Hallo Alexander,
als Vermögensberater kannst Du richtiges Geld verdienen, wie in vielen anderen Berufen auch. Der Weg ist aber immer ähnlich: Gediegene Ausbildung (damit meine ich kein Wochenend-Seminar), hineinwachsen in den Beruf, Erfahrung sammeln, weiterbilden. Das dauert je nach Tätigkeit (viele) Jahre.
Die Leute, die ihre ursprünglichen Zukunfts- und Studienpläne an den Nagel hängen, um mit einem tollen System direkt nach dem Abitur ans große Geld zu kommen, sind naive Opfer. Sie sind Opfer bunter Werbebroschüren, die eigentlich immer ähnlich aufgemacht sind und ähnliche Begriffe verwenden. Irgendwo ist immer ein erfolgreiches Team dabei und irgendwo das Bild eines Modelltypen, höchstens Mitte 20 in Schlips und Kragen, das Ganze ergänzt durch ein Cabrio vor südlicher Sonnenkulisse. Man weiß natürlich nicht, ob der Typ auf dem Foto überhaupt lesen und schreiben kann und das Cabrio von Sixt stammt. Dieser Köder hat mit Vermögensberatung ungefähr so viel zu tun, wie der Marlboro-Cowboy mit grenzenloser Freiheit.
Unter Vermögensberatung tummeln sich im harmloseren Fall Verkäufer von Kapital-Lebensversicherungen, im weniger harmlosen Fall werden schwarze Löcher verkauft, in denen Anlegergeld auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Alle reden dabei von Steuervorteilen, haben aber nicht die geringste Ahnung, was das überhaupt ist.
Daneben gibt es Vermögensberater, die ihrem Namen gerecht werden und auch überdurchschnittlich viel Geld verdienen können. So ein Vermögensberater sitzt z. B. einem 60-jährigen Betriebsinhaber gegenüber, der zukünftig kürzer treten möchte, der sich Gedanken über seine Firmenimmobilie macht, einen Nachfolger sucht, Versorgungs- und Rentenmodelle durchdenkt, dabei auch steuerliche Aspekte, Erbschaftsangelegenheiten berücksichtigt und und und… Das kann ein beliebig komplexes Thema sein. Dieser Kunde wird nicht einmal bereit sein, mit dem Jungspund zu sprechen, weil er zu Recht davon ausgeht, daß der mangels Lebenserfahrung und Ausbildung überhaupt keine Ahnung haben kann, wovon die Rede ist. Der Berater hat z. B. eine fundierte Ausbildung in einem steuerberatenden Beruf hinter sich, hat irgendwann eine Banklehre gemacht, kennt sich im Immobiliengeschäft aus und besitzt die erforderlichen Kenntnisse des einschlägigen Rechts und ist über die Details der Anlageformen bei in- und ausländischen Fonds und Gesellschaften bestens und aktuell informiert. Wohlgemerkt besitzt er nicht Kenntnisse aus einem der genannten Bereiche, sondern aus sämtlichen, sonst ist er in dem Job eine Fehlbesetzung. Er wird nur müde lächeln über die Abiturienten, denen man an einem Wochenende in einem gemieteten Saal des Hotels Maritim am Timmendorfer Strand bunte Blätter in die Hand gedrückt hatte und motivierende Kampfparolen trainierte.
Setze Dir ruhig das Ziel, irgendwann als Vermögensberater tätig zu sein. Gehe diesen Weg, aber gehe ihn über eine Ausbildung, schaffe erste Grundlagen über ein Studium. Wenn Du dann richtig gut bist, hast Du vielleicht mit 40 Jahren auch einen Kontoauszug mit 10.000 DM netto im Monat. Ganz sicher nicht als Festgehalt, das entspräche nämlich rd. einer Viertelmillion brutto p. a., aber bei einem Einsatz von 40 bis 80 Wochenstunden einschließlich der Wochenenden kannst Du das schaffen, wenn Du dann Deine Prioritäten nicht längst anders gesetzt hast.
Ein jedes Einkommen wird nur verdient, wenn jemand bereit ist, für die erbrachte Leistung zu bezahlen. Frage Dich einmal selbst, welche Fähigkeit und Dienste eines Abiturienten jemanden veranlassen könnten, 10.000 DM netto zu bezahlen. So viel Realitätssinn solltest Du haben, um zu beurteilen, daß das schon bei 1.000 DM einiger Mühe bedarf.
Gruß
Wolfgang