Weltgeschichte ungarisch - Poem gesucht

Liebe Literatten,

als ich heute nachmittag mit einiger Eitelkeit im Garten meine gelben Spitzpaprika bewunderte, ist mir ein Gedicht wieder bruchstückhaft in den Sinn gekommen, welches ich vor gut dreißig Jahren in der damals noch etwas weniger reise-kommerziell orientierten Monatspostille „Merian“ zum Thema Ungarn gefunden habe. Es ging um die Umdeutung der Welt- und Menschheitsgeschichte auf Ungarisch, angefangen etwa mit der Vertreibung aus dem Paradies, wo der Herrgott nicht einen Cherub nebst Flammenschwert, sondern zwei dicke starke Hönved mit aufgepflanztem Bajonett am Tor postiert hat etc.

Alles, was ich konkret erinnere, ist der nach jeder Strophe als „Moral“ auftretende

"Réfren:

Úngarhärz muss vieles laiden
Sitzt im Hintärgrund beschaiden
Spielt sich klaine Lied auf Zither:
Éksztra Hungariam nón eszt vita!"

Ich vermute, dass das Liedl von einem Ungarndeutschen der Zwischenkriegszeit stammt.

Wer kennt Text, Autor etc. vollständig und/oder kann mir bei der Suche behilflich sein?

Schönen Dank im voraus

MM

Hallo, Martin,

Úngarhärz muss vieles laiden
Sitzt im Hintärgrund beschaiden
Spielt sich klaine Lied auf Zither:
Éksztra Hungariam nón eszt vita!"

Wer kennt Text, Autor etc. vollständig und/oder kann mir bei
der Suche behilflich sein?

das hab ich gefunden:

_Die Ungarische Schöpfungsgeschichte
Mütterlicherseits hab ich auch ungarische Ahnen und so kommts daß ich in den Untiefen einer Schublade mit Zettelwirtschaft auf folgendes gestoßen bin (keine Garantie für Vollständigkeit und Rechtschreibung):
Die Ungarische Schöpfungsgeschichte - von Peter Hammerschlag (1902-1942)

In Anfang war - das ist bestimmt -
DER WORT. Auf griechisch: Logosch.
In Weltmeer ist herumgeschwimmt
Die Ur-Getier, das Fogosch.

Gewackelt hat das ganze Welt.
Daß Wind sie nicht davonweht,
Hat rechts und links Gott aufgestellt
Zwei dicke, schöne Honvéd.

Was hat dann Gott zuerst getan?
Den Affen, ohne Frage.
Orangutan és Délután [=Nachmittag],
Was habn gemacht die Tage.

Das Adam hat er dann gebaut,
Den alten Hendlfanger,
Was Eva hat gekriegt zu Braut
Auf eine grüne Anger.

Die Luft war kék [=blau], der Gras war zöld [=grün]
Für aller Tiere Magen
Doch dann hat auf dem Angyalföld [=Engelsfeld]
Der Kain den … Izé erschlagen. [=Dingsda]

Da hat das liebe Gott gepfeift,
Hat sich gebäumt der Máros,
Und mit der Sintflut hat ersäuft
Das ganze Lipotváros [=Leopoldstadt].

Wie Erde bissel trocken war,
Hat angefangt zu reiten
Held Attila mit Hunnenschar,
Um Kultur zu verbreiten.

Erst hat gegründet Ungarland,
Dann Rom, Athen és Kréta,
Und alle Menschen, was bekannt,
Sind nachgekommen späta.

In Papyrúsch man liest seit je -
Nur leider ging verloren - ,
Daß Kleopatra Kiralyné
In Kispest war geboren.

Magyarisch war Literatur,
Von angefangen Psalter
Bis Cató, Plautusch, Terencz-ûr
Und Vogelbácsi Walther.

Auch dürfen wir vergessen nie
Dass größte Kolorierer:
Berühmter Müvész Ajtossi,
Was Schwaben rufen „Dürer“. [Ajto = Tür, Ajtossi = Türer]

Jedoch der größeste Magyar
War Goethe-János, bitte.
Weil er aus Nagy-Weimárosch war,
Wo herrschte Ungarsitte.

Und hätt sich Welt beleuchtet? Nie!
Elektrisch wär erloschen,
Wenn hätten Vólta, Galványi
Kein Licht gemacht aus Froschen.

Denn jeder große Mann mit „i“
Ist ein Magyar gewesen.
Bei Górki, Gándhi, Márkonyi
Kann man das selber lesen.

Und wenn ein Stadt hat „a“ und „o“,
War Ungar Urbewohner:
Kálkutta, Prága, Kárthagó,
Tókio és Veróna.

Und was wär Wien? Wien wär für Katz!
Szent István hat gegründet
Auf István-tér den Stephansplatz,
Weil Mitleid hat empfindet.

Wann vier Zigeuner - schon gezähmt -
Mit Geige sich versammeln,
Man hat sie gleich nach Wien genehmt
Und hat genannt sie „Schrammeln“.

Womit auf Wiener Kunst ich komm -
Wer war ihr Kindesvater?
Das war der Molnár-Liliom!
Was baute Burgtheater.

Wo leichte Kunst sich bettete,
Macht stets Magyar das Lager,
Und Operette rettete
Der ungarische Schlager.

So werden wir, baratocs kam [=mein Freundchen]
Das Wiener Erbe wahren.
Denn Kálmán, Lehár, Abrahám
Stehn Wacht wie drei Husaren!

Ungarherz muss vieles leiden,
Steht in Hintergrund bescheiden,
Aber zupft sich kleines Lied auf Zither:
EXTRA HUNGARIAM NON ESCHT VITA_

http://blog.vollmondlicht.com/entry/284

Gruß
Kreszenz

Servusz Kreszenz,

jaa, das isses! - wie ich beim jetzt Lesen merke, in der Erinnerung verzerrt, aber so schön comme il faut.

Da dank ich schön, vor allem für „… Operette rettete …“ und den Goethe Janosch.

Sey gegrüsst!

MM