Jetzt will ich es wissen

Hallo!

Ladendiebstahl ist ein Thema, über das immer wieder Unklarheit herrscht.

Eine Kassiererin am Kassenband rechnet den Einkauf eines ehrlichen Kunden ab, darunter eine Flasche Orangensaft, der ehrliche Kunde zahlt, packt ein und will gerade gehen.
Kassiererin: „Kann ich die Flasche Orangensaft noch mal sehen?“
Kunde: „Ja.“
Kassiererin: „Die ist ja leer.“
Kunde: „Ja, die hatte ich im Laden schon ausgetrunken.“
Kassiererin: „Das ist Diebstahl.“
Kunde: „Aber ich habe sie doch gerade bezahlt.“
Kassiererin: „Ja, aber getrunken haben Sie sie, bevor sie sie bezahlt hatten. Das ist Diebstahl.“
Kunde: „Näh, ne? Nicht wirklich, oder?

Wer hat Recht?

Grüße

Andreas

Hallo,

Kunde: „Ja, die hatte ich im Laden schon ausgetrunken.“
Kassiererin: „Das ist Diebstahl.“
Kunde: „Aber ich habe sie doch gerade bezahlt.“
Kassiererin: „Ja, aber getrunken haben Sie sie, bevor sie sie
bezahlt hatten. Das ist Diebstahl.“

Definition laut StGB:

_Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen _…

Das passt ja schon Mal nicht, denn es fehlt die Absicht der rechtswidrigen Aneignung. Zudem hat die Kassiererin in ihrer Ausbildung (wenn sie denn eine hat) nicht aufgepasst, wie ein Kaufvertrag zustande kommt und abgewickelt wird (http://de.wikipedia.org/wiki/Kaufvertrag#Verpflichtu…). Es wäre nämlich zunächst zu klären, wann genau der Kaufvertrag geschlossen wurde und die Übereignung stattfand.

Also mitnichten „eindeutiger Diebstahl“.

Gruß

S.J.

Hallo!

Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der
Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten
rechtswidrig zuzueignen

Das passt ja schon Mal nicht, denn es fehlt die Absicht der
rechtswidrigen Aneignung.

Und wenn die Kassiererin jetzt sagt: „Er hat ihn zu sich genommen. Er hat ihn sich also angeeignet. Die Aneignung beweist, dass er die Absicht hatte, ihn sich anzueignen, denn er hat ihn ja absichtlich ausgetrunken. Das hat er getan, bevor er ihn bezahlt hat. Zu dem Zeitpunkt war er noch nicht Eigentümer. Sich absichtlich eine Sache anzueignen, dessen Eigentümer man (noch) nicht ist, ist laut obiger Definition Diebstahl.“

Grüße

Andreas

Hausordnung
Guten Tag,

ich kann mir vorstellen, dass es in manchen Verkaufslokalen die Hausordnung gibt, in der der Verzehr von Waren, insbesondere Lebensmitteln im Verkaufsraum untersagt ist.

Gruß

Stefan

Hallo!

Mag sein. Aber darum ging es mir nicht in meiner Frage. Angenommen, es gibt keine Hausordnung, keine AGB usw.

Wer hat in dem Fall Recht?

Grüße

Andreas

Und wenn die Kassiererin jetzt sagt: "Er hat ihn zu sich
genommen. Er hat ihn sich also angeeignet. Die Aneignung
beweist, dass er die Absicht hatte, ihn sich anzueignen, denn
er hat ihn ja absichtlich ausgetrunken. Das hat er getan,
bevor er ihn bezahlt hat. Zu dem Zeitpunkt war er noch nicht
Eigentümer.

Aber es fehlt die Absicht der rechtswidrigen Aneignung. Hätte er den Orangensaft rechtswidrig stehlen wollen, hätte er ihn nicht bezahlt. Die ehrliche Absicht ist einwandfrei erkennbar, also liegt kein Diebstahl vor.

Grüße,
Sebastian

Hallo Andreas,

Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der
Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten
rechtswidrig zuzueignen

Und wenn die Kassiererin jetzt sagt: "Er hat ihn zu sich
genommen. Er hat ihn sich also angeeignet.

Die Betonung liegt auf der rechtswidrigen Aneignung. Die Aneignung beginnt ja nicht erst darin, dass er den Saft trinkt, sondern schon damit, dass er den Saft in den Einkaufswagen/die Tasche/den Karton legt.

Nun ja einen kleinen Unterschied gibt es. Er kann den Saft nicht mehr zurück ins Regal stellen.

Gruß
Carlos

Hallo!

Dir und mir ist schon klar, dass der Kunde ehrlich ist.

Aber was ist, wenn die doofe Kassiererin es ganz wörtlich nimmt und sagt:

„In dem Moment, wo er den Saft trank, war er kein Eigentümer. Er hatte also (noch) keine Rechte an dem Saft. Wenn er ihn sich durch Trinken aneignete, dann tat er das also rechtswidrig. Und die ABSICHT zu dieser rechtswidrigen Aneignung war vorhanden, denn er trank ja absichtlich.“

Grüße

Andreas

Hallo!

Siehe unten, meine Antwort an Sebastian.

Grüße

Andreas

a.A.: Levay
Da mich bisher keine Antwort überzeugen konnte, hier meine eigene Auffassung:

Als Tatobjekt haben wir es unzweifelhaft mit einer fremden beweglichen Sache zu tun. Durch das Austrinken dürfte auch eine Wegnahme vorliegen. Insoweit besteht Vorsatz.

Die Absicht der Zueignung ist gegeben. Fraglich ist nun, ob diese (beabsichtigte) Zueignung objektiv (!) rechtswidrig wäre. Die Rechtswidrigkeit ist insoweit nicht etwa das allgemeine Verbrechensmerkmal, sondern ein (normatives) Tastbestandsmerkmal. M.E. wird man diese objektive Rechtswidrigkeit bejahen müssen, denn zu dem Zeitpunkt der Tathandlung bestand kein fälliger Anspruch auf die Sache. Eine Rechtfertigung etwa durch Einwilligung kommt auch nicht in Betracht; die Reaktion der Kassierin zeigt ja gerade, dass man damit nicht einverstanden war. Eine mutmaßliche Einwilligung ist ebenfalls nicht möglich, weil der Kunde ja fragen könnte, aber er schon trinken dürfte.

Nun ist Diebstahl aber ein komplizierter Tatbestand, der oft falsch verstanden wird und auch nicht immer sorgfälig geprüft. Es ist nämlich so, dass hinsichtlich der (objektiven) Rechtswidrigkeit der (nur beabsichtigten) Bereicherung Vorsatz gegeben sein muss. Und genau das ist hier mind. zweifelhaft. Der Kunde wird nämlich regelmäßig denken, er dürfe das Getränk schon mal konsumieren, wenn er es gleich bezahlen werde.

Mir persönlich wäre es übrigens auch lieber, bereits bei der Rechtswidrigkeit anzusetzen. Dafür sehe ich aber so erst mal keinen Raum. Vielleicht würde ich das, wenn ich mich etwas einlesen würde.

Levay

Nein, das ist kein Diebstahl, weil der Kunde ja vorhat die Ware zu bezahlen und der Markt die Ware zum Verkauf anbietet und damit kommt Diebstahl nicht in Betracht.

Zudem: Wenn der Markt Schadenersatz verlangen würde - was er ja durchaus tun kann, wenn sich jemand durch die Regale „probiert“ - dürfte er nur den Einkaufspreis der Ware verlangen, nicht aber den angegebenen Preis auf dem Preisschild.

Gruß Andreas

Nein, das ist kein Diebstahl, weil der Kunde ja vorhat die
Ware zu bezahlen und der Markt die Ware zum Verkauf anbietet
und damit kommt Diebstahl nicht in Betracht.

Da fehlt mir irgendwie die rechtliche Begründung.

Zudem: Wenn der Markt Schadenersatz verlangen würde - was er
ja durchaus tun kann, wenn sich jemand durch die Regale
„probiert“ - dürfte er nur den Einkaufspreis der Ware
verlangen, nicht aber den angegebenen Preis auf dem
Preisschild.

Und was ist mit § 252 BGB?

Levay

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Wenn der Markt Schadenersatz verlangen würde - was er
ja durchaus tun kann, wenn sich jemand durch die Regale
„probiert“ - dürfte er nur den Einkaufspreis der Ware
verlangen, nicht aber den angegebenen Preis auf dem
Preisschild.

Das ist ja interessant, das steht wo?
Wäre ja ein einfacher Trick mal die Einkaufspreise von einigen
Discountern zu erfahren.

Gruß
Stefan

Der Kunde wird nämlich regelmäßig denken, er dürfe das Getränk
schon mal konsumieren, wenn er es gleich bezahlen werde.

Hallo, Levay,
diese (irrtümliche) Annahme wird zudem dadurch wahrscheinlich, da der Kunde ja auch in einer Gaststätte üblicherweise zunächst ein Getränk konsumiert, das er erst im Anschluss daran zahlt.

Gruß
Eckard

1 Like

Kann durchaus sein, dass ich das den ein oder anderen Rechtsirrtum (z.B. zum Thema „Das Aufreißen von Verpackungen verpflichtet zum Kauf.“) mit der Frage hier durcheinander gebracht habe. Mea maxima culpa. :frowning:

Gruß Andreas

„In dem Moment, wo er den Saft trank, war er kein Eigentümer.
Er hatte also (noch) keine Rechte an dem Saft. Wenn er ihn
sich durch Trinken aneignete, dann tat er das also
rechtswidrig. Und die ABSICHT zu dieser rechtswidrigen
Aneignung war vorhanden, denn er trank ja absichtlich.“

Frage: Wenn ein Kunde eine Ware (die letzte Packung Milch im Regal) in seinen Einkaufwagen legt, ist er dann schon Besitzer? Und nur das Geld schuldig? Oder kann ein Verkäufer die Packung verlangen und der eigenen Freundin in den Wagen legen (Daß das frech wäre, sei mal unbeachtet… :wink:? Oder kann ein beliebiger anderer Kunde den Einkaufswagen eines anderen leeren?

Hallo,

keine Antwort auf Deine Frage, aber mich würde interessieren wie eine eventuelle Gerichtsverhandlung bei Anzeige ausgehen würde.

Gruß
Roland

Da mich bisher keine Antwort überzeugen konnte, hier meine
eigene Auffassung:

überzeugt mich; hier noch eine anmerkung zum irrtum über die rechtswidrigkeit der zueignung:

  1. Glaubt der Täter, einen Anspruch auf Übereignung speziell der weggenommenen Sache zu haben, so nimmt er irrig einen Umstand an, der die Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung ausschließen würde und handelt somit in Tatbestandsirrtum (iE ebso. der BGH bei Annahme eines Irrtums über tatsächl. Rechtfertigungsvoraussetzungen)

-> § 16 stgb, vorsatz entfällt, strafbarkeit (-)

  1. Glaubt der Täter als Gläubiger eines Gattungsanspruchs dagegen, sich einen Gegenstand aus der Gattung nehmen zu dürfen, so liegt regelmäßig Verbotsirrtum vor, da der Täter an einen Rechtfertigungsgrund glaubt, den die Rechtsordnung nicht anerkennt (BGH 17 90)

-> § 17 stgb, tatbestand erfüllt, strafbarkeit (+), aber strafmilderung möglich

grüße

Hallo,

„In dem Moment, wo er den Saft trank, war er kein Eigentümer.
Er hatte also (noch) keine Rechte an dem Saft. Wenn er ihn
sich durch Trinken aneignete, dann tat er das also
rechtswidrig. Und die ABSICHT zu dieser rechtswidrigen
Aneignung war vorhanden, denn er trank ja absichtlich.“

zum einen ist ungeklärt, wann die Übereignung stattfindet, denn das ist im deutschen Rechtssystem etwas kompliziert, zum anderen würde, deiner Argumentation folgend, auch ein Diebstahl vorliegen, wenn man etwas in den Einkaufswagen legt.

Wenn man im Supermarkt Waren an sich nimmt, um diese an der Kasse zu bezahlen, fehlt es eindeutig an der Rechtswidrigkeit.

Gruß

S.J.

Hallo,

ich kann mir vorstellen, dass es in manchen Verkaufslokalen
die Hausordnung gibt, in der der Verzehr von Waren,
insbesondere Lebensmitteln im Verkaufsraum untersagt ist.

mag sein. Aber ein Verstoß gegen eine Hausordnung ist weder Diebstahl noch eine andere Straftat.

Gruß

S.J.