Zugegeben: In dem von Dir angeführten Beispiel weniger Dorf- als eher Provinzgeistliche auf einem – gemessen an deren intellektuellem Niveau, ihrem trotz allem ungenügenden Wissen über die Inhalte speziell der Korane – viel zu hohen Minbar.
Eine gewisse „Professionalität“ der Phrasendreschmaschinerie „Azhar-Universität“ in der Vorgehensweise zur Verbreitung von gemeingefährlichem Unfug hatte ich aber nie in Abrede gestellt! Käme auch nicht von ungefähr:
Schon der zweite Kalif, Umar ibn al-Chattab, hatte den Fehler seines Vorgängers umgangen und sich sofort auch selbst zum „Oberbefehlshaber der Streitkräfte“ ernannt, dem laut Koran alle Gläubigen bedingungslosen Gehorsam leisten müssten; der selbsternannte erste Kalif, Abu Bakr as-Siddiq, hatte diesen mächtigen Titel noch einem seiner Gefolgsleute überlassen (müssen), wurde daher ausgelacht, als er von den Gläubigen die fälligen Steuergelder haben wollte. Das Problem von Umar aber war dann, dass sich alle Steuerpflichtigen (folgerichtig nach dem Koran) als „Kämpfer“ verstanden, auf seine (immer noch leere) Staatskasse schauten, nichts zahlen, sondern erst ihren „Sold“ haben wollten. Für die vermeintliche Problemlösung „Raubkrieg“, d.h. Überfälle auf benachbarte Gebiete mit einer Bevölkerung fremder Sprachzugehörigkeit, gäbe es im Koran weder einen Auftrag, noch eine Erlaubnis oder Freistellung.
Ähnlich auch hier: Der von diesem „Gremium“ – bestehend aus einer kleinen Gruppe hanafitischer Muftis der Azhar-Universität in Kairo – erörterte Sachverhalt wird im Koran überhaupt nicht behandelt → sonst wäre gar keine „Fatwa“ (= Gutachten zu einem speziellen, außergewöhnlichen privaten Rechtsfall) dazu notwendig, könnte dabei wenigstens auf entsprechende Verse aus dem Koran verwiesen werden … was aus einem bestimmten Grund unterlassen wurde.
Tatsächlich aber würde im Koran von den Muslimen das Gegenteil verlangt werden, nämlich Gleichgültigkeit gegenüber Apostaten, ebenso sollte von Muslimen auch eine völlig anderslautende Lehre als Islam verbreitet werden:
Sure 18,30 (Verszählung nach Imam Hafs, indische Tradition), deutschsprachige Übersetzung der Ahmadiyya-Mission (Ursprungsland: Indien/Pakistan).
Relevanter Versteil:
„Und sprich: Die Wahrheit ist es von eurem Herrn: darum lass den gläubig sein, der will, und den ungläubig sein, der will.“
Sure 18,30 (Verszählung nach Imam Hafs, indische Tradition), arabische Vorlage in persischer Schrift (Herkunftsregion: Kaschmir).
Relevanter Versteil (Zeile 2 v.o.):
وقل الحق من ربكم فمن شاء فليومن ومن شاء فليكفر
Sure 18,29 (Verszählung nach Imam Hafs, orientalische Tradition), „Wort für Wort“ mit grammatischer Aufschlüsselung und Konkordanz – leider nur englischsprachig.
Vermute mal, dass Du den üblichen Titel „Fatwa des staatlichen Rechtsgutachtergremiums Ägyptens zum Abfall vom Islam“ in dem von Dir verlinkten Web-Artikel in den falschen Hals bekommen hattest. Es wäre nur eine unter vielen Fatwas dieser sunnitischen Einrichtung und ohne allgemeine Verbindlichkeit, schon gar nicht für Angehörige der anderen Rechtsschulen, insbesondere nicht der schiitischen Gruppierungen – nicht mal für denjenigen, der sie dort für sich in Auftrag gegeben hatte: Als Araber stünde es ihm jederzeit frei, zum Islam abzufallen!
Sofern dieser Hinweis auch der Intention des UPs als ein von mir erbetenes Detail zu seinem Thema „unmenschliche Strafen…“ entsprochen haben sollte, wäre er meinerseits beantwortet. Falls bei ihm dazu noch Fragen offen geblieben oder entstanden sein sollten, werde ich solche dann selbstverständlich noch beantworten.
Bhrapubhada Paktivedanta