Suizidforen - einige Fragen

Hi zusammen,

im Internet gibt es einige Suizid-Foren. Wie sieht es da mit der rechtlichen Lage aus?

Konkret interessiert mich

  1. wie es aussieht, wenn jemand in so einem Forum seinen Suizid ankündigt (also zB: „Ich nehme mir heute Abend das Leben“…).

Welche Schritte muss man als

  • normaler User
  • Moderator
  • Administraor / Betreiber
  • mitlesender Polizist
    dieses Forums unternehmen? Wenn man diese Schritte nicht unternimmt, weswegen macht man sich dann schuldig? Unterlassene Hilfeleistung?
  1. In diesen Foren liest auch die Polizei mit. Darf diese in dem Fall einer Suizidankündigung zum Betreiber des Forums nach Hause fahren und von ihm die Herausgabe der IP-Adressen der User verlangen?

  2. Wie sieht es eigentlich mit Methodendiskussion in diesen Foren aus? Darf über soetwas auf deutschem Grund (also wenn das Forum auf einem deutschen Server liegt) diskutiert werden? (Ich habe gehört, es sei in Deutschland verboten, ich weiß nur nicht nach welchem Gesetz)

Viele Fragen - kann sie mir jemand beantworten? Wäre sehr nett :smile:

LG Timi

Die Staatsanwaltschaft stellte ein Verfahren ein, nachdem
es zu einer Meldung gekommen war.

Der Fall :

Ein Mann war mit Wohnsitz (Hotel in Jomtien, Thailand)und
persönlichem Foto bekannt
und behauptete, HIV-infiziert zu sein und mit „blankem Säbel“
zu kämpfen", insbesondere mit jungen Frauen um die 16.

Verdacht : Totschlag, gefährliche Körperverletzung pp.

Argument für die StA-Einstellung : Im Internet sei fast alles
„Vorstellung“…
Etwa zwei Jahre später wurde dieser Mann in Thailand verhaftet
und nach D-land ausgeliefert / abgeschoben.
Vorwurf : Visavergehen in Thailand.

Alles klar ?

Alles klar ?

Nicht wirklich. Kann man diesen Fall als Grundsatz nehmen?

Außerdem klärt es ja nicht die Frage, ob die Polizei erstmal die Herausgabe der IP’s verlangen darf (ob dann später die Staatsanwaltschaft irgendwelche Verfahren einstellt klärt m. E. nicht die Ursprungsfrage).

Wie sieht es aus, wenn mehrfach nach vorangegangenen Suizidankündigungen hinterher die „Gewissheit“ (im Sinne von: Hinterbliebene / Freunde melden sich im Forum) auftritt, dass derjenige sich wirklich das Leben genommen hat? Gehört das auch noch zur „Vorstellung“?

Des weiteren ist die Frage nach den Methodendiskussionen noch offen.

LG Timi

Außerdem klärt es ja nicht die Frage, ob die Polizei erstmal
die Herausgabe der IP’s verlangen darf (ob dann später
die Staatsanwaltschaft irgendwelche Verfahren einstellt klärt
m. E. nicht die Ursprungsfrage).

Wenn Jemand androht, sichoder andere Personen zu schädigen,
dann darf die Polizei.
Beispiel : Ich werde mich am Mittwoch um 12:00 Uhr im Kölner
Dom mit einer Walter PKK erschiessen.
Ergebnis : gefahr auch für andere Personen.

Wie sieht es aus, wenn mehrfach nach vorangegangenen
Suizidankündigungen hinterher die „Gewissheit“ (im Sinne von:
Hinterbliebene / Freunde melden sich im Forum) auftritt, dass
derjenige sich wirklich das Leben genommen hat? Gehört das
auch noch zur „Vorstellung“?

Ja,reine Vorstellung. Und : Selbstmord ist nicht
strafbar, darf Jede/r.

Des weiteren ist die Frage nach den Methodendiskussionen noch
offen.

LG Timi

Hallo,

die Frage ist komplett simpel zu beantworten. Keine der beteiligten anonymen und entfernten Personengruppen ist zum Eingreifen verpflichtet. Die Polizei nur im Rahmen der Gefahrenabwehr, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit konkret droht und auch ein Polizeibeamter ist nicht immer im Dienst. Als Privatperson steht es ihm sogar frei sich selbst die Heckler und Koch zu schnappen.

Keine der beteiligten Personengruppen macht sich strafbar, weil Selbstmord keine Straftat ist. Totschlag setzt die Tötung (§212 STGB)eines anderen voraus. Auch Beihilfe oder Anstiftung zur Tötung kommen nicht in Betracht, da es schon an der Hauptat fehlt. Sie machen sich auch nicht strafbar wegen unterlassener Hilfeleistung. § 323c StbG setzt voraus, daß man quasi Zeuge eines Unglücksfalles ist und Rettungsmaßnahmen zumutbar sind. Spätestens bei der Zumutbarkeit hört es hier auf.

Mfg A.

Okay, danke.

LG Timi

Hallo,

danke schon mal so weit, du hast mir sehr geholfen.

Auch Beihilfe oder Anstiftung
zur Tötung kommen nicht in Betracht, da es schon an der
Hauptat fehlt.

Gilt das auch für die Methodendiskussionen? Vom Gefühl her würde ich ja sagen, ich kann jedoch nicht so recht nachvollziehen warum es dann kaum / keine Foren auf deutschen Servern gibt bei denen sie erlaubt sind (wird immer mit der rechtlichen Seite begründet).

LG Timi

Hallo Timi,

ich klicke mich nicht auf suizidforen, sondern lese lieber nochmal Jean Amerys Buch „Hand an sich legen,“ vermutlich das beste, was man über Selbstmord schreiben und denken kann.

Aber zur Sache. Ich vermute, daß der Grund vielleicht eher Bedenken wegen etwaiger zivilrechtliche Ansprüche von Angehörigen sind, die mit dem Strafrecht erstmal nix zu tun haben.

Strafrechtlich sind aber auch Sachverhaltskonstellationen denkenbar und kommen gelegentlich vor, in denen die Abgrenzung straflose Beihilfe\Anstiftung zur fremenden Selbstötung und Tötung eines anderen in mittelbarer Täterschaft problematisch ist. Klassische Beispielfälle sind z.B. „der einseitig fehlgeschlagene Doppelselbstmord“ oder der „Katzenkönigsfall“, den ich nachfolgend etwas abwandel.

Es geht um folgendes: Man nehme ein relativ durchgeknalltes Paar, er ist total von ihr abhängig, hat sich auf ihre New-Age und Fantasy-Comic-Psychose vollkommen eingelassen. Weil der Katzenkönig ihr es befiehlt und sie es ihm befiehlt, klicken sie sich auf ein Suizidforum und lesen da, dass man sich am besten umbringt, indem man sich in einem VW-Golf vergast. Gesagt getan: Karre wird geklaut, an den Strand gefahren, Auspuff-schlauch rein und warten auf den Tod… Er stirbt irgendwann, sie erhält vom Katzenkönig den Befehl, dass sie doch noch gebraucht wird, steigt einfach aus, läßt die Karre mit der Leiche am Strand zurück und geht erstmal nen Eis essen, danach tanzen.

In diesem Sachverhalt ist es aufgrund der psychologischen Ab-hängigkeit, er war quasi in ihrer Gewalt, und des einseitigen Fehlschlagens des Doppelselbstmordes - sie hat überlebt- möglich, dass sie einen Totschlag an ihrem Partner in mittelbarer Täterschaft begangen hat, damit gibt es eine Hauptat, zu der die Anbieter mit der Methodeninfo Beihilfe geleistet haben könnten.

Ist alles ziemlich abgedreht. Kommt aber nach Aktenlage alle paar Jahre in Deutschland einmal vor.

Mfg A.

Hallo Wolfgang,

ich klicke mich nicht auf suizidforen, sondern lese lieber
nochmal Jean Amerys Buch „Hand an sich legen,“ vermutlich das
beste, was man über Selbstmord schreiben und denken kann.

„Bitte hört, was ich nicht sage“ von Helga Käsler-Heide ist auch einen Blick wert.

Ich danke dir für deine Ausführungen, du hast mir damit sehr geholfen.

Liebe Grüße
Timi