Hallo Chris!
Ja mir wurde es auch versprochen, Mietgarantie…
Mietgarantie? Wie geht das denn!? Einen Verkäufer, der etwas von garantierter Miete erzählt, solltest Du sofort nach Hause schicken. Er will Dich mit einem unseriösen Angebot über den Tisch ziehen.
ich soll irgendwo in Osten eine Denkmalimmobilie kaufen…
Unter keinen denkbaren Umständen kauft man „irgendwo“ eine Immobilie. Wenn man eine Immobilie kauft und damit i. d. R. eine der größten Anschaffungen des Lebens tätigt, dann nur, nachdem man sich das Objekt mit eigenen Augen angesehen hat. Wer nicht selbst die Sachkenntnis eines Bausachverständigen besitzt, schaltet einen Sachverständigen/Architekten ein. Bei Aussagen über Vermietbarkeit und erzielbare Miete haben Prospekte des Verkäufers nur den Wert von Altpapier. Das muß der Käufer selbst beurteilen, nachdem er sich in der Region und vor Ort über die Gegebenheiten informiert hat. Anders gehts nicht, wenn man u. U. existenzgefährdende Risiken tragen soll.
Bei Immobilien in Ostdeutschland kommt hinzu, daß es mit Ausnahme weniger Flecken ein erhebliches Überangebot an Mietraum aller Art gibt. Tendenz steigend. Z. B. in unserer Landeshauptstadt Schwerin sind Wohnungen, Gewerbe- und Ladenflächen in feinster 1A-Lage direkt an einem der Seen mit Blick aufs Schloß schlicht unvermietbar. In ganzen Straßenzügen gibt es nur wenige vermietete Läden und der Rest steht leer. Der hohe Leerstand ist bereits in eine Abwärtsspirale übergegangen, weil sich mit jedem schließenden Laden und jeder leeren Wohnung weniger Publikum in die Gegend verirrt und in der Folge auch die verbliebenen Läden um ihre Existenz kämpfen müssen. Ähnlich sieht es in vielen Orten Ostdeutschlands aus. Fast überall gibt es die eine oder andere Vorzeigestraße, in der sich der Leestand in Grenzen hält. Der Rest ist von Rückzug und viel verfallender Bausubstanz gekennzeichnet. Dazu kommt ein bemerkenswertes Talent von Landespolitikern in Ostdeutschland, die Situation schön zu reden. Wer deren Sprüche nicht zu interpretieren und einzuordnen versteht, wird gnadenlos hinters Licht geführt. Wenn es z. B. heißt: „Unsere Region wird zukünftig noch attraktiver für den Tourismus“, lautet die Übersetzung: „Der letzte Betrieb hat dicht gemacht. Die Menschen sind arbeitslos oder wandern ab. Wir werden versuchen, Mittel für den Rückbau von Mietwohnungen zu erhalten. Einige Regionen sollten wir räumen und aufforsten“.
Die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude in Ostdeutschland ist ein eigenes Kapitel. Die Mehrzahl dieser Gebäude hat während der DDR-Zeit im günstigsten Fall 40 Jahre Verwahrlosung hinter sich, im weniger günstigen Fall sogar vorsätzliche, systematische Zerstörung. Je prunkvoller das Baudenkmal einst war, desto vandalenhafter wurde damit umgegangen. Viele Gebäude wurden als verhaßte Herrschaftssymbole angesehen und entsprechend behandelt und so war es nicht ungewöhnlich, daß kostbare Schnitzereien abgebeilt wurden, um Regale für eine Konsum-Verkaufsstelle einzunageln. Die Arbeiten wurden von irgendwelchen Brigaden ausgeführt, wo es nicht nur an Wasserwaagen fehlte, sondern auch an Sachkenntnis. Außer Beton, rohen Brettern und viel zu dünnen Fenstern im DDR-Einheitsmaß gab es nichts. Ach doch, Farbe gab es, häßliche blaue Farbe. Damit wurde alles angepinselt, wirklich alles. Außerdem wurde überall mit Inbrunst gebastelt, an Trabis, Lkw und Traktoren. Das ist erwähnenswert, weil die Worte Abfallentsorgung und Umweltschutz im praktischen Alltag kaum vorkamen. Der sozialistische Ölwechsel ging so: Ölablaßschraube aufdrehen. Öl fließt heraus und versickert, wo das Fahrzeug gerade steht. Ölablaßschraube wieder eindrehen, Öl auffüllen. Eine Schaufel Sand auf den Ölfleck. Der Rest tritt sich fest. Was hat das nun mit Ost-Immobilen zu tun? Nun, man muß praktisch überall mit Altlasten rechnen. Überall ist Müll vergraben, viel Altöl und Industrieabfälle aller Art. Mit solchen Sauereien muß man fast überall rechnen, nicht nur neben den Gebäuden, sondern sogar in alten Gebäuden.
In vielen Gegenden wurden Grenzsteine und Meßpunkte fast flächendeckend entfernt und damit das Ergebnis von 100 Jahren Vermessungsarbeit zerstört. Auch das muß man wissen, wenn man eine Immobilie in Ostdeutschland kauft. Als Käufer muß man die Neuvermessung zahlen und ist dafür immer mit einem 4stelligen Betrag dabei.
Ungeachtet dessen gibt es in Ostdeutschland zahlreiche traumhaft schöne Immobilien, die es wert sind, saniert zu werden. Viele dieser Objekte sind für 'n Appel und 'n Ei zu haben. Aber Vorsicht, einige der Fußangeln habe ich aufgeführt. Ich würde jedenfalls einem Verkäufer oder Prospekt kein Wort glauben. Selbst gucken, selbst Sanierungsaufwand und Nutzungsmöglichkeiten beurteilen oder Finger weg!
In Geldanlagen für denkmalgeschützte Gebäude, die ich nicht selbst ausgesucht und beurteilt habe und nicht einmal konkret kenne, würde ich keinen Cent investieren.
Gruß
Wolfgang