Mahnbescheid/Vollstreckungsbescheid

Liebe Experten,

angenommen eine Person erhält von einer Inkassofirma eine Mitteilung über eine Forderung, die aus dem Jahr 1999 rührt (und wohl in Vergessenheit geraten ist). Als Anlage wäre ein Vollstreckungsbescheid aus 11/2000 beigefügt, der sich auf einen in 10/2000 erlassenen Mahnbescheid stützt.

Wenn diese Person nun wissentlich weder den Mahn- noch den Vollstreckungsbescheid erhalten hat, weil sie in dieser Zeit umgezogen ist und auch die Inkassofirma bestätigt, dass einer dieser Bescheide zurückgekommen ist, wären diese Bescheide dennoch gültig? Oder wäre irgendetwas davon womöglich schon verjährt?

Wenn nun seit 11/2000 von der Inkassofirma keinerlei Aktivitäten mehr ausgegangen sein sollten, könnte sie dann jetzt die Forderung bis zum heutigen Tag verzinsen?

Wo könnte man sich ggf. kostenlosen Rat holen, wenn man quasi unvermögend ist?

Traveller

Hallo!

umgezogen ist und auch die Inkassofirma bestätigt, dass einer
dieser Bescheide zurückgekommen ist, wären diese Bescheide
dennoch gültig?

Das ist interessant. Ohne Zustellung ist so ein Vollstreckungsbescheid nur ein unhandliches Stück Papier.

Oder wäre irgendetwas davon womöglich schon
verjährt?

Womöglich. So hell kann auch ich nicht sehen.

Wenn nun seit 11/2000 von der Inkassofirma keinerlei
Aktivitäten mehr ausgegangen sein sollten, könnte sie dann
jetzt die Forderung bis zum heutigen Tag verzinsen?

Verzinsung muss ja nicht „gemacht“ werden, Forderungen verzinsen sich sozusagen von alleine!

Wo könnte man sich ggf. kostenlosen Rat holen, wenn man quasi
unvermögend ist?

Na das ist ja mal eine allgemeine Rechtsfrage, die ich äußerst gerne beantworte! Also:

Es gibt in jeder Stadt und auch in den allermeisten Dörfern Menschen, die es sich zum Beruf gemacht haben, andere Menschen in rechtlichen Fragen zu beraten. Dafür haben diese Menschen sehr lange studiert und in Justiz- und anderen Behörden gearbeitet. Sie nennen sich „Rechtsanwältin“ oder auch „Rechtsanwalt“, je nach Geschlecht.

Viele dieser Menschen sind selbst „quasi unvermögend“, weil sich in der Welt ein bösartiges Gerücht hält, nach dem es sich nur die Superreichen leisten können, einer Anwältin/einem Anwalt auch nur Hallo zu sagen.

Das ist falsch.

Der Staat hat ein Herz für die quasi Unvermögenden und hält daher das Instrument der „Beratungshilfe“ parat. Man nehme dazu das Formblatt

http://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/AG_I_1.pdf

und fülle es gewissenhaft aus. Dann gehe man zum heimischen Amtsgericht, frage sich zum zuständigen Rechtspfleger durch, gebe dort das Formblatt ab und lege ihm die geforderten Belege vor. Der Rechtspfleger erteilt daraufhin einen Beratungshilfeschein. Damit kann man zu jeder Anwältin, zu jedem Anwalt gehen. Einfach mal probieren! Anwälte beißen nicht, dazu sind sie viel zu sehr ins Bellen verliebt …

Für eine Gebühr von EUR 10,- bekommt man eine umfassende Beratung und wenn’s sein soll sogar eine tolle Vertretung. Den Rest zahlt der Staat - garantiert! Deswegen soll man auch nicht glauben, Beratungshilfe sei bei Anwälten unbeliebt. Mir zB ist es aus leidvoller Erfahrung lieber, ich bekomme EUR 70,- vom Staat für meine Arbeit - die aber garantiert! - als dass ich von den Mandanten nach monatelangem Mahnverfahren keinen Cent sehe, weil sie nun mal nichts haben.

Irre ich mich, oder beträgt die neue Verjährungsfrist seit 1.1.05 drei Jahre, und ist da nicht maßgeblich, wann die letzte Rechnung / Mahnung an den Schuldner zugestellt wurde?!

Wenn ein Schuldner umzieht und seinen neuen Wohnort nicht mitteilt, bzw sich versteckt, gilt m.E. ein Vollstreckungsbescheid als zugestellt, wenn er an der Adresse abgegeben wurde, wo der Schuldner gemeldet ist. Aber da bin ich mir auch nicht 100% sicher…

Hier einen Auszug aus der wiso monats CD:

FAQ zu Verjährungsfristen
Welcher Stichtag ist einzuhalten?
Jährlich gehen Millionenbeträge durch außer Acht gelassener Verjährungsfristen von Zahlungsansprüchen verloren. Ein wichtiger Stichtag ist hierbei der 31. Dezember eines jeden Jahres. Denn mit Ablauf des 31.12. verjähren die Zahlungsansprüche des täglichen Geschäftsverkehrs die regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen. Die Frist beginnt sobald der Gläubiger seinen Anspruch sowie den Schuldner kennt.

Wie wirken sich die Übergangsvorschriften bis zum 31.12.2004 aus?
Zum Ende des Jahres 2004 verjähren insbesondere Altforderungen, die vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1.1.2002 entstanden und fällig waren und für die eine längere als eine dreijährige Verjährungsfrist gegolten hat. Dies gilt insbesondere für Kaufpreisforderungen im kaufmännischen Bereich oder Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, wie zum Beispiel rückständige Zinsen, für die früher eine vierjährige Verjährung galt. Für Anspruche auf Darlehensrückzahlungen galt sogar eine dreißigjährige Frist. Auch für Erfüllungs-, Bereicherungs- und Schadensersatzansprüche, sah das alte Recht unter Umständen eine dreißigjährige Verjährungsfrist vor. Für all diese Forderungen gilt seit dem 1.1.2002 aufgrund von Übergangsregelungen eine verkürzte dreijährige Verjährungsfrist, die mit dem 1.1.2002 zu laufen begann und daher mit dem 31.12.2004 abläuft.

Ein Beispiel:
Ein Großhändler hat einem Einzelhändler im Mai 2001 Waren zum Weiterverkauf geliefert. Der Kaufpreisanspruch war am 31.7.2001 fällig. Nach der damals geltenden vierjährigen Verjährungsfrist (Beginn mit Ablauf des 31.12.2001) wäre der Kaufpreisanspruch mit Ablauf des 31.12.2005 verjährt. Nach der Neuregelung der Verjährungsfristen begann am 1.1.2002 aufgrund der Übergangsregeln eine neue dreijährige Verjährungsfrist. Der Anspruch des Großhändlers auf Zahlung des Kaufpreises verjährt daher am 31.12.2004.

Was bedeutet die Hemmung der Verjährung genau?
Die Verjährung einer Forderung tritt nicht ein, wenn sie gehemmt ist oder neu beginnt. Verjährungshemmung bedeutet, dass der Zeitraum, in dem die Verjährung gehemmt war, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird. Die Verjährungsfrist läuft nach der Hemmung aber weiter.

Welcher Unterschied besteht zwischen einer Unterbrechung und einer Hemmung der Verjährungsfrist?
Mit Hilfe eines gerichtlichen Mahnbescheides wird die Verjährung nicht unterbrochen sondern gehemmt. Die allgemeinen Regelungen der Unterbrechung der Verjährung wurden alle mit Ausnahme des Anerkenntnis des Anspruchs und der gerichtlichen oder behördlichen Vornahme einer Vollstreckungshandlung in Regelungen der Hemmung umgewandelt. Dies hat zur Folge, dass die Verjährung nunmehr nur noch für die Dauer der Hemmung ausgesetzt wird und die Frist nicht von neuem beginnt. (vgl. NJW 2002, 89, 97 f.). Anders ausgedrückt: Die Verjährung beginnt nur noch dann neu zu laufen (früher Unterbrechung der Verjährung), wenn ein Anerkenntnis des Schuldners vorliegt oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird (§ 212 BGB).

Was führt zu einer Hemmung der Verjährung?

Schwebende (ernsthafte) Verhandlungen. Diese Bestimmung wurde zum 1. Januar 2002 neu eingeführt und hat zur Folge, dass auch bei Verhandlungen über das Bestehen eines Anspruchs nicht sofort gerichtliche Schritte zur Abwendung der Verjährung eingeleitet werden müssen. Die Verjährung ist solange gehemmt, bis eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt dann frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
Klageerhebung oder lediglich Einreichung der Klage, falls die Klageschrift in Kürze zugestellt wird Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren usw. (§ 204 BGB)
Kann ich mit einem persönlichen Mahnschreiben die Verjährung hemmen?
Nein, dass geht auf keinen Fall. Außergerichtliche Mahnungen, also private Zahlungsaufforderungen hemmen die laufende Verjährung Ihrer Ansprüche nicht, selbst wenn sie schriftlich und in Form eines eingeschriebenen Briefes erfolgen. Auch mehrfache schriftliche, persönliche Mahnschreiben bewirken keine Verjährungshemmung.-ENDE-
Allein z.B.die Kontaktaufnahme mit dem Gläubiger kann eine Verjährungshemmung auslösen, also Vorsicht.
MbG shiny