Lebensmittelimporte

Hallo + Gutes Neues erstmal! :wink:

Über die Feiertage gabe es im Fernsehen einen Bericht über die Entwicklung der Landwirtschaft in Deutschland von 1900 bis heute. Da hieß es u.a., daß im Jahre 1900 etwa 5,5 Mio Menschen in der Landwirtschaft tätig waren. Jeder von ihnen produzierte so viel Lebensmittel, um 4 andere Menschen ernähren zu können. Nun weiß ich nicht, wie groß die Bevölkerung im Deutschen Reich anno 1900 war, aber es dürften einiges mehr als 20 oder 25 Millionen gewesen sein. Mein Frage also: wo kamen die riesigen Lebensmittelimporte her, um die deutsche Bevölkerung zu versorgen (USA? Rußland? Frankreich? England? Man bedenke die „Steckrübenwinter“ im Ersten Weltkrieg)?

Ich gehe mal davon aus, daß in anderen Ländern kaum effektiver in der Landwirtschaft gearbeitet wurde. Welcher Staat war damals in der Lage, soviel Lebensmittel zu produzieren, um 40 oder 50 Millionen Deutsche zu ernähren?

Gleiches gilt für die Zeit um 1939. Von den Nazis wurden die Bauern gleichgeschaltet („Reichsnährstand“) und auch hier versuchte man, autark zu sein. Die Ernährungsquote war aber kaum gestiegen (1 zu 6) - woher bezog Nazi-Deutschland seine Lebensmittel?

Nur zum Vergleich: Im Jahre 1990 konnte ein Tätiger in der Landwirtschaft 96 (!!!) Menschen ernähren, allerdings gab es 1990 nur noch 550.000 Tätige in der Landwirtschaft. Heute weiß man ja, woher landwirtschaftliche Produkte importiert werden.

Danke!
Heinrich

Hallo Heinrich !

Diese Daten mögen wohl stimmen, aber, eines darf man nicht vergessen : Die meisten Europäer, so auch Deutsche, waren bis weit in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts, was Gemüse, Fleisch usw angeht, Selbstversorger.
Bis um 1955 durfte man in Deutschland in den Städten noch Vieh halten zur Fleischselbstversorgung.
Fast jeder hatte einen Kartoffel- und Gemüsegarten. Man darf nicht die heutigen Gärten mit denen von damals vergleichen. Damals hatte man kein Interesse an Rasen und Blumen. Gepflanzt wurden Kartoffeln, Gemüse, Obstbäume usw.
Die Landwirtschaft brauchte Deutschland nicht allein ernähren. Die riesigen Junkergüter in den Ostgebieten Schlesien, Ostpreußen usw waren sehr wohl in der Lage den Rest, der sich nicht selbst versorgte, mit Lebensmitteln zu beliefern.

Es hätte auch nicht anders funktionieren können, denn es gab keine Lebensmittelfabriken, wie heute.
Natürlich wurde auch importiert, aber dann aus der Ukraine, Frankreich und Polen.
Gruß Max

Hallo !

Noch einiges:

Laut Reichsnährstand von 1935 ist die deutsche Brotversorgung aus der eigenen Erzeugung zu 100 % sichergestellt.
Die Fleischversorgung zu 95%.
Die Kartoffelversorgung zu 100%.
Die Zuckerversorgung zu 100%.
Die Fettversorgung zu 50-60%.
Die Eierversorgung zu 83%.

Ein sehr gutes Buch über die Ernährungslage in Deutschland seit der Mitte des 19. Jahrhunderts : „Wissenschaft bricht Monopole“ von Anton Zischka.

Gruß Max.

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Deutschland seit 1870 Lebensmittelimporteur
Lt. „Mercks Warenlexikon“, Ausgabe von 1920, Stichwort „Getreide“, produzierte Deutschland bis 1870 einen kleinen, aber deutlichen Lebensmittelüberschuß.

Mit der Industrialisierung kehrte sich das um. „Rothschilds Taschenbuch für Kaufleute“ nennt für 1889 rd. 28,3 Mio Zentner Getreideeinfuhr (also rd. 1,4 Mio Tonnen) nach Deutschland. Herkunftsland des Getreides war Rußland.

Der Hunger während des ersten Weltkrieges („Kohlrübenwinter“ 1916/17) war eine Folge des Krieges mit Rußland. Im zweiten Weltkrieg konnte Nazideutschland bis 1941 aus der Sowjetunion importieren und danach in dem besetzten Land rauben, so daß es solche Ernährungsprobleme wie 1914/18 nicht gab.

Hallo !

Die Einführung der Kartoffel in Europa ermöglichte das Anwachsen der europ. Bevölkerung. Kartoffelanbau und Bevölkerungswachstum gingen nebeneinander her.
Die Ursache des „Kohlrübenwinters“ im 1.WK war nicht der zu geringe Anbau von Kartoffeln und nicht der Krieg mit Rußland, sondern die im Erntejahr grassierende Kartoffelfäule, welche fast die gesamte Ernte vernichtete.
Welche Wirkung eine Zerstörung der Kartoffelernte haben kann, sieht man an der Auswanderung fast eines ganzen Volkes (Irland) im 19. Jahrhundert.
Warum sollte der Krieg mit Rußland Ursache des Hungerwinters gewesen sein?
Gruß Max.

Hi Max

Warum sollte der Krieg mit Rußland Ursache des Hungerwinters
gewesen sein?

Deutschland konnte den Ernteausfall eben nicht durch Importe ersetzen, da durch die Blockade und den krieg mit Rußland die Liefergebiete abgeschnitten waren.
Des weiteren reduzierte sich die Produktivität der Landwirtschaft, weil das Militär enorm viele Arbeitskräfte aus dem Landwirtschaftssektor abzog, gerade gegen Kriegsende.

Gruß
Mike