Hallo Martina,
helfen kann ich Dir so spontan nicht (außer dem blöden Tip: laß Deine Tochter islamisch werden, damit lassen sich in Berlin viele vom Sport befreien, wegen der unzüchtigen Kleidung).
Aber furchtbar leid tut mir Deine Tochter und verstehen kann ich sie auch. Ich war zwar nicht dick, hatte dafür aber unmengen Pickel und habe von der 5. bis zur 12. Schuklasse so gestottert, dass ich meist keinen vollständigen Satz sagen konnte, oft nicht mal ein Wort - an Vorlesen war garnicht zu denken - meine Mitschüler waren vergleichsweise nett, haben mich kaum verspottet, aber gelitten habe ich trotzdem sehr, zumal man wortlos keine Freundschaften pflegen kann, ergo sehr einsam ist.
Die postitive Seite meiner Probleme: sie hatten ein Ende. Bei Übergewicht ist das vermutlich etwas anders, aber wenn man der Schule entkommen ist, wird auch der Umgang anderer mit Übergewichtigen besser (es war eine deutlich übergewichtige Frau, die mir mit 25 meinen damaligen Traummann weggeschnappt hat, obwohl ich durchaus nicht häßlicher war als sie; da hab ich dumm geguckt).
Ich möchte Deiner Tochter vor allem mitteilen, dass man durch eine Menge Übel durchkommen kann, dass es später anders wird und es sich lohnt, die miesen Jahre zu durchstehen und dass ihr trotzdem immernoch alles offen steht - noch zwei Jahre Schule, dann wird es anders.
Und immerhin kann sie reden - ich hätte mit 16 einige Kilo in Kauf genommen, wenn ich nur hätte reden können (Bsp. neuer Lehrer fragt mich nach meinem Namen (krieg ich so gerade hin) fragt anschließend nach dem Namen meines Vaters - geht nicht, beim J bleib ich hängen, stehe da vor der Klasse mit einem J im Mund und mehr nicht. Lieber hätte ich nackt dagestanden, ehrlich.
Und solche Situationen mußte ich täglich aufs Neue befürchten - ich habe abends nicht einschlafen wollen, um die Zeit bis zum Schulbeginn möglichst lang hinauszuzögern.
Das nur, damit Deine Tochter versteht, dass es Verschiedenes gibt, woran man leiden kann, dass es sich aber trotz der fürchterlichen Situation lohnt, durchzuhalten.
Man kann im Nachhinein sogar davon zehren, nach dem Motto: ich habe schon das durchgestanden, da kann mich so schnell nichts schrecken - hilft immer mal wieder in schwierigen Situationen - so Kinkerlitzchen wie Prüfunsangst im Studium bekommen die, die nie Probleme hatten, unsereins nicht. Wenn man bedenkt, dass einige Prozent der Studierenden daran scheitern, hat man schon mal einen Pluspunkt auf seiner Seite.
Was anderes: reicht eine 5 in Sport zum Sitzenbleiben, bzw. zum Nichterreichen der geforderten Punktzahl im Kurssystem? Da hätte sich denn doch einiges verändert - ich hatte eigentlich immer irgendwo eine 5 und es ging trotzdem, aber das ist auch schon eine Weile her. Falls das entsprechend verändert wurde, teile es mir bitte mit, da mein Sohn jetzt auch aufs Gymnasium kommt und ich gern auf dem Laufenden wäre.
Ich hoffe, Ihr findet eine Möglichkeit, sie vom Sport zu befreien, aber falls nicht, versucht einfach durchzukommen. Unterstützt Eure Tochter, sorgt soweit möglich dafür, dass sie Freunde hat und macht ihr klar, dass es sich um ein endliches Problem handelt und sie gestärkt daraus hervorgehen wird - das Leben ist soviel länger und anders als die 11. bis 13. Klasse.
Alles Gute und liebe Grüße, Anne