Standesamt vs. Kirchenbücher - wie archiviert?

Hallo Wissende!

Als Ergebnis des Kulturkampfs hat Bismarck 1874 in Preußen bekanntermaßen die Zivilehe eingeführt - man gab sich erstmals das Ja-Wort auf dem Standesamt und bekam sein Stammbuch. Gemischte Ehen waren möglich, man sparte Geld, weil man nicht mehr für die Trauung zur Kirche musste.

Nun wurden vorher ja alle Eintragungen in die Kirchenbücher gemacht - Eheschließung, Geburtenregister etc. Was geschah aber mit diesen Aufzeichnungen nach 1875? Also auch mit denjenigen, die schon 20, 50 oder mehr Jahre alt waren? Kann man sich, wenn man zum Beispiel einen Geburteneintrag von um 1850 sucht, darauf verlassen, dass die entsprechenden Bücher auch heute noch vorhanden sind? Und wie schaut das mit den jüdischen Gemeinden aus, deren Archive ja besonders zur Zeit des NS noch einmal „brandgefährdet“ waren?

Ich weiß, die Mormonen haben den Anspruch, alle Kirchenbücher aller Religionen mind. in Abschrift zu konservieren - kann man sich darauf verlassen? Stichpunkt genealogische Forschungen: Finden sich Vorfahren nicht, weil die Eintragungen gerade in der Übergangszeit 1874ff. nicht erhalten sind?

Ich weiß, ich bin etwas wirr heute, aber: weiß wer was?

Gruß sannah

Guten Abend Sannah,

natürlich sind die Kirchenbücher aufbewahrt worden, und in manchen Kirchengemeinden, die nicht vom 30jährigen Krieg heimgesucht worden sind, kannst Du noch sehr alte Kirchenbücher finden.

Zwei Beispiele: in der Gemeinde Güglingen im Zabergäu (Württemberg), wo ich einmal amtete, gehen die Kirchenbücher bis 1512, also bis in die vorreformatorische Zeit zurück, obwohl Württemberg unter Herzog Ulrich 1530 evangelisch wurde.
Und in Berg bei Hof (an der Saale, in Bayern) habe ich Kirchenbücher aus dem Jahre 1525 gefunden.

Die Mormonen haben wirklich Hunderte von Kirchenbüchern abgeschrieben und in ihre Datenbanken übernommen (auf die etwas abstrusen theologischen Hintergründe gehe ich jettzt mal nicht ein). Den Link dazu kann ich Dir bei Gelegenheit, wenn ich ihn wiedergefunden habe, mal posten, sofern das nicht ein anderer vor mir tut.

Gruß - Rolf

Link zu den Mormonen
Hi,
hier ist schon mal einer.
http://www.familiengeschichte.de/computer/datenba.htm

Tom

Die Mormonen haben wirklich Hunderte von Kirchenbüchern
abgeschrieben und in ihre Datenbanken übernommen (auf die
etwas abstrusen theologischen Hintergründe gehe ich jettzt mal
nicht ein). Den Link dazu kann ich Dir bei Gelegenheit, wenn
ich ihn wiedergefunden habe, mal posten, sofern das nicht ein
anderer vor mir tut.

Gruß - Rolf

Danke Tom,

Links habe ich auch schon, allerdings zwei andere: Einmal http://www.family.search.com und http://www.ancestry.com (letzterer allerdings z. T. gebührendpflichtig, soweit ich richtig informiert bin.)

Doch auch deinen…

hier ist schon mal einer.
http://www.familiengeschichte.de/computer/datenba.htm

werde ich bei Gelegenheit gerne ausprobieren.

Aber eine Frage bleibt: Wie schaut das aus bei den Synagogen? Sind deren Archive auch so gut erhalten?

Gruß sannah

Guten Abend Sannah,

Aber eine Frage bleibt: Wie schaut das aus bei den Synagogen?
Sind deren Archive auch so gut erhalten?

Das glaube ich eher nicht, immerhin hatten sie die Verwüstung des 8. November 1938 zu bestehen. Ich weiß auch nicht, ob dort solche Register geführt worden sind.
Antworten können Dir darauf sicher ABA und Elimelech oder Iris von HaGalil. Die kannst Du bestimmt über die Funktion „Expertensuche“ finden.

Gruß - Rolf

Danke Rolf, für die Namen, ich habe die Genannten gleich einmal angeschrieben…

Gruß sannah

Hallo Sannah,

…Und wie schaut das mit den
jüdischen Gemeinden aus, deren Archive ja besonders zur Zeit
des NS noch einmal „brandgefährdet“ waren?

hier liegst Du ziemlich daneben. Die jüdischen Archive waren sehr begehrt, denn die wurden ja für die Abstammungsnachweise benötigt. Deshalb wurde auch das Zentralarchiv der Juden in Deutschland vom Reichssippenamt enteignet.

Wer über Kirchenbücher oder / und Melderegister seine Abstammung nicht nachweisen konnte, wurde in die Oranienburger Straße, wo dieses Archiv war geschickt, und je nach dem, was rauskam als Status (Volljude, Halbjude etc.), war das ein Urteil auf Leben und Tod.

Schon seit der Industrialisierung wurden - durch Verstädterung bedingt - jüdische Gemeinden in ländlichen Bereichen aufgelöst. Die Bestände wanderten in das besagte Zentralarchiv, das auch alle Daten aus jüdischen Gemeinden in Kopie hatte.

Allerdings - wie bei anderen Archivbeständen auch - gab es Kriegsschäden (Bomben) etc.

Die Bestände des früheren Zentralarchivs der Juden in Deutschland sind - soweit sie noch bestehen und zugänglich sind - aus verschiedenen Archiven in den neuen Bundesländern zusammengeführt worden und liegen im Centrum Judaicum in Berlin http://www.cjudaicum.de

Einiges dürfte noch in osteuropäischen Regionen liegen, die früher eine deutsch sprechende jüdische Bevölkerung hatten.

Zu den Mormonen und der Qualität ihrer Bestände kann ich nichts sagen.

Aber es gibt diverse Internetseiten zu „Jewish Genealogy“.
Die findest Du auf einer der jüdischen Suchmaschinen.
Die beste (englisch sprachig) ist meiner Ansicht nach

http://www.maven.co.il

Ich hoffe, das hilft Dir erst einmal weiter.

Viele Grüße

Iris

Und wer sich mehr für diese Themen und andere zur jüdischen Geschichte und Gegenwart interessiert - und mal nach Berlin kommt, erfährt mehr auf meinen Stadtrundgängen und meiner Internetseite
http://www.berlin-judentum.de/termine/timetable.htm

Danke Iris!!!