Hallo Susanne!
Offenbar bist auch Du der Ansicht, daß Pornos anschauen weniger mit geistiger Entwicklung zu tun hat.
Stattdessen führst Du das Beispiel einer 13jährigen Jugendlichen an, die nach dem Konsum eines Pornos psychisch krank wurde, konkret: mit einer kaum behandelbaren Neurose reagierte. Das Beispiel hat mich bewegt, deshalb möchte ich vor allem darauf bezugnehmen.
Zunächst möchte ich einwenden, daß sich meine Aussage auf Kinder bezog, wie ja im Ausgangsposting erfragt. Ihnen ist es aufgrund der fehlenden sexuellen Reife nur begrenzt möglich, die Geschehnisse nachzuempfinden und den persönlichen Bezug zu den Darstellungen in einem Pornofilm herzustellen. Die Folge ist automatisch Langeweile, wie sie auch uns Erwachsenen nicht fremd ist, wenn uns jemand was erzählt, womit wir nichts anfangen können.
Jugendliche werden in sofern selbstverständlich anders auf Pornofilme reagieren.
Meine Aussage, daß Pornos weniger schaden, als Gewaltfilme, sie u.U. sogar positive Wirkung haben, verallgemeinere ich jedoch auch auf Jugendliche. Dein Beispiel scheint dem zu widersprechen. Darauf komme ich gleich zurück.
Vorausschicken will ich zweierlei:
- Ich bin nicht der Auffassung, dass Pornos Sexualerziehung ersetzen können (wenngleich sie Wissen - z.B. über sexuelle Praktiken - vermitteln können), das ist gar nicht ihr Ziel.
- Darüber hinaus bin ich sicher, dass es auch primitive oder auch abzulehnende Pornos gibt, jedoch aus konkreten Gründen im Einzelfall, nicht allein aufgrund der Tatsache, dass es sich um die ?Darstellung sexueller Schamlosigkeit? (Fremdwörterbuch) handelt.
Zum Fall der Schülerin:
Ekel ist ein sehr tiefes, heftiges und besonders hartnäckiges Gefühl. Nichtsdestotrotz ist Ekel nicht angeboren, sondern ausschließlich anerzogen. Oft ist uns das allerdings nicht bewußt, weil Ekelgefühle meist in frühester Kindheit anerzogen werden (z.B. Ekel vor unseren Ausscheidungen).
Einerseits besteht daher also prinzipiell die Möglichkeit einer Verhaltenstherapie für die Schülerin, um ihr ?erlerntes Fehlverhalten? (= Neurose) gegenüber Männern zu behandeln. Andererseits läßt sich schließen, daß dieser Prozeß langwierig wird.
Welche Rolle spielt nun der gesehene Pornofilm bei der Krankheit?
Wie erlernt man eigentlich Ekel?
Ein Autor erzählte, wie sein Junge im Nebenraum auf einmal so ruhig geworden war. Beim neugierigen Nachschaun stellte man fest, dass der Kleine selig vor seinem Nachttopf saß und ?vesperte?. Sicherlich schütteln jetzt sich die meisten von uns bei der Vorstellung.
Wie werden wohl die Eltern bei diesem Anblick reagiert haben? Wahrscheinlich werden sie ?eklige? Gesichter aufgesetzt haben, etwas von ?Pfui ba ba? gerufen und die Situation schleunigst beseitigt haben.
?Spiel nicht an deinem Glied!?, ?Mach die Tür zu, wenn du auf Toilette bist!? sind sicher weit verbreitete Sätze, die unsere Ausscheidungen und Ausscheidungsorgane tabuisieren, bis hin zum Verdecken letzterer wenn man bei 30 Grad im Schatten zum Baden ist (= Hauptfunktion von Badekleidung, oder?).
Ich bin mir ziemlich sicher
- daß in der Familie sehr auf Reinlichkeit geachtet wurde,
- daß es die Eltern vermieden, sich in Gegenwart der Tochter zu umarmen und zu küssen,
- daß das Mädchen noch nie am FKK-Strand war,
- daß es zu Hause kaum mal die Eltern nackt gesehen hat,
- daß seine sexuelle Aufklärung nicht von den Eltern durchgeführt wurde,
- daß diese aber durch bestimmte bedrohliche Formulierungen versucht haben, es vor zu frühem Geschlechtsverkehr zu bewahren.
Das Mädchen konnte also nicht lernen, daß unsere Geschlechtsorgane nicht nur für lästige Ausscheidungen sondern auch für sehr lustvolle ?Dinge? gedacht sind. Möglicherweise ist ihr sogar zusätzlich (und vorsätzlich) die Lust am Geschlechtsverkehr verleidet worden (aus ?Sicherheitsgründen?).
Das alles hat sich vor dem Betrachten des Films abgespielt.
Und nun sieht sie im Film den exzessiven Gebrauch solch abscheulicher Körperteile und gar dieser weißlichen Ausscheidungen.
Daß dies einen Schock auslöst, kann ich mir vorstellen!
Aber wohlgemerkt: auslöst! Nicht verursacht!
Ich bin mir ganz sicher, dass im Film kein Ekel gezeigt wurde! Das Mädchen kann also nicht aus dem Film gelernt haben, dass so etwas eklig ist!
Die Voraussetzungen für den Ekel wurden vorher gelegt.
Schwacher Trost. Jetzt sind die Probleme da.
Eigentlich müsste das Mädchen in seinem Alter Beziehungen zu Jungen anknüpfen, stattdessen ekelt es sich vor Männern. Und ich bin mir ziemlich sicher, daß es sich zur andern Hälfte auch vor sich selbst ekelt. Was für abscheuliche Dinge würde es tun, wenn es eine Beziehung zu einem Jungen einginge! Würde es gar dessen Glied in den Mund nehmen?
Wäre es bloß nicht zu der verfluchten Fete gekommen!
… Dann wäre das unglückliche Mädchen wahrscheinlich in der Hochzeitsnacht entsetzt davongerannt. Nein, ich will damit sagen, dass es wegen der erzieherischen Voraussetzungen wahrscheinlich auch ohne diesen Videofilm ?Probleme mit Männern? gegeben hätte. Etwas verblüffend für mich ist z.B., dass das Verhalten der Männer im Film so absolut auf das Leben und alle Männer verallgemeinert wird. Offenbar hat das Mädchen keinerlei Erfahrungen mit Verhaltensmustern zwischen Männern und Frauen aus der Realität entgegenzusetzen.
Fazit:
In diesem konkreten Fall hat die Kombination der schamhaften Sexualerziehung mit dem ganzen Gegenteil der ?schamlosen Sexualdarstellung? zur Tragik geführt. Dies ist allerdings ein Einzelfall. Ich bin nicht dafür, Pornos allgemein zu verteufeln.
Eigentlich aber ist mir viel wichtiger, die oftmals versteckte Tabuisierung und Verteufelung von Sexualität im Allgemeinen aufzugeben. Diese verdeckte Verteufelung steckt zum Beispiel in dem Vorwurf schlechter Rollenverhältnisse im Pornofilm. Den Vorwurf verwerflicher Rollenzuordnung kann man u.a. amerikanischen Spielfilmern aus den 60ern oder auch der Fernsehreklame machen. Dennoch hört man kaum Stimmen, die den Konsum beider für Kinder verbieten wollen. Offenbar sind es nicht altertümliche Rollenverhältnisse, die man vor Kindern verbergen will.
Das Posting ist schon recht lang, daher belasse ich?s hierbei.
Tschuess, Sven.