Tach Herbert,
eine Menge Fragen; ich fang dann mal an:
Da habe ich gelesen, dass man zur Zeit der Vertreiben der
Juden aus Jerusalem beschlossen hat, welche Texte zur Thora
gehören, und welche nicht.
Die Fünf Bücher Mose oder die Thora sind im 3. Jhdt v. Chr endgültig bzusammengestellt worden. Doch selbst im 2. Jhd sind noch Geschichten nund Erzählungen hinzugefügt worden. Doch wird man voraussetzen dürfen, dass die Thora zur Zeit des jüdisch-römischen Kriegs schon in der endgültigen, heute noch bestehende Form vorlag.
Auf der Synode von Jamnia 95 n. Chr. haben die Rabbinen festgelegt, welche Umfang Kanon des tanach haben sollte und beschlossen, dass nur die „hebräischen und aramäischen Bücher“ die Würde der Heiligen Schriften erhalten sollten.
Damit fielen die griechischen Bücher heraus, die nur in der Septuaginta (eine griechischen Übersetzung des Tanach) enthalten sind.
In der evangelischen Kirche werden diese als „Apokryphen“ bezeichnet, in der katholischen Kirche aber als kanonisch anerkannt.
Da hab ich mal gehört, dass so um 300 n. Chr. beschlossen
wurde, ob Jesus Gott oder Prophet war? Ist das überhaupt so
richtig? (ich war noch nicht ganz wach) War das schon ein
Konzil?
Das war das Konzil von Nicäa 325 n. Chr. Das hatte Konstantin einberufen lassen, weil di Kirche in mindestens zwei große Gruppen gespalten war: Die Arianer - nach dem Bischof von Alexandria, Arius - und die Athanasianer - nach dem Bischof vo Alexandria, Athanasius. Seltsam, nicht wahr? Ja, beide waren Bischöfe in Alexandria, und sie waren in der Stadt, wenn ihre Anhänger die Mehrheit hatten und im Exil, wenn die Anhänger des gegnerischen Bischofs in der Überzahl waren.
Kurz und schematisch: Arius vertrat die Lehre, Jesus sei nur gottähnlich - homoiusios - gewesen, Athansaius lehrte, er sei gottgleich - homousios - gewesen.
Weil Konstantin die Kirche als Klammer um sein Reich benutzen wollte und deswegen eine gepspaltene Kirche nicht brauchen konnte, ließ er dieses Konzil einberufen.
Es war natürlich ein Konzil „von Kaisers Gnaden“: Die Bischöfe reisten mit der kaiserlichen Pot an, Konstantin dominierte das gesamte Konzil mit dem Ergebnis, dass die "Homousie, die Gottgleichheit Jesu als verbindliche Lehre bestätigt wurde.
Wie sehen das überhaupt unsere orthodoxen
(christlichen) Freunde? Wie kann man sich das vorstellen?
Auch für die orthodoxen Kirchen zählt das Konzil Nicäa zu den sieben „ökumenischen Konzilien“, derenBeschlüsse für alle Kirchen verbindlich sind.
Auch war von einem Brief ‚an die Hebräer’ die Rede. Das habe
ich schon wo gelesen. Das waren doch die Juden, die an
Christus glaubten, ist das richtig? Haben sie in ihm schon den
Messiach gesehen?
Nein; der Brief an die Hebräer heißt so, weil er sich an Christen wendet, die vormals Juden gewesen waren. Er bedienst sich in ungewöhnlicher Breite und Fülle jüdischer Vorstellungen und versucht, Jesus als den darzustellen, der alle diese Vorstellungen erfüllt und realisiert hat.
Jetzt zu Bibelübersetzungen. Bei den Christen wurde ja die
Thora zuerst ins griechische, dann ins lateinische übersetzt,
so richtig? Gibt es hier ‚Übersetzungsfehler’?
Schon wahr, aber sowohl die griechischen Übersetzungen (Es gab mindestens drei) rekurrierten auf den hebräischen Text ie auch die lateinische Übersetzung des Hieronymus, die Vulgata.
Und die modernen Übersetzungen von Luther und Zwingli und alle anderen, die ihnen nachfolgten, gehen ganz selbstverständlich auf den originalsprachlichen Text zurück: Der Tanach auf den hebräischen, das Neue Testament auf den griechischen.
Jede Übersetzung ist uugleich eine Deutung; darüber ist in diesem Forum schon zahllose Male gehandelt worden; da müsstest Du mal die Archivsuche bemühen.
Auch sind natürlich die Urtexte untrschiedlich gut überliefert worden. Bei manchen Prophetenbüchern des Tanach kommst Du ohne Verbesserungen,Vermutungen, Deutungen (Konjekturen nennt man das) nicht aus; so schlecht ist der Text überliefert.
Damit lasse ichs jetzt mal gut sein; andere sollen auch noch was sagen dürfen.
Gruß - Rolf