich dieses Wort in diesem Zusammenhang hasse) für die Waffen vorgewiesen werden muss.

Bei der aktuellen Version des WaffG wird der Erbfall nicht mehr als Bedürfnis zugelassen. D.h. der Erbe einer Waffe für die eine WBK benötigt wird, bekommt allein aus dem Grund keine Erlaubnis die tatsächliche Gewalt über sein Erbstück auszuführen. Dennoch ist er Besitzer! Ersatzlos enteignet wird der Erbe nicht! Er kann seine Erbstücke einem zuverlässigen Erlaubnisinhaber zur Aufbewahrung übergeben. Die Behörden werden ihm jedoch i.d.R. auffordern, die Waffen innerhalb einer gewissen Frist zu Veräussern.

Konkret wird das ganze meist so geregelt, dass die Waffen von einem Waffenhändler kommissarisch verkauft werden.

Viele Grüße,
Tinchen

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Hallo,

Privilegierter Erwerb und Besitz von Schusswaffen im Erbfall

Das geltende Waffenrecht gestattet Erben den Erwerb und Besitz von Schusswaffen durch einen Erbfall ohne die bei anderen Personen geforderte Sachkunde und ohne das sonst erforderliche besondere Bedürfnis (so genanntes Erbenprivileg). Erwerb und Besitz, hier gebraucht als waffenrechtliche Begriffe, meinen die Erlangung und das Ausüben der tatsächlichen Gewalt, also den faktisch-gegenständlichen Zugriff auf die Schusswaffe. Dies ist strikt zu unterscheiden von dem zivilrechtlichen Eigentums- und Besitzerwerb des Erben, einer rechtlichen Zuordnung, die durch das Waffenrecht unberührt bleibt.

Die besondere Stellung des Erben wird durch den vorliegenden Entwurf weiterhin anerkannt - § 20. Auf Initiative der Koalitionsfraktionen wird der privilegierte Personenkreis über die Erben hinaus auch auf Vermächtnisnehmer und durch Auflage Begünstigte ausgeweitet.

Ausdrücklich bestimmt ist, dass der privilegierte Erwerb und Besitz von Schusswaffen im Erbfall nur bezüglich solcher Waffen möglich ist, die vom Erblasser berechtigt besessen wurden - § 20.

Um der mit dem Verzicht auf Sachkunde und Bedürfnis beim Erwerber im Erbfall verbundenen Gefahr von Missbrauchsfällen zu begegnen, war im Gesetzgebungsverfahren ursprünglich beabsichtigt, den Besitz von vererbten Schusswaffen mit der Verpflichtung zu verbinden, diese Waffen mit einem dem Stand der Technik entsprechenden Blockiersystem oder in vergleichbarer Weise gegen eine Verwendung zu sichern. Wirksame Sicherungssysteme dieser Art sind augenblicklich auf dem Markt noch nicht vorhanden. Da auf Dauer das Sichanhäufen von Schusswaffen in Händen von Personen, die weder sachkundig sein noch ein eigenes Bedürfnis für den Umgang mit Schusswaffen haben müssen, im Interesse der öffentlichen Sicherheit nicht hinnehmbar ist, wird das Erbenprivileg auf fünf Jahre ab Inkrafttreten des Gesetzes befristet (Artikel 18 Nr. 2 in Verbindung mit § 20 Satz 2).

Hierzu hat der Deutsche Bundestag auf Antrag der Koalitionsfraktionen eine Entschließung zu dieser Befristung gefasst, in der die gesetzgeberische Absicht verdeutlicht wird:

Die 5-jährige Frist des Weiterbestehens des Erbenprivilegs soll dazu genutzt werden, um die angesprochene Privilegierung des ohne Sachkunde und Bedürfnis besitzenden Personenkreises durch Maßnahmen technischer Art, die die Sicherheit erhöhen, auszugleichen. Die laufenden Entwicklungen eines Blockiersystems, das eine Schusswaffe ohne Zerstörung schießunfähig macht, sollen dadurch vorangetrieben und beschleunigt werden.

Die entsprechenden technischen Vorkehrungen sollen nur durch dafür besonders autorisierte Personen eingebaut bzw. deaktiviert werden dürfen; Verstöße hiergegen werden strafbar sein.

Die Marktreife derartiger technischer Vorkehrungen soll im breiten Konsens von Herstellern, Beschussämtern, Kriminalpolizeien des Bundes und der Länder unter Einbeziehung des Beschussrates als übergreifendes Fachgremium (BeschG § 15) festgestellt werden.

Der Bundesregierung wird aufgegeben, das Parlament rechtzeitig vor Ablauf der 5-jährigen Weitergeltungsfrist des Erbenprivilegs auf je nach Stand der Entwicklung angemessene Maßnahmen vorzubereiten: Bei Marktreife wären Vorschriften vorzuschlagen, die das Erbenprivileg für Erwerber im Erbfall ohne Sachkunde und Bedürfnis beibehalten, wenn die durch Erbfall erlangte Schusswaffe mit einem solchen Blockiersystem gegen die Verwendung gesichert wird; bei noch bestehendem Zeitbedarf für den Abschluss der Entwicklung wäre diesem durch Verlängerung der Befristung Rechnung zu tragen.

Ferner wird eine besondere Regelung für den Erwerb und Besitz von vererbten Waffen- oder Munitionssammlungen vorgesehen. Hier soll die Fortführung einer derartigen Sammlung für die Erlaubniserteilung an den Erwerber im Erbfall ausreichen - § 17 Abs. 3 (neu).

Fazit:

Wer Waffen erbt, kann diese noch für eine Übergangszeit unter erleichterten Voraussetzungen besitzen (Erbenprivileg). In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass Personen, die erlaubnispflichtige Waffen im Wege der Erbfolge übernehmen, innerhalb eines Monats nach dem Erbfall eine Waffenbesitzkarte bei der für sie zuständigen Kreispolizeibehörde zu beantragen haben, sofern die Waffen nicht einem Berechtigten überlassen werden. Wird die Übernahme innerhalb dieser Frist nicht angezeigt, so besteht nach dem Gesetz der Straftatbestand des illegalen Waffenbesitzes.

Die Ein-Monatsfrist ist sehr wichtig zu wahren! Vor allem im Chaos, das einen bei einem Todesfall so leicht umfängt!

Wendy

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Wie ist das den eigentlich wenn ich einfach die Zündbolzen entferne und die mein Bruder zuhause lagert?
Ohne Zündbolzen ist die Waffe ja absolut nicht Schussfähig.

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Hallo,

Wie ist das den eigentlich wenn ich einfach die Zündbolzen
entferne und die mein Bruder zuhause lagert?
Ohne Zündbolzen ist die Waffe ja absolut nicht Schussfähig.

Da der ausgebaute Schlagbolzen jederzeit wieder vom Bruder geholt oder ein neuer Schlagbolzen gekauft, dieser einfach wieder eingebaut werden kann, gilt das nicht!

Kurz gesagt:
Eine Waffe muss so schussunfähig gemacht werden, dass sie von Laien nicht einfach wieder zurückgebaut werden kann. Z.B. durch aufsägen des Laufes oder zuschweißen des Patronenlagers. Das ganze muss aber dann auch Bestätigt werden (z.B. von einem Büchsenmacher).

Grüße,
Tinchen

Aber dann ist sie ja kaputt, also als Waffe zerstört.
Muss da wirklich der Lauf beschädigt werden?
Währe doch bei einer schönen, alten, verzierten Büchse echt schade.

Was wird den für eine Waffenbesitzkarte benötigt?
Wenn man die Waffe als Dekoration nutzen möchte?
Es gibt da sehr schöne alte Jagtgewehre und Büchsen.

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Hallo zoomi,

Aber dann ist sie ja kaputt, also als Waffe zerstört.

Ja, so ist das. Sie soll ja nicht wieder mit einfachen Mitteln schußfähig gemacht werden können.

Muss da wirklich der Lauf beschädigt werden?
Währe doch bei einer schönen, alten, verzierten Büchse echt
schade.

Richtig erkannt!

Was wird den für eine Waffenbesitzkarte benötigt?

Für eine Waffenbesitzkarte müssen prinzipiell drei Dinge erfüllt werden:
1.) Zuverlässigkeit (bzw. nicht Unzuverlässig)
Wenn im pol. Führungszeugnis z.b. bewaffneter Tankstellenüberfall, Vergewaltigung o.Ä. eingetragen sind ist das ein definitives KO-Kriterium.
2.) Sachkunde
Man muss im Umgang mit Waffen sachkundig sein. Dies weist man i.d.R. durch eine Sachkundeprüfung nach. Wann wo und wie ein dazugehörender Lehrgang mit Prüfung stattfindet, da kann dir sicher der nächste Schützeverein weiterhelfen.
3.) Bedürfnis
Man muss ein sog. „Bedürfnis“ nachweisen. D.h. du brauchst die Waffen um z.B. den Schießsport nach Regeln eines anerkannten Schießsportverbandes auszuüben und an Wettkämpfen teilzunehmen.

Wenn man die Waffe als Dekoration nutzen möchte?

Tut mir leid!
Das wird als Bedürfnis für schußfähige Waffen nicht anerkannt (dafür gibt es schußunfähig gemachte Dekowaffen). Ausnahme: für Schwarzpulvereinzelladerwaffen (z.B. Perkussionsgewehre oder -pistolen) braucht man keine WBK. Diese sind ab 18 Jahren in Deutschland frei erweblich

Es gibt da sehr schöne alte Jagtgewehre und Büchsen.

Ja! Und wenn man noch bedenkt, dass diese schönen alten Waffen mitunter wirklich VIEL Geld wert sind…

Viele Grüße,
Tinchen

Danke
Hallo zusammen,

leider habe ich erst jetzt festgestellt, dass mein Danke-Post irgendwie geschluckt wurde. Deshalb hiermit noch einmal Danke für die sehr ausführlichen Antworten.

Beste Grüße Steffen