Shekinah

Hallo,

kann mir jemand etwas zu Shekinah sagen? Stimmt es, das es sich dabei um einen weiblichen Gottesaspekt, bzw. eine Art weibliche Gottheit im jüdischen Glauben handelt?

Gespannte Grüße

Avera

Hallo, Avera,

mir ist die deutsche Schreibung vertrauter.

Stimmt es, das es sich dabei um einen weiblichen Gottesaspekt, bzw. eine Art weibliche Gottheit im jüdischen Glauben handelt?

Manche sagen das, doch wird dies dem Begriff vielleicht nicht so recht gerecht.

Martin Buber, den ich ausführlichen zu befragen rate, schreibt im Erläuterungsteil zu seinem Büchlein vom Baalschem:

Schechina: Einwohnung; die «Herrlichkeit» Gottes, die welteinwohnende Gottheit.
Das der Welt nicht einwohnende, ganz in sich ruhende Gottwesen heißt Elohut «Göttlichkeit», nämlich die «göttliche»,dem Menschen in keiner Weise fassbare Seite Gottes.
Die Schechina, der der Welt einwohnende, ist auch der die Welt erleidende Gott. Sie erleidet unmittelbar den Abfall der Welt, des Menschen, des Volkes Israel. Und sie folgt der Kreatur in den dunkeln Bezirk, den die abgefallene betritt ins Exil. Zugleich mit Israel erleidet auch sie die Verbannung.
Der Mensch, der in sich selber zwischen dem Reich des Gedankens und dem Reich der Tat Einung stiftet, wirkt ein auf die Einung zwischen dem Reich des Gedankens und dem Reich der Tat, das ist zwischen Gott und seiner Schöpfung, der er seine Schechina, seine Herrlichkeit, einwohnen lässt.
Es würde aber eine Entstellung der Lehre bedeuten, diese Einung als in Gott sich vollziehend zu verstehen. Daß die Schechina sich der Schöpfung gesellt, darf nicht als eine Scheidung in Gott aufgefasst werden, keine noch so unbedingte Immanenz kann eine Minderung der Vollkommenheit seiner Transzendenz bedeuten.
Aus Martin Buber, Die Legende des Baalschem

Vermutlich ist das allein noch keine ausreichende Antwort. Du wirst dich also noch weiter umtun müssen; etwa bei Wiki.
Oder doch gleich bei
Gerschom Scholem, Schechinah; Das passiv-weibliche Moment in der Gottheit, in:
http://www.amazon.de/mystischen-Gestalt-Gottheit-Gru…

Gruß Fritz

Super! Danke!

LG

Avera

Schekijnah = göttliche Gegenwart = ‚Braut Gottes‘
Hi Avira

Stimmt es, das es sich dabei um einen weiblichen Gottesaspekt, bzw. eine Art weibliche Gottheit im jüdischen Glauben handelt?

Kann man so nicht sagen, nicht im „jüdischen Glauben“ generell. Die Begriffsgeschichte ist ein wenig verwinkelt - hier mal ein kurzer Überblick:

Der Begriff שׁכִינָה schekijnah ist ein rein talmudischer Begriff (z.B. in Pesachim, Sanhedrin usw). Er bezeichnet dort die Präsenz Gottes in der sinnlichen Welt, und zwar sowohl im örtlichen Sinn (z.B. im mischkan, einem Zelt, von Luther als „Stiftshütte“ übersetzt) als auch im geistigen (z.B. als Inspiration der Propheten).

Die Präsenz des Gottes („Parousie“) auf der Erde als ein „Zelten“, „Wohnen“, „Lagern“ aufzufassen ist allerdings auch im Tanach/AT ein gängiges Bild. Das Wort leitet sich ja vom Verb שכנ (schakan oder schaken) ab: „sein Lager aufschlagen“, „sich niederlassen“. Wegen der Konsonantenanalogie hebr. „ŝkn“ mit griech. „skäno“ (=zelten) ist das dann auch so in die frühesten griech. Übersetzungen eingegangen. Im Joh.-Ev. kommt es auch in demselben Sinne vor:
„der Logos ist Fleisch geworden und hat unter uns sein Lager/Zelt aufgeschlagen“ [Joh. 1.14]

Aber ganz analog zur hebr. „chokma“, griech. „sophia“,"Weisheit, die wie „schekijnah“ Femininum ist, wurde die „Gegenwart Gottes“ bereits in vortalmudischer Tradition in einer Allegorie manifestiert: Sie wird wie die „Geliebte Gottes“ beschrieben (z.B. Proverbi 8.30). Und da in talmudischer Literatur die Chokma und die Schekinah analog behandelt werden lag eine Fortsetzung dieser Allegorie nahe:

In der kabbalistischen Literatur (aber erst dann) wurde die Shekinah konkret als „weiblicher Aspekt“ des Gottes behandelt. Im → Zohar (einem der Basistexte der Kabbala) hat er ja eh eine Geliebte, die Matronit, und zeitweilig noch eine zweite, die Lilith.

In der weiteren Entwicklung kabbalistischer Traditionen (besonders durch Isaak Luria im 16.Jhdt) wird dann die Matronit endgültig mit Shekinah gleichgesetzt und als Braut Gottes formuliert: Schekijnah ist die Sabbat-Braut Schabbat haMalkah („Sabbat-Königin“).

Die Entwicklung läuft übigens ganz parallel, und vielleicht nicht ohne wechselseitigen Einfluß, zur christlichen Konzeption der kyriake, der Kirche, als „Braut Christi“.

Gruß
Metapher

In kabbalistischen Traditionen

Jungs,

ich sach immer: Intelligenz ist erotisch, Wissen, Geist. Von wegen: er sollte mich zum Lachen bringen. Gar nicht nötig. Bei solchen Antworten kommen mir die Freudentränen, das ist viel besser.

Also nochmal: Danke

Avera

Hallo Avera.

Stimmt es, das es sich dabei um einen weiblichen Gottesaspekt,
bzw. eine Art weibliche Gottheit im jüdischen Glauben handelt?

Es wurde ja schon fast alles wesentliche gesagt. Wobei ich noch anmerken möchte, dass das Judentum hier unter „weiblich“ etwas recht komplexes versteht, was in den anderen Erklärungen schon angeklungen ist und nicht mit dem alltäglichen Begriff gleichzusetzen ist.

Heute hat sich der Begriff der Schechina ebenso wie deren Gleichsetzung mit dem weiblichen Aspekt von G’tt im ganzen Judentum verbreitet. So wird heutzutage in allen Richtungen „Kabalas Schabbes“ zu Beginn des Schabbat im G’ttesdienst eingefügt. Eine kabalistische Ansammlung von Texte und Psalmen, welche den weiblichen Sabbat als Braut des jüdischen Volkes willkommen heisst. Hierbei werden obige Begriffe referenziert.

Auch wird bei vielen zu Beginn im G’ttesdienst noch das Hohelied gelesen, welches ebenso verstanden werden kann/will.

Auch andere Konzepte (z. B. tikun olam („Verbesserung der Welt“)) welche auf dem Begriff der weiblichen Schechina aufbauen sind heutzutage in allen Richtungen des Judentums anzutreffen.

Gruss,
Eli