Süd-Nord Gefälle in alten Bundesländern

Hallo ihr Wissenden …

Die nördlichen (alten) Bundesländer sind wirtschaftlich lange
nicht so erfolgreich, wie die beiden südlichen Giganten (BW,
Bayern). Ich denke da speziell an Niedersachsen (meine ehem.
Heimat) und Schleswig-Holstein.

Sicherlich gibt es eine besser Erklärung als das hier in
Schwaben übliche „schaffet halt mehr“!?!
Ich habe Stichworte wie ‚Zonenrandgebiet‘ oder ‚Demontage der
Fabriken nach dem 2. Weltkrieg‘ im Hinterkopf - aber nix genaues
weiß ich nicht …
Offenbar habe ich da wichtige Teile meiner schulischen Bildung
ausgeblendet *seufz* wer mag mich erleuchten?

Grüßle
Lillian

Im Norden, liebe Lillian,

saß vor allem viel Groß- und Schwerindustrie, das beliebte Beispiel dafür: die Werften; im Süden gab es viele Klein- und Kleinstbetriebe, die sich auf irgendwas spezialisiert hatten, z. B. linke Blinkerlichtlein für LKWs bis zu 7,5 Tonnen, Taschenuhren für Linkshänder, linksrum gekringelte Spiralnudeln, Batterien für Hupfkasper, Dübel für Waschbetonwände etc.

Und natürlich die Autoindustie, Daimler Benz, BMW, Audi, Porsche und die Zulieferer Bosch etc.

Als nach dem zweiten Krieg die Schwerindustrie im Norden und im Ruhrgebiet ausstarb, ging dort die ganze Industriestruktur kaputt.

Für die neuen Technologien waren die im Süden sitzenden Firmen einfach besser eingestellt, flexibel in Arbeitszeit und Maschinenpark, innovativ in Verfahrenstechniken und Produkten, halt „Käpsala, Clevere, Gscheitle, Tüftler, Bastler“ - es gab eine Zeit, da stellte Ba-Wü fast 50% der neuen Patente in ganz Deutschland.

Vielleicht spielt auch die starke Bindung der Belegschaft an den Betrieb eine Rolle, nicht umsonst sprach man von „Onkel Robert und Babba Bosch“, wenn man einen „Firmenpatriarchen“ meinte, nicht umsonst sagte man: „Halt dei Gosch, I schaff beim Bosch!“

Die Infrastruktur, Flüsse, Eisenbahnen, Autobahnen stimmte auch.

Vielleicht wissen andere noch mehr.
Und: „Mir Schwôba schaffet halt gerner wia dia andre!“

Gruß Fritz

Hallo !

Ein Nord-Südgefälle gab es schon immer. War schon immer vorhanden!

Das lag/liegt auch am Agrarland Norddeutschland, in dem sich keine Technik entwickeln konnte, weil hier, so merkwürdig es klingt, die Menschen unfreier waren als im Süden. Obwohl die Region selbst freier als der Süden war.
Das Land gehörte einigen wenigen Fürstenhäusern und freien Bauern. Diese hatten den Rest der Landbevölkerung in Leibeigenschaft oder diese waren anders verpflichtet und dadurch an die Landarbeit gebunden.
Die paar großen Städte in Norddeutschland waren meist Küstenstädte und damit für den Handel sehr gut geeignet. Technik spielte hier keine Rolle. Der Schiffbau kam erst spät nach Norddeutschland und ist jetzt dabei, sich aufzulösen.
Die Menschen an der Küste und auf den Inseln und an den Flüssen hatten mehr Probleme mit dem Bekämpfen der Fluten durch Deichbau, als damit, etwas zu erfinden oder zu entwickeln, was ihnen das Leben leichter machte.
Norddeutschland lag dazu niemals im Bereich der entwickelten Nationen, wie die Römer und Griechen.
Die Menschen im Süden Deutschlands sind von der mittelmeerländischen Technik und Kultur schon immer stark beeinflußt worden. Das machte sich natürlich im Laufe der Jahrhunderte bemerkbar. Römische Landtechnik war in Süddeutschland bekannt, als die Kimbern und Teutonen sich dann zu Fuß auf den Weg machten, das alles mal kennenzulernen.
Dazu das Wetter!
Dann, nicht vergessen, die katholische Kirche hatte, so merkwürdig das klingt, auch großen Einfluß auf die Entwicklung.
Die Entstehung vieler Städte machte große technische Entwicklungen durch die Zünfte möglich.
Keinem Norddeutschen wäre es eingefallen, die Taschenuhr zu erfinden!
Aber - aus Norddeutschland kamen viele Wissenschaftler die in Göttingen und anderen Universitäten lehrten. Sie waren nie dummer als die Südd., sie machten nur nichts draus. Es entstanden keine Industrien.
Und wer heute einen guten Abschluß an der Uni oder FH macht, geht lieber nach München, als nach Bremen oder Rostock. Hamburg ausgenommen.
Mit Süden darf man ja eigentlich nicht ganz unten im Süden meinen, sondern das Stück dazwischen.
Bayern und Ostfriesen sind wohl aus dem gleichen Holz geschnitzt.

Stimmt das alles?

Gruß Max

Hallo Lillian,

alles, was bisher geschrieben wurde, ist sicher richtig.

Ich denke aber, dass man hier sehr vorsichtig mit Generalisierung sein sollte. Jede Zeit hat ihre wirtschaftliche bestimmenden Faktoren, die mal die einen, mal die anderen besser nutzen können.
Wenn man z.B. das späte Mittelalter/die frühe Neuzeit betrachtet, war Süddeutschland Entwicklungsland (z.B. München war ein Dorf, was von der Salzmaut lebte), während es im Norden die unglaublich erfolgreiche Hanse gab. Im Süden konnte damit vielleicht noch das Haus Fugger mithalten, ansonsten war Süddeutschland IMHO ein reiner Agrarstaat…
Hier hat einfach der Küstenzugang für den Handel unwahrscheinliche Vorteile geboten.

In der frühen Zeit der Industrialisierung begann dann z.B. der Ruhrpott zu florieren. Warum? Weil es dort einfach Kohle und Erz gab. Da hatte Stuttgart und München einfach nichts dagegenzuhalten… Dagegen hatten sich die ehem. Handelsvorteile durch Meereszugang deutlich verkleinert, weil einfach die Infrastruktur (Flüsse, Strassen, Kleinstaaterei/Zölle) sich drastisch verbessert hatte. Die Küstenstädte waren aber weiter nicht unerfolgreich, weil der Schiffsbau durch die Stahlgewinnung (und polit. Entscheidungen) ebenfalls florierte und ganz neue Möglichkeiten eröffnete und einen Stück weit wirtschaftlich den Handel ablöste.

Der Süden begann eigentlich erst nach der Jahrhundertwende (19/20) zu florieren. Warum? Weil plötzlich die Abhängigkeit von Kohle zur Energiegewinnung abnahm, die Infrastruktur sich drastisch verbessert hatte und Transporte effizient machte… Plötzlich wurden die früheren Standortnachteile (zentrale Lage in Europa ohne grossen Anschluss an das Wegenetz) zu Vorteilen!

Dagegen begann z.B. der Schiffsbau zu einem Weltmarkt zu werden, mit Konkurrenten z.B. in Korea mit Billiglöhnen. Kohle brauchte plötzlich auch keiner mehr, da Öl plötzlich wichtiger wurde, das sehr einfach über Pipelines zu transportieren ist. Stahl wurde in der ganzen Welt einkaufbar… Und schon war die ganze industrielle Monokultur im Westen und Norden Dtl. zum abzuwickelnden Krisenherd geworden. Dagegen konnte der „unterentwickelte“ Süden von nahe null auf mit neuen Strukturen beginnen…

Jetzt sind wir wieder mitten in einer Revolution. Wir lösen im Moment die Industriegesellschaft durch die Dienstleistungsgeselschaft ab. Wer da erfolgreich bleibt, ist IMHO noch offen. Allerdings treten jetzt Standortvorteile, wie angenehmes Lebensumfeld für die Mitarbeiter in den Vordergrund, weil es keine örtlichen Restriktionen mehr gibt. Und da muss ich leider zugegeben, dass der Süden einfach das bessere Wetter, die interessantere Landschaft (man möge es mir zeihen…), den besseren Zugang zum Mittelmeer… bietet. Aber auch z.B. ein Berlin hat durch seine Möglichkeit, ein wenig Weltstadt nach Dtl. zu bringen, eigentlich jede Chance, hier zu punkten.

Und überleg Dir mal: Es erfindet jemand das Beamen. Was würde mit dem Süden passieren? Die Automobilindustrie würde schlagartig überflüssig und wäre genauso eine abzuwicklende Altlast wie die Werften und der Stahl vor 50 Jahren. Wie stände dann der Süden da?

Grüße
Jürgen

Meine Herren, (!)

Ihre Erklärungen machen mich noch neugieriger: „Wie war’s denn
nun wirklich?“

Auf die Römer zu verweisen, scheint mir etwas gewagt, denn
inzwischen ist viel Wasser den Neckar hinab geflossen. Es gibt
da andere ehemalige Provinzen, die heute nicht besonders gut
dastehen. Das goldene Zeitalter der Fugger liegt mir auch etwas
weit zurück …

Ein etwaiger Einfluß der politischen Situation des 18. /19. Jh.
klingt bereits wahrscheinlicher. Ich konzentriere mich jetzt mal
auf’s Ländle:

Warum haben die Schwaben seit dem 19. Jh. im Vergleich zur
Bevölkerungszahl überdurchschnittlich viele Patente erworben?
Immerhin saßen sie in winzigen ‚Fallerhäuschen‘ und wenn man
sich hier in ländlichen Museen umschaut, so herrschte eine
bedrückende Armut. Macht Not erfinderisch? Und was ist mit dem
Argument ‚Katholizismus‘? Ist der in ein Korsett aus Normen
gezwängte Mensch erfolgreicher? In diese Richtung zu denken,
macht mir Angst.

Unbestritten ist, dass inzwischen erfolgreich ‚Manpower‘ aus dem
gesamten Bundesgebiet (sogar weltweit) nach Schwaben - genauer
gesagt nach Stuttgart - gelockt wird. Und - ja, Fritz, besonders
zum BOSCH *g* (trifft sie im Raum Stuttgart allenthalben, die
‚Wirschaftsflüchtlinge‘ aus den nördlichen und neuen
Bundesländern)
Nicht bestätigen kann ich die Behauptung, dass hier die
Lebensqualität höher sei: Wohnungsnot und Mietwucher, das
einzige Grün kommt in Monokultur daher und einen freien Blick
gibt’s bestenfalls bis zum nächsten (Wein-)berg - meist aber nur
auf den Nachbarn, der leidenschaftlich seine Kehrwoche
zelebriert. Und am Mittelmeer bin ich mit dem Flieger weit
schneller als unterwegs mit allen anderen ‚Spontanreisenden‘ per
Pkw durch/über die Alpen.

Ihr seht, so ganz habe ich’s immer noch nicht begriffen.

Nachdem ich jedoch in diversen Ländern der EU gelebt und
gearbeitet habe, der ‚Ruhrpott‘ genauso meine Heimat war, wie
die Freie und Hansestadt Hamburg und meine Wurzeln, wie gesagt,
in Ostfalen liegen, ziehe ich es vor, das Süd-Nord Gefälle für
eine schicksalhafte und unbedingt ungerechte Sache zu halten!

Möge bald ein Schwabe das Beamen erfinden, dann können wir alle
wieder heim! *träum*

Übrigens (ganz off-topic) möchte ich bemerken, dass w-w-w.de
wirklich eine Bereicherung für mich ist. Ich danke allen die
sich immer wieder geduldig und sehr freundlich meiner Fragen
annehmen!

Grüßle
Lillian

Wirtschaftsgeschichte
Hallo,

Deine Frage haben andere sicher kompetenter als ich beantwortet, aber ich will mal ein paar Punkte hinzufügen oder schon genannte variieren.

Konfessionelle Unterschiede sind interessant (jedenfalls vorhanden), aber schwer zu quantifizieren. Immerhin ist ein Großteil Schwabens protestantisch, ja erzprotestantisch (Pietismus). Die Gleichung Süd=katholisch ist eben nie richtig gewesen (siehe das protestantisch Franken oder das katholisch Emsland). Auch haben gerade im Süden viele Gebiete die Konfession mehrfach gewechselt (die Oberpfalz binnen hundert Jahren fünfmal!). Also lassen wir das Argument besser beiseite (oder schreibt man jetzt „bei Seite“?).

Politische Ursachen lassen sich schon besser darstellen. Die süddeutschen Staaten hatten als erste Verfassungen. Und auch wenn das noch keine Demokratie ausmacht, ist es doch Grundvoraussetzung für die „Entfaltung der Persönlichkeit“. Und es geht eben wirtschaftlich nur voran, wenn ich einen sicheren Rahmen habe.

Eine immense „politische Ursache“ war speziell für Bayern die Vertreibung nach 1945. Dadurch kamen Millionen gut ausgebildete Menschen, die ja irgendetwas anfangen mussten. Ohne dieses Wissen wäre es in Bayern nicht aufwärts gegangen, wie die Bayern heute selbst zugeben.

Dann ist in der modernen Wirtschaft die Infrastruktur von überragender Bedeutung. Hier sind gerade Schwaben (man denke an die Eisenbahn) und Bayern nicht bevorzugt gewesen. Erst indem hier kräftig investiert wurde, konnte die Industrie für Ansiedlungen gewonnen werden.

Und dann ist sicher die gewaltige Bildungsinvestition in den 1960er Jahren zu nennen. Man stelle sich vor: Bayern hatte bis dahin nur drei Universitäten, in manchen Landkreisen gerade ein Gymnasium. Das war übrigens ein Folge des Säkularisierung, deren 200. Wiederkehr wir nächstes Jahr begehen. Und damit sind wir doch wieder bei der Konfession, da vor allem die katholischen Gebiete davon betroffen waren. Die Zerschlagung der Klöster, die ja vielfach die Aufgaben des modernen Staates innehatten (Schulen und Krankenhäuser), haben diese Landstriche viele Jahrzehnte von der Entwicklung abgehängt.

Eigentlich hat sich das Nord-Süd-Gefälle also erst in jüngster Zeit zugunsten des Südens herausgebildet.

Das mal so als Anregung von
Andreas

Meine Dame, (?)

Ihre Erklärungen machen mich noch neugieriger: „Wie war’s denn
nun wirklich?“

Wenn wir das nur wüßten…

Auf die Römer zu verweisen, scheint mir etwas gewagt, denn
inzwischen ist viel Wasser den Neckar hinab geflossen. Es gibt
da andere ehemalige Provinzen, die heute nicht besonders gut
dastehen. Das goldene Zeitalter der Fugger liegt mir auch
etwas
weit zurück …

Nun gut:smile:

Ein etwaiger Einfluß der politischen Situation des 18. /19.
Jh.
klingt bereits wahrscheinlicher. Ich konzentriere mich jetzt
mal
auf’s Ländle:

Warum haben die Schwaben seit dem 19. Jh. im Vergleich zur
Bevölkerungszahl überdurchschnittlich viele Patente erworben?

Weil sie patentierungswütig sind?

Nein, Patente sind vielleicht ein erster Hinweis auf besondere technische Kreativität letztendlich sind sie aber sicher kein Beweis.
OT:
Die selbe Statistik wird ja auch immer gerne in Bezug auf Japan/Dtl. angeführt mit den Japanern als weltweite Schwaben. Allerdings liegt der Unterschied weniger in der Menge an Kreativität sondern eher an der strategischen Bewertung des Werkzeugs Patent bzw. der Förderung dessen.
off OT

Immerhin saßen sie in winzigen ‚Fallerhäuschen‘ und wenn man
sich hier in ländlichen Museen umschaut, so herrschte eine
bedrückende Armut. Macht Not erfinderisch?

Nicht unbedingt…

Und was ist mit dem
Argument ‚Katholizismus‘? Ist der in ein Korsett aus Normen
gezwängte Mensch erfolgreicher? In diese Richtung zu denken,
macht mir Angst.

Sicher nicht, s. anderes Posting

Unbestritten ist, dass inzwischen erfolgreich ‚Manpower‘ aus
dem
gesamten Bundesgebiet (sogar weltweit) nach Schwaben - genauer
gesagt nach Stuttgart - gelockt wird. Und - ja, Fritz,
besonders
zum BOSCH *g* (trifft sie im Raum Stuttgart allenthalben, die
‚Wirschaftsflüchtlinge‘ aus den nördlichen und neuen
Bundesländern)

Na ja, wo sollen sie auch sonst hin, wenn es nur dort hochbezahlte Arbeitsplätze gibt…

Nicht bestätigen kann ich die Behauptung, dass hier die
Lebensqualität höher sei: Wohnungsnot und Mietwucher, das
einzige Grün kommt in Monokultur daher und einen freien Blick
gibt’s bestenfalls bis zum nächsten (Wein-)berg - meist aber
nur
auf den Nachbarn, der leidenschaftlich seine Kehrwoche
zelebriert. Und am Mittelmeer bin ich mit dem Flieger weit
schneller als unterwegs mit allen anderen ‚Spontanreisenden‘
per
Pkw durch/über die Alpen.

Na, na, also als Wahlniedersachse/-Ostwestfale aus dem Süden muss ich hier aber eindeutig dagegenreden. Das Wetter ist besser, die Landschaft abwechslungsreicher, das Licht heller, der Wein besser…:smile: Nicht umsonst werden trotz der von Dir genannte Nachteile Konzernzentralen in die südl. Ballungszentren verlagert.

Ich glaube, viel hängt auch mit „Kristallisationsvorgängen“ zusammen. Es ist nunmal fakt, dass Erfolg andere anzieht und erfolgreich macht. Stuttgart ist wie ich schrieb, mit Porsche, DaimlerChrysler, Bosch und vielen, vielen Zulieferern sehr einseitig auf Automobiltechnik ausgerichtet. Warum viele erfolgreiche Erfinder dieses Umfelds ausgerechnet aus Schwaben/BW stammen, ist schwer erklärbar. Auf jeden Fall genauso leicht oder schwer erklärbar wie, warum in Ostwestfalen das europ. Zentrum der Möbelindustrie ist.
Ich würde es mit Kristallisationsvorgängen begründen. Wenn sich ersteinmal ein erfolgreicher Kern gebildet hat, werden neue Ideen fast automatisch in diesem Umfeld generiert, man diskutiert viel, arbeitet zusammen oder konkurriert erfolgreich und das ganze wächst und gedeiht. Siehe z.B. auch das Silicon Valley in USA.
Voraussetzung ist ein für neue Ideen aufgeschlossenes Umfeld (da könnte es manchmal etwas mangeln an anderen Orten). Und hier ist derzeit der Süden einfach vornedran. Wenn ich z.B. meine Heimat München sehe, dort wurde sehr früh Biotechnologie zu einem strategischen Feld erklärt, wodurch viele Ansiedlungen dort gelangen. Das hätte genauso in H stattfinden können, tat es aber nicht. Aber warum?

Grüße
Jürgen

Warum haben die Schwaben seit dem 19. Jh. im Vergleich zur
Bevölkerungszahl überdurchschnittlich viele Patente erworben?
Immerhin saßen sie in winzigen ‚Fallerhäuschen‘ und wenn man
sich hier in ländlichen Museen umschaut, so herrschte eine
bedrückende Armut. Macht Not erfinderisch?

Hallo, Lillian,
so ganz daneben ist das wohl nicht. Man mußte sich schon etwas einfallen lassen und mit dem vorhandenen Material arbeiten. Im Schwarzwald waren es eben die Kuckucksuhren und Mundharmonikas, im Erzgebirge Holzspielzeug und ebenfalls Musikinstrumente, in der Eifel Mausefallen und textile Handarbeit.
Da diese Produkte natürlich unter die Leute gebracht werden mußten, kamen die Händler weit herum, sammelten Ideen und neue Verfahren ein, die die Fertigung wieder befruchteten.

Und was ist mit dem Argument ‚Katholizismus‘? Ist der in ein :Korsett aus Normen gezwängte Mensch erfolgreicher? In diese :Richtung zu denken, macht mir Angst.

Muß es nicht unbedingt. Der Katholizismus war eher weniger rigide als der protestantische Pietismus. Und „Gewißheit im Glauben“ führte eher dazu, dass man diesen Teil abhaken konnte und sich mehr Gedanken darüber machen konnte, wie man den Stall voll Kinder satt bekam.

Als dann die Landwirtschaft zunehmend ihre Bedeutung einbüßte und stattdessen industrielle Fertigung aufkam, konnte die natürlich vor allem dort florieren, wo die vorindustrielle Heimarbeit bereits bestand.

Grüße
Eckard.

Geschichtlich muss man vielleicht gar nicht so weit zurückgehen. Bayern war schließlich lange Zeit sehr bäuerlich geprägt - Ursachen sind also in jüngerer Vergangenheit zu suchen. Der Abbau von Industrien spielt wohl nicht so die große Rolle. Der Krieg hatte da sicherlich die größeren Zerstörungen verursacht. Allerdings wurden in Bayern und B-W - neben den Standortfaktoren „schönere Landschaft“ und Kultur die erst in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zu Standortfaktoren werden können - einfach bessere politische Ramenbedingungen geliefert.

Hallo,

also soweit ich weiss, liegen die beiden wirtschaftlich stärksten Gebiete Deutschlands nach wie vor nich im Süden, sondern im Westen. Das Ruhrgebite mitsamt Köln/Düsseldorf in NRW sowie das Rhein-Main Gebiet um Frankfurt in Hessen.

Max

Hallo Lillian,
das Meiste ist (wortreich) schon gesagt, trotzdem noch mein Sermon (als „Nordlicht“) dazu:

  1. Bremen war bis 1969 Netto-Einzahler in den Länderausgleich,
    Bayern bis 1989 (!) Empfänger (da hatte Herr Stoiber aber
    noch kein großes Interesse, den Länderfinanzausgleich zu
    ändern!)
  2. In den Nordländern sind wichtige Industriezweige so ca. in
    den 60er-Jahren weggebrochen: Schiffbau, Seefahrt,
    Stahlindustrie u.a. Großindustrie.
  3. Wurde auch schon gesagt: In der Wohlstands-/Freizeit-
    Gesellschaft hatten die südlichen Länder Vorteile.
    Gruß, Stucki