Darf Gerichtsvollzieher dann pfänden?

Hallo,

die Diskussionen (weiter unten) über den Besuch des Gerichtsvollziehers haben mich an eine Sendung vor kurzem in Fernsehen erinnert. In dieser Sendung wurde unter anderem auch ein Fall geschildert wo der Gerichtsvollzieher einem Schuldner mitteilte dass er auch Dinge pfänden dürfe, die nicht dem Schuldner gehören, nur weil diese Dinge sich in der Wohnung des Schuldners befinden. In diesem Zusammenhang wurde von „im Gewahrsam“ gesprochen

Zu so einem Fall hätte ich mal drei Fragen aus drei verschiedenen Blickpunkten.

Ein Schuldner hat in seiner Wohnung (weil es gerade zur EM passt) einen großen Flachbildschirm den er sich von einem Bekannten geliehen hat. Wen nun der Gerichtsvollzieher kommt, kann dieser dann wirklich das Eigentum eines anderen pfänden, nur weil der Fernseher sich in der Wohnung des Schuldners befindet?

Wenn jemand seinem Bekannten z.B. einen Fernseher leiht (könnte auch Kamera, Schmuck, usw. sein) hat er dann eine Möglichkeit (welche) sich davor zu schützen das sein Eigentum gepfändet wird, nur weil dieser Bekannte Schulden hat die er nicht bezahlen kann?

Im Allgemeinen wird ja bei Ratenzahlungen (z.B. bei Versandhäusern) immer darauf hingewiesen das die Ware bis zur endgültigen Bezahlung Eigentum des Versandhauses bleibt. Wenn nun ein Schuldner etwas auf Raten kauft (z.B. Stereoanlage) und diese Raten auch zahlt (aber noch nicht alle Raten bezahlt sind), kann dann ein Gerichtsvollzieher diese Stereoanlage pfänden weil der Schuldner andere Schulden (nicht bei dem Versandhaus) nicht bezahlen kann? Wenn die Stereoanlage gepfändet würde, was wäre nun mit dem Eigentum des Versandhauses wenn der Schuldner dann auch die restlichen Raten für die Stereoanlage nicht mehr zahlen kann?

Mich würde mal interessieren (wenn das mit dem Gewahrsam wirklich stimmt) wieso der Gerichtsvollzieher das Eigentum vollkommen Unbeteiligter pfänden kann, nur weil diese nicht wissen dass sie ihr Eigentum leihweise einem überschuldeten überlassen?

Gruß Amilo

Ein Schuldner hat in seiner Wohnung (weil es gerade zur EM
passt) einen großen Flachbildschirm den er sich von einem
Bekannten geliehen hat. Wen nun der Gerichtsvollzieher kommt,
kann dieser dann wirklich das Eigentum eines anderen pfänden,
nur weil der Fernseher sich in der Wohnung des Schuldners
befindet?

Nicht das Eigentum, sondern die Sache wird gepfändet. Und ja, der Fernseher darf mitgenommen werden. Die ZPO schreibt vor, dass der Gerichtsvollzieher pfänden darf, was sich im Gewahrsam des Schuldners befindet.

Wenn jemand seinem Bekannten z.B. einen Fernseher leiht
(könnte auch Kamera, Schmuck, usw. sein) hat er dann eine
Möglichkeit (welche) sich davor zu schützen das sein Eigentum
gepfändet wird, nur weil dieser Bekannte Schulden hat die er
nicht bezahlen kann?

Nein, vor der Pfändung kann er sich nicht schützen, allerdings sehr wohl vor der Verwertung. Er kann eine (Drittwiderspruchs-)Klage erheben. Hat diese Klage Erfolg (insbesondere weil der Dritte Eigentümer ist und nicht der Schuldner), so bekommt er die Sache wieder.

Im Allgemeinen wird ja bei Ratenzahlungen (z.B. bei
Versandhäusern) immer darauf hingewiesen das die Ware bis zur
endgültigen Bezahlung Eigentum des Versandhauses bleibt. Wenn
nun ein Schuldner etwas auf Raten kauft (z.B. Stereoanlage)
und diese Raten auch zahlt (aber noch nicht alle Raten bezahlt
sind), kann dann ein Gerichtsvollzieher diese Stereoanlage
pfänden weil der Schuldner andere Schulden (nicht bei
dem Versandhaus)
nicht bezahlen kann?

Der Gerichtsvollzieher kann alles pfänden, was sich im Gewahrsam des Schuldners befindet.

Wenn die
Stereoanlage gepfändet würde, was wäre nun mit dem Eigentum
des Versandhauses wenn der Schuldner dann auch die restlichen
Raten für die Stereoanlage nicht mehr zahlen kann?

Durch die Pfändung werden die Eigentumsverhältnisse nicht berührt. Das Versandhaus bleibt Eigentümer.

Mich würde mal interessieren (wenn das mit dem Gewahrsam
wirklich stimmt) wieso der Gerichtsvollzieher das Eigentum
vollkommen Unbeteiligter pfänden kann, nur weil diese nicht
wissen dass sie ihr Eigentum leihweise einem überschuldeten
überlassen?

Weil der Gerichtsvollzieher schlichtweg nicht in der Lage ist, stets das Eigentum zu überprüfen. Das kann in rechtlicher, vor allem aber auch in tatsächlicher Hinsicht sehr schwierig sein. Würde er nur Sachen des Schuldners pfänden dürfen, könnte er praktisch nicht mehr pfänden.

Weil das aber auch wirklich der einzige Grund ist, gilt es nicht, wenn das Fremdeigentum ganz evident ist. Das wäre z.B. der Fall, wenn bei einem Kfz-Meister gepfändet werden soll. Bei den Autos, die er zur Reparatur in seiner Werkstatt stehen hat, ist offensichtlich, dass sie ihm nicht gehören, und zwar so offensichtlich, dass sie nicht gepfändet werden dürfen.

Levay

Hallo

Mich würde mal interessieren (wenn das mit dem Gewahrsam
wirklich stimmt) wieso der Gerichtsvollzieher das Eigentum
vollkommen Unbeteiligter pfänden kann, nur weil diese nicht
wissen dass sie ihr Eigentum leihweise einem überschuldeten
überlassen?

Wenn nachweisbar ist, dass es das Eigentum Dritter ist, werden die Sachen wieder freigegeben…

Genauen Gesetzestext wird sicher der Levay nachreichen…:wink:

Gruß Amilo

LG
Mikesch

Null problemo
http://dejure.org/gesetze/ZPO/771.html

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Wenn die
Stereoanlage gepfändet würde, was wäre nun mit dem Eigentum
des Versandhauses wenn der Schuldner dann auch die restlichen
Raten für die Stereoanlage nicht mehr zahlen kann?

>> Die Stereoanlage kann gefändet und sogar versteigert werden, nur muß aus dem Erlös, zunächst einmal das Versandhaus (fällige Raten) bedient werden.

Hallo Levay,

Nein, vor der Pfändung kann er sich nicht schützen, allerdings
sehr wohl vor der Verwertung. Er kann eine
(Drittwiderspruchs-)Klage erheben. Hat diese Klage Erfolg
(insbesondere weil der Dritte Eigentümer ist und nicht der
Schuldner), so bekommt er die Sache wieder.

vielen Dank für die klare Antwort. Einige Fragen hätte ich dann aber doch noch.

Angenommen der Eigentümer des Gegenstandes (nicht der Schuldner)wollte gegen die Pfändung Klage erheben, wer würde im Erfolgsfall für die Kosten aufkommen müssen.

Durch die Pfändung werden die Eigentumsverhältnisse nicht
berührt. Das Versandhaus bleibt Eigentümer.

Wenn das Versandhaus Eigentümer bleibt, aber der Gegenstand nach der Pfändung versteigert wird, dann wird dem Versandhaus doch das Recht an seinem Eigentum genommen.

Weil der Gerichtsvollzieher schlichtweg nicht in der Lage ist,
stets das Eigentum zu überprüfen. Das kann in rechtlicher, vor
allem aber auch in tatsächlicher Hinsicht sehr schwierig sein.

Mal eine andere Möglichkeit.

Der Schuldner hat eine teure Maschiene geliehen (z.B Baumarkt) und kann darüber auch einen Mietvertrag vorlegen, dann wäre der Gerichtsvollzieher in der Lage dieses zu überprüfen. Dürfte der Gerichtsvollzieher in so einem Fall die Maschiene des Baumarktes pfänden und versteigern lassen?

Würde er nur Sachen des Schuldners pfänden dürfen, könnte er
praktisch nicht mehr pfänden.

In der Praxis bedeutet das aber, dass die Ware die dem Versandhaus gehört versteigert wird um z.B. die Schulden beim Stromanbieter zu bezahlen. Wo bleibt da die Gerechtigkeit, was kann das Versandhaus dafür das der Schuldner seine Stromkosten nicht bezahlt? Oder gilt hier der Spruch „Pech gehabt“?

Gruß Amilo

Angenommen der Eigentümer des Gegenstandes (nicht der
Schuldner)wollte gegen die Pfändung Klage erheben, wer würde
im Erfolgsfall für die Kosten aufkommen müssen.

Meines Wissens nach der Gläubiger. Denn es handelt sich um ein streitiges Verfahren zwischen diesem und dem Dritten. Und im Gerichtsverfahren trägt derjenige die Kosten, der den Prozess verlieht.

Wenn das Versandhaus Eigentümer bleibt, aber der Gegenstand
nach der Pfändung versteigert wird, dann wird dem Versandhaus
doch das Recht an seinem Eigentum genommen.

Aber hattest du den Fall nicht so konstruiert, dass das Warenhaus hier selbst der Gläubiger ist? Dann würde es doch nicht die Sache pfänden und versteigern lassen, sondern vielmehr von dem Kaufvertrag zurücktreten und die Sache direkt herausfordern.

Der Schuldner hat eine teure Maschiene geliehen (z.B Baumarkt)
und kann darüber auch einen Mietvertrag vorlegen, dann wäre
der Gerichtsvollzieher in der Lage dieses zu überprüfen.
Dürfte der Gerichtsvollzieher in so einem Fall die Maschiene
des Baumarktes pfänden und versteigern lassen?

Meines Erachtens ja. Wie gesagt, er prüft grundsätzlich die Eigentumslage nicht, und dieser Mietvertrag führt nicht dazu, dass evidenterweise Fremdeigentum vorliegt.

In der Praxis bedeutet das aber, dass die Ware die dem
Versandhaus gehört versteigert wird um z.B. die Schulden beim
Stromanbieter zu bezahlen. Wo bleibt da die Gerechtigkeit, was
kann das Versandhaus dafür das der Schuldner seine Stromkosten
nicht bezahlt? Oder gilt hier der Spruch „Pech gehabt“?

Das Versandhaus behält seinen eigenen Zahlungsanspruch gegen den Schuldner doch. Erstens. Und zweitens kann es ja gegen die Verwertung vorgehen, nur gegen die Pfändung erst mal nicht. Es geht nicht darum, dass das Versandhaus am Ende den Nachteil erleidet, sondern nur darum, wie die konkrete Vorgehensweise ist.

Levay

Hallo!

>> Die Stereoanlage kann gefändet und sogar versteigert
werden, nur muß aus dem Erlös, zunächst einmal das Versandhaus
(fällige Raten) bedient werden.

Hallo Levay (noch mal)

Aber hattest du den Fall nicht so konstruiert, dass das
Warenhaus hier selbst der Gläubiger ist? Dann würde es doch
nicht die Sache pfänden und versteigern lassen, sondern
vielmehr von dem Kaufvertrag zurücktreten und die Sache direkt
herausfordern.

Sorry, aber da hast du etwas falsch verstanden. Ich hatte geschrieben

Wenn nun ein Schuldner etwas auf Raten kauft (z.B. Stereoanlage) und diese Raten auch zahlt (aber noch nicht alle Raten bezahlt sind), kann dann ein Gerichtsvollzieher diese Stereoanlage pfänden weil der Schuldner andere Schulden (nicht bei dem Versandhaus) nicht bezahlen kann?

Damit war gemeint, dass ein anderer Gläubiger die Pfändung veranlasst hat, und die Stereoanlage (die ja noch dem Versandhaus gehört)gepfändet und versteigert wird.

Aber deine anderen Erklärungen haben nun die rechtliche Seite erläutert. Daraus ergibt sich leider dass man lieber niemandem etwas leiht oder auf Raten verkauft wenn dieser (warum auch immer) eventuell Besuch vom Gerichtsvollzieher bekommen könnte. Um den Ärger (und die damit verbundenen Kosten) einer eventuellen Klage aus dem Weg zu gehen ist es also sicherer egoistisch zu sein und Hilfe oder Gefallen zu verweigern.

Schade dass ich auf Grund solcher Gesetze besser niemandem etwas ausleihen sollte. Wer weiß ob der Gerichtsvollzieher dann meine Dinge versteigern lässt.

Gruß Amilo

Hallo!

Schade dass ich auf Grund solcher Gesetze besser niemandem
etwas ausleihen sollte.

Das Problem ist, dass es keine brauchbare Alternative gibt, denn dann könnte der Gerichtsvollzieher gar nichts pfänden. Es könnte ja jeder sagen, dass die Sache nicht dem Verpflichteten sondern irgendeinem XY gehört.

Etwas anders als den Zivilprozess zur Feststellung des Eigentums sieht die Rechtsordnung nicht vor und das muss auch so sein, denn nur der Prozess gewährt das Parteiengehör.

Gruß
Tom

Schade dass ich auf Grund solcher Gesetze besser niemandem
etwas ausleihen sollte. Wer weiß ob der Gerichtsvollzieher
dann meine Dinge versteigern lässt.

Gruß Amilo

Hallo,

letztendlich ist das Ganze wohl ein Ausfluss des Prinzips „Wo Du dein Vertrauen gelassen hast, mußt du es auch suchen.“

Wenn du jemandem etwas leihst, musst Du immer darauf vertrauen, dass er es nicht weiterverkauft, weiterverschenkt, etc. oder dass der GV es mitnimmt.

Chrissie

1 Like

Hallo,

mal eine Nachfrage zu diesem konstruierten Fall:

Der Schuldner hat eine teure Maschiene geliehen (z.B Baumarkt)
und kann darüber auch einen Mietvertrag vorlegen, dann wäre
der Gerichtsvollzieher in der Lage dieses zu überprüfen.
Dürfte der Gerichtsvollzieher in so einem Fall die Maschiene
des Baumarktes pfänden und versteigern lassen?

Der GV pfändet nun die Maschinen, das Verfahren dauert mehr oder weniger lange. In dieser Zeit laufen natürlich die Leihgebühren weiter, und dazu noch eine Strafgebühr, weil der Schuldner die Leihfrist überzogen hat. Wer kommt dafür auf?

Außerdem muss der Eigentümer des Baumarktes seine ohnehin knappe Zeit dafür aufbringen, sein Eigentum zurückzubekommen. Wer bezahlt ihm das?

Andere Variante: Die Maschinen sind schon versteigert worden, weil der Eigentümer des Baumarktes den Schuldner nicht erreichen konnte und die Pfändung gar nicht mitbekommen hat. (Das könnte natürlich auch andere „Dritteigentümer“ treffen.) Die verkauften Maschinen sind weg und die aus der Konkursmasse erzielten Einnahmen decken nur einen Bruchteil der Schulden. Wer erstattet den Dritten ihr Eigentum?

Gruß, hirse

Ein Schuldner hat in seiner Wohnung (weil es gerade zur EM
passt) einen großen Flachbildschirm den er sich von einem
Bekannten geliehen hat. Wen nun der Gerichtsvollzieher kommt,
kann dieser dann wirklich das Eigentum eines anderen pfänden,
nur weil der Fernseher sich in der Wohnung des Schuldners
befindet?

Also, der Gerichtsvollzieher darf den Flachbildschirm pfänden, da er sich nun im Beitz des Schuldners befindet ( auch wenn das Gerät nur geliehen ist, ist der Schuldner zu diesem Zeitpunkt der Besitzer, nicht der Eigentümer ). Doch der Eigentümer kann daraufhin sich sein Gerät mit einer sogenannten „DRITTWIDERSPRUCHSKLAGE“ wieder beschaffen. Der Gerichtsvollzieher muss aber für das gepfändete Flachbildschirm ein Ersatzferneseher beschaffen ( Austauschpändung ), da ein Bürger das recht auf ein Fernsehen hat ( Aktuelle Nachrichtenverfolgung etc. ) Gruß Jan