Hallo,
wie so häufig hilft auch hier der Blick ins Gesetz: § 1901 a BGB regelt das Thema grundsätzlich sehr vernünftig, und ist selbstverständlich von allen Beteiligten zwingend zu beachten.
Wie immer gibt es aber natürlich auslegungsfähige Dinge in der Subsumption eines echten, ganz konkreten Lebenssachverhalts unter ein allgemeingültig verfasstes Gesetz. Insoweit kann es durchaus zu unterschiedlichen Bewertungen bzgl. der Frage geben, ob tatsächlich genau die in einer Patientenverfügung beschriebene Situation eingetreten ist, oder ob eine bestimmte Untersuchung, Behandlung oder Eingriff hiernach ausgeschlossen ist. Hierüber hat im Zweifelsfall dann ein Gericht zu entscheiden.
Wichtig hierbei ist natürlich wieder einmal der Hinweis darauf, dass weder Ehegatten, Lebensgefährten noch Kinder oder der beste Freund überhaupt alleine aufgrund der Tatsache ihrer besonderen Nähe zum Betroffenen auch nur irgendetwas mitzubestimmen hätten. Entweder jemand aus diesem Kreis ist als Betreuer durch das Gericht eingesetzt oder wurde im Rahmen einer Patientenverfügung bevollmächtigt, oder eben nicht. Dann hat er im letzteren Fall gar nichts zu melden.
Ärzte gehen hiermit zwar recht regelmäßig ziemlich großzügig um. Dies aber ebenso regelmäßig auch nur dann und solange, wie die bemühten Angehörigen mit ihnen einer Meinung sind. Kommt es hingegen zum Dissens erinnern sich auch Ärzte regelmäßig ganz plötzlich daran, dass man ja einen gesetzlichen Betreuer bräuchte, und regen diese dann nur zu gerne bei Gericht mit dem Bemerken an, dass der Sohn X als Betreuer nicht infrage kommen würde, weil er uneinsichtig, … sei.
Da Juristen im ärztlichen Heileingriff schon immer zunächst einmal eine Körperverletzung gesehen haben, die nur ausnahmsweise einmal dann nicht verfolgt wird, wenn der Betroffene ausdrücklich oder zumindest mutmaßlich einwilligen würde, ist es somit auch vollkommen klar, dass ein entgegen dem ausdrücklich erklärten Willen vorgenommener Heileingriff eine Körperverletzung darstellt, bei der sich ein Arzt nicht zwingend erfolgreich über Irrtum und Co. wird aus der Affäre ziehen können.
Und BTW: Bitte nicht glauben, dass eine Patientenverfügung mit 101 geregelten Einzelaspekten besser als eine knackig auf einer Seite formulierte Prosa-Fassung wäre. Selbst als jemand, der sich seit vielen Jahren mit der Materie beschäftigt wäre ich nicht in der Lage in solcher Detailtiefe vollständig und widerspruchsfrei zu bestimmen. Und genügend Ärzte, mit denen ich zusammen schon Veranstaltungen zu dem Thema gemacht haben, oder die selbst zu mir in die Beratung gekommen sind, geben dies ebenso freimütig und offen zu. Wenn man bereits eine konkrete Diagnose hat (was ja nicht der Regelfall der Patientenverfügung ist), macht es ggf. Sinn, hierzu einige Spezialitäten in Absprache mit dem behandelnden Arzt zu regeln, oder mit diesem eine Behandlungsvereinbarung im Sinne von „Wenn-Dann“ zu schließen. Aus durchschnittlicher Gesundheit heraus schon x Dinge für Tumor-, Herz, Geisteskrankheit, … meinen regeln zu können, ist Selbstbetrug.
Gruß vom Wiz