Tibetisches Totenbuch

Hallo
ich suche ein möglichst verständliches (für Nichtbuddhisten)Tibetisches Totenbuch in Deutsch.
Das Tibetische Buch vom Leben und vom Sterben?
Das von: Eva Dargyay und Gesche Lobsang Dargyay?
Das von Robert F. Thurman?
oder Glücklich leben – friedlich sterben von Geshe Thubten Ngawang
Oder gibt´s noch bessere?
Grüße
Causa

Hi,

die Qualität der Übersetzungen von

Sogyal Rinpoche und Patrick Gaffney
Eva Dargyay und Gesche Lobsang Dargyay?
Robert F. Thurman
Geshe Thubten Ngawang

könnte wohl nur jemand beurteilen, der im Klassischen Tibetisch und zusätzlich insbesondere in tantrischen tibetischen Texten zu Hause ist. Zudem sind viele deutsche Übersetzungen solche aus englischsprachigen Vorlagen. Aus beiden Gründen kann ich deine Auswahl nicht beurteilen.

Aber diese Ausgabe:
ISBN 3530880000 Buch anschauen
kann ich dennoch empfehlen. Das Bardo Thödol basiert auf der englischen Übersetzung von Kazi Dawa-Samdup in der Edition von Evans-Wentz, Oxford 1960.

Es enthält zusätzlich eine Einführung von Evans-Wentz, und interessante Ausführungen in Begleittexten von Govinda, C.G. Jung und Woodroffe.

Gruß
Metapher

Moin Causa,

ich suche ein möglichst verständliches (für
Nichtbuddhisten)Tibetisches Totenbuch in Deutsch.

Wieviel Kentnisse des (tantrischen) Buddhismus sind denn beim Leser vorhanden? Falls diese eher gering sind, würde ich folgende Vorgehensweise vorschlagen.

Zuerst das Buch von Geshe Thubten Ngawang: „Glücklich leben - friedlich sterben“. Das Buch gibt einen guten Überblick über den Umgang mit dem Tod im Buddhismus allgemein und speziell im tantrischen Buddhismus. Ohne diese Kenntnis kann meiner Meinung nach das Bardo Thödol nur zu Missverständnissen führen.

Besteht nach diese Lektüre noch das Intersess an „mehr“ empfehle ich anschließend die Version von Robert Thurman ISBN: 978-3810520098 Buch anschauen

Robert Thurman hat mehrere Jahre als Mönch in einem tibetischen Kloster gelebt und ist Professer frü Indo-Tibetische Buddhistischen Studien an der Columbia Universität in New York und Präsident des American Institute for Buddhist Studies. Er kennt somit den tibetischen Buddhismus von „innen“ und „außen“ und hat mit dieser Neuübersetzung das Bardo Thödol und vor allem seinen Kommentaren dazu einen neuen Standard gesetzt, der meiner Meinung nach alles bisherige locker in den Schatten stellt. Zudem ist das Buch auch gut zu lesen. Der Übersetzer Tom Geist (mittlerweile verstorben) war ebenfalls ein „alter Hase“ des Buddhismus und seit Jahrzehnten für seine gute Übersetzerarbeit bekannt.

Das Tibetische Buch vom Leben und vom Sterben?

War lange Zeit ein Renner. Ich würde es aber eher in die Kathegorie „Umgang mit dem Tod aus buddhistischer Sicht“ einordnen. Das Bardo Thödol wird nur am Rande erwähnt.

Das von: Eva Dargyay und Gesche Lobsang Dargyay?

Kenn ich nicht.

Das von Robert F. Thurman?

Ja!

oder Glücklich leben – friedlich sterben von Geshe Thubten
Ngawang

Ja!

Oder gibt´s noch bessere?

Das von Metapher genannte Buch von Evans-Wentz würde ich nicht unbedingt empfehlen. Zum einen ist es meiner Meinung nach grausig zu lesen (fast auf jeder Seite ellenlange Fußnoten), zum anderern ist es schlichtweg schon etwas veraltet. Das Buch wurde von Evans-Wentz lediglich herausgegeben und zwar nach der englichen Fassung von einem „Lama Kazi Dawa-Samdup“, wer auch immer das gewesen sein mag. Vom Englischen ins Deutsche übersetzt wurde das Buch dann von einer Louise Göpfert-March, die mit Buddhismus meines Wissens auch nichts am Hut hatte.

Einen interessanten Eindruck macht dieses hier: Das Tibetische Totenbuch
Beteiligte: Graham Coleman, Dalai Lama XIV., Padmasambhava, Stephan Schuhmacher
Neue ISBN: 9783442337743 Buch anschauen

eine Übesetzung von dem hier:
ISBA: 9780670858866

welches in der buddhistischen Fachwelt hoch gelobt wurde.

Ich persönlich kenne das Buch noch nicht und kann somit auch weiter nichts dazu sagen, hab es mir bei dieser Gelegenheit aber gleich mal bestellt :smile:

Herzlichen Gruß,
Marion

Moin,

Das von Metapher genannte Buch von Evans-Wentz würde ich nicht
unbedingt empfehlen. Zum einen ist es meiner Meinung nach
grausig zu lesen (fast auf jeder Seite ellenlange Fußnoten),

das ist Ansichtssache - mancher empfindet Fußnoten als störend für den Lesefluss, andere sind für punktuelle Vertiefungen des Textes dankbar.

zum anderern ist es schlichtweg schon etwas veraltet.

Nach welchen Standards „veraltet“ eine Übersetzung eines Textes aus dem (vermutlich) 8. Jahrhundert?

Das Buch
wurde von Evans-Wentz lediglich herausgegeben und zwar nach
der englichen Fassung von einem „Lama Kazi Dawa-Samdup“, wer
auch immer das gewesen sein mag.

„Kazi Dawa-Samdup“ (Zla wa bsam 'grub, 1868 - 1922) war Englischlehrer an der Maharaja’s Boy’s school in Gangtok (Sikkim); 1920 wurde er Dozent für Tibetisch an der Universität Kalkutta. Vor der Übersetzungstätigkeit für Evans-Wentz (für den er noch zwei weitere Werke übersetzte) war er auch als Übersetzer für Alexandra David-Néel tätig. Von ihm existiert auch eine englische Übersetzung des Shrîchakrasambhâra Tantra, die er selbst herausgab.

Ob Kazi Dawa-Samdup tatsächlich - wie von Evans-Wentz behauptet - Lama war und eine formelle Schülerbeziehung zwischen beiden bestand, ist (vermutlich zu recht) in Zweifel gezogen worden. David-Néel bezeichnet ihn nicht als Lama, sie deutet hingegen erhebliche Alkoholprobleme an. Was über den Wert der Übersetzung freilich nichts aussagt.

Freundliche Grüße,
Ralf

2 Like

an alle: Danke! owT
…,

Moin,

Das von Metapher genannte Buch von Evans-Wentz würde ich nicht
unbedingt empfehlen. Zum einen ist es meiner Meinung nach
grausig zu lesen (fast auf jeder Seite ellenlange Fußnoten),

das ist Ansichtssache - mancher empfindet Fußnoten als störend
für den Lesefluss, andere sind für punktuelle Vertiefungen des
Textes dankbar.

zum anderern ist es schlichtweg schon etwas veraltet.

Nach welchen Standards „veraltet“ eine Übersetzung eines
Textes aus dem (vermutlich) 8. Jahrhundert?

Die Übesetzung selbst kann zum Beispiel durch eine bestimmte Wortwahl „veralten“. Das Bardo Thödol ist einer der ganz frühen Übersetzungen in eine westliche Sprache. Der Übersetzer hatte vermutlich nicht allzu viele Möglichkeiten des Vergleichs, wie andere Übersetzer bestimmte Wörter übersetzen. Im Laufe der Jahre entwickelt sich dies natürlich. Irgendwann hat sich dann ein bestimmter Standard herauskristallisiert, welche Wörter wie übersetzt werden, um dem Ursprungsgehalt möglichst nahe zu kommen (bzw. auch welche Wörter zum Beispiel nicht übersetzt werden, sondern einfach wir ursprünglich belassen werden, weil eine Übersetzung nur zur Verwirrung führen würde.

Allerdings nimmt ja die Übersetzung des tatsächlichen Ursprungstext im Buch von Evans-Wentz den geringsten Raum ein. Das meiste sind Kommentare, Erläuterungen, Fußnoten etc. Und hier zeigt sich eben auch ein bestimmter „Zeitgeist“. Die Mitglieder der Theosophischen Gessellschaft, zu denen auch Evans-Wentz zählt, haben sich ja um die Jahrhundertwende mit ziemlicher Begeisterung auf alles Östliche, irgendwie tibetische, indische, ihrer Meinung nach „Okkulte“ und Esoterische gestürzt, allerdings meiner Meinung nach nicht in der Absicht, einen möglichst vorurteilsweisen Zugang zu diesen Schriften und Überlieferungen zu schaffen, sondern um einen doch reichlich brutalen Synkretismus zu betreiben.

So wird dann aus dem Bardo Thödol mal eben ein „Geheimtext“ gemacht, obwohl er der vermutlich bekannteste Text in ganz Tibet war, den viele Leute auswendig kannten und den jeder laut vorlesen kontne/durfte, der des Lesens mächtig war.

Der Synkretismus zeigt sich meiner Meinung nach hingegen in den ja bereits von mir bemängelten Fußnoten. Sie dienen meiner Meinung nach eben **zum bessern Verständnis des Textes, sondern verweisen ständig auf vermeintlich Vergleichbares in anderen Kulturen, sei es nun die „alten Griechen“, das „alte Ägypten“ oder einem Text aus dem christlichen 15 Jhrd (The Craft to Know Well to die), wo auch schon mal Märtyrer und Jungfrauen bemüht werden.

Den missglückten Titel „Totenbuch“, der ja nun überhaupt keine Entsprechung im tibetischen Original hat, sehe ich hier als weiteren krampfhaften (und irreführenden) Versuch, Parallelen herzustellen (z.B. zum Ägyptischen Totenbuch, mit dem sich die Theosophen ja auch gerne beschäftigten).

Einerseits kann man natürlich so argumentieren, dass die Herausgeber sich im Klaren darüber waren, dass zum Zeitpunkt des Entstehen des Buches der tibetische Buddhismus im Westen ziemlich unbekannt war, und sie somit versucht haben Parallelen zu ziehen zu Inhalten, mit denen der westliche Leser vielleicht eher vertraut ist. Allerdings müsste man dann zunächst erstmal klären, ob hier Vergleiche überaupt sinnvoll sind, oder den Inhalt des Bardo Thödol nicht doch eher unter ein Interpretationschema zwängen, was diesem gar nicht gerecht wird. Mir scheint hingegen, dass sich das Buch eher an Anhänger der theosophischen Gesellschaft richtet, die mit den Vergleichtexten vertraut sind, und nicht generell an einen „westlichen“ Leser. Heutzutage würde man auf solche Weise jedenfalls keien seriöse Textarbeit betreiben.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf den Abschnitt von C.G. Jung verweisen, dessen Deutung des Bardo Thödol aus meiner Sicht eine ziemliche Katastrohpe ist. Aber sowas war zur Zeit der Entstehung des Buches eben „inn“. Typischer Zeitgeist meiner Meinung nach und sicher interessant aus der Sicht der historischen Wahrnehmung des Buddhismus im Westen, wo Psychoanalytiker ja genau so eine Rolle spielten, wie z.B. die Theosophen, jedoch zum Verständnis des Ursprungstextes völlig kontraproduktiv.

„Kazi Dawa-Samdup“ (Zla wa bsam 'grub, 1868 - 1922) war
Englischlehrer an der Maharaja’s Boy’s school in Gangtok
(Sikkim); 1920 wurde er Dozent für Tibetisch an der
Universität Kalkutta. Vor der Übersetzungstätigkeit für
Evans-Wentz (für den er noch zwei weitere Werke übersetzte)
war er auch als Übersetzer für Alexandra David-Néel tätig. Von
ihm existiert auch eine englische Übersetzung des
Shrîchakrasambhâra Tantra, die er selbst herausgab.

Ah, danke für die Info.

Ob Kazi Dawa-Samdup tatsächlich - wie von Evans-Wentz
behauptet - Lama war und eine formelle Schülerbeziehung
zwischen beiden bestand, ist (vermutlich zu recht) in Zweifel
gezogen worden. David-Néel bezeichnet ihn nicht als Lama, sie
deutet hingegen erhebliche Alkoholprobleme an. Was über den
Wert der Übersetzung freilich nichts aussagt.

Das ist korrekt. Wobei Frau David-Neel ja selbst ziemlich umstritten und offenbar sehr phantasiebegabt war. Aber dies zeigt eben auch, in welcher Art Umfeld solche Bücher entstanden. Wobei wie gesagt meine Kritik sich gar nicht primär auf die tatsächliche Übersetzung des Ursprungstextes richtet, die ja durchaus brauchbar sein kann (wenn du hier eine Beurteilung möchtest, müsste ich mir mal das englische Original der Übersetzung und den tibetischen Ursprungstext besorgen), aber eben nur einen ganz winzigen Teil des Buches ausmacht, sondern auf die anderen 300 Seiten :smile:

Herzlichen Gruß
Marion**