Lokale Betäubung bei Kariesbehandlung

Hallo!

Gestern:
Ich habe bei einer Kariesbehandlung eine Betäubungsspritze bekommen. Das Loch ging ziemlich tief rein, bis zum Nerv, die Spritze war gut, habe trotz der Tiefe nichts (!) gemerkt, aber danach hielt es über 4 Stunden an, bis die Betäubung wegging. Bevor die Füllungrein kommt, habe ich jetzt erst einmal eine „Einlage“ drin, um zu gucken, ob noch eine Wurzelbehandlung erforderlich ist oder nicht (HOFFENTLICH NICHT!!!). :smile:

Vor ca. 2 Jahren:
Als ich mal ein anderes Loch hatte, welches dem ähnlich war, bekam ich eine Spritze, die nur ganz kurz betäubt hat. Kurz nach der Behandlung war die Betäubung schon nicht mehr da. Dafür habe ich bei diesem Mal deutlich mehr gespürt, obwohl es auch so nah am Nerv war.

Frage: Gibt es unterschiedlich wirkende / andauernde lokale Betäubungen?
Falls es eine „kurz andauernde“ gibt, ist diese dann nicht so stark betäubend?

Wäre sehr hilfreich zu wissen, für mein nächsten Zahnarztbesuch.

LG
Monique

Servus Monique,

was machst Du dann beim nächsten Zahnrztbesuch anders? :wink:

Also: die Spritzen für den Unterkiefer wirken schon mal anders als die für den Oberkiefer. Im Unterkiefer wird auf den ‚Sammelnerv‘ gezielt, der alle Nervenfasern einer Seite zusammenfaßt. Der Zahnarzt versucht, sein Anästhetikum möglichst nahe an diesen Nerv zu bringen. Wenn das klappt, ist alles, was peripher von dieser Stelle liegt aus der Sicht des Hirns nicht mehr da. Über Blut und Gewebsflüssigkeit wird dieses Depot dann verdünnt und abtransportiert, bis die Wirkung vergangen ist. Die Konzentration des Anästhetikum direkt in einem Nervenstrang ist bei dieser Technik recht hoch. Deshalb die schnelle und anhaltende Wirkung.

Im Oberkiefer gibt es keinen solchen Strang. Da ziehen sich mehrere dünnere Bündel bis zu einer Schaltstelle (ganglion semilunare), wo sie dann gebündelt werden. Dort kommt man mit der Spritze (die Stelle liegt schon fast im Hirn) nicht ohne Risiko hin. Versucht man einen Zwischenweg, läuft man Gefahr, eine Gefäßbündel anzustechen, was unangenehme Folgen hätte. Man sucht sich also eine Stelle in der Nähe des Zahnes, den man betäuben will, piekst durch die Schleimhaut und entläßt dann (sanft) die Flüssigkeit in der Nähe des Zahnes, den man betäuben will. Jetzt muß das Anästhetikum bis zur Knochenhaut, durch diese durch, durch den Knochen und seine Hohlräume bis sie dann dort ankommt, wo der Zahnnerv die Wurzel verläßt. Bei mehreren Wurzeln muß das bei allen klappen. Das ist insgesamt ein großes Volumen, in dem eine ausreichende Konzentration des Mittels erreicht werden muß. Es wird eine Menge Gewebe durchtränkt, damit man das Nervengewebe zuverlässig ‚erwischt‘. Die zahlreichen Blutgefäße in diesem Bereich haben jetzt nichts besseres zu tun, als das Mittel möglichst schnell in Richtung Leber zu transportieren, wo es chemisch in harmlose Bestandteile zerlegt wird.

Unter diesen Bedingugen bleibt die wirksame Konzentration im gewünschten Bereich nicht sehr lange erhalten. Der Behandler muß Menge, Art und Konzentration des Anästhetikum richtig abschätzen, dann hat er Schmerzlosigkeit so lange, wie sie gebraucht wird. Das Taubheitsgefühl ist bei der ‚terminalen‘ Anästhesie lange nicht so absolut, wie bei der Leitungsanästhesie und hält auch nicht so lange an.

Für kurze Eingriffe gibt es noch die ‚intraligamentale‘ Anästhesie. Hier werden einige Tropfen des Mittels unter relativ hohem Druck direkt in den Knochen gepreßt, wirken für kurze Zeit fast ohne Taubheitsgefühl. Diese Technik ist die Freude der Spritzenphobiker: die ‚Nadel‘ ist so kurz, daß man sie kaum sieht. Wenn der Behandler die Technik beherrscht, spürt man den Einstick nicht (den Druck schon) und es stellt sich kaum ein Taubheitsgefühl ein. Die Methode klappt nur nicht immer, viele Zahnärzte trauen dem Frieden selbst noch nicht und dann klappt’s erst recht nicht. Aber - fragen kann man ja immer danach, wenn KollegInnen der Methode nicht trauen, wissen sie dann schon einen Grund, warum sie jetzt gerade nicht in Frage kommt :wink:

Kai

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Kai!

Bist du Zahnarzt? Danke für die ausführliche Antwort! :smile:
Ich wusste gar nicht, dass im Oberkiefer anders betäubt wird als im Unterkiefer.

Also. Es handelt sich um die beiden Prämolaren im Oberkiefer, 1.4 und 2.4. Da hatte ich bei beiden das gleiche Loch.
Es ist hilfreich für meinen nächsten Besuch, weil, wenn die Füllung rein soll, die möglichst keine Amalgamfüllung werden soll, ich ja sicher wieder eine Spritze bekommen werde. Wenn es nötig ist, stark zu betäuben, wie wahrscheinlich letztes Mal, dann würde ich den Termin lieber auf den Vormittag legen.
Ich glaube, damals beim ersten Mal, habe ich wüohl diese kurzwirkende Spritze beommen und jetzt die normale, was anscheinend auch nötig ist, weil das Loch sehr tief hineingeht.

Kann ich meinen Zahnarzt darum bitten, so zu spritzen, dass nicht länger als 2 Stunden betäubt ist?
Wie kann man sich eigentlich so einen Nerv vorstellen? Vielleicht so wie einen transparenten Faden?

Ich hoffe, wie gesagt, dass ich keine Wurzelbehandlung bekomme. Bevor die vorübergehende Einlage reinkam, wurde noch etwas zur „Nervberuhigung“ benutzt. Sagt dir das was?
Im Moment habe ich beim Essen keine Schmerzen, aber wenn ich etwas sehr Kaltes, wie Eis oder kaltes Obst oder Gemüse esse, sprüre ich doch nocht etwas. Vielleicht kann das in den nächsten Tagen ja aber noch verschwinden. Ich will keine Wurzelbehandlung. Hatte zwar noch nie eine, hab aber schon öfter mal bei einer zugeguckt(, weil ich früher mal eine Ausbildung als Zahnarzthelferin angefangen habe).

Hätte meinen Zahnarzt ja selbst gern gefragt, aber manche Fragen ergeben sich eben erst später und irgendwie hatte er wohl auch nicht so viel zeit an dem Tag.

LG
Monique

Hallo Kai!

Servus MoNiQuE!

Bist du Zahnarzt?

Mhm :wink:

Danke für die ausführliche Antwort! :smile:
Ich wusste gar nicht, dass im Oberkiefer anders betäubt wird
als im Unterkiefer.

Also. Es handelt sich um die beiden Prämolaren im Oberkiefer,
1.4 und 2.4. Da hatte ich bei beiden das gleiche Loch.
Es ist hilfreich für meinen nächsten Besuch, weil, wenn die
Füllung rein soll, die möglichst keine Amalgamfüllung werden
soll,

. . . . also, bei den ‚Vierern‘ würde ich auch lieber eine Composite Füllung haben - aber nur aus Eitelkeit!

ich ja sicher wieder eine Spritze bekommen werde. Wenn
es nötig ist, stark zu betäuben, wie wahrscheinlich letztes
Mal, dann würde ich den Termin lieber auf den Vormittag legen.

Genau das würde ich tun! Wenn schon eine Wurzelbehandlung am Horizont steht, ist die wirkungsvollste Anästhesie gerade gut genug. Die ‚Vitalexstirpation‘ ist ohne Spritze einer der schmerzhaftesten Eingriffe, den die Zahnheilkunde kennt - mit Spritze ist es ein Klacks. Ich habe, wann immer ich darauf Einfluss nehmen konnte, Wurzelbehandlungen grundsätzlich auf den Vormittag gelegt. Schon deshalb, damit ich erreichbar war, wenn die Spritze zu wirken aufhörte. Wenn dann noch etwas wehtat, konnte ich wenigstens am selben Tage noch eingreifen.

Ich glaube, damals beim ersten Mal, habe ich wüohl diese
kurzwirkende Spritze beommen und jetzt die normale, was
anscheinend auch nötig ist, weil das Loch sehr tief
hineingeht.

Kann ich meinen Zahnarzt darum bitten, so zu spritzen, dass
nicht länger als 2 Stunden betäubt ist?

Bitten kannst Du ihn freilich, aber den kleinen Schalter zum pümktlichen Abschalten der Anästhesie kann er Dir auch nicht mitgeben :wink: Aber im Ernst - nach zwei Stunden ist im Bereich des 14,24 höchstens noch etwas Weichgewebe taub. Wenn Du allerdings ein Flötenkonzert geben willst, such Dir lieber einen Tag danach als Termin.

Wie kann man sich eigentlich so einen Nerv vorstellen?
Vielleicht so wie einen transparenten Faden?

‚transparenter Faden‘ dann, wenn der/die ZahnÄrztin ihn eben herausgezogen hat. Dann hat nämlich die Anästhesie gerade die Durchblutung des ‚Nervs‘ weitestgehend abgestellt. Das bißchen Gewebefaden sieht dann so aus wie ein Fisch, der gerade aus dem Ei geschlüpft ist.

Eine Menge Bilder findest Du, wenn Du nach „Zahnpulpa“ googelst und dann auf ‚Bilder‘ klickst.

Ich hoffe, wie gesagt, dass ich keine Wurzelbehandlung
bekomme. Bevor die vorübergehende Einlage reinkam, wurde noch
etwas zur „Nervberuhigung“ benutzt. Sagt dir das was?

Ja, möglicherweise „Ledermix“-Paste. Sie wirkt gründlich entzündungshemmend.

Im Moment habe ich beim Essen keine Schmerzen, aber wenn ich
etwas sehr Kaltes, wie Eis oder kaltes Obst oder Gemüse esse,
sprüre ich doch nocht etwas. Vielleicht kann das in den
nächsten Tagen ja aber noch verschwinden. Ich will keine
Wurzelbehandlung. Hatte zwar noch nie eine, hab aber schon
öfter mal bei einer zugeguckt(, weil ich früher mal eine
Ausbildung als Zahnarzthelferin angefangen habe).

Die einzige zahnärztliche Handlung, bei der man jemanden zugucken lassen sollte, ist der Händedruck zum Abschied, und das auch nur, wenn die Handschuhe ausgezogen sind. Alles andere sieht für Laien immer irgendwie grauslich aus :wink:

Hätte meinen Zahnarzt ja selbst gern gefragt, aber manche
Fragen ergeben sich eben erst später und irgendwie hatte er
wohl auch nicht so viel zeit an dem Tag.

Genau dafür hat man WWW!

LG
Monique

1 Like

Hallo noch einmal,

Bist du Zahnarzt?

Mhm :wink:

Habs im Profil gesehen, nachdem ich den Beitrag abgeschickt habe. :smile:

Hab noch ein paar Fragen:
Im Moment meldet sich der Zahn / Nerv doch öfter mal, besonders stark wenn ich heiß und kalt nacheinander esse oder trinke. Hat die Paste vielleicht nicht gereicht oder der Schaden ist zu groß.

  1. Meinst du, dass sich das nach einer Wurzelbehandlung anhört, wenn die Einlage nächste Woche raus soll?
  2. Soweit ich das in Erinnerung habe, dauert diese doch immer ziemlich lange, ca. 1 Stunde, oder?
  3. Gibt es eine Alternative, die mein Arzt machen könnte, damit der Zahn mit Füllung, wenn eine Composite Füllung möglich ist, nicht mehr Probleme macht bei Heiss und Kalt?

Danke für deine Mühe!
LG
Monique

Hab noch ein paar Fragen:
Im Moment meldet sich der Zahn / Nerv doch öfter mal,
besonders stark wenn ich heiß und kalt nacheinander esse oder
trinke. Hat die Paste vielleicht nicht gereicht oder der
Schaden ist zu groß.

Wenn ich Dir heute abend auf den kleinen Zeh trete, tut es morgen auch noch weh. Der Zahnnerv hat durch die Kariesbakterien und ihre Toxine einiges abgekriegt. Dann kam noch der Bohrer. Jetzt ist er halt beleidigt. Das kann schon wieder ausheilen. Es gibt Anzeichen, wenn es dahingeht mit dem Nerv:

  1. ‚Schmerz überdauert den Reiz‘. Das heißt, daß es noch kurze Zeit weht tut, wenn Du das Eis schon heruntergeschluckt hast. Das ist noch reversibel und kann ausheilen.

  2. Spontanschmerz. Es tut von selber weh, auch ohne bekannten Auslöser. Das ist irreversibel und führt zur Wurzelbehandlung, oder zur Extraktion, wenn Wurzelbehandlung nicht möglich.

Klingt glasklar, nur daß es in der Biologie immer breite Übergangszonen gibt. Wenn etwas 100%ig ist, ist es wahrscheinlich nicht biologisch :wink:

  1. Meinst du, dass sich das nach einer Wurzelbehandlung
    anhört, wenn die Einlage nächste Woche raus soll?

nein, eigentlich nicht. Vor allem dann nicht, wenn die Einlage kein Ledermix, sondern Kalziumhydroxid war. Das bekämpft nur eventuell übriggebliebene Bakterien, hat aber keine entzündungshemmende Wirkung. Wird öfter verwendet als Ledermix.

  1. Soweit ich das in Erinnerung habe, dauert diese doch immer
    ziemlich lange, ca. 1 Stunde, oder?

wenn es tatsächlich so lange dauert, ist es ein gründlicher Zahnarzt. Ein oberer Prämolar hat immer mindestens zwei Wurzelkanäle und nicht selten krumme Wurzeln - ja, solange kann es dauern. Zahnärzte haben selten ungeplant eine Stunde Zeit. Selbst wenn die Wurzelbehandlung unvermeidlich sein/werden sollte, würde ich in einem solchen Fall einspritzen, den ‚Nerv‘ herausholen, solange herumfeilen, wie ich Zeit habe und Dich dann mit einer Einlage im Zahn bitten, wieder zu kommen.

  1. Gibt es eine Alternative, die mein Arzt machen könnte,
    damit der Zahn mit Füllung, wenn eine Composite Füllung
    möglich ist, nicht mehr Probleme macht bei Heiss und Kalt?

Zeit heilt Wunden. Also - abwarten. Wenn die Empfindlichkeit immer weniger wird, wird der Zahn sich schon erholen. Es schadet durchaus nicht, gelegentlich eine Ibuprofen 800 mg einzuwerfen, wenn Dein ZA auch der Meinung sein sollte.

Danke für deine Mühe!
LG
Monique

Der Zahn schafft es!

Kai

Zeit heilt Wunden. Also - abwarten. Wenn die Empfindlichkeit
immer weniger wird, wird der Zahn sich schon erholen. Es
schadet durchaus nicht, gelegentlich eine Ibuprofen 800 mg
einzuwerfen, wenn Dein ZA auch der Meinung sein sollte.

Hallo Kai!

Ich habe jetzt eine Amalgamfüllung bekommen, weil eine Kunststofffüllung für dieses Loch nicht in Frage kam.
Als ich übergangsweise die Einlage drin hatte, hat es ja nur beim Essen, wenn es sehr kalt war, kurz gezogen.

Jetzt, mit Amalgam, zieht es sehr stark, wenn es auch nur etwas kalt ist und auch bei Warm. Außerdem hält das Ziehen länger an, bisher bis zu 20 min. nach dem Essen. Erst schmerzt der betroffene Zahn und danach der gante rechte obere Kieferknochen.
Die Füllung ist jetzt 2 Tage drin. Bei diesem starken Schmerz kann ich mir wirklich kaum vorstellen, dass der irgendwann von alleine verschwinden könnte. Und ich kann schon sehr viel aushalten! Der Schmerz ist genauso stark wie er ohne Füllung war.

Kann ich etwas tun, damit er sich beruhigt? Vielleicht nicht kalt essen? Eine Tablette hilft ja erst nach 1/2 Stunde und der Schmerz blieb bisher ja nur bis dahin.
Meinst du, dass bei solchen starken Schmerzen, noch eine Besserung in Sicht ist? Leitet Amalgam vielelicht besser als eine (nicht metallische) Einlage?

Würd mich freuen noch mal eine Antwort zu erhalten. :smile:

LG
Monique