War Hegel wirklich ein Spinner?

Hallo liebe Leute

Ich hoffe sehr, dass diese Frage nicht wieder in einen langen Kampf
zwischen Frank und Thomas fuehrt, befuerchte es aber. Trotzdem:

Ich habe bisher nur ganz wenig von Hegel gelesen, alles zusammen
vielleicht zwei A4-Seiten. Jedesmal war ich fasziniert, wie es einem
Menschen gelingen kann, so in meiner Muttersprache zu schreiben, dass
ich nichts verstehe. Einen Auszug aus „Phaenomenologie des
Geistes“ zeigte ich auch anderen Leuten und jedesmal das gleiche
Staunen und Zweifeln am eigenen Verstand. Ich habe auch versucht,
mich ueber Lexikon-Artikel ueber die Grundelemente Hegelscher
Philosophie zu informieren, aber ausser dem biografischen Teil konnte
ich nicht viel verstehen. Komisch, andere Philosophen sind doch auch
nicht so schwierig.
Schopenhauer, den ich zumindest sprachlich gut verstehe, verspottete
Hegel ja bei vielen Gelegenheiten. Auf der Rueckseite der
Reclam-Ausgabe von David Humes „Eine Untersuchung über die Prinzipien
der Moral“ (ein sehr gutes Buch, wie ich finde) steht ein
Schopenhauer-Zitat, das etwa so geht:
„Auf jeder Seite Humes kann man mehr lernen, als aus saemtlichen
Schriften Schellings und Hegels zusammengenommen“
Nun habe bin ich bei Poppers „The open society…“ erst am Anfang der
Kritik an Hegel, aber eins hat Popper schon klargestellt: Hegel war
ein Scharlatan. Er zitiert auch einen Brief Hegels, in welchem er
zugibt, das er selbst seine Philosophie nicht glaube (zumindest seine
Naturphilosophie) und dass er diese unverstaendliche Sprache nur
anwende, damit keine merke, dass er nichts zu sagen habe. Diese
Methode, die Leute zu „verhexen“ habe er sich bei Schelling
abgesehen.
Wenn das stimmt, dann ist das wie bei „Des Kaisers neue Kleider“:
Keiner versteht etwas, aber niemand gibt es zu.
Der Ruhm und Einfluss Hegels gruende sich laut Popper auf den Zufall,
dass Hegel sehr von der preussischen Regierung protegiert wurde.
Nun kann ich mir allerdings nicht vorstellen, dass alles Schwachsinn
sei, was Hegel geschrieben hat, aber bei dem meisten, glaube ich es
schon.
Was meint ihr dazu?

Gruss, Tychi

Kopfzerbrechen über Hegel
Hi Tychi,

ja, Hegel ist schwer. Aber was würdest du von einem Pianisten denken, der in seiner Virtuositätsentwicklung gerade auf dem Level Mozart-Sonatinen steht, sich an die h-moll-Sonate von Liszt macht, daran verzweifelt und den Schluß zieht, Liszt sei ein Spinner?

Jedesmal war ich fasziniert, wie es einem Menschen gelingen kann, so in meiner Muttersprache zu schreiben, dass ich nichts verstehe.

Das ist eigentlich nur für Leute verwunderlich, die nicht sehen wollen, daß Philosophie eine Wissenschaft ist und somit etwas, in das man sich in jahrelanger Mühe einarbeiten muß.

Es gibt keinerlei Grund, weshalb Philosophie einfach sein müsse. Daß das gemeint wird, liegt oft daran, daß man „Philosphie“ nicht im Sinne der Wissenschaft versteht, sondern in jenem umgangssprachlichen Sinne, den ich in dem Artikel
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
[siehe Brettbeschreibung]
einmal umrissen habe.

Du weißt als Physiker, daß jedes Lehrbuch über ART Kenntnisse in Tensorrechnung und Differentialgleichungen voraussetzt. Mit einzelnen Schriften von Philosophen ist das genauso: Sie setzen einiges voraus an Kenntnissen der Begriffsgeschichte und Problemgeschichte. Und darüber hinaus entwickelt jeder Philosoph auch ein eigenes Vokabular, das man zugleich lernen und beherrschen muß.

Einen Auszug aus „Phaenomenologie des Geistes“ zeigte ich auch anderen Leuten und jedesmal das gleiche Staunen und Zweifeln am eigenen Verstand.

Zeig einem Physik-Erstsemestrigen ein Kapitel aus Ralph Abraham „Foundations of Mechanics“ und du wirst sehen, daß auch er an seinem Verstand zweifelt, da er ja erwartet, hier „Grundlagen“ zu lernen und meint, Grundlagen seien das Einfachste. Aber das ist ein Irrtum, sie sind das Ziel und nicht der Anfang einer Wissenschaft …

Ich habe auch versucht, mich ueber Lexikon-Artikel ueber die Grundelemente Hegelscher Philosophie zu informieren

… Aber tatsächlich gehört Hegel zu dem Schwierigsten auch in der Philosophiegeschichte. Und aus Lexikonartikeln allein kommt man da eher in Teufels Küche als zum Verständnis allein des Basis-Vokabulars seiner Philosophie. In manchen Passagen ist allein der Satzbau so kompliziert, daß man ohne umfangreiche Textanalyse der betreffenden Problemstellung nicht weiterkommt. Das ist schon wahr. Und fast alle bis dato gängigen grundlegenden Termini der Philosophie werden bei ihm in völlig neue Konzeptionen gefaßt - wie man in seiner Wissenschaft der Logik leicht erkennen kann.

Die „Phänomenologie des Geistes“ enthält unter seinen Schriften die extremsten Anforderungen an Virtuosität und Kohärenz im Denken. Und das gilt vor allem darin für die ca 50-seitige „Vorrede“, die man als die Grundlage seiner gesamten Philosophie ansehen kann - ich habe einmal allein über die ersten 20 Seiten eine 4-semestrige Lehrveranstaltung gemacht.

Man erkennt daran eben, daß auch dann, wenn man die deutsche Sprache und meinetwegen auch das hier nötige Grundvokabular beherrscht, Texte dennoch sehr unterschiedlich „dicht“ formuliert sein können. Insofern hast du Recht: Derselbe mentale Aufwand, mit dem du bei manchen philosophischen Texten ganze Kapitel „erfaßt“, reicht bei Hegel manchmal nur für wenige Sätze.

Es kommt ja dazu, daß Hegel eine ganz neue „Grundlagenforschung des Denkens“ (so möchte ich es bezeichnen) entwickelt, aus der auch der Blick auf die vorherige Philosophie_geschichte_ (Hegel hat als erster eine solche verfaßt) ganz ungewohnte Perspektiven zeigt.

Daß Hegel und sein „objektiver Idealismus“ bis heute immer noch nicht konsequenzenreicher gewesen ist, liegt auch nach allgemeiner Ansicht der Hegelforschung genau an dem Schwierigkeitsgrad, den er vorlegt. Man drückt sich da gerne vorbei. Und bei den meisten selbsternannten Hegel-„Kritikern“, die sich allzu lautstark artikulierten (Schopenhauer, Brentano, vor allem Popper), kann der Hegelexperte schnell erkennen, daß diese kaum mehr als ein paar Sätze wirklich gelesen haben. Daher gilt Poppers Hegelkritik unter Sachkundigen kaum mehr als ein Treppenwitz, denn seine Auseinandersetzung mit der Hegelschen Dialektik zeigt, daß er diese nicht einmal in den Grundzügen erfaßt hatte: So haben z.B. die Begriffe „These“, „Antithese“, „Synthese“ mit der Hegelschen Dialektik nicht die Bohne zu tun und gehören noch nicht einmal zum Hegelschen Vokabular („Antithese“ kommt überhaupt nicht vor und „Synthese“ höchstens im Ggs. zu „Analyse“ und das bezieht sich meist auf seine Kantkritik).

Auch Philosophen sind manchmal denkfaul. Und darin liegt der Grund für das bisherige Schicksal der Hegelschen Philosophie. Statt sich selbst in jahrelanger Bemühung in ihn einzuarbeiten, und dann zu sehen, wie leichtgängig, elegant und brilliant er im Grunde ist und welches ungeheuere Potential in seiner „Theorie des Denkens“ vorliegt, greift man lieber die rudimentäre Kritik einiger VIP-Philosophen auf, welche Hegel auch nicht gelesen haben.

Das Kapitel „Herrschaft und Knechtschaft“ aus der PhdG ist wirklich meist das einzige, was gelesen wurde, und das reicht nicht, um zu begreifen, was Hegel mit seiner „Dialektik“ entdeckt hat.

Schopenhauer, den ich zumindest sprachlich gut verstehe, verspottete Hegel ja bei vielen Gelegenheiten.

Nun ja, das ist ja bekannt, wie entsetzlich Schopenhauer darunter gelitten hat, daß der gerade nach Berlin gekommene Hegel im überfüllten Nachbarraum seine Vorlesungen hielt, während bei ihm nur teils 3 Zuhörer saßen …

Zur Lektüre kann ich empfehlen (*räusper*):

Manfred Gies: „Einführung in Hegels Naturphilosphie“
Studienkurs für die Fern-Universität Hagen, 1989

Gruß

Metapher

Keine Sorge :smile:
Hallo Tychi,

ich werde nicht mit Frank über Hegel diskutieren. :smile:
Ich möchte nur - weil die hochinteressante und lobenswerte Veröffentlichung von Metapher (er zieht darin Parallelen zu den modernsten physikalischen Theorien) etwas schwer zugänglich ist - eine Einführung empfehlen, von der ich weiß, dass sie einigen, die auch Probleme mit Hegel hatten, den Einstieg erleichtet hat: ISBN: 3423301252 Buch anschauen . Das Buch ist zwar auch nicht ganz unproblematisch, aber didaktisch nicht schlecht - und trotzdem erschwinglich.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Tychi
Jedesmal war ich fasziniert, wie es

einem
Menschen gelingen kann, so in meiner Muttersprache zu
schreiben, dass
ich nichts verstehe.

Aber trifft das nicht auf die meisten Philosophen zu?
Manchmal könnte man meinen, es sei eine unablässige Notwendigkeit, sich unverständlich oder zumindest sehr abstrakt auszudrücken, um im Kreise der Philsophen etwas zu gelten. Und wenn man es nicht abstrakt tun möchte, hat man immer noch die Möglichkeit ins Mystische abzuwandern (abzuwabern hätte ich fast gesagt), siehe Heidegger.
Mach Dir nix draus! Ich lese nur wesentlich eiter, wenn es mich nicht tierisch zu nerven beginnt. Die schönste Sprache und den schnellsten Gedanken von den Philosophen hat für mich nach wie vor Nietzsche.
Gruß, Branden

Hallo liebe Leute

Ich hoffe sehr, dass diese Frage nicht wieder in einen langen
Kampf
zwischen Frank und Thomas fuehrt, befuerchte es aber.
Trotzdem:

Nee, ich auch nicht :o)

Ich habe bisher nur ganz wenig von Hegel gelesen, alles
zusammen
vielleicht zwei A4-Seiten. Jedesmal war ich fasziniert, wie es
einem
Menschen gelingen kann, so in meiner Muttersprache zu
schreiben, dass
ich nichts verstehe.

So gehts Thomas Miller auch bei der Lektüre von mir :frowning: Und das, obwohl bei Hegel nur das logisch negierte steht.
Ein Spinner ist er ganz und garnicht. Seine Schriften sind schön der Reihe nach geordnet vom Ursprung her bis zum Allunfassenden.
Bei Marx dagegen ist das Verständnis dieser Logik - aber deren negiertes Gegenteil - Grundsvoraussetzung zum Verständnis seiner Schriften.
Ein bBeispiel:
"C. Werden.

  1. Einheit des Seyns und Nichts.
    Das reine Seyn und das reine Nichts ist also dasselbe. Was die Wahrheit ist, ist weder das Seyn, noch das Nichts, sondern daß das Seyn in Nichts, und das Nichts in Seyn, - nicht übergeht, - sondern übergegangen ist. Aber eben so sehr ist die Wahrheit nicht ihre Ununterschiedenheit, sondern daß sie nicht dasselbe, daß sie absolut unterschieden, aber ebenso ungetrennt und untrennbar sind, und unmittelbar jedes in seinem Gegentheil verschwindet. Ihre Wahrheit ist also diese Bewegung des unmittelbaren Verschwindens des einen in dem andern; das Werden; eine Bewegung, worin beide unterschieden sind, aber durch einen Unterschied, der sich eben so unmittelbar aufgelöst hat."

Marx fasste hier zusammen aus materialistischer Sicht: „die Bewegung ist die Daseinsweise der Materie“. In dieser Aussage scheint das Sein und das Nichts von Hegel unter den Tisch zu fallen, stimmt aber nicht. Denn:

"A. Daseyn als solches.
An dem Daseyn

a. als solchem, ist zunächst seine Bestimmtheit

b. als Qualität zu unterscheiden. Diese aber ist sowohl in der einen als in der anderen Bestimmung des Daseyns zu nehmen, als Realität und als Negation. Aber in diesen Bestimmtheiten ist Daseyn eben so sehr in sich reflektirt; und als solches gesetzt

ist es

c. Etwas, Daseyendes."

Hier kommt auf den Punkt, was ich noch besser zu meinem Determinismus ausführen muß:
a. Begriffsbestimmung
b. Qualität und Quantität unterscheiden! Qualität ist einfache Negation. Quantität erkennen wir als Realität.
Sein und Nichts sind also nur die qualitativen Seiten der sich bewegenden Materie.
c. Quantität, Objekt --> Ontologie

Hegel geht nun bei seiner gesamten Logik immer vom ontologischen Begriff aus. Daher führt die Dialektik zur Sythese als Methode.
Marx dagegen ist in vollem Umfang einfach negiert. Er analysierte das Dasein als Qualitäten, nichts und Sein, in ihrer Bewegung. Als Verhältnis zwischen Nichts und Sein.

Beider sind daher sich isomorph gegenüberstehende, logisch in sich geschlossene Weltbilder, „Weltanschauungen“. Das läasst die Logik (leider) zu.
Weshalb das Weltbild von Marx hingegen weiter entwickelt ist, lässt sich leoicht erklären: wegens der Widerspiegelung, dem „sich selbst von aussen her erkennen“.
Du kannst die Welt also als Beispiel von in einem Haus sitzend betrachten, von ausserhalb eines Hauses oder auch als „Verhältnis“ zwischen inner- und ausserhalb des Hauses.
Hegel trennte mangels Widerspiegelung nicht scharf zwischen Qualität und Quantität. Also zwischen formaler und dialektische Logik - sie sind aneinander gekoppelt bei ihm. Bei Marx hingegen nicht.

Versuch ihn jetzt mal neu zu lesen :smile: I.d.R. kann man nur einen von beiden „vernünftig“ verstehen. So, wie sich die eigene Denkweise entwickelt hat.

Gruß
Frank

Hallo Tichy

Überhaupt alle Theorien sind ausgedacht. Alles was wir über die welt sagen, enstatmmt unserer Erfindungskraft, denn wir haben die Sprache Erfunden, ebenso wie Atombomben, und Shakespears Dramen - alles ausgedacht. Ersponnen und erfunden. Theorien sind Artefakte keine Naturdinge. Was nicht heißt alles wäre falsch oder oder unnütz. Lese Hegels Phil mal mit dieser Überlegung im Hinterkopf - was er geschrieben hat ist doch schön erfunden, oder? Dennoc wurde Hegel meinest erachtens zu Lebzeiten hoffnungslos überschetzt, so wie sein Spezialfreund Shopenhauer heutzutage so überschätzt wird, wie zu Lebzeiten unterschätzt. Aber genug Polemik.

Du must aber bei der Lektüre von hegel aufpassen! Genau so wie man bei Platons, Aristoteles, Kantens, Schopis und Heideggers Lektüre aufpassen muss. Man verfällt nämlich leicht in deren Jargon. Das ist deshalb gefährlich, weil man nur das verstanden hat, was man in eigenen Worten wiedergeben kann. So wie man einen englischen Satz verstanden hat, wenn man auf deutsch sagen kann, was der Englische Satz sagte. Wenn du einen Philosophen fragts was diese und jene Textstelle bedeutet, und er antwortet dir im Jargon des Textes, dann kann er den Text schön auswendig, aber verstenden hat er nix.

Passe also gut auf, dass du immer den Test machst, alles in eignen Worten sagen zu können, was du gelesen hast. Ansonsten verfällts du in die Sprache des Autors und kannst dann weder Kritisch noch weiteredenkend lesen. Sollten sich Textstellen einfach nicht in die normale Sprache übersetzen lassen auch von mehreren Personen nicht, dann ist vorsicht geboten:
entweder der Autor hat sich igendwie in dem Satz vertan [passiert Kant hin und wieder - vergessenes Prädikat, der Hauptsatz fehlt etc.], oder aber und das ist der Fall wenn es sich um ganze Passagen handelt, es steht nicht drin im Text. Entweder weil der Autor hier alles mit wortreichen Zinnober getüncht hat, oder weil der Autor anfängt eine Art Privatsprache zu sprechen, so und jetzt können mich die Kripkeschen Wittgensteinjaner alle mal prügeln.

Viele Grüße
Martin

Hallo Tichy

Überhaupt alle Theorien sind ausgedacht. Alles was wir über
die welt sagen, enstatmmt unserer Erfindungskraft, denn wir
haben die Sprache Erfunden, ebenso wie Atombomben, und
Shakespears Dramen - alles ausgedacht. Ersponnen und erfunden.

Na na! wie kommst du auf diese absurde Idee?
Dass das was mit dem Kopf zu tun hat, ist ja richtig, aber dennoch nicht erfunden. Die Bewegungasabläufe der Natur lassen sich nicht erfinden, sie sind Voraussetzung. Wir artikulieren sie nur.

Gruß
Frank

1 Like

und der Brief?
Zunaechst ein Dankeschoen an alle, die mir geantwortet haben.
Ihr seht in Hegel keinen Spinner. Ich habe uebrigens nicht die
Ansicht, dass er einer sei, wie Metaphers erster Satz nahe legen
koennte, in welchem er mich mit einem Pianisten vergleicht, der
Mozartsonatinen spielen kann (Ich glaube, dieses Niveau habe ich noch
nicht einmal).
Ich habe nur die Frage gestellt, ob er einer sei.
Jedenfalls finde ich es sehr interessant, dass ihr alle den von mir
erwaehnten Brief ignoriert, in dem Hegel zugibt, die Leute mit seiner
Sprache ueber die inhaltliche Niedrigkeit seiner Schriften
hinwegtaeuschen zu wollen. Existiert dieser Brief wirklich, dann kann
es sein, dass ihr diesen Fakt ausblendet, weil er euch euer muehsam
erarbeitetes Hegel-„Verstaendnis“ zerstoeren wuerde. Ich bitte
deshalb,
dass ihr euch noch einmal speziell zu diesem Brief aeussert. Ein
Zitat des Briefes fehlt mir im Moment, aber vielleicht kann ich heute
Nachmittag damit dienen, wenn noetig.

Mit diesem Beitrag stelle ich niemandens Kompetenz in Frage; ich will
nur zur Reflexion ueber eventuelle Selbsttaeuschungen aufrufen, die
das Hegel-Verstaendnis betreffen. Wenn jemand sich jahrelang bemueht,
etwas sehr Schwieriges zu verstehen und wenn diese Anstrengung dann
endlich Fruechte traegt, dann verdraengt man natuerlich den Gedanken,
dass das, worum man sich bemueht hat, Unsinn sein koennte. Erst
recht, wenn dieser Gedanke von jemandem vorgebracht wird, der gar
kein Verstaendnis von der schwierigen Theorie hat. Aber das
Ignorieren des Briefes ist vielleicht ein Symptom des
eventuell vorliegenden Verdraengungssyndroms.

Gruss, Tychi

Zitat??

Hi,

dein Eifer, dich in Hegel einzuarbeiten, ist bewundernswert.

Ich will es dennoch kurz machen: Da du ja fleißig geforscht hast, wirst du wissen, wie umfangreich der Briefwechsel Hegels ist, alleine schon der aus den Jahren 1803 (Jena) bis 1820 (Berlin), die Jahre also, in denen er permanent an der Struktur der Naturphilosophie geackert hat, von den Jahren gemeinsamer Ideen mit Schelling bis zu dem radikalen Bruch zwischen ihnen 1807, bis zu der ersten Gesamtkonzeption in Heidelberg 1817 und dann zu der „vorläufig endgültigen“ Form der ersten Berliner Vorlesungen 1819 und 1821.

Da wird es dir ein leichtes sein, nicht nur:

  1. Poppers Hegel-Zitat wörtlich zu zitieren, sondern auch
  2. den Brief zu benennen (Datum und Adressat), auf den er sich bezieht, damit ich nachsehen kann.

Ich kann mich im Zusammenhang mit meinen damaligen Editionsarbeiten an Hegels Vorlesungsmanuskripten an einen Brief nicht erinnern, der deinem Zitat von Poppers Zitat von Hegel in annähernder Weise entspricht. Da ich einerseits die über 600 Briefe nicht auswendig gelernt habe, andererseits für Popper zur Zeit wirklich keine Zeit aufbringen möchte, wäre es ganz nett von dir, wenigstens einmal diskussionsfähiges Material hier einzubringen, dann kann ich dir vielleicht auch etwas dazu sagen.

An selbstkritischen Bemerkungen Hegels gibt es jedenfalls jede Menge.

Existiert dieser Brief wirklich, …

Das wird sich schnell herausstellen. Aber du wirst zugeben, daß das zunächst geklärt sein muß *lach*

dann kann es sein, dass ihr diesen Fakt ausblendet, weil er euch euer
muehsam erarbeitetes Hegel-„Verstaendnis“ zerstoeren wuerde.

„ihr“? „euer“? Wieviele meinst du?

Du bist wirklich ein Witzbold: Gibst zu, von den wenigen Sätzen, die du gelesen hast, nicht einen Satz verstanden zu haben und warnst andere Leute vor einem falschen Verständnis … Aber du hast recht, man kann nicht genug warnen *lach*

Gruß

Metapher

2 Like

Hi Metapher,

Zur Lektüre kann ich empfehlen (*räusper*):

Manfred Gies: „Einführung in Hegels Naturphilosphie“
Studienkurs für die Fern-Universität Hagen, 1989

würde ich gerne lesen, aber wo kriege ich das her?!

Weder ZVBA noch Libri noch Google spucken bei der Eingabe von
„Einführung in Hegels Naturphilosophie“
irgendetwas aus :frowning:

Gandalf

Zitat erst heute Abend
Hallo Metpaher

Ich werde in der Mittagspause doch keine Zeit haben, das Zitat
herauszusuchen, aber heute Abend.
Bis dann, Tychi

Hi Gandalf

http://www.fernuni-hagen.de/philosophie/philos1/Kurs…

da steht die Kursnummer. Frag mal dort nach, es kann aber sein, daß es inzwischen nicht mehr nachgedruckt wurde …

Gruß

Metapher

Hallo Frank

Lese doch mal as Umberto Ecos „Wie man mit einem Lachs verreist“ die kleine Abhandlung über Landkarten im 1:1 format. So verhält es sich auch hier, jede Theorie ist zum einen Vereinfachung, aber auch deutung. Eine solche Deutung sind Kausalzusammenhänge, oder gar das rechnen mit Kartesischen Punkten als Raumzeitsellen, obgleich nie jemand die wirkliche Existenz von Raum-Zeitpunkten oder Kausalität nachweisen wird. Was sind diese Beiden gebilde also anderes als Erfindung. Aber verdammt gute erfindung. Ein anderes Beispiel für geniale Erfindngen, sind Wahrheit und Falschheit. Wer sich das ausgedach hat, ist zu bewundern. Meinst du Zahlen, die Mathematik, kausalität und anderes waren schon immer da und wurden nur endeckt? Ich kenne noch ein paar andere Philosophen die an sowas glauben, die reden dann von den Wesenheiten der Dinge, oder von Ideen und allerelei anderen Erfindungen. Aber wenn du einen besseren Vorschlag hättest würde ch mich freuen, wenn du mir erklärst warum, Raumzeitpunkte, Kausalität, Wahrheit und Falschheit keine Erfindungen sind, und was dann sonst.

Viele GRüße
Maertin

Hallo Martin,

ich gestehe, dass mich dein Sprachgebrauch verwirrt.

Lese doch mal as Umberto Ecos „Wie man mit einem Lachs
verreist“ die kleine Abhandlung über Landkarten im 1:1 format.
So verhält es sich auch hier, jede Theorie ist zum einen
Vereinfachung, aber auch deutung. Eine solche Deutung sind
Kausalzusammenhänge, oder gar das rechnen mit Kartesischen
Punkten als Raumzeitsellen, obgleich nie jemand die wirkliche
Existenz von Raum-Zeitpunkten oder Kausalität nachweisen wird.
Was sind diese Beiden gebilde also anderes als Erfindung. Aber
verdammt gute erfindung. Ein anderes Beispiel für geniale
Erfindngen, sind Wahrheit und Falschheit. Wer sich das
ausgedach hat, ist zu bewundern. Meinst du Zahlen, die
Mathematik, kausalität und anderes waren schon immer da und
wurden nur endeckt?

Natürlich waren sie vorher da. Nur wurden sie von uns erst artikuliert.
So gibt es ja nicht nur das dezimalsystem sondern auch das Dualsystem an Zahlen. Auch in der boolschen Algebra benötigen wir nur 0 und 1. Das entspricht dem Zweiwertigkeitprinzip, nach welchem sich die ganze elt aufschlüsseln lässt in Kausalität und Logik.

Ich kenne noch ein paar andere Philosophen
die an sowas glauben, die reden dann von den Wesenheiten der
Dinge, oder von Ideen und allerelei anderen Erfindungen. Aber
wenn du einen besseren Vorschlag hättest würde ch mich freuen,
wenn du mir erklärst warum, Raumzeitpunkte, Kausalität,
Wahrheit und Falschheit keine Erfindungen sind, und was dann
sonst.

Nochmal: wir widerspiegeln nur die objektive Realität. Ohne dem hätten wir keine Ideen. ch bin materialist.

Gruß
Frank

Fernleihe
Hallo Gandalf,

ich habe mein Exemplar damals über die Fernleihe bezogen, es ist bundesweit etwa 10 Mal vorhanden.

Herzliche Grüße

Thomas

Hallo Frank,

„Objektive Realität“ gbt es sowas, kann man beweisen das es sowas gibt, wenn ja wie. Das Es realität gibt möchte ich nicht bezweifeln, aber leich eine objektive, so eine Welt an sich, oder sogar an und für sich. uiuiuiui

Ich bleibe lieber dabei - alles Ausgedacht, von mir aus auch Kantisch in der Vernunft durch transzendentale Deduktion, hauptsahe ausgedacht. Ich habe nämlich keine Lust zu warten, bis sich mir die Welt-an-sich offenbart.

Und du meinst echt z.B. Kausalität wäre in der Welt objektiv vorhanden. Ich glaube sowas erst wenn es mir einer beweist. Und genau darum bitte ich dich, du hast nämlich bisher keinerlei Gründe dafür genannt, das Kausalität objekiv in der WElt vorhanden ist.

Kausalschemata als ERklärungsmodell sind ja nützlich und auch wissenschaftlich, aber meines erachtens gut ausgedacht.

„Ausgedacht“ meint dabei vermittels Denken in welcher Form auch immer zusammengeschustert. Ausgedachtmeint also nicht zwingend a priori oder synthetisch a priori, auch wenn ich sowas nicht ausschließen will, es meint auch nicht erfunden, oder ersponnen, sondern einfach nur im Geist gebildet. So wie sich mancher Autos, Atombomben und Gedichte ausgedaht hat.

Viele GRüße
Martin

Hallo Martin,

OK, dann sag, dass du die Welt aus einer idealistisch-objektiven Sicht erfasst, damit kann ich leben. Nur sollten wir dann auch beide wissen, dass wir vermutlich dialektisch stets gegenteilige Meinungen vertreten.

Kausal, also formallogisch, ist die Welt NICHT vollständig erklärbar. Sie ist kausal UND (dialektisch-)logisch determiniert.
Umgelegt auf die Physik: Impuls- und Energieerhaltung wirken stets zusammen.

Gruß
Frank

Hallo Frank,

ich verstehe deine Antwort leider nicht. Was hat sie mit meiner Bitte um einen Nachweis von Kausalität als etwas objektiv in der Welt vorhandenes zu tun. Solltest du ihn bringen werde ich dir sofort glauben, und niemals mehr behaupten, dass alle Theorien ausgedacht sind. Ismen sind mir völlig gleichgültig und helfen mir beim verstehen nicht. Ebenso wie Dialektik und ob die Welt vollstädnig beschreibbar ist, ist mir ebenso wurscht, das sind ganz andere Fragen. Ich will nun wissen ob alle Theorien ausgedacht sind, oder ob es z.B. Kausalität, oder Wahrheit als objektiv vorhandenes gibt, und wie man diese Vorhandenheit nachweist. Du wirst dieses Vorhandensein ja nicht ohne Grund behauptet haben, deshlab will ich die Gründe wissen.

Viele Grüße
Martin

Hallo Frank,

ich verstehe deine Antwort leider nicht. Was hat sie mit
meiner Bitte um einen Nachweis von Kausalität als etwas
objektiv in der Welt vorhandenes zu tun.

Das gibt es nicht! Die Welt ist nur beschreibbar, wenn sie kausal und logisch gleichzeitig betrachtet wird.

Solltest du ihn
bringen werde ich dir sofort glauben, und niemals mehr
behaupten, dass alle Theorien ausgedacht sind. Ismen sind mir
völlig gleichgültig und helfen mir beim verstehen nicht.
Ebenso wie Dialektik und ob die Welt vollstädnig beschreibbar
ist, ist mir ebenso wurscht, das sind ganz andere Fragen. Ich
will nun wissen ob alle Theorien ausgedacht sind, oder ob es
z.B. Kausalität, oder Wahrheit als objektiv vorhandenes gibt,
und wie man diese Vorhandenheit nachweist. Du wirst dieses
Vorhandensein ja nicht ohne Grund behauptet haben, deshlab
will ich die Gründe wissen.

Damit wären wir wieder bei Hegels objektivem Idealismus. Es ist das vollständigste, was der Idalismus hervorbrachte, kommt aber wiederum nicht ohne zwei Transzendenzien aus. Daher Widerspiegelung (also nochmaliges negieren der gesamten Logik bei Hegel) und auch diese Transzendenzien fallen wech.
Würdest du eine nichtaxionmierte Darstellung der Welt als Wahrheit bezeichnen? Ich denke, schon.

Gruß
Frank

Hallo Frank,

ich verstehe deine Antwort leider nicht. Was hat sie mit
meiner Bitte um einen Nachweis von Kausalität als etwas
objektiv in der Welt vorhandenes zu tun.

Das gibt es nicht! Die Welt ist nur beschreibbar, wenn sie
kausal und logisch gleichzeitig betrachtet wird.

Und woher kommt dieser Betrachtungsweise ausgedacht oder fällt sie vom Himmel?

Viele Grüße
Martin