Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung

Hallo!

In Religion haben wir gerade die o.g. Theorie von Lawrence Kohlberg durchgenommen und jetzt eine einigermaßen komplizierte Übersicht zum Lernen bekommen. Die hab’ ich jetzt durch, bin mir aber gar nicht sicher, ob ich mir das richtig aus dem Unterricht notiert und zu Hause angelernt habe. Stimmt die folgende Interpretation der 6 Stufen?

  1. Stufe:
    Ich mache das, was mir gesagt wird, um Strafen zu entgehen, aber der Sinn des ganzen ist mir nicht klar

  2. Stufe:
    Ich mache das, was für mich persönlich gut ist, also das, wodurch ich mich gut fühle

  3. Stufe:
    Ich mache das, was mir Anerkennung bei anderen einbringt

  4. Stufe:
    Ich mache das, was in der Gesellschaft als für die Gesellschaft nützlich erachtet wird und halte mich strikt an die vorgegebenen Regeln

  5. Stufe:
    Ich halte mich an die Regeln, aber wenn ich der Meinung bin, dass eine Regel im konkreten Fall keinen Sinn macht, handle ich nach meiner eigenen Auffassung

  6. Stufe:
    Ich habe meine eigenen Prinzipien und Moralvorstellungen und handle nach denen, auch wenn es evtl. herrschenden Vorstellungen entgegenläuft (ich mache also mein „eigenes Ding“)

Stimmt das so?

Wäre echt super, wenn mir jemand helfen könnte!

Grüße und einen schönen Samstag Abend!
heiseline

  1. Stufe:
    Ich habe meine eigenen Prinzipien und Moralvorstellungen und
    handle nach denen, auch wenn es evtl. herrschenden
    Vorstellungen entgegenläuft (ich mache also mein „eigenes
    Ding“)

*Grübel* Gibt es denn sechs Stufen? Hab ich wohl vergessen. Ich denke aber, dass du Recht hast: Wobei ich dir zu bedenken gebe, dass es nicht immer einen Widerspruch geben muss zwischen gesellschaftlichen Normen und meinen eigenen Einsichten. Will sagen:
Vielleicht ist es auch eine Verinnerlichung der Gesetze. Ich führe die Moral nicht aus, weil ich muss, oder weil ich Strafen fürchte, sondern weil ich überzeugt davon bin, weil ich mich gut dabei fühle.

Ich glaube ehrlich gesagt, dass das die letzte Stufe bei Kohlberg ist…

Aber natürlich hast du Recht: Das ist keine formalistische oder gar kasuistische Einstellung, sondern auch eine Einstellung, die höheres Recht gegen herrschende Rechte vetreidigt. (z.B. Menschenrechte zur Zeit der Nazijustiz. Menschenrecht gegen Rechtspositivismus).
Also: „eigenes Ding“ würde ich nur eingeschränkt unterschreiben.

Unterschied Stufe 5 und 6 !
Vielleicht ist dir einfach der Unterschied zwischen 5 und 6 nicht klar? Mir übrigends auch nicht. Vielleicht so:
Stufe 5 prüft noch vorhandene Regeln, 6 hat sie verinnerlicht und braucht diese nicht mehr zu prüfen. Sonst gäbe es ja keinen Unterschied, denn auch 5 setzt sich schlielich über diese Gesetze hinweg!

Übrigends! Man hat diese Entwicklungen (leicht übertrieben) auch auf Religionen angewandt. Es gibt dann Stadien der Religion: Erste Stufe zum Beispiel: Wenn ich nicht genu opfere, dann kriege ich eine Hungersnot.
Hier steckt auch die unterstellte starre Gesetzlichkeit der Juden in einer Stufe (wohl 4?)

  1. Stufe:
    Ich halte mich an die Regeln, aber wenn ich der Meinung bin,
    dass eine Regel im konkreten Fall keinen Sinn macht, handle
    ich nach meiner eigenen Auffassung

  2. Stufe:
    Ich habe meine eigenen Prinzipien und Moralvorstellungen und
    handle nach denen, auch wenn es evtl. herrschenden
    Vorstellungen entgegenläuft (ich mache also mein „eigenes
    Ding“)

Vielen Dank!
Ich danke dir vielmals, das hat mir sehr geholfen, denn irgendwie hat’s genau an der Stelle immer gehakt, im Unterschied zwischen Stufe 5 und 6! Ich dachte mir nämlich auch, dass die beiden Stufen ziemlich gleich sind, schließlich habe ich ja in Stufe 5 auch schon eigene Vorstellungen von Moral!

Grüße
heiseline

hi

das ist interessant.
allerdings läuft die reihenfolge innerhalb eines menschenlebens üblicherweise leicht anders:

  1. Stufe:
    Ich mache das, was für mich persönlich gut ist, also das,
    wodurch ich mich gut fühle

baby - reagiert auf lust und unlust

  1. Stufe:
    Ich mache das, was mir gesagt wird, um Strafen zu entgehen,
    aber der Sinn des ganzen ist mir nicht klar

kleinkind - erkennt elterliche macht, aber nicht den sinn der regeln

  1. Stufe:
    Ich mache das, was mir Anerkennung bei anderen einbringt

junger teenager - was die peer group tut, ist gut

  1. Stufe:
    Ich habe meine eigenen Prinzipien und Moralvorstellungen und
    handle nach denen, auch wenn es evtl. herrschenden
    Vorstellungen entgegenläuft (ich mache also mein „eigenes
    Ding“)

später teenager bis 20 - rebellion gegen gesellschaft und elterliche autorität

  1. Stufe:
    Ich mache das, was in der Gesellschaft als für die
    Gesellschaft nützlich erachtet wird und halte mich strikt an
    die vorgegebenen Regeln

erwachsener - der das spiel des lebens durchschaut hat, über die wahrheit des menschlichen wesens resigniert hat und diese erkenntnis zum eigenen vorteil nutzt.

  1. Stufe:
    Ich halte mich an die Regeln, aber wenn ich der Meinung bin,
    dass eine Regel im konkreten Fall keinen Sinn macht, handle
    ich nach meiner eigenen Auffassung

heiliger, filmheld, überzogene vorstellung vom menschlichen gerechtigkeitssinn, typischer „widerstandskämpfer“.

(ich habe ein sehr negatives menschenbild, ich weiß.)

gruß
dataf0x

Hallo dataf0x!

Das sind ja einige ganz interessante Ansätze, so hab’ ich das noch gar nicht bedacht! Aber so wie ich das verstanden habe, ist gerade das Besondere an Kohlbergs Theorie, dass er die Entwicklung der Moral vom Alter unabhängig macht, also die Stufen nicht an ein bestimmtes Alter hängt (obwohl es natürlich grob festgelegt ist)!

Und: Ja, das mit dem negativen Menschenbild kommt ein bisserl durch :wink:!

Grüße
heiseline

Hallo Heiseline

Die Frage wurde schon gut beantwortet, ahbe nur eine grundsätzliche Bemerkung. Bin der meinung, dass die Auflistung der Moralentwicklung nicht im allgemeinen einen Zusammenhang mit Religion haben, eher im Gegenteil.

Kleine Anologie.
Liebe ist, wenn man
… immer nett zum Partner tut
… den Partner anlächelt
… den Partner nicht schlägt
… gut mit dem haustier des Partners umgeht
… etc etc
Das obgenannte KANN ein Ausdruck der liebe sein, IST aber nicht Liebe.

Auf Religion übertragen ist das tun oder nicht tun, im Sinne von Regeln oder eigenen Vorstelung (sei es betreffend Moral oder anderem) keine richtige Religion, dh im Maxium Religion ohne Gehalt ohne Kern.
Die gute Tat, oder das moralisch korrekte Verhalten ergibt sich aus der liebe zu Gott und nicht nur aufgrund eines Verbotes, so wie sich bei der obigen Analogie die liebe zu einem Partner auch die aufgeführten Sachen auslösen. Aber nie kann alleine aufgrund der aufgeführten Sache auf Liebe geschlossen werden (gibt andere Motive) bzw aufgrund des moralischen verhaltens alleine auf den Glauben und die persbnliche Beziehung zu Gott

Gruss
beat

Hallo Beat!

Witzigerweise hatte ich auch schon einen ähnlichen Gedankengang!
Unsere Lehrerin hat das auch nicht unbedingt so gemeint, wir hatten nämlich gerade die Unterscheidung zwischen Ethik, Religion und Moral und dabei haben wir dann auch diese Theorie durchgenommen!

Gruß
heiseline

Hallo Heiseline

Witzigerweise hatte ich auch schon einen ähnlichen
Gedankengang!

Interessant

Unsere Lehrerin hat das auch nicht unbedingt so gemeint, wir
hatten nämlich gerade die Unterscheidung zwischen Ethik,
Religion und Moral und dabei haben wir dann auch diese Theorie
durchgenommen!

Aha verstehe, auch sehr interessant die Unterscheidung. Meines erachtens müsste man dann noch zwischen Religion und Glauben unterscheiden, da ersteres sehr ritualbehaftet ist (was sogar ohne letzteres möglich ist, schau nur mal einige leute an, die regelmässig in die Kirche gehen und nicht wirklich an Gott glauben) und letzteres fast ohne ersteres auskommt, da es dort eben um Beziehung und die grundlage geht, eine Lebenshaltung auch.

Gruss
beat

Gruß
heiseline