Die Erde eine Kugel- schon vor Kopernikus?

Hallo zusammen!

Bisher hatte ich immer angenommen, dass Kopernikus derjenige gewesen ist, der festgestellt hat, dass die Erde keine Scheibe sondern eine Kugel ist. Gestern bin ich bei http://www.historik.de auf Ausführungen gestoßen, die nahe legen, dass dies schon vorher bekannt war.

Ausgangspunkt war die Frage, wieso zu den Reichsinsignien auch der Reichsapfel gehörte, der die ErdKUGEL darstellen sollte, obwohl man zu diesem Zeitpunkt noch davon ausging, dass die Erde eine Scheibe ist. In diesem Zusammenhang wurde auf einen Mönch namens Hugo von Langenstein verwiesen, der bereits im 13.Jahrhundert schriftlich festgehalten haben soll, dass die Erde eine Kugel ist. Das entsprechende Buch hieß „Mainauer Naturlehre“ und wurde wohl auf der Insel Mainau, jedenfalls aber in der Bodenseegegend, verfasst. Ich habe bei Google auch einiges zu diesem Hugo von Langenstein gefunden. Diese Seiten beziehen sich aber hauptsächlich auf den literarischen Wert seiner Texte. Lediglich eine Site, die ich bis jetzt ausfindig machen konnte, bezieht sich auf die „Mainauer Naturlehre“. Zu der Kugelgestalt der Erde findet sich dort aber kein Hinweis. Es geht eher um allgemeine Betrachtungen zur Zeitrechnung. Außerdem wird in dieser Hausarbeit die Autorenschaft des Hugo von Langenstein in Frage gestellt.

Deshalb habe ich folgende Fragen:

  1. Weiß jemand Näheres über diesen Hugo von Langenstein?
  2. Wurde von ihm oder jemand anderem bereits vor Kopernikus die Behauptung aufgestellt, die Erde sei eine Kugel?
  3. Gibt es andere Deutungen für das Symbol des Reichsapfels als die Kugelgestalt der Erde?

Für Eure Antworten danke ich schon einmal im Voraus!

Gruß

Christoph


MOD.: Link klickbar gemacht

Kugelgestalt der Erde
Der Name „Hugo von Langenstein“ und die „Mainauer Naturlehre“ sagen mir nichts. Auch hinsichtlich des Reichsapfels muß ich passen. Zur Kugelgestalt der Erde soviel:

Der erste, der die Kugelform der Erde kannte, war der Philosoph Parmenides (ca. 540 v.u.Z. bis ca. 480 v.u.Z.). Er brachte dafür scharfsinnige Beweise. Z.B.: Ein Schiff, daß sich einem Betrachter auf einem anderen Schiff nähert, wird nicht allmählich größer, sondern man sieht erst die Masten und dann den Rumpf. Folglich ist das Meer rund, bzw. es hat zwischen den Schiffen einen „Hügel“, so daß man die oberen Teile des nahenden Schiffes bereits erkennen kann, während die unteren Teile noch vom „Hügel“ verdeckt sind.
Alle späteren Philosophen folgten EINHELLIG dieser Auffassung. Platon lehrte darüber hinaus die Achsendrehung der Erde. Für Aristoteles war die Erde eine Kugel, die unbeweglich in der als Hohlkugel gedachten Sternensphäre ruht.

Eratosthenes von Kyrene maß am 21. Juni 240 v.u.Z. gemeinsam mit Archimedes von Syrakus (Eratostehenes in Assuan, Archimedes in Alexandria) den Erdumfang auf 250.000 Stadien gleich 46.000 km. Darüber hinaus sah Eratosthenes in dem kreisförmigen Erdschatten, der sich bei Mondfinsternissen auf dem Mond zeigt, einen unwiderlegbaren Beweis für die Kugelgestalt der Erde, und schätze aufgrund der Krümmung des Schattens die Größe des Mondes auf etwas weniger als ein Drittel der Erdgröße.

Wenn also ein mittelalterlicher Autor etwas von der Kugelgestalt der Erde schreibt, dann muß er das bei einem der Philosophen kompiliert haben.
Übrigens setzen die Entdeckungsfahrten ab dem 15. Jh. das Wissen über die Kugelgestalt der Erde voraus.

  • Django -

Hallo,

  1. Wurde von ihm oder jemand anderem bereits vor Kopernikus

die Behauptung aufgestellt, die Erde sei eine Kugel?

die erste definitive Behauptung der Kugelgestalt der Erde stammt meines Wissens von Aristoteles (Peri uranu, De caelo, Über den Himmel) - meiner Erinnerung nach im 2. Buch. Die Stelle könnte ich auf Wunsch heraussuchen, habe sie nur im Moment nicht greifbar. Auch vorher gab es schon Äußerungen, aus denen man schließen könnte, dass die Erde kugelförmig gedacht wurde.

Die Vorstellung lässt sich also bereits in der Antike nachweisen.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Das geozentrische Weltbild des Ptolemäus
Das geozentrische Weltbild (mit der Erde als Kugel) entstand im Altertum und wurde von den Griechen entwickelt. Das erste geozentrische System stammt von Eudoxos von Knidos ( 408 v. Chr. – 355 v. Chr. ). Das berühmteste geozentrische Weltbild entwickelte Ptolemäus (100 – 178 n. Chr. ).
Laut seiner Theorie steht die Erde im Mittelpunkt der Welt, und die anderen Planeten sowie Sonne und Mond bewegen sich einmal pro Tag auf sieben Kristallkugeln um die Erde. Das Weltall ist von einer achten Kugel umschlossen , auf der die Fixsterne befestigt sind . Das ptolemäische Weltbild herrschte unangefochte bis ins 15. Jahrhundert.

aus http://www.tzl.de/HLCJB/projekte/ph119899/geozentr.htm

siehe z.b. http://www.naturics.de/aktuell/probleme/sszetext.html, http://die.antimaterie.de/bastishausseite/weltbilder… u.v.m.

gruß
ann

Frage
Hallo,

Der erste, der die Kugelform der Erde kannte, war der
Philosoph Parmenides (ca. 540 v.u.Z. bis ca. 480 v.u.Z.). Er
brachte dafür scharfsinnige Beweise. Z.B.: Ein Schiff, daß
sich einem Betrachter auf einem anderen Schiff nähert, wird
nicht allmählich größer, sondern man sieht erst die Masten und
dann den Rumpf. Folglich ist das Meer rund, bzw. es hat
zwischen den Schiffen einen „Hügel“, so daß man die oberen
Teile des nahenden Schiffes bereits erkennen kann, während die
unteren Teile noch vom „Hügel“ verdeckt sind.

ich erinnere diese Stelle, bringe sie aber nicht mit Parmenides in Verbindung. Könntest du mir die Quelle nennen? Das scheint mir eine Behauptung der Sekundärliteratur zu sein, denn ich finde - unter den B-Fragmenten bei Diels/Kranz - im Moment keine Entsprechung. Im Moment fällt mir aber leider auch nicht ein, mit wem ich dieses schöne Beispiel verbunden denken muss.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Gute Frage

Hallo,

Der erste, der die Kugelform der Erde kannte, war der
Philosoph Parmenides (ca. 540 v.u.Z. bis ca. 480 v.u.Z.). Er
brachte dafür scharfsinnige Beweise. Z.B.: Ein Schiff, daß
sich einem Betrachter auf einem anderen Schiff nähert, wird
nicht allmählich größer, sondern man sieht erst die Masten und
dann den Rumpf. Folglich ist das Meer rund, bzw. es hat
zwischen den Schiffen einen „Hügel“, so daß man die oberen
Teile des nahenden Schiffes bereits erkennen kann, während die
unteren Teile noch vom „Hügel“ verdeckt sind.

ich erinnere diese Stelle, bringe sie aber nicht mit Parmenides in Verbindung. Könntest du mir die Quelle nennen?

Die Werke von Parmenides sind ohnehin nur in den Referaten anderer Philosophen erhalten geblieben. Ich bilde mir ein, das Schiffs-Beispiel einschließlich dessen Herkunft von Parmenides in den Vorlesungen von Helmut Seidel: „Von Thales bis Platon“, Dietz-Verlag 1984, gelesen zu haben. Aber erstens habe ich dieses Buch nicht griffbereit, und zweitens fürchte ich, daß darin die unmittelbare Quelle, d.h. das Werk, in dem die Auffassung des Parmenides referiert ist, auch nicht angegeben ist. Mit anderen Worten: Ich muß passen.

  • Django -

Geozentrik setzt keine ErdKUGEL voraus
Der Philosoph Anaximander (611 bis 547 v.u.Z) lehrte, daß das Weltall eine Hohlkugel sei, in dessen Mitte die Erdscheibe schwebt. Geozentrisches Weltbild mit ErdSCHEIBE.

Daß sich das geozentrische Weltbild so lange hielt, hat seine Ursache in einem schweren Gegenargument gegen das heliozentrische Weltbild: Daß sich keine Fixsternparallaxen beobachten lassen. Schon Aristarch von Samos (320 bis 250 v.u.Z.) fiel auf: Angenommen, die Erde dreht sich um die Sonne. Dann würde sich im Laufe des Jahres die Entfernung der Erde zu den Sternen verändern. Die Erde würde im Frühjahr anderen Sternen nahe stehen als im Herbst; die Sternenörter würden sich im Laufe des Jahres verändern, d.h. kleine Ellipsen beschreiben. Solche Ellipsen (Parallaxen) zeigten sich jedoch nicht.

Der Astronom Tycho Brahe (der Lehrer Keplers, 1546-1601) versuchte Parallaxen zu beobachten, aber trotz seines außerordentlich scharfen Blicks (er vermochte OHNE OPTISCHE HILFSMITTEL auf eine Bogenminute, d.h. auf ein Sechzigstel eines Grads genau zu messen) fand er keine. Das bedeutete: Die Sterne mußten über 3.500mal soweit von der Erde entfernt sein wie die Sonne. Ein solch „irrational“ großes Universum erschien Brahe unglaubwürdig. Spontan entschied er sich GEGEN Kopernikus und meinte, daß sich die Planeten um die Sonne drehen, die Sonne aber die (stationäre) Erde umkreist. Das Fehlen der Fixsternparallaxen war das wissenschaftliche Hauptargument, mit dem die Inquisition 1633 den Galileo Galilei verurteilte.

Das Weltall ist aber so „irrational“ groß. Friedrich Wilhelm Bessel maß 1838 die erste Fixsternparallaxe (des Sterns Nr. 61 im Schwan) auf 0,31 BogenSEKUNDEN (weniger als ein Einhundertachtzigstel einer Bogenminute). 61 Cygni ist 10,5 Lichtjahre von der Erde entfernt.

  • Django -

Ich habe nur die zweibändige Vorsokratiker Ausgabe von Reclam und hoffe jetzt die richtige Stelle für dich zu haben: [Parmenides hat] als erster die Erde rund gennant […], wie Theophrast bezeugt.Reclam, Die Vorsokratiker I,S.329, 26 Der Verweis ist Diogenes Laertios VIII 48 (DK 28 A 44). Auf altgriechisch kann ich es dir nicht aufschreiben, ich weiss nicht wie ich die Buchstaben hier hin kriegen kann.
tschüss Carsten

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

1 Like

Donnerwetter (oT mSt)
.

Geozentrisches Weltbild mit ErdSCHEIBE.

ptolemäus sah die erde als kugel.
http://www.gelit.de/mmm/complex/abbildungen/ptolemae…

gruß
ann

Jetzt weiß ich schon einiges mehr. Also war dies alles schon lange vor dem 13.Jahrhundert bekannt. Aber wieso wird Kopernikus dann immer so stark hervorgehoben? Weiß denn hier noch irgend jemand etwas über Hugo von Langenstein und die „Mainauer Naturlehre“?

Vielen Dank an alle!

Gruß

Christoph

Hi,

• Die neuzeitliche Physik des 16. Jahrhunderts steht auf dem Boden des antiken Weltbildes der Griechen, für dessen Überlieferung v.a. die Schriften Aristoteles (384-322 v.Chr.) einstehen. Ihm zufolge ruht die Erde im Mittelpunkt des Weltalls. Alles, was Welt ist, das ist von kristallenen Himmelssphären umgeben. Außerhalb dieser Sphäre ist nichts, also auch kein Raum, denn laut Aristoteles gibt es keinen leeren Raum (horror vacui). Eine weitere, zentrale aristotelische Lehre war, dass sich jeder Körper oder jedes der vier Elemente Erde, Wasser, Feuer und Luft zu seinem natürlichen Ort hin bewegt und dort zur Ruhe kommt. Weil nun aber die Kristallsphären sich unendlich bewegen, müssen sie aus einem fünften Element bestehen, der quinta essentia, dem Äther. Diese Kosmogonie beschrieb die Welt vollständig, sie war eine sich in ihren Einzelsätzen gegenseitig stützende, umfassende Lehre, was eben auch ein Grund für die Schwierigkeit ihrer Hinterfragung bildete.
• Die Idee eines geozentrischen Universums geht, so man eine Geschichte von Personen schreibt, auf Claudius Ptolemäus (He mathamatike syntaxis, heute Amalgest genannt) zurück, ein Grieche aus dem Alexandria des zweiten Jahrhunderts n.Chr. In diesem Modell der Welt steht die Erde still, alle anderen Himmelskörper bewegen sich um sie herum. Eines seiner Argumente für dieses Modell lautete: Da, wie Aristoteles versichert hatte, alle Körper zum Mittelpunkt des Universum fallen und ersichtlich alle Körper auf der Erde zu deren Mittelpunkt, so muss sich die Erde folglich im Mittelpunkt des Universums befinden.
• 1543 wurden die De revolutionibus orbium coelestium des Nikolaus Kopernikus veröffentlicht, ein Planetenmodell, das von einer ortsfesten Sonne ausging. Movens dieser Schrift waren Schwierigkeiten, die immer genauer werdenden Beobachtungen der Planetenpositionen mithilfe der Epizykeltheorie zu erklären. Noch Galilei, dessen Teleskop das kopernikanische Modell eindeutig zu verifizieren verhalf, verfasste seine Schriften bekanntermaßen in vehementer Auseinandersetzung mit der kirchlichen Doktrin.

Zu Lebzeiten des Eratosthenes (275 - 195 a.D.) im antiken Griechenland galt die Meinung, die Erde ist eine Scheibe. Während seines Aufenthaltes in Ägypten hatte Eratosthenes nach langen Beobachtungen bewiesen, dass die Erde keine Scheibe, sondern eine Kugel ist.
Dazu dienten ihm 2 Obelisken, einer davon in Assuan, der andere in Alexandria. Der Obelisk in Assuan stand am nördlichen Wendekreis der Sonne, sodass am Tag der Sommersonnenwende zur Mittagszeit ihre Strahlen genau senkrecht auf ihn trafen und der Obelisk keinen Schatten warf. Dagegen zeigte der in Alexandria stehende Obelisk am selben Tag und zur selben Zeit einen Schatten. Daraus leitete Eratosthenes ab, dass die Erde eine Kugel ist.

1991 hat die katholische Kirche eingeraeumt, dass Galilei doch recht hatte. Immerhin!!!

Peter

Hallo zusammen!

Bisher hatte ich immer angenommen, dass Kopernikus derjenige
gewesen ist, der festgestellt hat, dass die Erde keine Scheibe
sondern eine Kugel ist. Gestern bin ich bei www.historik.de
auf Ausführungen gestoßen, die nahe legen, dass dies schon
vorher bekannt war.

Ausgangspunkt war die Frage, wieso zu den Reichsinsignien auch
der Reichsapfel gehörte, der die ErdKUGEL darstellen sollte,
obwohl man zu diesem Zeitpunkt noch davon ausging, dass die
Erde eine Scheibe ist. In diesem Zusammenhang wurde auf einen
Mönch namens Hugo von Langenstein verwiesen, der bereits im
13.Jahrhundert schriftlich festgehalten haben soll, dass die
Erde eine Kugel ist. Das entsprechende Buch hieß „Mainauer
Naturlehre“ und wurde wohl auf der Insel Mainau, jedenfalls
aber in der Bodenseegegend, verfasst. Ich habe bei Google auch
einiges zu diesem Hugo von Langenstein gefunden. Diese Seiten
beziehen sich aber hauptsächlich auf den literarischen Wert
seiner Texte. Lediglich eine Site, die ich bis jetzt ausfindig
machen konnte, bezieht sich auf die „Mainauer Naturlehre“. Zu
der Kugelgestalt der Erde findet sich dort aber kein Hinweis.
Es geht eher um allgemeine Betrachtungen zur Zeitrechnung.
Außerdem wird in dieser Hausarbeit die Autorenschaft des Hugo
von Langenstein in Frage gestellt.

Deshalb habe ich folgende Fragen:

  1. Weiß jemand Näheres über diesen Hugo von Langenstein?
  2. Wurde von ihm oder jemand anderem bereits vor Kopernikus
    die Behauptung aufgestellt, die Erde sei eine Kugel?
  3. Gibt es andere Deutungen für das Symbol des Reichsapfels
    als die Kugelgestalt der Erde?

Für Eure Antworten danke ich schon einmal im Voraus!

Gruß

Christoph

Heureka!
Hallo Carsten,

ich hab’s gefunden:

αλλα μην και τον ουρανον πρωτον ονομασαι κοσμον και την
γην οτρογγυλην ως δε Θεοφραστος Παρμενιδην ως δε Ζηνων Ησιοδον

Herzlichen Dank.

Thomas Miller

1 Like

Ja, ja, die abendländliche Geschichtsschreibung :wink:

Soweit ich weiss, waren sogar die Griechen nicht die Ersten (bezogen auf schriftliche Quellen), welche von einer Erdkugel ausgingen. So hat z. B. die jüdische Gelehrte Hillel der Grosse (500 v.d.ü.Z.) schon eine Kalenderberechnung angestellt, in welcher die Erde (als Kugel) um die Sonne kreist und der Mond um die Erde.

Auch in der arabischen Welt war die Erde noch nie eine Scheibe, sondern immmer eine Kugel und selbst der Bau der Pyramiden legt nahe, dass die Ägypter bei ihren Berechnungen die Erde als Kugel auffassten.

Somit werden wir hier wohl nicht klären können, wer der Erste war - aus meiner Sicht auch unwichtig. Aber nur im Christentum kam aus Glaubensgründen die Idee auf, dass die Erde als Mittelpunkt eine Scheibe ist. (Wäre spannend ob es auch hier noch andere gab?!)

Schalom,
Eli

Hallo Elimelch!

Was für Glaubensgründe waren das denn? Ich bin nicht besonders bibelfest. Aber mir fällt keine einzige Stelle im NT ein, in der sich Jesus zu Himmel und Erde im physikalischen Sinne äußert.

Die- so weit ich sehe- einzige Stelle in der gesamten Bibel, in der es um die physikalische Natur von Himmel und Erde geht, ist der Schöpfungsbericht in der Genesis, also im AT. Aber auch dort findet man kein Wort, dass die These untermauern würde, die Erde sei eine Scheibe und die Sonne drehe sich um die Erde.

Es bleibt also festzuhalten: Im NT, der eigentlichen Grundlage für die Entstehung des christlichen Glaubens, finden sich überhaupt keine Anhaltspunkte für einen christlichen Glaubenssatz über die physikalische Beschaffenheit des Weltalls und die Aussagen, die die Genesis im AT liefert, wurden von der jüdischen Religion niemals zu einem Dogma erhoben; schon gar nicht zu einem Glaubenssatz, wie ihn die katholische Kirche über 1500 Jahre aufrecht erhalten hat.

Ich kann mir nicht erklären, wieso so eindeutige Erkenntnisse aus vorchristlicher Zeit von der Kirche ignoriert wurden. Denn es gibt dafür meiner Ansicht nach weder einen religiösen noch einen machtpolitischen Grund. Ich werde die Frage deshalb jetzt auch ins Geschichtsbrett stellen.

Gruß

Christoph

Sorry! Ich meine natürlich ins Brett „Ethik und Religion“

Gruß

Christoph

Es gibt einen Grund:
Die Kirche sah und sieht den Menschen als die Krone der Schoepfung. Und dieses erlesene Wesen kann doch nicht irgendwo am Rande des Weltalls leben und sich dabei noch um andere drehen. Undenkbar, dass so ein elitaeres Wesen wie der Mensch nicht im Mittelpunkt steht.

Peter

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo, Christoph!

Zu Hugo von Langenstein fällt mir auch nichts ein, aber zu Kopernikus kann ich dir folgendes zitieren:

„Die Bedeutung des Kopernikus liegt nicht in einem herioischen Leben oder einem mutigen Kampf gegen die Ignoranten seiner Zeit. (…) Kopernikus’ Vorstellungen stießen überall auf reges Interesse. Seine wichtige Leistung liegt darin, die Denkgewohnheiten von Jahrhunderten aufgebrochen zu haben. Die Idee, daß sich die Erde um die Sonne dreht, hatte schon der Grieche Aristarch 300 Jahre vor Christi Geburt entwickelt, aber sie war vollständig in Vergessenheit geraten und von der biblischen Überlieferung, die das geozentrische Verständnis zu bestätigen schien, verdrängt worden.“

„In der Konsequenz des kopernikanischen Weltsystems wird aus einer Erde, die feststeht und das Zentrum der Weltordnung bildet, ein rotierender Planet im Banne der Sonne, der mitsamt seinen Bewohnern vor dem Hintergrund eines unendlichen Universums zu völliger Bedeutungslosigkeit herabsinkt. Mit Kopernikus beginnt die Neuzeit. Glaube und Wissenschaft werden zu unversöhnlichen Gegnern, deren Auseinandersetzungen sich bins in die Gegenwart erstrecken, und der Mensch verliert die Überzeugung, Höhepunkt der Schöpfung zu sein. Die Frage nach der Stellung des Menschen im Kosmos und dem Sinn seiner Existenz hat durch Kopernikus erst ihre volle Schärfe bekommen, und ist weiterhin offen.“

Zitate aus: Anna Rüther-Lázaro/Werner Ripper, sgd-Lehrheft Geschichte, Bd. GAB00 „Mittelalter und Renaissance“

Vielleicht hilft dir das schon ein wenig weiter?

Grüßlis vom
Sams

Hallo Sams!

Danke! man muss es, glaube ich, wirklich mehr unter dem Aspekt sehen, dass durch Kopernikus das Ende des mittelalterlichen Denkens vorbereitet wurde. Die Leistung liegt also nicht in einer Neuentdeckung sondern in einer Wiederentdeckung, die Voraussetzung für viele andere Neu- und Wiederentdeckungen war.

Gruß

Christoph

Hallo nochmal,

Django hat unten schon Anaximander erwähnt. Ich habe mir den Text mal angesehen. Er nennt die Erde „schwebend“ und „beharrend“, vor allem aber „rund“ und „gewölbt“, allerdings vergleicht er sie mit einem Säulensegment aus Stein: „Wir stehen auf der einen Grundfläche, die der anderen gegenüberliegt.“ Es scheint sich also nicht ganz um eine Kugel zu handeln, aber immerhin. Die Stelle findest du wiederum bei Diels/Kranz (12 A 11). Früher als Anaximander geht es allerdings schon fast nicht. Laut Diogenes Laertius ist Anaximander um 618 v. Chr. geboren.

Herzliche Grüße

Thomas Miller