'Der Misanthrop' von Bruegel

http://www.reproarte.com/Kunstwerke/Pieter+d.+%C3%84…

Wer kann mir Näheres zu diesem Bild sagen?
Mich interessiert weniger die Maltechnik, sondern nur die dargestellte Szene. Warum wurde dieses Motiv gewählt und wer und was ist darauf zu sehen?
Was bedeutet der Spruch darunter und wie steht er mit dem Bild in Zusammenhang.
Finde überhaupt keine Infos.

Tausend Dank.
meta

Hallo Meta,

der kapuzentragende Misanthrop will nichts von seinen Mitmenschen sehen und wissen.
Zugleich wird er von einem Mitmenschen
(in einer Glaskugel = Vanitas/Vergänglichkeit)
beraubt, also hat ihm seine Absonderung nur eine „Selbstbestrafung“ gebracht.
Text sinngemäss:
Weil die Welt schlecht ist, trauere ich.
Im grunde: Self fullfilling prophecy :wink:

mfg:stuck_out_tongue:it
(Gelegenheits-Misanthrop)

'Om dat de Werelt is soe ongetru …
… Daer om gha ic in den ru"

finde ich gerade in der grossen Bruegel-Monographie von Jedlicka,
was er übersetzt mit:
Weil die Welt so treulos ist, lege ich Trauer an.

Jedlicka geht über den „Sprichwort“-Charakter hinaus
und interpretiert Richtung „Scheinheiligkeit des Mönchs“,
Mönch als Heuchler, der in der Zurückgezogenheit sein Geld sichern will.
Details: Vor dem Mönch Fussangeln, Geldbeutel in Herzform,
schwarze und weisse Schafe usw- bei Bruegel ist jedes Detail wichtig …

Guckstu: Gotthard Jedlicka : Pieter Bruegel; Rentsch-V; 1.A; 1938; Zürich; S.352 ff.
jetzt auch in eBay by me :wink:

mfg:stuck_out_tongue:it

1 Like

Ok, danke schonmal für die Antwort.
Anscheinend gibt es über dieses Bild wirklich eher Interpretationen als überliefertes Wissen.
Danke jedenfalls für den Hinweis mit den Schafen, das wäre mir nicht aufgefallen.
Ich frage mich halt, ob hier wirklich ein Moralansatz vorliegt.
Ansonsten müsste doch der Kapuzenmann auch irgendwie mit einer Art „Schuld“ dargestellt sein, Gebrochen sein allein ist doch noch keine Sünde und ist berechtigt wenn der Satz zutrifft „Weil die Welt schlecht ist, trauere ich.“
Ein Internetkollege hat den Satz übrigens übersetzt mit:
„Weil die Welt so ungetreu ist, darum gehe ich in die Ruhe/in den Ruhestand“ woraufhin ich vermutete, dass der Herr (der mir übrigens mehr als sympatisch ist) dass er sich gar umbringen will oder zumindest das Weite sucht.
Ja Glas ist ein Vanitassymbol, aber die Kugel doch das genaue Gegenteil oder? und warum dann das Kreuz?
Als Hypocrit könnte ich allerdings hier nur den Bauernbengel bezeichnen, der obwohl wahrscheinlich frommer Christ, zum Dieb wird.
Ob der Kapuzenmann nun Mönch ist, weiss ich nicht zu sagen. Ich leide jenenfalls mit ihm, denn kein wahrhaftiger Gott würde seine Gerechtigkeitsphantasien auf diese Art ausleben.
Ich möchte gern wissen welches Verhältnis Breugel zur Kirche hatte…

Hallo meta,

Jedlicka spricht von einem vordergründig simplen,
aber doch „hinterhältigen Bild“,
er sagt: Der Mönch ist ein Heuchler,
der seine Pfründe in Sicherheit bringen will,
aber dann doch von der Welt bestohlen wird.
Ähnlich der zeitgenössische kritische Sprichwortzyklus von Hieronymus Wierix,
mit 2 Stichen „Geiz der Mönche“; auch da wird ein Mönch bestohlen,
mit längerem Sprichwort-Text, also schon

überliefertes Wissen

guckstu Jedlicka, S. 501 Anmerkungen
Tolnai und Romdahl interpretierten ähnlich kirchenkritisch.

Die Zeit der Reformation in den Niederlanden hat
Katholizimus, Calvinismus und Lutheranertum
sowie verschiedene Sekten
mit jeweils verschiedenen politischen Ansätzen
nebeneinander existieren lassen;
Ergebnis: Chaotische Atmosphäre.
Zu den calvinistischen Bilderstürmern ist Bruegel
wahrscheinlich als flämischer Antipode,
nämlich als leidender Katholik zu sehen :wink:

mfg:stuck_out_tongue:it
(Agnostiker)

Hallo meta,
ein Misanthrop ist ein Menschenfeind, welcher auf dem Gemälde von Bruegel als weltabgewandter Einsiedler mit einem Geldsack dargestellt wird. Die Person, welche in der (Welt)Kugel gefangen ist, verkörpert die Eitel- und Schlechtigkeit der Welt. Die Scheinheiligkeit, weshalb der Mönch überhaupt einen Geldbeutel besitzt und die Moral nicht der Boshaftigkeit der Welt entfliehen zu können, ist auch eine Szene in den „Niederländischen Sprichwörtern“. Welche Rolle der Schäfer (als stiller Betrachter im Hintergrund) hat, ist nicht klar. Vielleicht soll die ländliche Idylle im Kontrast zu der betrügerischen Szene im Vordergrund stehen.