Mit diesem Bildungsweg, kann ich, mit ein bissle Glück, an
Verdienste knapp unter meinen studierten Freunden kommen. Nur
das ich, zum Glück, deutlich praktischer Arbeiten darf und
vorallem bereits seit 2003 Geld verdiene. Meine Freunde fangen
jetzt gerade mal an mit Referdariats- oder Tranieegehältern
an.
Ich finde es schon wichtig, noch einmal herauszustellen, dass diese Aussage zu den Gehaltsunterschieden z. B. zwischen Laboranten und diplomierten bzw. promovierten Chemikern nicht allgemeingültig ist und m. E. sogar eher Seltenheitswert hat. Ich bin seit mittlerweile 27 Jahren in einem Pharmakonzern beschäftigt und habe - als ich noch im Chemiebereich tätig war - zig Gehaltslisten gesehen. Ein diplomierter Chemiker z. B. fängt bei uns schon sehr hoch in Tarifgefüge an. Ein Chemielaborant braucht, bis er dort ist, schon einige Jahre. Während für den dann meist Zapfenstreich ist, beginnt der Dipl.-Chem. erst mit seinem Weg nach oben. Dem wiederum sind dann fast keine Grenzen gesetzt; er kann es bis in den Vorstand schaffen (für einen Chemielaboranten HEUTZUTAGE ohne nachgelegtes Studium ein Ding der Unmöglichkeit).
Wenn du ein Studium hast, so kannst du in einer deutschen Firma i. d. R. schon andere Wege beschreiten als eben ohne. Ob jetzt mal gerechtfertigt oder nicht möchte ich nicht diskutieren, aber es wird dir nach absolviertem Studium schon fast automatisch zugetraut, eine Führungsposition zu bekleiden und du erhältst entsprechende Fördermöglichkeiten durch die Firma. Ohne Studium musst du hier ganz schön krebsen und selbst dann ist noch nicht gewährleistet, dass das in Form von Aufstiegsmöglichkeiten auch honoriert wird.
Was auch nicht vergessen werden darf: Nicht jeder taugt zum ‚Zuarbeiter‘. Die Kompetenzen sind gegenüber den Absolventen i. d. R. deutlich eingeschränkt. Die Abgabe von Verantwortung kommt - wenngleich faktisch eigentlich nichts dagegen spräche - immer noch dem Gefühl von Machtverlust gleich. Und wer als Vorgesetzter einmal Macht hat, der gibt sie ohne Weiteres nicht mehr gerne ab. Zumindest erlebe ich das hier immer und immer wieder und damit auch unzufriedene Mitarbeiter, die sich einen großen Verantwortungsbereich wünschten.
Deutschland ist und bleibt ein Land der Titeltümelei. Ob sich hinter dem Titel nur heiße Luft verbirgt, ist eher unwichtig. Aber er ist die Eintrittskarte in höhere Hierarchiestufen und ohne geht es meist nicht.
Im Gegensatz zur Schule, wo du ja zig Fächer belegen musst, die dich eigentlich gar nicht interessieren, hast du die Möglichkeit im Studium, dir ein Fach auszuwählen, das dich wirklich interessiert. Meist geht das dann auch mit guten Noten einher. Wir hatten bei uns im Abijahrgang zig Kandidaten mit miesen Durchschnittsnoten. Im Studium dann wendete sich das Blatt und sie haben exzellent abgeschlossen. M. E. sollte man nicht unterschätzen, dass eben ein interessantes Studium Motivationsschwäche ausgleicht und sollte daher die Leistung in der Schule nicht quasi-automatisch schon auf ein Studium projizieren und sie als entsprechend schlecht prognostizieren.
Wenn ich es nochmal machen könnte, würde ich heute der Schule immer ein Studium folgen lassen. Allerdings würde ich die Entscheidung nicht davon abhängig machen, was ich ohne Wartesemester studieren kann, sondern davon, was mich wirklich interessiert. M. E. ist das die ultimative Voraussetzung dafür, ein tatsächlich mäßiges Abi von 3,6 überhaupt ausgleichen zu können. Das Abizeugnis gehört leider erst einmal noch bei ersten Bewerbungen nach dem Studium mit dazu und wird auch angeschaut. Da müssen die Leistungen im Studium schon megaklasse sein, um das kompensieren zu können.
Für dich (@TE) wird sicherlich die Zeit und insbesondere die demografische Entwicklung spielen: Während man früher noch aus einer breiten Masse an Bewerbern auswählen konnte, wird das mit der Zeit immer weniger, so dass auch schlechtere Bewerber (allerdings nur jene mit Expertenwissen) eine Chance dort haben, wo sie frühr eine Absage kassiert hätten. Verlassen würde ich mich darauf allerdings nicht, sondern jetzt richtig Gas geben.
Wartesemester würde ich akzeptieren, allerdings sinnvoll füllen, z. B. mit Praktika, die du ansonsten während der Studienzeit ableisten müsstest (Studienpläne sind ja im Vorfeld einsehbar, so dass du schnell erfährst, was verlangt wird). Oder auch Auslandsaufenthalte/-erfahrungen einstreuen, ohne die es heutzutage ohnehin kaum noch geht. Hierüber könntest du z. B. deine Englischkenntnisse verbessern; es gibt nur wenige Fächer, die ohne Englisch auskommen.
Du musst m. E. versuchen, dir schon mit Blick in die Zukunft eine Historie zu stricken, die dich attraktiv macht. Und dazu gehört, sich auch ein Studienfach auszusuchen, mit dem man sich identifizieren und entsprechend später diese Begeisterung vermitteln kann.
Gruß
Kirsten