Schule

Liebe/-r Experte/-in,
heute gab es bei uns Halbjahreszeugnisse und ich habe mich wirklich geärgert. Die Klassenlehrerin unserer Tochter scheint nicht ganz das sprachlich wiedergeben zu können, was sie eigentlich denkt. Unsere Tochter geht in die 3. Klasse und ist eher ruhig in der Schule, hat aber viele Freunde und an Noten nur 1 und 2. Nie schlechter. Die Lehrer sind auch alle sehr gut auf sie zu sprechen, ich habe nie Beschwerden bekommen oder mal etwas Negatives gehört. Daher sind wir jedes Mal überrascht, wenn dann das Zeugnis kommt. Wie würden Sie folgende Passagen deuten? Ich habe in den (…) meine Deutung dazugeschrieben. So würde ich es werten, wenn dies eine Personalbeurteilung wäre, welche ich sehr oft an der Arbeit schreibe.

„Sie hat guten Kontakt zu Klassenkameraden, verhält sich diesen gegenüber besonnen und verträglich. (Sie schlägt nicht um sich.)Ihr Verhältnis zu Lehrern ist unbeschwert, sie sucht häufig persönlichen Kontakt. (Sie nervt die Lehrer mit persönlichen Gesprächen.)Um sich auf neue Lerninhalte einzustellen benötigt sie Übung und Erklärung. (Ist das nicht Normal? Sind Lehrer nicht dazu da neue Dinge zu erklären?)Schriftliche Arbeiten fertigt sie zuverlässig aber manchmal nicht ganz fehlerfrei an. (Wie gesagt, sie hat einen Notendurchschnitt von 1,1. Ist nun nichtmal mehr der kleinste Fehler erlaubt?) Nach mehrfacher Übung fertigt sie Matheaufgaben fast fehlerfrei an. Sie braucht gelegentlich Hilfe. (Darf man nicht mehr mehrfach üben? Ist um Hilfe bitten etwas schlechtes?) Durch großen häuslichen Fleiß konte sie ihre Leistungen stabilisieren und verbessern. (Dazu sind doch Eltern da.) Sie bemüht sich innerhalb der Jahrgangsmischung selbstständig zu arbeiten, braucht aber Hilfe und Anleitung. (Ein Vogelhäuschen kann nunmal nicht jeder selbstständig ohne Anleitung bauen…)“

Was halten Sie von diesem Text? Für mich klingt das nach Durchschnittsnote 3 bis 4. Jede Oma die das Zeugnis gelesen hat war sprachlos. Wenn ich mir die anderen Kinder in der Klasse ansehe und mit den Eltern spreche, dann gehört unsere Tochter zu den Besten und Beliebtesten. Darauf sind wir sehr stolz, weil sie nicht zum Aussenseiter trotz der guten Noten wurde. Ich finde aber, dass das im Zeugnis überhaupt nicht wiedergespiegelt wird. Es klingt eher so, dass sie keine Freunde hat und nur mit Mühe und Not den Stoff schafft. Was denken Sie darüber?

Vielen Dank und viele Grüße
Anja

Hallo Anja,

es ist sehr schwierig dazu eine „Ferndiagnose“ zu stellen. Die beste Lösung wird es sein, sich mit der Lehrerin und jemanden der beide Seiten verstehen kann zusammen zu setzen.
Da Sie wohl nicht in NRW sind, kann ich Ihnen nur anbieten sich bei mir zu melden und wir versuchen es telefonisch weiter zu klären.

Die Formulierungen in den Zeugnissen finde ich generell sehr schwer - Lehrer sind keine Personaler und haben daher nicht wirklich gelernt Feedback in der Form zu geben. Damit mag es nur ein schwacher Trost sein, da Sie die Formulierungen anders lesen, aber hier hilft ein klärendes Gespräch sicher.

Und - wie beim Einschulungsgottesdienst meines Ältesten in die Sekundarstufe 1 gesagt wurde:
Lehrer sind auch einfach Menschen :smile:

Herzliche Grüße

Sabine

Vielen Dank. Dann werden mir mal ein Gespräch mit der Lehrerin und den Schulsprechern vereinbaren.

Du hast eine Super-Tochter!
Liebe Anja

Wenn das meine Tochter wäre, wäre ich riesig stolz auf sie.

Weisst du, du kannst hinter jedem Satz noch etwas finden, wenn du suchst. Ich finde, du hast eine Super Tochter. Ich glaub gar, sie hätte verdient, dass du sie in ein Lokal ihrer Wahl zu einem feinen Essen einladen würdest. Sozusagen als Zeugnisfest.

Noch etwas zu dir.

Ich vermute, dass du eine etwas reifere Mutter bist und deine Tochter ein Einzelkind. „Loslassen“ ist für dich etwas Schwieriges. Aber ich denke, dass du es immer besser schaffen wirst.

Ich würde dir das gönnen! Vielleicht höre ich ja noch etwas von dir.

Mit freundlichen Grüssen

Daniel Zillig

Ich höre mich an wie eine reife Mutter? Nunja, ich bin 27 und gerade kurz vor der 2. Geburt. Also knapp daneben.

Wir waren gestern mit ihr in ihrem Lieblingsrestaurant, weil wir wirklich stolz auf sie sind.

Vielen Dank und herzliche Grüße
Anja

verbale Beurteilung
Liebe Anja,

ich denke nicht, dass Sie Personalbeurteilungen, in denen man die Übereinkunft getroffen hat, nie etwas negativ zu formulieren, mit einer verbalen Beurteilung in Grundschulen vergleichen dürfen.

Verbale Beurteilungen in Schulen dienen den Schülern und Eltern zur Information über den aktuellen Leistungsstand des Kindes. Daher halte ich es für sinnvoll auch Dinge, in denen das Kind noch Defizite hat, anzusprechen. Nur so kann eine Weiterentwicklung vonstatten gehen.

Im Falle Ihres Kindes sehe ich die Beurteilung keineswegs so negativ. Ich versuche mal eine neue Interpretation:
„Sie hat guten Kontakt zu Klassenkameraden, verhält sich diesen gegenüber besonnen und verträglich.“
neue Interpretation: Ihre Tochter ist gut in die Klassengemeinschaft integriert, agiert überlegt statt impulsiv („besonnen“) und gerät selten bis nie in Konflikte.

„Ihr Verhältnis zu Lehrern ist unbeschwert, sie sucht häufig persönlichen Kontakt.“
neue Interpretation: Ihre Tochter wird von Lehrern nie gerügt oder gar geschimpft und erzählt ihren Lehrern gerne von ihren Erlebnissen z.B. vom Wochenende, Urlaub und von den Ferien.

„Um sich auf neue Lerninhalte einzustellen benötigt sie Übung und Erklärung.“
Hier drückt sich die Lehrkraft ungeschickt aus. Ich halte dies für eine Füllfloskel. Irgendwas muss man schließlich in den Text reinschreiben. Selbstverständlich ist es normal, dass Kinder nicht von sich aus sofort alles begreifen. Dieser Satz bedeutet für mich lediglich, dass Ihr Kind vielleicht nicht unbedingt einen IQ von 150 hat (wer hat den schon) sondern völlig normal begabt ist.

„Schriftliche Arbeiten fertigt sie zuverlässig aber manchmal nicht ganz fehlerfrei an“
Auch hier finde ich das ganz normal. Fehler sind selbstverständlich erlaubt. Ich finde aber hier keinerlei Vorwürfe der Lehrkraft Ihrer Tochter gegenüber.

usw.

Allgemein hätte sich die Lehrkraft etwas konkreter ausdrücken können. Die Beurteilung lässt sehr viel Spielraum für Interpretationen. Leider werden Lehrer nur wenig darin geschult, verbale Beurteilungen richtig zu formulieren.

Ihre Reaktion und jene der Omas ist für mich jetzt aber auch nur schwer nachzuvollziehen. Sie kennen ja Ihre Tochter gut. Wieso diese negative Interpretationen?

Falls Sie dennoch Zweifel haben, würde ich mit dem Zeugnis ganz konkret zur Lehrkraft gehen und Ihre Zweifel ansprechen. Oft sind sich Lehrer gar nicht bewusst, wie anders Ihre Beurteilungen interpretiert werden können. Wenn es sich um eine gute Lehrkraft handelt, wird er/sie das Gespräch mit Ihnen zum Anlasse nehmen seine/ihre Beurteilungspraktiken neu zu überdenken.

Ich hoffe ich konnte Ihnen ein wenig weiterhelfen.

liebe Grüße

Birgit

Liebe Anja,

geht deine Tochter in die 3. Klasse Volksschule? (bei uns in Österreich geht es nach der 4. Klasse Volksschule wieder mit der 1. los und zwar Gymnasium oder Hauptschule)
Ich nehme es an, weil die verbale Beurteilung später nicht üblich ist.
Also meine Meinung dazu: Ich selber bin der verbalen Beurteilung gegenüber eher skeptisch, weil es eben mehr Interpretationsspielraum gibt als bei Noten.
Bei uns gibt es meist nur in der 1. Klasse verbale Beurteilung, dann immer nur Noten.

Ein objektives Beurteilungssystem gibt es nicht und meist klingt die verbale Beurteilung viel härter als es Noten tun würden.
Für mich klingt es nicht so schlimm, wie es sich für sie darstellt. In Noten umgelegt würde ich sagen 1-2.

meine töchter hatten in der 1. klasse auch verbale beurteilung und auch ich war so wie sie nicht darüber begeistert, weil ich es ganz anders formuliert hätte. als dann die nächsten zeugnisse mit noten gegeben wurden, hatten beide immer lauter einser.
also: nicht so ernst nehmen, nichts heraushören, was nicht dasteht. und ihr kind viel loben…

liebe grüße, christine

Hallo Anja,
bei Schulfragen sollt immer das Bundesland angegeben werden, da Unterricht und Kultus Ländersache ist. Vorher kann man keine Meinung abgeben.
Vielen Dank
Supercooki

Liebe Anja,
ein Schulzeugnis ist keine Personalbeurteilung. Wenn die Bemerkungen der Lehrerin so gemeint wären, wie Sie sie interpretieren, hätte sie es ganz anders formuliert. Ein Zeugnis soll nicht wie eine Personalbeurteilung vor allen Dingen „zwischen den Zeilen“ zu lesen sein, sondern eindeutig den Entwicklungsstand des Kindes widerspiegeln.
Mein Tipp ist: Suchen Sie das Gespräch mit der Lehrerin, sie wird Ihnen sicher erklären können, aus welchen Beobachtungen im Unterricht sich diese Bemerkungen ergeben haben.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Tochter alles Gute!
Barbara

Hallo Anja,

sorry, dass ich mich jetzt erst melde. Und dann auch noch mit der Nachricht, dass ich mich hierzu eigentlich nicht äussern kann. An unserer Schule (Freie Aktive Schule) gibt es keine Noten und keine Bewertungen insofern kann ich nur mutmassen, was Deine Probleme anbelangt. Da gibt es sicher bessere Auskunftspartner als mich.

Viele Grüße und sorry, dass ich nicht weiterhelfen kann.
Vera